In Bezug auf die Öffnung von Montag bis Samstag plädieren wir für eine völlig liberale Lösung. Insofern sind wir in diesem Bereich bei einer völligen Liberalisierung.
Im Hinblick auf den Sonntag ist die Situation natürlich anders. Diesbezüglich haben wir einen verfassungsrechtlichen Schutz, der eine völlige Freigabe nicht erlaubt. Diese verfassungsmäßigen Restriktionen müssen wir natürlich berücksichtigen.
Wir bedauern allerdings - das sage ich an dieser Stelle -, dass die Konkretisierung dieses Schutzes zu einem Wust von Regelungen führt, die aus unserer Sicht in der Praxis wahrscheinlich gar nicht notwendig sind, weil sich das unter vernünftigen Leuten vor Ort entsprechend regeln lässt und auch regelmäßig unter vernünftigen Leuten vernünftig geregelt wird.
Also: Es ist in der Tat so, dass die Grundlinie ist: so wenig Regelungen wie möglich. Aber in Bezug auf den Sonntag kommt man nach Lage der Dinge an einem gewissen Regelungsbedarf nicht vorbei.
Herr Paqué, heute beklagte die IHK, dass die Handelslandschaft in Sachsen-Anhalt überdimensioniert sei und
vor allem die Innenstädte litten. Die Veränderung der Möglichkeiten, den Landeschluss zu gestalten, hat Folgewirkungen. Oder sehen Sie keine und meinen, dass für die Unternehmen, die in der Handelsbranche tätig sind, alles beim Alten bleibt?
Die Diagnose, dass wir möglicherweise zu viel Ladenfläche haben, ist die eine Sache. Die IHK hat aber ansonsten in dieser Debatte eine ganz andere Position vertreten. Die IHK hat sehr deutlich gesagt, dass wir hier nicht auf einer isolierten Insel leben, dass wir in Richtung von mehr Freiheit gehen müssen, und wenn andere das tun, müssen wir das aus geschäftlichen Gründen, wegen des Standortwettbewerbs auch tun. Das haben alle Vertreter der IHK sehr deutlich gemacht, der Vertreter der IHK im Ausschuss auch noch einmal. Insofern kann man die IHK hierfür kaum als Kronzeugen nehmen.
Bezüglich der strukturellen Entwicklung ist festzuhalten: Es ist natürlich immer schwer zu sagen, wie sich so etwas im Einzelnen auswirken wird. Meine Erwartung ist in der Tat, dass es sich gar nicht so stark auswirken wird, dass wir eine gewisse Entzerrung haben, dass wir vielleicht noch einen zusätzlichen Dienstleistungsdonnerstag bekommen werden, dass wir am Samstag etwas mehr bekommen werden.
Wohlgemerkt, vor allem in den Innenstädten wird liberalisiert. Darin gebe ich dem Minister Recht. Ich glaube, dass das den Innenstädten eher gut tut, weil die Kombination aus Einkaufen und sonstiger Aktivität in den Innenstädten besonders attraktiv ist.
Das ist in summa - das erwarte ich - eine positive strukturpolitische Maßnahme, auch was die Wiederbelebung der Städte betrifft. Aber so etwas muss man beobachten, so etwas bleibt abzuwarten. Das wird sicherlich noch interessant werden.
Vielen Dank. - Zum Abschluss der Debatte hören wir den Beitrag der CDU-Fraktion. Es spricht Herr Gürth. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eingangs etwas zum Verfahren sagen. Wir haben mit der Föderalismusreform das Ladenschlussgesetz nunmehr in Landesrecht überführt und haben es selbst zu regeln. Sachsen-Anhalt war das erste Bundesland, das einen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Ich sage für die CDU-Fraktion: Es war ein ausgezeichneter Gesetzentwurf. Mit der 6x24-Regelung und dem weitgehenden Schutz der Sonn- und Feiertage haben wir es uns nicht einfach gemacht. Wir haben darüber ausführlich diskutiert, sogar in einer Klausur, und haben gesagt, das unterstützen wir.
Wir haben für die parlamentarische Beratung in der Tat nicht sehr viel Zeit gehabt. Es ist am Ende festzustellen, dass das Ziel, eine mitteldeutsche Lösung zu finden, nicht erreicht wurde.
Im Hinblick auf das noch anstehende nächste Gesetzeswerk, das auch mit der Föderalismusreform auf uns zugekommen ist - die Frage des Gaststättenrechts ist nämlich auch noch zu regeln -, sage ich für die CDU
Fraktion: Wir werden uns dafür mehr Zeit nehmen. Vielleicht ist Gesetzgebung ein bisschen wie Sex: Man muss nicht immer Erster sein.
Deswegen ist es ganz gut, wenn wir vielleicht nicht als Erste mit einem Gesetzentwurf in zweiter Lesung durchs Parlament marschieren, sondern uns wirklich dieser mühevollen Aufgabe widmen und mit unseren Nachbarländern eine möglichst einheitliche Regelung abstimmen.
Zu dem vorliegenden Gesetzentwurf und der Beschlussempfehlung. Wenn Sie die Debatte aufmerksam verfolgt haben, konnten Sie Folgendes feststellen - ich hatte zumindest teilweise den Eindruck -: Die Linkspartei.PDS hätte am liebsten für eine Öffnungszeit von sechs Stunden bei voller Lohnfortzahlung für alle Beschäftigten plädiert.
Wenn wir uns jetzt die Beschlussempfehlung ansehen, können wir feststellen, dass wir mit dieser Beschlussempfehlung in der Mitte liegen.
Ich kann für die CDU-Fraktion sagen: Wir haben versucht, nicht nur die berechtigten Interessen der Beschäftigten im Einzelhandel, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und nicht nur die berechtigten Interessen von Einzelhändlern zu berücksichtigen, sondern wir haben auch versucht, kulturelle Fragen bei diesem Gesetzeswerk mit zu wichten und in die Entscheidung einzubeziehen. Das betrifft den Schutz der Sonn- und Feiertage, aber nicht nur aus der Arbeitnehmerschutzsicht, sondern es ist auch eine Frage der Kultur, in welcher Gesellschaft wir leben wollen. Gerade deswegen haben wir uns dieser Frage ausführlich gewidmet.
Ich sage ganz deutlich: Die Losung der Kirchen, ohne Sonntage hätten wir nur noch Werktage, ist so kurz und bündig formuliert, dass sie gar nicht besser formuliert werden könnte. Gerade deshalb haben wir dies sehr ernst genommen.
Das christliche Abendland wäre nicht untergegangen, wenn wir für das Weihnachtsgeschäft 2006 wegen der besonderen Situation und des Druckes aus Sachsen eine andere Übergangsregelung gefunden hätten.
Die CDU hätte nicht nur die mitteldeutsche Lösung gut gefunden, sondern sie hat sich recht frühzeitig auch stark dafür gemacht, dass sie möglich wird. Das war unser Ziel. Wir haben den Gesetzentwurf der Landesregierung mit der CDU in Sachsen und mit der CDU in Thüringen abgestimmt. Der Gesetzentwurf in Thüringen ist von dem Gesetzentwurf der unsrigen Landesregierung nahezu abgeschrieben. Die Intention der CDU in Sachsen ist ebenfalls so. Eine mitteldeutsche Lösung ist jedoch nicht zustande gekommen.
Ich habe mit großer Freude gelesen, dass es auch der Wunsch der SPD war, in dieser Gesetzesfrage eine mitteldeutsche Lösung hinzubekommen. Diese ist nicht zu
stande gekommen. Ich hätte es Ihnen und uns allen gewünscht. Ich denke, insbesondere Herr Minister Bullerjahn, der die drei Bundesländer sogar verschmelzen will, wird sehen, wie schwer die Aufgabe ist,
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu einem Staat zu verschmelzen, wenn es nicht einmal beim Ladenschluss gelingt. Ich denke, es liegt noch sehr viel Arbeit vor denen, die wirklich daran arbeiten wollen.
Ich komme zu dem Gesetzentwurf zurück. Ich denke, der Gesetzentwurf hat eine eindeutige Botschaft. Die Botschaft heißt 5 x 24. Von Montag bis Freitag kann jedes Geschäft 24 Stunden am Tag öffnen, wenn es meint, dass dies sinnvoll ist, aber es muss niemand. Das ist klar.
Ein weiterer Punkt bezieht sich auf eine sehr strittige Diskussion, auch in der CDU, als die Sachsen, nachdem ursprünglich über Wochen in Bezug auf dieses Jahr überhaupt nichts möglich war, plötzlich in einer - man könnte es fast so sagen - Nacht-und-Nebel-Aktion mit dieser Neuregelung, dieser Vorschaltgesetzlösung kamen.
Wir haben jetzt eine annähernd an den alten Gesetzeszustand heranreichende Lösung: Samstag kann von 0 Uhr bis 20 Uhr geöffnet werden. Ich denke, das ist für dieses Gesetz eine vernünftige Regelung, auch wenn es sehr viele gibt, die sagen, wir hätten zumindest 22 Uhr dort stehen haben können.
Es muss niemand bis 22 Uhr öffnen. Aber diese Möglichkeit schafft ein Stück weit Waffengleichheit oder - man kann es viel besser so formulieren - einen fairen Wettbewerb zwischen denen, die im Einzelhandel arbeiten wollen. Sie können dort nur arbeiten, wenn die Unternehmen - das hat bisher kaum eine Rolle gespielt -, die beschäftigen und ausbilden sollen, auch eine Chance haben, im Wettbewerb zu bestehen.
Ich will etwas zum Schutz der Sonn- und Feiertage sagen. Die Regelung, die wir jetzt haben, lehnt sich sehr stark an die alte Regelung an. Der Vorteil der neuen Regelung bezüglich des Schutzes der Sonn- und Feiertage ist, dass sie wesentlich ehrlicher und unbürokratischer ist, als es das alte Ladenschlussgesetz geregelt hatte.
Niemand muss mehr, hinter vorgehaltener Hand lächelnd, fadenscheiniges Brauchtum zelebrieren und irgendwelche Feste anmelden, um eine Ausnahme vom Schutz der Sonn- und Feiertage - vielleicht auch aus einem berechtigten Grund - zu beantragen und genehmigt zu bekommen. Dies haben wir jetzt unbürokratisch in die Hände der Kommunen gelegt. Vor Ort müssen Kirchen, Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Einzelhändler und alle, die beteiligt sind, selbst entscheiden. Ich denke, das ist vernünftig so. Das ist eine gute Regelung.
Ebenfalls ein Beitrag zur Entbürokratisierung ist die Regelung zu den Kur-, Erholungs- und Tourismusorten sowie zum Verkauf von Sonderwaren. Ich will noch einmal Folgendes erwähnen; denn Kritik ist immer schnell da
hergesagt: Wir hatten im alten Recht eine Regelung, nach der ein Kiosk oder was auch immer sonntags geöffnet haben durfte, um Brot, Brötchen, Milcherzeugnisse und Zeitungen anzubieten. Es bestand die Möglichkeit, insgesamt fünf Stunden zu öffnen, nach zwei Stunden musste man jedoch die Brötchen in den Schredder werfen und nach drei Stunden mussten die Milcherzeugnisse heraus. Aber man durfte zum Beispiel fünf Stunden lang Blumen verkaufen. Das war aberwitzig.
Wir haben jetzt eine einfache und vernünftige Regelung getroffen: fünf Stunden Verkaufszeit für diese Produkte. Das ist unbürokratisch, übersichtlicher für die Kunden und besser geregelt.
Meine Damen und Herren! Das neue Recht - ich will es noch einmal sagen - stellt keinen Zwang zur Öffnung dar, sondern bietet die Möglichkeit zur Öffnung.