Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist der erste Baustein auf dem Weg der Verwaltungsmodernisierung aller Zweige der Landesverwaltung.
Der zweite Baustein wird das Funktionalreformgesetz sein, das die Verlagerung staatlicher Aufgaben auf die Ebene der Kreise und kreisfreien Städte beinhalten wird. Mit den Vorarbeiten hierfür wurde bereits begonnen.
Den dritten Baustein hin zu einer leistungsstarken, modernen, bürgerfreundlichen öffentlichen Verwaltung wird der Gesetzentwurf zur interkommunalen Aufgabenverlagerung bilden. Dessen Erarbeitung ist für das Frühjahr 2003 vorgesehen.
Erst nach Abschluss aller drei Reformschritte wird sich eine Zwischenbilanz ziehen lassen, die es dann auch erlauben wird, die noch beim Land verbliebenen Aufgaben im Rahmen eines Landesorganisationsgesetzes Landesbehörden zuzuweisen.
Unser Reformvorhaben wird auch mit der Umsetzung der von mir dargestellten Schritte keineswegs abgeschlossen sein. Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass die Verwaltungsmodernisierung niemals ein abgeschlossenes Thema sein wird, sondern eine fortdauernde strategische Aufgabe bleibt.
Wir haben deshalb in dem Gesetzentwurf vorgesehen, zum Beispiel Deregulierung, Aufgabenkritik und Privatisierung von Aufgaben zu einer dauernden Verpflichtung für die öffentliche Verwaltung zu machen.
Ein zentrales Anliegen des Entwurfs ist in diesem Zusammenhang auch, die möglichst weitgehende Kommunalisierung bisher staatlicher Aufgaben zu forcieren. Vorgesehen ist, dass die Aufgabenübertrag auf die kommunale Verwaltungsebene dann zu erfolgen hat, wenn dies wirtschaftlicher und zweckmäßiger ist. Damit muss fallweise entschieden werden, welche konkreten Aufgaben auf die kommunale Ebene übergehen werden.
Als zukunftsweisend ist besonders die im Entwurf enthaltene Zielvorgabe eines alle Behörden umfassenden IT-Netzes hervorzuheben. Wir werden damit längerfristig zu völlig neuen Gestaltungsmöglichkeiten gelangen. Entscheidend für die effektive Nutzung der sich daraus ergebenden weitreichenden Möglichkeiten wird sein, dass sich die kommunalen Körperschaften mit dem Land auf einheitliche Standards für den Datenaustausch verständigen.
Im zweiten Teil des Entwurfs werden die sich aus den beschriebenen Entwicklungszielen ergebenden konkreten Schlussfolgerungen für die Landesverwaltung gezogen.
Die Regierungspräsidien werden zur Jahreswende 2003/ 2004 aufgelöst und grundsätzlich alle bündelungsrelevanten Verwaltungsvollzugsaufgaben in das Landesverwaltungsamt überführt. Damit werden die Regierungspräsidien ein Jahr eher aufgelöst, als dies noch im Zweiten Vorschaltgesetz vorgesehen war. Die Landesregierung kommt auf dem Weg zu einer effizienten und gleichzeitig bürgernäheren Verwaltung somit schneller voran.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf leistet gerade auf der Ebene der Landesverwaltung einen wichtigen Beitrag zur Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltungsabläufe, weil mit dem Landesverwaltungsamt grundsätzlich nur noch eine Schnittstelle zwischen der ministeriellen Ebene und der kommunalen Ebene entsteht. Gleichzeitig wird ein einheitlicher Verwaltungsvollzug sichergestellt. Dieser Aspekt ist bei einer Kommunalisierung staatlicher Verwaltungsvollzugsaufgaben nicht zu unterschätzen.
Mit der Errichtung eines Landesverwaltungsamtes werden wir mittelfristig eine signifikante Kostenersparnis erreichen. So müssen zum Beispiel Querschnittsdezernate für Personalbewirtschaftung, Beschaffung und Haushalt nur noch einmal vorgehalten werden statt wie bisher dreimal.
Wir sehen in dem Entwurf außerdem vor, dass Aufgaben von Sonderbehörden des Landes in das Landesverwaltungsamt eingegliedert werden, wenn die Eingliederung eine Steigerung der Effizienz des Verwaltungshandelns erbringt. Der Bündelungseffekt wird dabei zu einer weiteren Senkung der Verwaltungskosten führen.
Im Übrigen verzichtet der Gesetzentwurf darauf, eine Obergrenze für die dann noch verbleibende Zahl der oberen und unteren Landesbehörden festzulegen. Es kann ja nicht nur darum gehen, eine Strukturreform um der Reform willen durchzuführen, sondern es muss eine Ausrichtung an den sich nach den drei Reformvorhaben ergebenden tatsächlichen Erfordernissen erfolgen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zusammenfassend darf ich feststellen, dass wir heute den ersten Schritt zu einer nachhaltigen Modernisierung der Ver
Zuerst eine Bemerkung, dann die Frage. Sie sprachen von Bausteinen. Ist es nicht so, dass Sie erst im Juli einen Trümmerhaufen hinterlassen haben, aus dem Sie jetzt Bausteine zusammenfügen? Denn die Formulierung Ihres Gesetzentwurfs kommt mir sehr bekannt vor. In anderer Form findet man sie im Zweiten Vorschaltgesetz wieder, das Sie erst gestrichen haben.
Zum Zweiten bin ich doch etwas erstaunt. Vielleicht können Sie mir Ihren Sinneswandel einmal erklären. Ihrem Vorgänger wurde jahrelang Etikettenschwindel vorgeworfen. Ihre Fraktion und auch Sie selbst haben sich immer gegen ein Landesverwaltungsamt und für Regierungspräsidien ausgesprochen. Heute kommen Sie mit genau dem, was Sie jahrelang kritisiert haben.
Kollege Püchel, zunächst Folgendes: Zum Umbau der Landesverwaltung gab es, glaube ich, grundsätzlich nie einen Dissens. Wir waren immer der gleichen Meinung, dass eine Veränderung der Landesverwaltung notwendig ist. Insoweit liegen wir, denke ich, gar nicht so weit auseinander.
Zu der Frage Zweites Vorschaltgesetz und inhaltliche Übereinstimmung: Auch das, denke ich, darf nicht verwundern, weil die Zielrichtung die gleiche ist.
Vielen Dank, Herr Minister. - Die Debatte mit je fünf Minuten Redezeit wird mit dem Beitrag der SPD-Fraktion eröffnet. Es spricht der Abgeordnete Herr Rothe. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das von der Landesregierung im Entwurf vorgelegte Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz ist rekordverdächtig. Mit dieser Überschrift, einem einzigen Wort aus 42 Buchstaben, übertrifft Ihr Gesetz sogar das Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz des Bundes von 1993. Herr Minister, ich bin beeindruckt.
Weniger beeindruckt als von der Überschrift bin ich vom Inhalt Ihres Gesetzentwurfs. Das, was drin steht, stammt nicht von Ihnen, und das, was Sie aus dem Zweiten Vorschaltgesetz abzuschreiben unterlassen haben, das allerdings wäre erforderlich, um eine Verwaltungsreform aus einem Guss zu betreiben.
Lassen Sie mich ein Beispiel für das Abschreiben anführen. Mit dem Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung wurde folgender Satz des Zweiten Vorschaltgesetzes aufgehoben:
„Alle unverzichtbaren Aufgaben sind grundsätzlich auf die Kommunen zu übertragen, sofern es die Leistungsfähigkeit der kommunalen Körperschaften zulässt und eine Übertragung wirtschaftlicher und zweckmäßiger ist.“
Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf - offenbar eine Art von Reinkarnation - sollen wir nun Folgendes beschließen: Es sind die Aufgaben „grundsätzlich auf kommunale Körperschaften zu übertragen, sofern die kommunale Leistungsfähigkeit dies zulässt und eine Übertragung wirtschaftlicher und zweckmäßiger ist.“
„Bei der Übertragung neuer staatlicher Aufgaben ist jedoch vorher die kommunale Leistungsfähigkeit im Einzelnen festzustellen.“
Das ist neu. Ich frage Sie: Was soll das denn heißen? Wollen Sie einen Flickenteppich schaffen, wobei die eine Kommune staatliche Aufgaben erhält, die andere nicht?
Oder bedeutet diese Formulierung, dass nur solche Aufgaben übertragen werden, die auch die kleinste vorhandene Kommunalverwaltung erfüllen kann? Warum ignorieren Sie die Plädoyers des Städte- und Gemeindebundes für eine flächendeckende Leistungsfähigkeit, deren Herstellung auch eine staatliche Phase der Gebietsreform erfordert? Indirekt räumen Sie doch die mangelnde Leistungskraft vieler Kommunen selbst ein, heißt es doch in Ihrem Gesetzentwurf, dass Sie Aufgaben auf das Landesverwaltungsamt übertragen, wenn eine Wahrnehmung durch eine kommunale Körperschaft oder von einer kommunalen Körperschaft zugleich für mehrere nicht möglich ist.
Ich bin gespannt darauf, wie Sie das untersetzen werden. Vielleicht mit einer Karte, in der deutlich gemacht wird, welches Landratsamt welchen anderen Kreis im Bereich der staatlichen Aufgaben mitverwaltet?
Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf entscheidet sich die Regierungskoalition immerhin für ein Landesverwaltungsamt anstelle der Regierungspräsidien. Das ist in der Finsternis konservativer Reformverweigerung ein lichter Augenblick.
Der Herr Ministerpräsident ist leider im Moment nicht anwesend. Ich möchte ihm an dieser Stelle dennoch dafür danken, dass er, was die Regierungspräsidien anbetrifft, die CDU-Fraktion zum Jagen getragen hat. Das
war schon bei der alten, die deutlich kleiner war, nicht leicht. Noch in dem Antrag der CDU-Fraktion zur Verwaltungsreform vom 9. Januar 2002 heißt es, die Zusammenlegung der drei Regierungspräsidien zu einem Landesverwaltungsamt entspreche in keiner Weise den Vorstellungen einer effizienten und schlanken Verwaltung; die in der Arbeit bewährten Bündelungsbehörden seien zu erhalten.
Weil Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, zu einer umfassenden Funktional- und Gebietsreform nicht bereit sind, wird Ihnen auch das Landesverwaltungsamt nicht wirklich gelingen. Wir wollten ein schlankes Landesverwaltungsamt, verbunden mit der Verlagerung zahlreicher Aufgaben auf die Kommunen. Ihr Landesverwaltungsamt wird nicht einmal vollschlank genannt werden können.
In der Begründung zu Ihrem Gesetzentwurf heben Sie lobend hervor, dass Sie die Auflösung der Regierungspräsidien um ein Jahr auf den 31. Dezember 2003 vorziehen. Warum ist Ihnen das möglich? - Weil Sie die Funktionalreform zu einem Funktionalreförmchen verkommen lassen. Für eine substanzielle Funktionalreform braucht man größere Landkreise, damit man die Aufgaben dorthin verlagern kann. Dazu passte es nach unserem Konzept, die verbleibenden staatlichen Aufgaben erst im Anschluss an die Kreisgebietsreform im Jahr 2004 mit der Bildung eines Landesverwaltungsamts neu zu strukturieren. Ohne Gebietsreform kann man in der Tat die Bildung des Landesverwaltungsamts vorziehen. Aber - das frage ich Sie - um welchen Preis?
Meine Damen und Herren! Obwohl der Gesetzentwurf der Landesregierung von zweifelhaftem Wert ist, stimmen wir der Ausschussüberweisung zu. Kein Gesetzentwurf ist unnütz; er kann immer noch als Anlass einer Beratung im Ausschuss über ein wichtiges Thema dienen.
Namens der SPD-Fraktion beantrage ich die Überweisung zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Finanzausschuss. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.