Protocol of the Session on October 10, 2002

TIRS etc. Diese Diskussionen, meine Damen und Herren, waren für die Akteure ein unvergleichlicher Kraftakt, welcher Energien an der falschen Stelle gebunden und damit die Entwicklung regelrecht gelähmt hat. Insofern brauchen wir uns über die unterdurchschnittlichen 5 % am Bruttoinlandsprodukt und das derzeitige Image des Landes Sachsen-Anhalt nicht zu wundern. Eine Zersplitterung der Zuständigkeiten und eine unklare Strukturierung tragen hieran Schuld.

Nunmehr ist dringend eine ergebnisorientierte Weiterentwicklung des Tourismus als Wirtschaftsfaktor erforderlich. Diese Weiterentwicklung muss zu einer Konzentration der Kräfte führen. Sie muss eine klare, zielgerichtete Orientierung geben. Nur ein gemeinsamer, abgestimmter Weg aller Akteure kann uns hierbei zu positiven Ergebnissen führen. Diesem Anliegen dient unser Antrag in der Drs. 4/231 neu.

Aber, meine Damen und Herren, was gibt es zu beachten, worauf müssen wir uns einstellen? - Die so genannten Trends prägen das Reiseverhalten. Raus aus dem Alltag, sich erholen, etwas Neues erleben, sich neu ausprobieren, Neues entdecken, etwas Neues kennen lernen - das sind die Trends im Tourismus. Gerade in diesen Bereichen haben wir in Sachsen-Anhalt viel zu bieten.

Ich möchte nur einige Beispiele nennen. Punkt 1: Kulturtourismus als der eigentliche Trend der Zukunft. Mit einer großen Dichte an Welterbestätten - in Quedlinburg, in Dessau, in Wörlitz, in Wittenberg und in Eisleben -, der Straße der Romanik, mit Luther, den Ottonen, mit Bach und dem Barock und vielem anderen mehr ist Sachsen-Anhalt geschichtsträchtig. Hier kann man die Geschichte Deutschlands erleben.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Zimmer, möchten Sie eine Frage der Abgeordneten Frau Kachel beantworten?

Im Anschluss bitte.

Meine Damen und Herren! Das Tourismusland SachsenAnhalt ist geradezu prädestiniert, bei diesem zentralen Trend der Zukunft eine wichtige Rolle zu spielen. Das Thema des Jahres 2003 „Straße der Romanik“ ist hierfür eine hervorragende Möglichkeit, sich in diesem Segment mit einem sich anbietenden Alleinstellungsmerkmal zu positionieren.

Der Kulturtourismus in Gänze bietet vielerlei Ansatzpunkte und Möglichkeiten, um den Städten und Regionen gerade angesichts der leeren Kassen zu einem wirtschaftlichen Auftrieb zu verhelfen und zur Imageverbesserung beizutragen.

Zweites Beispiel: Gesundheits- und Sporttourismus. Wir alle reden viel vom Hypertrend Wellness. Es ist tatsächlich so. Das Interesse an einem Wellnessurlaub ist innerhalb des laufenden Jahres 2002 im Vergleich zum Jahr 1999 um ca. 125 %, an einem Fitnessurlaub um

51 % und an einem Gesundheitsurlaub um 46 % gestiegen. Das Thema des Jahres 2002 lautete dann auch „Heilen und Wohlbefinden“. Nur hätte man sich meines Erachtens hier deutlicher artikulieren müssen.

Radtourismus und Wassertourismus sind weitere Säulen in diesem Segment. In den nächsten Jahren wird beispielsweise der Elberadweg gemäß den Untersuchungen von jedem zweiten Radtouristen befahren werden. Das ist ein enormes Potenzial für unser Land; denn der Radtourist hat keinen Kofferraum, in dem er die Konserven mit sich herumfahren kann.

Kanutourismus entlang der im Rahmen des Programms „Blaues Band“ dafür ausgebauten See- und Flusslandschaften und vieles mehr sind Attraktionen in SachsenAnhalt, die es zu profilieren gilt.

Dritter Punkt: Messe-, Tagungs- und Eventtourismus. Durch die hervorragende Lage in Mitteldeutschland, sozusagen im Herzen Deutschlands, ist Sachsen-Anhalt geradezu das perfekte Gastgeberland für Tagungen und Kongresse. Betrachten wir darüber hinaus das kulturelle Umfeld, ergeben sich vielfältige Chancen für SachsenAnhalt.

Blicken wir auch ruhig einmal etwas weiter in die Zukunft, in das Jahr 2006. In diesem Jahr wird ein sportliches Großereignis in Deutschland stattfinden: die Fußballweltmeisterschaft mit einem Austragungsort Leipzig. Hier gilt es, frühzeitig Angebote, so genannte Packages zu schnüren, um den Touristen, die aus aller Welt nach Deutschland kommen werden, Sachsen-Anhalt präsentieren zu können. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Schwerpunkt ist beispielsweise auch der Industrietourismus.

Ein vierter Punkt, der mir auch ganz wichtig ist, ist der barrierefreie Tourismus. Meine Damen und Herren! Das ist ein Punkt, der zwar nicht im Zusammenhang mit Trends genannt wird, der aber dennoch ein sehr wichtiger ist. Mehrere Millionen Menschen sind in Deutschland auf Barrierefreiheit angewiesen. Hier meinen wir natürlich nicht nur Menschen mit Handicaps, mit einer Behinderung. Wir haben im Übrigen im Jahr 2003 das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderung. Nein, wir meinen hier zum Beispiel auch Mütter und Väter mit Kinderwagen; das sage ich aus eigener Erfahrung. Auch diese brauchen Barrierefreiheit.

(Zustimmung von Minister Herrn Dr. Daehre)

Meine Damen und Herren! Um attraktive Angebote gestalten zu können, muss neben den eigentlichen Attraktionen die geeignete und hochwertige Basisinfrastruktur vorhanden sein. Das wiederum betrifft alle touristischen Leistungsträger gleichermaßen. Hierzu zählen die Beherbergungsbetriebe, Gastronomen, Reiseveranstalter und Touristeninformationen. Das betrifft aber auch den Einzelhandel.

Da wir einmal bei dem Thema Einzelhandel sind, möchte ich hinzufügen, wir werden im Übrigen im Tourismus Ähnliches erleben wie im Einzelhandel, nämlich den Wegfall der Mitte und den Triumph des hochwertigen, hochqualitativen Angebotes bzw. im Gegenzug dazu des preiswerten Angebotes für den kleinen Geldbeutel.

Darüber hinaus müssen die Angebote auf den eigenen Stärken aufbauen und an die Bedürfnisse der gewünschten Zielgruppe angepasst werden. Nur so kann sich eine Region von anderen unterscheiden.

Im Hinblick auf den Marktauftritt ist eine erfolgreiche überregionale Vermarktung durch die einzelnen Regionen schlecht realisierbar und zum Teil auch nicht sinnvoll. Hier sollten über eine Bündelung ein regionales Produkt geschaffen und präsentiert und dabei auch Synergieeffekte genutzt werden.

Thematische Kooperationen sind verstärkt einzugehen und zu forcieren. Die Konzentration auf einzelne Erfolg versprechende Marktsegmente ist unerlässlich. Wir reden in vielen anderen Bereichen über Clusterbildung.

Angesichts des zunehmenden Konkurrenzdrucks auf die Reisegebiete in Deutschland lassen sich Angebote nur dann dauerhaft mit Erfolg vermarkten, wenn die Qualität der Angebote den Kundenwünschen gerecht wird. Die Anforderungen an das touristische Angebot werden weiter steigen. Nur eine professionelle Herangehensweise und ein konstruktives Miteinander garantieren dabei den Erfolg.

Um diese Punkte und den einen oder anderen bisher ungenannten Punkt auch noch umzusetzen, bedarf es der vorgenannten engen Verzahnung aller touristisch relevanten Vereine, Verbände, Gesellschaften und Institutionen im Land Sachsen-Anhalt. Deshalb, meine Damen und Herren, war es für die Arbeitsgruppe Wirtschaft und Arbeit der CDU-Fraktion selbstverständlich, zu Beginn der neuen Legislaturperiode ein Arbeitsgespräch mit den Tourismusverbänden und den Fachverbänden durchzuführen. Im Ergebnis dessen gab es vielfältige Themenbereiche, die in die gemeinsame, sich anschließende weitere Diskussion einzubeziehen sind und einbezogen werden.

Grundsätzlich, meine Damen und Herren, kann Folgendes gesagt werden: Die CDU-Fraktion bekennt sich zum Fortbestand der institutionellen Säulen, dem Landestourismusverband mit den Regionalverbänden, der Landesmarketinggesellschaft und den Abteilungen im Ministerium.

Eine Stärkung der Verbandsstrukturen mit dem Verband als direktes Bindeglied zu den touristischen Anbietern ist unerlässlich. Die Verbände haben durch ihre Mitglieder selbst das beste Gremium zur Kontrolle der Arbeit des Verbandes. Der Landestourismusverband ist als Bündelungsgremium Interessenvertreter der touristischen Anbieter und Regionen und somit - ich erwähnte das bereits - für die Arbeit unerlässlich.

Wir unterstützen im Übrigen auch die Überlegungen einer Umstellung der institutionellen auf eine Projektförderung. Hier hält somit der Leistungsgedanke Einzug. Es werden die einzelnen Projekte direkt unterstützt und damit die begrenzten Mittel effektiver eingesetzt. Vorteile hierbei sind eine bessere Erfolgskontrolle sowie eine sofortige Mittelauszahlung nach entsprechender Haushaltsbestätigung bei einem vorliegenden Projekt und nicht wie bisher geschehen - das war auch ein wesentlicher Kritikpunkt - die Ausreichung der Mittel im dritten Quartal des Haushaltsjahres, was die einzelnen Verbände vor nicht unerhebliche Schwierigkeiten gestellt hat.

(Zuruf von Frau Kachel, SPD)

Allerdings ist diese Umstellung unseres Erachtens nur mit einer entsprechenden Übergangsfrist möglich, da auch hier wie so oft der Teufel im Detail stecken könnte.

Auch sollte bei den weiteren Gesprächen die Frage erörtert werden, ob sich Verbandsstrukturen an administrativ festgelegten Grenzen festmachen müssen. Die

regionalen touristischen Strukturen sollten sich an den Anforderungen des Marktes orientieren. Dies führt unseres Erachtens gleichzeitig zu einer Aufwertung der Schwerpunktregionen.

Die Landesmarketinggesellschaft ist stärker als bisher auf den Bereich Marketing zu konzentrieren, das, wenn man sich die Gesamtvorstellung vor Augen hält, auch so angedacht ist. Die bisherige Trennung von Außen- und Innenmarketing war nicht praktikabel und bedarf einer Änderung.

Um eine bessere Verzahnung von Landestourismusverband und Landesmarketinggesellschaft zu erreichen, bedarf es einer Konstruktion, die ein beiderseitiges Mitsprache- und Mitverantwortungsrecht beinhaltet. Die derzeit in der Diskussion stehende Beteiligung touristischer Verbände und Gesellschaften an der Landesmarketinggesellschaft wird auch von unserer Fraktion mitgetragen, wobei es auch hierzu einer detaillierten Untersetzung bedarf.

Alles in allem, meine Damen und Herren, gehen die Vorschläge in die richtige Richtung: hin zu einer effektiveren Arbeit und Weiterentwicklung des Tourismus in Sachsen-Anhalt.

Meine Damen und Herren! Dies ist auch und gerade vor dem Hintergrund der das Reisejahr 2002 überschattenden Flutkatastrophe dringend geboten. Die Schäden in der Tourismusbranche in Höhe von ca. 30 Millionen € mit über 50 direkt betroffenen Unternehmen und der teilweisen Zerstörung touristischer Infrastruktur erfordern einen immensen Kraftakt zu ihrer Bewältigung.

Gerade in Bezug auf den Tourismus wissen wir: Ohne bedarfsgerechte Infrastruktur und auch die nötige Öffentlichkeitsarbeit geht nichts. Das Land, die Landesmarketinggesellschaft und die Verbände arbeiten bereits in enger Kooperation auf diesen Feldern zusammen, was beispielsweise durch den gemeinsamen Maßnahmenplan zu touristischen Marketingaktivitäten nach dem Hochwasser in der Region Anhalt/Wittenberg beispielhaft verdeutlicht wird.

Neben den direkten Schäden gibt es die so genannte Katastrophe nach der Katastrophe. Selbst Hotels in Regionen, welche nicht an Elbe und Mulde liegen, haben mit Stornierungen bis in die Weihnachtszeit zu kämpfen. Die sofort von der Landesregierung eingeleiteten Gegenmaßnahmen finden ihren Höhepunkt in der Großflächenwerbekampagne in verschiedenen deutschen Großstädten. Die Verbindung von Werbung für das Tourismusland Sachsen-Anhalt und dem Dank an die vielen tausend Helfer ist der richtige Weg.

Wenn dann auch noch das „Kuratorium Fluthilfe“ in Person ihres Vorsitzenden, des Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker, erklärt, dass es sich nach wie vor lohnt, in die betroffenen Gebiete zu fahren, dann kann man dies nur uneingeschränkt begrüßen. Insofern möchte ich an dieser Stelle auch einen Appell an alle Reisenden in Deutschland richten: Wo auch immer Sie herkommen, das Reiseland Sachsen-Anhalt ist reisewert.

(Zustimmung von Minister Herrn Dr. Daehre)

Es ist nicht eine Reise wert, es ist viele Reisen wert.

(Beifall bei der CDU)

Die touristischen Angebote in Sachsen-Anhalt stehen Ihnen - davon habe ich mich selbst bei mehreren Fahr

ten in die betroffenen Gebiete überzeugt - uneingeschränkt zur Verfügung. Helfen Sie den Regionen und Anbietern und verbringen Sie gerade jetzt als Zeichen der Solidarität Ihren Urlaub bei uns in Sachsen-Anhalt! - Herzlich willkommen!

Im Namen der CDU-Fraktion bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen und diesen somit in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zu überweisen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Zimmer. - Nun kann Frau Kachel ihre Frage stellen. Bitte schön.

Herr Zimmer, kennen Sie die Arbeit der LMG und können Sie mir etwas über die Marketingkonferenz sagen, wer dabei ist und was dort inhaltlich läuft?

Ich kenne die Landesmarketinggesellschaft. Ich kenne auch Herrn Dr. Oette, habe ihn mehrfach kennen gelernt. Insofern sind wir da sicherlich d’accord. Sie kennen ihn sicherlich auch, wie ich vermute.

(Heiterkeit bei der CDU)

Selbstverständlich kenne ich die Landesmarketingkonferenz und deren Aufgaben. Aber ich denke, das alles brauchen wir jetzt nicht hier unbedingt auf den Tisch zu legen.