Ich wohne hier mit meiner Familie, mit meinen Freunden und Verwandten. Ich habe, wie sicherlich viele andere in diesem Raum, den Anspruch, dieses Land voranzubringen. Aber ich nehme für mich in Anspruch, dass ich über den Tag hinaus denke und mir gerade für die Jüngeren Gedanken mache, wie sich Sachsen-Anhalt in einem Europa der großen Regionen aufstellen kann. Das ist mein Beweggrund.
Wenn Sie meinen, dass das in den nächsten fünf Wochen der einzige Punkt wäre, über den Sie sich mit mir auseinander setzen könnten, dann ist das sehr traurig.
(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von der CDU: Keine Sorge! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)
Eines bleibt nach dieser Rede, Herr Böhmer: Sie weichen aus. Sie sprechen über die Strukturfragen, die für die Menschen weit weg sind. Sie bleiben allgemein und damit auch unpräzise. Sehr geehrter Herr Böhmer, auch wer Ihnen genau zuhört, wird nicht wissen, was im Land Sachsen-Anhalt in den nächsten Jahren konkret passieren soll, wo die Schwerpunkte der zukünftigen Arbeit liegen sollen und welche Strategien nötig sind, um das Land weiter aufzubauen.
Lassen Sie es mich klar sagen: Die SPD wird nicht ausweichen, nicht heute und nicht in den nächsten Wochen. Wir werden Klartext reden.
Herr Böhmer, das war nicht die Rede eines Mannes, der wie selbstverständlich den Anspruch anmeldet, dieses Land auch in den nächsten Jahren zu führen.
Ich hoffe, dass wir uns jetzt über Inhalte unterhalten können und nicht über Gefühle und solche Dinge sprechen,
Ich möchte mich zunächst kurz zu den Ergebnissen aus vier Jahren CDU-FDP-Regierung äußern. Anschließend werde ich auf die Zukunftsfragen eingehen.
Ein Aspekt in der Regierungserklärung lautete: Weiter so! Das ist in Teilen sogar richtig, denn es gibt Erfolge. Ich bin der Letzte, der sich nicht darüber freut. Wir Sozialdemokraten reden unser Land selbst im Wahlkampf nicht schlecht.
Wir freuen uns über das Wachstum im verarbeitenden Gewerbe, über Exportsteigerungen in der Wirtschaft und über Erfolge bei Pisa. Das sind nicht alles Ergebnisse der jetzigen Politik, aber es ist egal, wer diese Erfolge für sich einstreicht. Hauptsache ist, es gelingt und bringt den Menschen im Land Sachsen-Anhalt etwas.
Aber in der Gesamtbetrachtung überwiegen doch eindeutig die Misserfolge. Schauen wir uns einmal an - das ist die Messlatte, Herr Böhmer -, was Sie sich im Jahr 2002 vorgenommen haben.
(Herr Gürth, CDU: Wenn Sie Hälfte von dem er- reicht hätten, wären Sie in die Luft gegangen vor Stolz!)
Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch daran, als Herr Böhmer als Fraktionsvorsitzender hier vorn stand und Herrn Höppner seine Rede um die Ohren gehauen hat. Ich habe in der Rede nachgelesen.
Sie wollten die Arbeitslosenquote deutlich reduzieren. Das war und ist ein richtiges Ziel. Sie, Herr Böhmer, und Ihr heutiger Koalitionspartner hatten die Messlatte sehr hoch gelegt: Wir werden das Kind schon schaukeln! Höppner geht, die Arbeit kommt! - Das waren die Slogans. Damit gewannen Sie die Wahl. Was aber haben Sie erreicht?
Hierbei ist nicht maßgeblich, wie viel Arbeitsplätze Sie geschaffen haben. Herr Rehberger, ich weiß, dass Sie mit 20 000 Arbeitsplätzen argumentieren. Aber genau diese 20 000 Arbeitsplätze gab es schon in der Wahlperiode davor. Das möchte ich nur einmal sagen.
Es geht vor allen Dingen um die Frage, wie sich Ihre Gesamtbilanz gestaltet. Dabei sollten wir klar festhalten:
Sie wollten eine Verbesserung der Bildung. Sie haben das 13. Schuljahr abgeschafft und damit eine Entscheidung, die in unserer Regierungszeit getroffen wurde, korrigiert. Dann sind Sie aber zur Hauptschule zurückgekehrt. Das und die verbindliche Empfehlung für das Gymnasium bringen eine wachsende Undurchlässigkeit des Gesamtsystems und damit mehr Ungerechtigkeit.
Der Hinweis auf Pisa reicht eben nicht. Die Pisa-Studie hatte zwei Haupterkenntnisse für Sachsen-Anhalt: einerseits verbesserte Leistungen bei Schülern, die auch die Förderstufe durchlaufen haben; das ist heute schon mehrfach angesprochen worden.
- Ich weiß, dass es Ihnen schwer fällt. Ich kenne das ja. Sie haben es schon oft propagiert: Alles, aber wirklich alles, was in diesem Land und in Deutschland gut läuft, geht auf das Konto der Schwarzen und manchmal auch der Gelben, und alles, was schlecht ist, auf das Konto der Roten. So einfach ist die Welt aber nicht.
Seitdem es eine große Koalition in Berlin gibt, wissen Sie aber auch zu schätzen, dass Sie es nicht alleine sind. Dabei will ich jetzt gar nicht auf Sie eingehen.
(Lachen bei und Zurufe von der CDU - Herr Tull- ner, CDU: Ein bisschen differenzierter können wir alle miteinander umgehen!)
Um wieder zurückzukommen: Andererseits wurde klar, dass es im Land Sachsen-Anhalt die größte Abhängigkeit des Schulerfolges von der Herkunft gibt.
(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Der besuchten Schulform! Das ist falsch zitiert! - Zuruf von Herrn Gürth, CDU)
Das heißt also, auch bei der Bildung kann man nicht davon ausgehen, dass es eine reine Erfolgsbilanz ist.
Sie wollten die Neuverschuldung in der jetzigen Legislaturperiode auf null fahren. Das war Ihr Anspruch in Kenntnis der Rahmenbedingungen, Herr Scharf. Ergebnis aber ist: So viel Neuverschuldung gab es noch nie.