Insofern kann ich den Landtag nur aufrufen, diesen Antrag abzulehnen, weil eine Aufforderung der SPD-Fraktion, dass sich die Landesregierung an gesetzliche Vorgaben, an gesetzliche Regelungen halten möge, nicht erforderlich ist. Das tun wir in der gebotenen Weise, in der man mit Gesetzen umzugehen hat, allemal.
Vielen Dank, Herr Minister Jeziorsky. - Nun spricht für die FDP-Fraktion Herr Wolpert. Bitte schön, Herr Wolpert, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Der vorliegende Antrag der SPD-Fraktion erscheint beim ersten Hinsehen als völlig harmloses Anliegen. Was könnte denn daran kritikwürdig sein, die Landesregierung zum gesetzmäßigen Handeln aufzufordern? Das ist eigentlich eine verfassungsrechtliche Vorgabe.
Beim zweiten Hinsehen und insbesondere bei der Begründung während der Einbringung ist mir plötzlich klar geworden, dass es überhaupt nicht darum geht, ob die Landesregierung rechtmäßig oder unrechtmäßig handelt, sondern darum, nun endlich nochmals deutlich zu machen, dass man hinsichtlich der Verwaltungsreform eine andere Auffassung hat als die Regierungsparteien.
Dass die Zeit drängt, wird doch von jedem zugegeben. Dass Ihre Liste vom 17. Januar dieses Jahres bei der Kommunalisierung der Aufgaben hilfreich sein kann, das ist doch unbestritten. Es hat doch noch nie jemand gesagt, dass sie abgeschafft wird.
So weit sind wir doch noch gar nicht. Wir sagen doch nur, dass wir zunächst einmal klären, welche Aufgaben vom Land überhaupt noch wahrgenommen werden sollten, wie sie weitergereicht werden können und was dann von den Kommunen gemacht werden kann. Dass darüber noch ein Gespräch stattfinden muss, ist doch unbestritten. Die Spitzenverbände sagen doch selbst, dass diese Liste aufgrund der geänderten Kommunalfinanzen unter Umständen neu besprochen werden muss.
Das ist doch kein Problem. Die Strukturen kommen eben nicht dann, wann Sie es wollen, sondern wann wir es wollen.
Aber nun einmal zurück zu Ihrem Antrag. Die Frage, die Sie hier suggerieren, ist letztendlich die, ob dieser Antrag überhaupt erforderlich ist. Ich denke, ein solcher Antrag ist nur dann erforderlich, wenn er den Nachweis führt, dass die Landesregierung tatsächlich gesetzwidrig handelt. Dazu behaupten Sie ganz einfach, die Landesregierung würde den Landkreisen im Falle der kreisübergreifenden Gemeindezusammenschlüsse ein Vetorecht einräumen. Gleichzeitig würde sie im vorliegenden Fall keine Einzelfallentscheidung vornehmen und dies sei insgesamt gesetzwidrig.
Richtig ist insoweit in Ihrer Begründung die Ausführung zu den §§ 16 und 17 der Gemeindeordnung, dass Gemeindezusammenschlüsse durch Vereinbarung der beteiligten Gemeinden und mit Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde zulässig sind, und richtig ist auch, dass bei kreisübergreifenden Zusammenschlüssen die Kreise anzuhören sind und ihnen kein Vetorecht eingeräumt ist.
- Das ist doch genau der Punkt, richtig. Aber Sie verweisen in Ihren eigenen Begründungen bereits auf den § 11 der Landkreisordnung, und darin steht, wenn Landkreisgrenzen verändert würden, bedürfe es eines Gesetzes. Das ist auch kein Vetorecht, und es ist nicht der Beweis dafür - und schon gar nicht für das, was Herr Polte ausgeführt hat -, dass die Landesregierung den Landkreisen ein Vetorecht eingeräumt hat. Das heißt nur, dass die Landkreise zu hören sind und dass sie über ihr Schicksal auch entscheiden dürfen.
Was Sie wollen, ist nämlich die Manifestierung, dass der Gemeindewille die Landkreisgrenzen bestimmen kann, ohne dass darüber durch ein Gesetz entschieden werden kann.
Vor diesem Hintergrund kann ich auch nicht erkennen, wie das von Ihnen angeführte Beispiel tatsächlich in den von Ihnen behaupteten Vorgängen ein ungesetzliches Handeln der Regierung darlegen sollte. Ich kann noch nicht einmal erkennen, dass das Land verpflichtet sein
sollte - das steht zumindest im Gesetz nicht drin -, für jede Kreisgrenzenänderung im Einzelfall ein Gesetz zu machen. Das kann auch für alle in einem Gesetz zusammengefasst werden. Dass eine Einzelfallentscheidung vorgeschrieben ist, kann ich nicht erkennen.
Ich stimme gern mit Ihnen überein, dass es besser wäre, eine solche zu treffen, damit man vielleicht im Sinne des Zeitmomentes vorankommt. Aber letztendlich ist das, was Sie hier beantragt haben, nicht das, was Sie wirklich wollen. Sie wollten eine Generaldebatte auslösen - aber, meine Damen und Herren von der Opposition, nicht mit diesem Antrag. Da Sie nicht feststellen können, dass ein gesetzwidriges Handeln vorliegt, ist dieser Antrag abzulehnen. - Danke schön.
Verehrter Präsident! Werte Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion greift die Problematik wieder auf, mit der sich der Landtag von Sachsen-Anhalt in der vergangenen Wahlperiode im Rahmen des umfassenden Reformvorhabens in unserem Land sehr intensiv und mit großem Zeit- und Kraftaufwand beschäftigt hat. Auch mit der Aufhebung der drei Vorschaltgesetze stehen die Kommunen unseres Landes vor keiner anderen Situation. Das Denken und Handeln unserer Mandatsträger vor Ort konzentriert sich darauf, Einsparpotenziale zu erschließen und Aufgaben abzuarbeiten.
Es ist falsch, wenn der Finanzminister meint, die Kommunen müssten im Verbund mit dem Land den Gürtel enger schnallen. Die Gürtelschnalle der Kommunen steckt im letzten Loch.
Zusammenschlüsse von Gemeinden werden in Zukunft ein dringendes Erfordernis sein, um entsprechende Verwaltungs- und Finanzkraft vorzuhalten, damit die geplante Aufgabenübertragung abgefedert werden kann. Die Gemeindeordnung von Sachsen-Anhalt weist in § 15 Abs. 2 genau auf diesen Tatbestand hin. Da die jetzige Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen von CDU und FDP auf die absolute Freiwilligkeit der Gemeindezusammenschlüsse setzen, sollte dann in gleicher Konsequenz der Wille zum Zusammenschluss von Gemeinden respektiert werden.
Bei kreisübergreifenden Zusammenschlüssen, worauf dieser Antrag abhebt, sind gemäß § 17 Abs. 3 der Gemeindeordnung die Landkreise zu hören, was hier schon mehrfach erwähnt wurde. Die Entscheidungskompetenz wird im selben Paragrafen, in Absatz 4, dem Ministerium des Innern zugesprochen. Auch darüber wurde bereits gesprochen. Dieses Ministerium hat Grenzänderungen per Verordnung festzuschreiben.
Dass Landkreise, vor allem kleine Landkreise, sich dagegen wehren - denn sie verlieren an Einwohnern und Fläche -, ist nicht verwunderlich. Ich ziehe vor Ihnen den Hut, Herr Innenminister, wenn Sie es schaffen sollten, im Konsens zwischen allen Gemeinden, die beteiligt sind, und den Landkreisen diese Änderung hinzukriegen. In diesem Fall werde ich mich hier noch einmal öffentlich äußern.
Auch hierbei spannt sich wieder der Bogen zum ausgebremsten Reformprozess. Bei der Vorstellung der Vergrößerung der Landkreise zu leistungsfähigen Einheiten fallen kreisübergreifende Einzelentscheidungen nicht ins Gewicht. Wenn wirtschafts- und siedlungsstrukturelle Zusammenhänge nicht gestört werden, wenn den Zielen der Raumordnung und Landschaftsplanung nicht widersprochen wird, wenn Schul-, Wirtschafts- und Verkehrsverhältnisse, kirchliche, kulturelle und geschichtliche Beziehungen beachtet werden, kann und sollte das Ministerium des Innern Gebietsänderungsverträge zügig bearbeiten und befürworten. Diese Kriterien behandelt ebenfalls das erste Vorschaltgesetz.
Freiwilligkeit hin und her: Ohne gesetzliche Rahmenbedingungen, die klare Vorgaben beinhalten, wird sich unser Land als wenig reformfreudig erweisen.
Wir können diesem Antrag der SPD-Fraktion in der Weise zustimmen, dass wir dafür plädieren, dass er in den Ausschuss zur Beratung überwiesen wird.
Eine Anmerkung zu den Ausführungen von Herrn Wolpert. Herr Wolpert hat gesagt: Wir machen eine Reform, wann wir sie wollen, nicht, wann Sie sie wollen. - Ich denke, dass der ganze Landtag hierzu gefragt ist, so wie wir hier sitzen,
aufgrund der Debatte, die wir heute früh gehört haben, dass wir das gemeinsam angehen, nicht wenn es einer will, sondern weil wir es müssen. - Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! In deutlicher Abgrenzung zur SPD hat die CDU in ihrer Brehnaer Erklärung vom 20. März 2001 bereits erklärt, dass erst dann über eine Änderung der Kommunalstruktur nachgedacht werden kann, wenn über den künftigen Aufbau der Landesverwaltung und die Aufgabenverlagerung auf die Kommunen Klarheit besteht. Demgemäß haben sich CDU und FDP in ihrer Koalitionsvereinbarung darauf festgelegt, keine kommunale Zwangsreform durchzuführen. Diese Vereinbarung werden wir einhalten.
Der Antrag der SPD weist demgegenüber in eine andere Richtung, und wir glauben, in die falsche. Dieser Landtag hat am 18. Juli 2002 das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung beschlossen. Damit wurden die Voraussetzungen geschaffen, damit der Landtag sich in dieser Wahlperiode zunächst einmal mit Inhalten und dann mit kommunalen Strukturen befassen kann.
Die SPD will mit ihrem Antrag wie in den vergangenen acht Jahren eine Strukturdebatte führen. Acht Jahre hatte die vorige Regierung Zeit, eine Territorialreform nicht nur zu diskutieren, sondern auch umzusetzen. Das Mittel
des Zwangs war in diesem Reformvorhaben fest eingeplant. - Eine solche kommunale Zwangsreform lehnen wir ab.
Die CDU will demgegenüber in dieser Wahlperiode eine kontinuierliche und dynamische Funktionalreform in der öffentlichen Verwaltung in Angriff nehmen. Denn nach unseren Vorstellungen muss zunächst in einer Funktionalreform geklärt und festgelegt werden, welcher Aufgabenbereich für die öffentliche Verwaltung verzichtbar ist, privatisierbar ist oder auf die unteren Ebenen verlagert werden kann.
Wenn für die Kommunen, Landkreise und kreisfreien Städte klar ist, welche Aufgaben sie zukünftig wahrnehmen können, wird nach unserer Auffassung auch bei den Strukturen ein dynamischer Prozess einsetzen. Bis zu diesem Zeitpunkt jedoch sind kreisübergreifende Gemeindezusammenschlüsse und auch Landkreisfusionen in einer Gesamtschau zu betrachten und zu bewerten.
Während nach § 16 Abs. 1 der Gemeindeordnung die mit kreisübergreifenden Gemeindezusammenschlüssen verbundene Änderung der Kreisgrenzen nur aus Gründen des öffentlichen Wohls erfolgen kann, setzt § 17 Abs. 3 der Gemeindeordnung voraus, dass bei einer Änderung der Landkreisgrenzen die beteiligten Landkreise vorher zu hören sind. Auch nach der Anhörung der Landkreise ergibt sich daher die Notwendigkeit, einen kreisübergreifenden Gemeindezusammenschluss nach Betrachtung der dafür und dagegen sprechenden Gründe des öffentlichen Wohls in Erwägung zu ziehen.
Da die CDU-Fraktion eine Stufenfolge zwischen Funktional- und Territorialreform bevorzugt, sind zum jetzigen Zeitpunkt kreisübergreifende Gebietszusammenschlüsse eine Frage grundsätzlicher Natur.
Kreisübergreifende freiwillige Gemeindezusammenschlüsse können erst im Ergebnis eines langwierigen Diskussionsprozesses zustande kommen, an dem die Vertreter der Verwaltung, die ehrenamtlichen Bürgermeister und Gemeindevertreter, Bürger und deren verschiedene Organisationen sowie die regionalen Medien aktiv beteiligt sein müssen. Darüber hinaus muss ein zielgerichtetes Management des Prozesses vorhanden sein, was in den meisten Fällen von den Bürgermeistern auch geleistet wird.
Gerade mit dem von uns gegenwärtig geplanten Prozess einer Funktionalreform wird sich aber eine Reihe von Problemen lösen, die sich bisher als Barriere für Gemeindezusammenschlüsse erwiesen haben. Die CDUFraktion wird dafür sorgen, dass sich Kommunen, Landkreise und kreisfreie Städte erfolgreich und leistungsfähig entwickeln. Dazu werden wir einen inhaltlichen Reformprozess anstoßen, den wir in nächster Zeit mit mehreren Gesetzgebungsvorhaben umsetzen werden.
Eine Strukturdiskussion halten wir derzeit für nicht zweckmäßig. Die CDU-Fraktion lehnt daher den Antrag der SPD-Fraktion ab. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.