1. Wie viele Jugendliche können ihre Ausbildung in welchen Hochwassergebieten in Sachsen-Anhalt nicht fortsetzen?
2. Wie groß ist das von Sachsen-Anhalt beanspruchte Finanzvolumen und wie erfolgt die Beantragung und Verteilung der Gelder?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Ferchland wie folgt beantworten.
Zunächst eine Vorbemerkung. Die Bund-Länder-Vereinbarung „Programm zur Sicherung der Fortsetzung beruflicher Erstausbildungen in Hochwassergebieten 2002 bis 2004“ wurde am 19. September 2002 unterzeichnet. Gefördert wird nach der Vereinbarung die Fortsetzung begonnener Ausbildungen in anerkannten Ausbildungsberufen, soweit der ursprüngliche Ausbildungsbetrieb die Ausbildung wegen der Hochwasserschäden mindestens drei Monate lang nicht fortsetzen kann. Die Förderung umfasst die Ausbildungsvergütung sowie Personalnebenkosten und Sachkosten bis zu einer Höhe von insgesamt 800 € monatlich bis maximal Ende 2004.
Zu Frage 1: Die Landesregierung ist beim Abschluss der Bund-Länder-Vereinbarung nach Rücksprache mit den zuständigen Kammern davon ausgegangen, dass im Land bis zu 150 Förderanträge anfallen können. Die Antragsfrist läuft bis zum 15. November 2002. Erst dann wird bekannt sein, um wie viele Förderfälle aus welchen Bereichen es sich handelt. Es wird aus derzeitiger Sicht jedoch nicht damit gerechnet, dass Anträge in größerer Anzahl gestellt werden. Im Allgemeinen konnten die betroffenen Unternehmen die Ausbildung nach einer Unterbrechung für die Aufräumarbeiten selbst fortführen.
Zu Frage 2: Der Bund und das Land haben für den Zeitraum von drei Jahren insgesamt jeweils 960 000 € bereitgestellt. Die Anträge nehmen die Regierungspräsidien entgegen. Antragsberechtigt ist das geschädigte
Unternehmen, das den Ausbildungsvertrag geschlossen hat und mindestens drei Monate lang vorübergehend nicht ausbilden kann. Kann das geschädigte Unternehmen die Ausbildung auf Dauer nicht weiterführen, liegt die Antragstellung beim übernehmenden Betrieb. Die Bewilligung und die Auszahlung erfolgen durch die Regierungspräsidien.
Wir kommen zu Frage 2. Sie wird gestellt von der Abgeordneten Frau Katrin Budde von der SPD-Fraktion. Es geht um die Einsparung von Landesmitteln aufgrund reduzierter Kofinanzierungsquoten. Bitte schön.
1. Wie viel Landesmittel werden durch die Möglichkeit reduzierter Kofinanzierungsquoten für die Mittel der Europäischen Strukturfonds, insbesondere des EFRE, frei?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf die Kleine Anfrage der Frau Kollegin Budde wie folgt beantworten.
Zu Frage 1: Vor dem Hintergrund der Hochwasserkatastrophe in Sachsen-Anhalt hat die EU-Kommission eine besondere Flexibilität bei der Umsetzung der Strukturfonds zugesichert. Dies gilt für zwei Punkte:
Erstens. Hinsichtlich der noch nicht gebundenen Mittel, die Sachsen-Anhalt im Zeitraum 2000 bis 2006 als Ziel1-Gebiet erhält, soll eine Umschichtung erfolgen, die eine Orientierung auf neue Projekte ermöglicht, die dem Wiederaufbau und der Reparatur dienen.
Zweitens. Die Kommission wird den Beteiligungssatz der EU für die Projekte in Sachsen-Anhalt, die noch nicht angelaufen sind, beim EFRE auf 75 % der gesamten öffentlichen Ausgaben anheben.
Es ist beabsichtigt, im November einen gemeinsamen Änderungsantrag zum operationellen Programm für die drei Strukturfonds EFRE, ESF und EAGFL, den Fonds für die Landwirtschaft, bei der EU-Kommission einzureichen. Die notwendigen Schritte hierzu sind bereits eingeleitet, jedoch noch nicht abgeschlossen worden. Es ist insbesondere noch die Befassung des Kabinetts und des regionalen Begleitausschusses dazu erforderlich.
Nach derzeitigen, noch nicht endgültig beschlossenen Umschichtungen lägen die Einsparungen für den Landeshaushalt im Bereich der drei Fonds und über die gesamte Programmlaufzeit je nach Umfang der Einbeziehung der Bundesmittel bei ca. 531 bis 567 Millionen €. Unberücksichtigt geblieben sind bei diesen Be
tragsermittlungen die geleisteten Ausgaben für bereits abgeschlossene Projekte, für die die EU-Kommission eine rückwirkende Änderung ausschließen will.
Zu Frage 2: Durch die Änderung des operationellen Programms werden keine Landesmittel freigesetzt. Die Einsparungen aus der reduzierten Landesbeteiligung können im Wesentlichen zur Konsolidierung des Landeshaushaltes eingesetzt werden.
Herr Minister, da diese durch die Europäische Union vorgenommenen Änderungen und die Flexibilität aufgrund der Hochwassersituation entstanden sind: Könnte sich die Landesregierung nicht vorstellen, dass diese frei werdenden Landesmittel auch dafür eingesetzt werden, ein eigenes Landesprogramm oder einen eigenen Landesanteil zur Flutfolgenbekämpfung aufzulegen? Oder wollen Sie diese Mittel komplett für die Haushaltskonsolidierung einsetzen?
Frau Abgeordnete Budde, Sie wissen, dass der Bund und die Länder eine Vereinbarung dahin gehend getroffen haben, dass Bundes- und Ländermittel in der Größenordnung von 7,1 Milliarden € zur Schadensreduzierung zur Verfügung gestellt werden sollen. Ich gehe davon aus, dass diese Mittel im Land Sachsen-Anhalt ausreichen werden, um die im Land Sachsen-Anhalt eingetretenen Schäden, soweit es überhaupt zulässig ist, mit entsprechenden Ausgleichszahlungen zu beheben.
Wir kommen zur Frage 3. Sie wird gestellt von der Abgeordneten Frau Dr. Helga Paschke von der PDSFraktion. Es geht um Vollzugsprobleme beim Investitionserleichterungsgesetz.
Seit August 2002 ist das im Juli beschlossene Erste Investitionserleichterungsgesetz in Kraft. Wiederholt weisen der Städte- und Gemeindebund und einzelne kommunale Verantwortungsträger darauf hin, dass es beim Vollzug dieses Gesetzes erhebliche praktische Probleme und negative Folgeerscheinungen gibt.
1. Welche detaillierten Umsetzungsprobleme, gesetzestechnischen Fehler, Defizite und daraus abgeleitete Nachbesserungsforderungen, insbesondere zu Artikel 4 des oben genannten Gesetzes, wurden durch die Kommunen der Landesregierung zur Kenntnis gegeben?
2. In welchen Punkten teilt die Landesregierung die Auffassung der Kommunen und welche Möglichkeiten einer Korrektur werden gesehen, wurden eingeleitet bzw. sind beabsichtigt?
Zu Frage 1: Die durch Artikel 4 des Ersten Investitionserleichterungsgesetzes bewirkte Zuständigkeitsübertragung wird von einigen Kommunen bezüglich der raschen Umsetzung als kritisch angesehen, da die sachlichen Voraussetzungen, wie Equipment und ausreichend geschultes Personal, noch nicht zur Verfügung stehen. Gleichwohl hat das Präsidium des Städte- und Gemeindebundes gegenüber der Landesregierung erklärt, dass die Zuständigkeitsregelungen des Artikels 4 ausdrücklich begrüßt werden und beibehalten werden sollten.
Zu Frage 2: Wie bereits bei Frage 1 ausgeführt, bestehen keine grundsätzlich unterschiedlichen Auffassungen zwischen der Landesregierung und den Repräsentanten der kommunalen Gebietskörperschaften.
Außerdem bietet Artikel 5 des ersten Investitionserleichterungsgesetzes jederzeit die Möglichkeit, Anpassungen der Zuständigkeitsregelung vorzunehmen. Man wird aber abwarten müssen, ob hierfür tatsächlich ein Bedarf vorhanden ist. Diese Frage lässt sich im Moment nicht abschließend beantworten.
Ich habe zwei Zusatzfragen. Erstens. Herr Minister Rehberger, ist Ihnen bekannt, dass bei der Versammlung des Landkreistages der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes diese überstürzte Zuständigkeitsregelung ausdrücklich kritisiert hat? Wenn ein Geschäftsführer dort auftritt, dann handelt es sich nicht nur - davon gehe ich aus - um einige Kommunen.
Zweitens. Stimmen Sie mit mir überein, dass man, wenn man den normalen Weg der Anhörung bei diesem Gesetz gegangen wäre, genau diese Probleme der überstürzten Zuständigkeitsregelung hätte ausschalten können?
Zunächst kann ich nur darauf verweisen, dass auf Rückfrage der Landesregierung der Landkreistag und der Städte- und Gemeindebund deutlich zum Ausdruck gebracht haben, dass der von ihnen in der Vergangenheit mehrfach geäußerte Wunsch, der jetzt im Rahmen dieses Investitionserleichterungsgesetzes erfüllt ist, mit den getroffenen neuen Regelungen Bestand haben solle.
Insofern kann ich mir allenfalls vorstellen - ich war bei der Veranstaltung nicht dabei -, dass der Geschäftsführer bei einem schnellen Vollzug gewisse Probleme gesehen hat. Das hatte ich eben ausgeführt. Trotz dieser Probleme, die in der einen oder anderen Kommune eingetreten sein mögen, sind die Beteiligten, das heißt in
diesem Fall die Organisationen der kommunalen Gebietskörperschaften und die Landesregierung, der Auffassung, dass man es bei der getroffenen Regelung belassen sollte.
Sie haben natürlich Recht - das betrifft Ihre zweite Frage -, wenn Sie sagen, dass man das eine oder andere noch intensiver prüfen könnte, wenn man vorab vertiefte Anhörungen durchführen würde. Es ist letztlich immer eine Frage, was einem wichtig ist. Möchte man rasch Zeichen setzen oder möchte man so lange diskutieren,
Wir haben uns damals, als es um dieses Gesetz ging, den Hinweis erlaubt, meine Damen und Herren, Frau Budde, dass es eben ein wenig schneller geht als in Ihrer Regierungszeit. Ich glaube, das war kein Fehler.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Un- ruhe bei der SPD - Zuruf von Herrn Felke, SPD - Herr Dr. Püchel, SPD: Aber mit Fehlern!)
- Herr Dr. Püchel, weil Sie sagen, mit Fehlern: Die Gesetze, die Sie zum Teil in einer viel längeren Regierungszeit gemacht haben, sind viel fehlerhafter. Die Dauer eines Gesetzgebungsverfahrens ist also keine Garantie für Fehlerfreiheit.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Herr Dr. Püchel, SPD: Was Fehler von Gesetzen sind, das wissen Sie!)