Danke, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Gürth das Wort. Bitte sehr, Herr Gürth.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir müssen aufpassen, dass wir hier nicht eine Phantomdiskussion führen; denn hier geht es nicht um eine generelle Änderung des Ladenschlussgesetzes. Es geht um eine befristete Ausnahme. Die Landesregierung hat aus einer Katastrophensituation heraus rechtzeitig und, wie ich finde, richtig gehandelt, und das war auch gut so. Das ist festzustellen.
Es ist auch festzustellen, dass es sich bei der Ausnahmeregelung um eine befristete Maßnahme handelt und
Ich denke, wenn wir generell über den Ladenschluss sprechen würden, dann müsste man mehrere Aspekte anführen und sich nicht nur auf einen Aspekt wie den des Arbeitnehmerschutzes konzentrieren. Das ist mit Sicherheit ein wichtiger Aspekt, aber hierfür gibt es eine Reihe von Regelungen, gerade in Deutschland, die Arbeitnehmerrechte schützen.
Aus meiner Sicht gehört meinetwegen auch eine Diskussion ordnungspolitischer Art dazu: Wie viel unternehmerische Freiheit, wie viel Freiheit für den Verbraucher, den Konsumenten und wie viel Regulierung will man? Das ist eine grundsätzliche Frage, die man nicht in wenigen Minuten abhandeln kann.
Für mich gehört ebenfalls die Frage der Strukturpolitik und der Mittelstandspolitik dazu. Dazu gehört die Frage: Wie wollen wir die Einzelhandelslandschaft in SachsenAnhalt gestalten?
Wie wollen wir mittelständische Wirtschaft auch im Bereich Einzelhandel und Dienstleistung im Sinne von Vielfalt und auf der Grundlage einer menschlichen Gesellschaft, wie wir sie alle anstreben, organisieren?
Es ist eine Frage der Familienpolitik. Wenn wir die Geburtensituation und die demografische Entwicklung beklagen, müssen wir auch überlegen: Wie organisiere ich Wirtschaft und Arbeit so, dass wir das Ziel, das wir zumindest verbal alle verkünden, nämlich eine familienfreundliche Republik zu werden, auch erreichen? Das ist auch ein Aspekt, den man dabei berücksichtigen muss.
Und - last, but not least - man müsste auch ein Stück weit über die Kulturfrage sprechen, über die Einkaufskultur, über die Geschichte des Landes, die Wurzeln, die Werte, über das, was uns wirklich wichtig ist, etwa der Sonn- und Feiertagsschutz. Viele Aspekte sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Man muss diese ausführlich besprechen und darf keine verkürzte Debatte zu diesem Thema führen.
Zu den beiden vorliegenden Anträgen. Ich glaube, es bedarf keiner Aufforderung durch den Landtag an die Landesregierung, damit sie sich stärker, als das in den letzten acht Jahren geschehen ist, mit unseren Nachbarländern, mit Thüringen und Sachsen, abstimmt und versucht, eine gemeinsame Position zur wirtschaftlichen Entwicklung und zu den Rahmenbedingungen zu finden, weil der Ministerpräsident dieses Landes und die Landesregierung dies in der kurzen Zeit ihres Amtes - in den wenigen Monaten - bereits eindrucksvoll getan haben. Insofern bedarf es dieses Antrages nicht.
Ich halte es auch nicht für realistisch zu fordern, dass die Landesregierung von Sachsen-Anhalt eine einheitliche Position meinetwegen mit Sachsen bis zum Dezember dieses Jahres erreicht. Es geht nämlich nicht um eine grundsätzliche Debatte zum Ladenschluss, sondern um eine befristete Situation. Die Verhältnisse in Sachsen sind eben anders als in Sachsen-Anhalt, weil Sachsen flächendeckend betroffen ist, wir nicht.
Ich persönlich - ich sage das ausdrücklich - finde die Entscheidung, die Sachsen getroffen hat, nicht richtig. Ich persönlich glaube auch, dass wir an einzelnen Standorten in Sachsen-Anhalt, an Handelsstandorten, Nachteile haben werden aufgrund der generellen Sonntagsöffnung in Sachsen. Aber ich bin so realistisch, dass ich sage: Wir würden uns überheben, wenn wir glaubten, wir könnten per Landtagsbeschluss erreichen, dass die Sachsen ihre Meinung gänzlich ändern.
Für viel wichtiger halte ich, dass wir uns in den Ausschüssen des Landtages darüber unterhalten, wie sich das Land Sachsen-Anhalt für den Fall verhalten soll, dass das Thema Ladenschluss generell auf der Bundesebene, nämlich auf der Ebene, auf der die gesetzgeberische Kompetenz liegt, behandelt wird.
Aus den Koalitionsgesprächen in Berlin dringen Nachrichten ins Land, nach denen man auch über das Ladenschlussgesetz noch einmal reden will. Ich habe das in den dpa-Meldungen gestern mit großem Interesse gelesen. Deswegen finde ich es gut, dass der Wirtschaftsminister angeboten hat, zu diesem Thema im Ausschuss prinzipiell und auch grundsätzlich zu sagen, wie die Position des Landes Sachsen-Anhalt und der Landesregierung ist.
Was den Antrag der PDS betrifft. Zum Thema Ladenschluss ist gerade ein Urteil getroffen worden. Ein Gericht hat Recht gesprochen in Bezug auf eine Klage, die erhoben wurde. Das macht deutlich, dass diese Position sicherlich als rechtlich bedenklich bezeichnet werden kann, wie es Frau Rogée hier getan hat, aber Fakt ist: Ein Gericht hat Recht gesprochen. Das müssen und sollten wir auch akzeptieren. Das können wir auch nicht per Landtagsbeschluss außer Kraft setzen. Den Beteiligten steht im Übrigen der Rechtsweg noch offen. Deshalb brauchen wir auch diesen Antrag nicht.
Um meinen Beitrag abzuschließen - wir müssen das nicht an dieser Stelle ausführlich diskutieren -: Die CDUFraktion empfiehlt die Ablehnung der beiden Anträge, weil beide Anträge nicht erforderlich sind. Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Wirtschaftsminister sich einer umfassenden Diskussion über dieses Thema im Ausschuss stellt. Wir als CDU-Fraktion unterstützen das. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Besten Dank, Herr Gürth. - Für die PDS-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Rogée noch einmal das Wort.
Wir haben festgestellt, dass in der Redereihenfolge von unserem - zumindest im Normalfall - üblichen Verfahren absolut abgewichen worden ist. Die Rednerreihenfolge ist im üblichen Verfahren so, dass derjenige, der die Dinge eingebracht hat, am Ende der Diskussion zu Wort kommt und nicht in der Mitte. Insofern, da die Rednerreihenfolge bei der Einbringung SPD und PDS lautete, müssten am Ende der Diskussion SPD und PDS die bei
Dem wird stattgegeben, Herr Gallert. - Ich bitte zunächst die Abgeordnete Frau Pieper, das Wort zu ergreifen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! - Das ist auch nicht Herr Pieper, das ist Uwe Schrader für die FDPFraktion.
Frau Rogée, Sie haben das Thema Ladenschluss aufgemacht. Ich wollte es eigentlich nicht bringen, aber ich bringe es jetzt.
Das Thema Ladenschluss bedarf einer breit gefächerten öffentlichen Diskussion, die man heute und auch in den nächsten Wochen noch nicht beenden kann. Aber es sei doch hier erlaubt, unterschiedliche Auffassungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu äußern.
Ich würde Sie einfach bitten, auch mir zuzuhören, so wie ich es bei Ihnen gemacht habe; denn es gibt verschiedene Ansatzpunkte und Argumente aus unterschiedlichen Blickwinkeln, die man sich gründlich überlegen muss und die man austauschen muss.
Frau Budde, der Antrag der SPD ist - das kann ich nachvollziehen - politisch motiviert. Wie dies alles in Bezug auf das Thema Mitteldeutschland im Zusammenhang mit dem Thema Ladenschluss gelaufen ist, hat uns insgesamt nicht so befriedigt. Aber hierbei müssen wir uns nach Recht und Gesetz richten.
Dem, was zu den rechtlichen Grundlagen der Ausnahmeregelungen zum Ladenschluss im Zusammenhang mit dem Hochwasser an Elbe und Mulde vonseiten der Landesregierung ausführlich berichtet worden ist, schließe ich mich an. Hierzu ist eigentlich nichts zu ergänzen.
Es ist eine rechtlich schwierige Situation mit unterschiedlichen Bedingungen in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Wir sind der Auffassung, die Handlung der Landesregierung war angemessen und richtig.
Kurz zusammengefasst: Die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung nach § 23 des Ladenschlussgesetzes war bis Ende September für das Land Sachsen-Anhalt landesweit berechtigt. Dies war und ist weitgehend unbestritten. Auch die Medien haben das überhaupt nicht moniert, viele andere auch nicht.
Danach war diese Ausnahmeregelung landesweit nicht mehr gerechtfertigt, was jedoch nicht ausschließt, dass es bestimmte Regionen gibt, bei denen es doch gerechtfertigt war. In diesem Fall griff genau das, was der Wirtschaftsminister ausführlich dargelegt hat: Dann sind per Rechtsverordnung des Landes - das ist hier so geregelt - die Landräte und die Oberbürgermeister in eigener Verantwortung dafür zuständig. Wir haben jetzt auch die gerichtlichen Entscheidungen.
Ganz kurz zu den beiden Anträgen; anschließend möchte ich auf das Thema Ladenschlussgesetz zu sprechen kommen. Auch wir denken, dass die beiden Anträge nicht erforderlich sind und empfehlen die Ablehnung.
Frau Rogée, Sie haben in Ihrer Begründung etwas Richtiges gesagt, was die Regierung auch tut. Es geht jedoch darum, dass Sie fordern, dass die Rechtmäßigkeit geprüft wird. Sie zweifeln im Prinzip an - - Moment, ich muss nachsehen.
- Rechtlich bedenklich. - Sie unterstellen, dass alles rechtlich bedenklich ist, was die Landkreise hierzu machen. Das Verwaltungsgericht hat darüber anders entschieden. Insofern sollten wir das akzeptieren; insofern ist auch die Begründung des Antrages hinfällig geworden.
Der SPD-Antrag fordert, einheitliche Regelungen mit Sachsen und Thüringen abzustimmen. Hier zählt das Gesetz und man kann relativ wenig verhandeln, hier muss man sich einfach auf die gesetzlichen Grundlagen beziehen. Man kann es mit den anderen Bundesländern versuchen, aber man kann es nicht erzwingen.
Frau Rogée, jetzt zum Ladenschluss. Der Ladenschluss ist Bundesrecht. Das Hochwasser kann nicht die Begründung für die totale Abschaffung des Ladenschlussgesetzes sein. Dieser Auffassung sind wir auch. Die Begründung ist jedoch eine ganz andere: Das Ladenschlussgesetz ist erneuerungsbedürftig. Das sehen viele so. Die FDP geht seit längerer Zeit weiter. Die FDP tritt für die Abschaffung des Ladenschlussgesetzes ein.
Schauen Sie sich das Gesetz genauer an. Es ist ein Überregulierungsgesetz, welches nur so von Ausnahmetatbeständen wimmelt: Ausnahmen für Tankstellen, die mittlerweile zu Supermärkten mutieren und bei denen der kleine Händler nebenan fragt, was das eigentlich noch soll. Die dürfen nämlich rund um die Uhr öffnen.
Ausnahmen für Zeitungen und Zeitschriften: Unser dörflicher Getränkeshop in Wulferstedt darf am Sonntagvormittag zwar Zeitschriften verkaufen, dem Kunden darf aber kein Mineralwasser verkauft werden. Das ist ein Irrsinn an Bürokratie. Weitere Beispiele sind die Ausnahmen an Bahnhöfen, Flughäfen, Kur- und Erholungsorten, in ländlichen Gebieten Ausnahmen für bestimmte Waren an Sonntagen usw. usf.