Protocol of the Session on October 11, 2002

Beratung

Flächenverkauf landwirtschaftlicher Flächen

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/240

Einbringer dieses Antrages ist der Abgeordnete Herr Oleikiewitz von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Oleikiewitz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, ich kann es kurz machen. - In den vergangenen Wochen haben Überlegungen der Landesregierung hinsichtlich des Verkaufs von landwirtschaftlichen Flächen aus dem Landesbestand für erhebliche Unruhe in den Berufsständen gesorgt. Die Verbände haben in mehreren Veranstaltungen darauf hingewiesen, dass unter den gegenwärtigen Bedingungen die wirtschaftliche Leistungskraft und die Liquidität der Betriebe einen flächendeckenden Erwerb landwirtschaftlicher Flächen kaum zulassen wird. Besonders hart würden davon Gemischt-, Veredlungs- und Futterbaubetriebe betroffen.

Sicher, den Landwirten wäre es natürlich am liebsten, sie könnten auf eigenem Grund und Boden wirtschaften. Aber in dieser Situation überlegen sie schon, ob sie bei den relativ schmalen Erträgen mit den Eigenmitteln lieber einen neuen Feldhäcksler anstatt der gepachteten Flächen kaufen.

In den vergangenen Jahren wurden Flächenverkäufe durch das Land nur in einem relativ geringen Umfang von wenigen hundert Hektar im Jahr getätigt. Diese dienten fast ausschließlich der Zusammenführung von Flächen mit den darauf befindlichen baulichen Anlagen.

Nun gibt es - das soll nicht verschwiegen werden - durchaus auch Betriebe, die zur Verbesserung ihrer Planungssicherheit ein Interesse am Flächenerwerb haben. In unserem Antrag - das möchte ich ausdrücklich betonen - geht es nicht darum, den Verkauf landeseigener Flächen generell auszuschließen. Einer vom bisherigen Pächter mitgetragenen Privatisierung stehen wir keineswegs ablehnend gegenüber.

Es ist aber notwendig, zwischen der Herstellung von einvernehmlichen Lösungen und der Ausschreibung von Flächen, bei denen der bisherige Pächter nicht in der Lage ist, diese zu erwerben, zu unterscheiden. In dem zweiten Fall sehen wir nämlich die Gefahr, dass bei einem Verkauf an Dritte die Flächen mittel- und langfristig für den Pächter verloren gehen könnten. Das kann insbesondere für Unternehmen, die Tierproduktion betreiben, unter Umständen zur Existenzgefährdung führen; denn diese sind in besonderem Maße von einer entsprechenden Flächenausstattung abhängig.

Meine Damen und Herren! Ich möchte es inhaltlich dabei belassen und Ihnen für den Fall, dass Sie über den Antrag nicht direkt abstimmen können, den Vorschlag unterbreiten, den Antrag in den Ausschuss zu überweisen. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Oleikiewitz, für die kurze Einbringung. - Wir treten damit in eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion ein. Ich erteile als erster Rednerin der Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt Frau Wernicke das Wort. Bitte sehr, Frau Wernicke.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion möchte die Landesregierung auffordern, der Landgesellschaft keinen weitergehenden flächendeckenden Privatisierungsauftrag für landwirtschaftliche Flächen zu erteilen.

Dass das Parlament sich Sorgen um die Existenz der bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe und deren strukturpolitischen Zukunftsmöglichkeiten macht, das ist in der Sache durchaus nachvollziehbar. Aber dass die Sozialdemokraten diesen Antrag einbringen, das ist natürlich sehr verwunderlich.

Denn bereits vor mehr als eineinhalb Jahren hat die Vorgängerregierung mit voller Unterstützung der SPDFraktion - ich erinnere nur an den Ideengeber, den finanzpolitischen Sprecher - ich setze das einmal in Anführungszeichen - Herrn Helmut Rehhahn, der sich das ausgedacht hat - diesen Beschluss gefasst, mit 60 Millionen € untersetzt, Flächen des Landes an die Landgesellschaft zu verkaufen. Deshalb ist es für mich schon verwunderlich und fast lächerlich, dass die SPD-Fraktion nun diesen Antrag einbringt.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich sagte es schon, 60 Millionen € stehen zur Debatte. Selbstverständlich haben sich Ihre Fraktion und die Vorgängerregierung auf diesen Weg verständigt, um die Landeskassen aufzufüllen, natürlich mit dem Ziel, dass die Landgesellschaft die Flächen weiterveräußert. Denn

wie soll denn die Landgesellschaft sonst Zins und Tilgung für den Kredit leisten, den sie dafür aufzunehmen hatte?

Sie wissen auch noch - ich will das frei zugeben -, dass ich persönlich dieser Transaktion widersprochen habe, aber nicht dem Grundsatz der Privatisierung an sich. Den unterstütze ich und den unterstützen die CDU-Fraktion und die Landesregierung natürlich in vollem Maße.

(Beifall bei der CDU)

Aber wir sind nun einmal gezwungen, diese Transaktion, wie ich schon sagte, zu akzeptieren; denn das ganze Ausmaß der desolaten Haushaltslage hat sich erst nach der Amtsübernahme offenbart. Es ist schon ein schlimmes Erbe, das Sie, SPD/PDS, uns hinterlassen haben. Und schlimm ist es tatsächlich - das sage ich als Agrarpolitiker -, dass wir eben auch den Weg des Flächenverkaufs wählen müssen, um den Haushalt zu sanieren.

Aber anders als Sie, die Sie 60 Millionen € im Haushaltsplanentwurf 2002 genutzt haben, um Haushaltslöcher zu stopfen, setzen wir diese Gelder ein, um Bundes- und Europamittel zu binden, damit die Gemeinschaftsaufgabe voll komplementiert werden kann und wir Investitionen sichern können. Das heißt, wir setzen diese Gelder ein, um Schritt für Schritt eine andere Struktur im Haushalt mit dem Schwerpunkt auf investive Maßnahmen zu erreichen.

Das Vorhaben des Flächenkaufes vom Land SachsenAnhalt durch die Landgesellschaft hat nur Sinn, wenn die Flächen letztlich beim Landwirt ankommen; denn es kann nicht unser Ziel sein, dass die Landgesellschaft als größter Landbesitzer in Deutschland auftritt.

Ich kann Ihnen versprechen, dass das Ministerium, aber auch die Landgesellschaft selbst dafür Sorge tragen, dass es klare Vorgaben für Weiterveräußerungsaktivitäten gibt. Der Verkauf der landwirtschaftlichen Flächen wird eine schwierige und komplexe Problematik sein. Es sind nicht nur agrarpolitische und fiskalische Interessen zu berücksichtigen, sondern auch, gerade wenn ich die Situation der ortsansässigen Betriebe sehe, wirtschaftliche Überlegungen anzustellen. Der Aufsichtsrat der Landgesellschaft und die Geschäftsführung werden darauf zu achten haben, dass unsere Betriebe auch in der Lage sein werden, in den Genuss des Erwerbs der Flächen zu kommen.

Aber wir haben auch über die Kreditbelastung der Landgesellschaft, die steuerlichen Aspekte der Landgesellschaft zu wachen. Ein wichtiger Schwerpunkt in diesem Feld ist: Die Notifizierung der Verkäufe wird durch die EU-Kommission zu erfolgen haben. All diese Prüfungen und sämtliche Vorbereitungen im Hinblick auf den Prozess der Eigentumsübertragung sind noch nicht ganz abgeschlossen.

Ich kann meines Erachtens Ihre Bedenken in Bezug auf den Weitverkauf ausräumen; denn wir haben die Absicht - so stellen wir uns das vor -, jährlich eine Größenordnung von 1 000 ha in Losgrößen von je 10 ha durch öffentliche Ausschreibung zu verkaufen. Dadurch begegnen wir der Gefahr, dass nichtansässige Bewirtschafter sich um diese Flächen bewerben.

Die bisherigen Pächter werden rechtzeitig über den beabsichtigten Verkauf informiert. Ihnen soll zusätzlich die Möglichkeit eingeräumt werden, in das zuschlagsfähige Gebot einzusteigen, sofern sie eine Gefährdung ihrer Existenz im Falle eines Flächenentzuges nachweisen.

Wir schätzen ein, dass ein Verkauf von jährlich etwa 1 000 ha Streubesitz die Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe und die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe im ländlichen Raum nicht gefährdet.

Des Weiteren wird ein Nebeneffekt erreicht, der die Landgesellschaft von Verwaltungsaufgaben entlastet; denn wenn bis hin zum Mahnwesen 100 Pachtverträge weniger zu pflegen und zu bearbeiten sind, stellt dies eine Einsparung von Verwaltungsaufgaben dar.

Wir sind angesichts der Hochwassersituation - das hat diese besondere Situation noch einmal unterstrichen - aber auch gehalten, einen gewissen Flächenpool zu erreichen, um auch in diesen Fällen Handlungsoptionen zu haben. Auch für infrastrukturelle Maßnahmen wie Verkehrsprojekte muss Fläche vorgehalten werden, damit die Landgesellschaft ihrer Aufgabe als gemeinnützige Siedlungsgesellschaft weiterhin gerecht werden kann.

Ich sagte es bereits: Es kann nicht unser Ziel sein, dass die Landgesellschaft der größte Flächenbesitzer oder Flächenverpächter bleibt; denn eine vernünftige Agrarpolitik setzt nicht zwingend voraus, dass das Land Eigentümer von 47 000 ha Fläche ist.

Einige Vergleichszahlen zur Ihrer Kenntnis: In SachsenAnhalt gibt es insgesamt 1,2 Millionen ha landwirtschaftlich genutzte Fläche. Der Anteil der Landesflächen daran beträgt gerade einmal 4 %. Auf dem Markt für landwirtschaftliche Grundstücke stehen derzeit 12 000 ha Fläche zur Veräußerung. Wenn wir die schon erwähnten 1 000 ha Fläche veräußern wollen, entspricht das einem Aufwuchs von 10 %, die zusätzlich auf den Grundstücksmarkt kommen. Wir schätzen ein, dass dies nicht zu gravierenden Wert- oder Preisbeeinflussungen führen wird.

Im Übrigen noch ein Wort zu Ihrer Begründung zu dem Antrag, obwohl diese hier nicht zur Abstimmung steht. Sie verknüpfen in der Begründung zwei verschiedene Tatbestände. Die Veräußerung von Landesgesellschaften hat vom Grundsatz her nichts mit dem Weiterverkauf von landwirtschaftlichen Flächen zu tun. Allein die Tatsache, dass die Landgesellschaft einen Verwertungsauftrag vom Land erhält, der ihr die klare Vorgabe gibt, landwirtschaftliche Flächen zu veräußern, sichert den Fortbestand der Landgesellschaft. - Diesen Sinnzusammenhang konnte ich schlecht nachvollziehen.

Ich denke, mit diesem Beitrag habe ich Ihre dahin gehenden Bedenken ausräumen können, dass die Landwirte aus Sachsen-Anhalt nicht in den Genuss kommen, landwirtschaftliche Fläche zu erwerben. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren! Als erstem Redner in der Fünfminutendebatte erteile ich dem Abgeordneten der FDP-Fraktion Herrn Hauser das Wort. Bitte sehr, Herr Hauser.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ministerin hat es treffend vorgebracht. Die FDP-Fraktion schließt sich diesen Fakten an. Ich gebe meine Rede zu Protokoll. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

(Zu Protokoll:)

Die SPD-Fraktion möchte mit dem Ihnen vorliegenden Antrag die Landesregierung auffordern, der Landgesellschaft „keinen weitergehenden flächendeckenden Privatisierungsauftrag für landwirtschaftliche Flächen zu erteilen“. Begründet wird dieser Antrag mit der Sorge um die Existenz der bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe. Darüber hinaus soll mit der beantragten Entschließung gewährleistet werden, dass „auch in Zukunft Strukturpolitik im ländlichen Raum möglich ist“.

Ich kann Ihnen bereits vorweg sagen, dass Ihre Sorgen unbegründet sind. Es wird durch uns weder einen Flächenausverkauf geben, noch werden landwirtschaftliche Betriebe durch die Verkaufsaktivitäten der Landgesellschaft in ihrer Existenz gefährdet. Die finanzielle Not des Landes, die Sie zu verantworten haben, ist riesig groß. Die Landesregierung ist sich aber nicht nur ihrer finanzpolitischen, sondern auch ihrer agrarpolitischen Verantwortung durchaus bewusst. Es bedarf hierzu keiner Entschließung des Landtages. Einen Insolvenzverkauf von landwirtschaftlichen Flächen werden wir nicht veranstalten.

Ich muss mich in die Vergangenheit, in die Zeit der SPD-Minderheitsregierung, zurückversetzen, um das Anliegen die SPD-Fraktion richtig einordnen zu können. Mitte 2001 kamen Sie sicherlich auf den richtigen Gedanken, einen Teil des Tafelsilbers, auf dem das Land sitzt, zur Deckung des Haushaltes heranzuziehen. Im Herbst 2002 kamen Sie dann zu der Überzeugung, die gesamten landwirtschaftlichen Flächen zu verkaufen. Dies hat aber nur einen Sinn, wenn das Land wirklich auf dem Markt verkauft wird, ich betone: in Teilbereichen und nicht auf einen Schlag, um den Bodenmarkt bzw. die Kaufkraft der Landwirtschaft nicht zu überfordern.

Sie von der SPD haben sich einen vom Land dirigierbaren Käufer gesucht - in diesem Fall die Landestochter „Landgesellschaft“, an der das Land Sachsen-Anhalt immerhin mit über 90 % Gesellschafter ist. Diese Gesellschaft nimmt einen zweistelligen Millionenkredit auf, erhöht damit die Landesschulden. Der grundsätzliche Fehler dabei ist, dass dieser Grundbesitz auch noch dort geparkt werden soll.

Nein, der kontinuierliche Landverkauf ist in Anbetracht der leeren Kassen absolut richtig. Der im Ansatz von Ihnen richtig eingeschlagene Weg wird von dieser CDUFDP-Regierung - im Gegensatz zu Ihnen - konsequent zu Ende gerührt. Eine vernünftige Agrarpolitik setzt nicht das Vorhalten von 47 000 ha landeseigenen Flächen voraus.

Die FDP will, dass diese Flächen in die Hände der Landwirte gebracht werden. Die mit der Verwaltung dieses Landes einhergehende Bürokratie passt nicht in die Zeit. Die Landestochter „Landgesellschaft“ muss schnellstmöglich entschuldet werden.

Besten Dank, Herr Hauser. - Als nächstem Redner erteile ich für die PDS-Fraktion dem Abgeordneten Herrn Krause das Wort. Bitte, Herr Krause.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte es ebenfalls kurz machen, muss aber doch etwas dazu sagen. Ich wollte es erst nicht,

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Och nee! - Weitere Zu- rufe von der FDP)

aber die Ministerin hat mich ein klein wenig dazu herausgefordert.

Es war das erklärte Ziel, Frau Ministerin, mit der Privatisierung der Flächen, mit dem Verkauf an die Landgesellschaft keine größere Aktion im Hinblick auf die Weiterveräußerung der Flächen in Richtung Betriebe zu starten. Sie selbst haben unterschiedliche Begründungen vorgebracht, aber das im Widerspruch dargestellt.

Ich muss aber etwas dazu sagen, weil in der Öffentlichkeit vom Ministerpräsidenten schon zu Zeiten des Landtagswahlkampfes und auch danach etwas darüber zu hören war, ehemaliges Preußenvermögen und landwirtschaftlich genutzte Landesflächen zu veräußern.