Protocol of the Session on October 10, 2002

In diesem Zusammenhang meine Frage: Sie haben gesagt, dass unser Gesetzentwurf, der nur eine Regelung trifft, zusätzliche Bürokratie bedeutet. Können Sie mir erklären, warum es weniger Bürokratie bedeuten soll, wenn das Land frei verfügbare Mittel bekommt und diese statt über ein Gesetz in zehn oder 15 verschiedenen Programmen einsetzt?

Ich habe in meinen Ausführungen darauf hingewiesen, dass Sie versucht haben zu suggerieren, dass mit Ihrem Gesetzentwurf eine relativ einfache Verfahrensweise erreicht werden könnte: anmelden - Termin - prüfen - auszahlen. Sie wissen doch selbst, dass dies aufgrund der erforderlichen Verwaltungsverfahren, in denen nach den Verwaltungsvorschriften erst alle Nachweise geprüft und die Rechtmäßigkeit des Anspruches glaubhaft nachgewiesen werden muss, nicht so einfach ist wie Sie behauptet haben.

(Frau Dr. Paschke, PDS: Auf jeden Fall einfacher als bei den bisherigen Programmen!)

- Das müsste man erst noch prüfen.

Frau Abgeordnete Dr. Klein, bitte.

Herr Madl, ich habe keine Zweifel an den von Ihnen genannten zusätzlichen Arbeitsmarktprogrammen. Wie aber erklären Sie es sich, dass Vereine in Halle oder Magdeburg - Beispiele liegen vor - Bescheide bekommen, dass die von ihnen beantragte Fortsetzung der ABM oder der SAM nicht bewilligt werden kann, es sei denn, die Maßnahmen würden zu Maßnahmen auf dem Gebiet des Hochwasserschutzes umgewidmet. Einen solchen Bescheid hat zum Beispiel der Bürgerladen in Halle bekommen.

Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, weil mir solche Fälle nicht bekannt sind. - Danke schön.

Besten Dank, Herr Madl. - Meine Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion erteile ich nun dem Abgeordneten Herrn Doege das Wort. Bitte sehr, Herr Doege.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vieles ist im Laufe des heutigen Vormittags schon von meinen Vorrednern gesagt worden. Ich werde deshalb versuchen, mich relativ kurz zu fassen.

Lassen Sie mich zunächst auf die vorliegenden Anträge der PDS-Fraktion zu sprechen kommen, zuerst zu dem Entwurf eines Gesetzes über staatliche Ausgleichsleistungen für Schadenfolgen aus der Hochwasserkatastrophe.

Das Grundanliegen, das die PDS-Fraktion mit diesem Gesetzentwurf verfolgt, ist sicherlich ehrenwert. Wir halten die im Gesetz enthaltenen Verfahrensregeln und zeitlichen Abläufe allerdings nicht für geeignet, um letztendlich eine schnelle und unbürokratische Hilfe für die Betroffenen zu gewährleisten. Wir werden einer Überweisung in den zeitweiligen Ausschuss dennoch unsere Zustimmung erteilen; denn es ist angebracht, über dieses Anliegen im zeitweiligen Ausschuss zu diskutieren. Ob es ein Gesetz in dieser Form sein muss, darüber wird sicherlich noch zu sprechen sein.

Das Siebenpunkteprogramm zur Flutfolgenbekämpfung greift diesen Gesetzentwurf mit auf. Zusätzlich werden weitere Punkte angesprochen. Wir halten es für sinnvoll, diesen Antrag und den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP in den Ausschuss zu überweisen, um sich hierüber parteiübergreifend auseinander zu setzen.

Was mich als Kommunalpolitiker sicherlich in Freude versetzen würde, ist der Punkt 3 des PDS-Antrages - den ich einmal herausgreife -, der eine 100-prozentige Erstattung der Kosten für die betroffenen Landkreise und Gemeinden vorsieht. Das ist für jeden der Betroffenen sicherlich wünschenswert. Ich kann aus der Sicht des Landkreises Köthen sagen - in dem ich selbst im Kreistag sitze -, dass wir uns darüber freuen würden. Man braucht aber kein Prophet zu sein, um vorherzusehen, dass angesichts der Schäden, die im Land insgesamt entstanden sind, die Erwartung mehr als unrealistisch ist, einen 100-prozentigen Kostenausgleich zu erreichen.

(Frau Theil, PDS: Das ist das Kanzlerwort!)

Ich habe das bereits im Finanzausschuss angesprochen. Es ist schon signalisiert worden, dass zumindest darüber nachgedacht wird, über den Ausgleichsstock eine solidarische Beteiligung aller Kommunen im Land zu erreichen. Auch darüber wird sicherlich noch im zeitweiligen Ausschuss zu diskutieren sein.

Zu dem Antrag zu den Strukturanpassungsmaßnahmen: Auch wir sehen die Gefahr, dass sich das Land unter dem Vorwand, die Folgen der Hochwasserkatastrophe zu bewältigen, still und klammheimlich aus der Wahrnehmung und aus der Finanzierung von Aufgaben im Sozial- und Jugendbereich zurückzieht. Ein solches Vorgehen findet nicht unsere Zustimmung. Wir sind der Meinung, dass darüber noch einmal ausgiebig im zeitweiligen Ausschuss und auch im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit diskutiert werden sollte, um der beschriebenen Gefahr zu begegnen.

Zu dem Antrag, einen zeitwilligen Ausschuss Hochwasser einzurichten, hat mein Kollege Rothe schon ausführlich referiert. Aus unserer Sicht ist es zu begrüßen, dass wir fraktionsübergreifend der Bevölkerung signalisieren, dass wir dieses Thema für wichtig und diskussionswürdig erachten und eine gründliche Aufarbeitung aller in diesem Zusammenhang stehenden Ereignisse vornehmen wollen.

Unter anderem muss es auch darum gehen, den Hochwasserschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt zu diskutieren, der aus dem Juni dieses Jahres stammt und damit unmittelbar vor den Hochwasserereignissen veröffentlicht worden ist. Sicherlich wurde er bisher nur von den wenigsten zur Kenntnis genommen; aber in ihm sind recht erstaunliche Ansatzpunkte enthalten. Wenn man diese alle schon realisiert hätte, wäre sicherlich man

ches Agieren am Deich für die betroffenen Helfer einfacher gewesen.

Gleiches gilt für das Gutachten der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe aus dem Jahr 2001. Auch dieses sollte sicherlich eine Grundlage der Diskussion im zeitweiligen Ausschuss bilden.

In Richtung von Herrn Scharf: Herr Scharf, dass Ihnen das Gutachten nicht bekannt ist, habe ich so hinnehmen müssen.

(Zuruf von Herrn Scharf, CDU)

Aber es wäre zumindest über die neuen Medien, das Internet etc. zu einem sehr geringen Kostenbetrag von 10 € abrufbar gewesen. Andere haben dies getan, zum Beispiel die SPD-Fraktion. Es ist also möglich.

(Herr Scharf, CDU: Wann haben Sie es denn ge- funden?)

- Bei einer Recherche im Internet wären Sie darauf gestoßen.

(Lachen bei der CDU - Herr Scharf, CDU: Wann denn?)

Lassen Sie mich am Rande noch einige Dinge erwähnen. Und zwar bin ich bei der Vorbereitung der heutigen Rede auf einen Bericht aus der „MZ“ vom Februar dieses Jahres gestoßen, in dem der Leiter des Landesbetriebes für Hochwasserschutz kundgetan hat - wie es schon von vielen Vorrednern hier dargelegt worden ist -, große Teile unserer Deiche seien sanierungsbedürftig und - das zitiere ich - „man könne froh sein, dass in den vergangenen Jahren eigentlich kein richtiges Hochwasser stattgefunden habe“ - so im Februar dieses Jahres. Das Hochwasser kam dann gut ein halbes Jahr später.

Wir müssen feststellen, dass wir in Kenntnis der maroden Deiche in unserem Land sicherlich in den letzten Jahren mehr Geld für die Sicherung und Sanierung der Deiche hätten investieren müssen. Aus heutiger Sicht kann man diese Frage sicherlich mit einem eindeutigen Ja beantworten. Allerdings gebe ich auch zu bedenken - das gilt sicherlich auch für alle im Raum Anwesenden -, dass Hochwasserereignisse nur in sehr großen Abständen stattfinden und dass in der Zwischenzeit die Prioritäten bei der Mittelverwendung oftmals anders gesetzt werden.

Es ist also jetzt, nach den aktuellen Ereignissen, an der Zeit, deutlich mehr Augenmerk auf den Hochwasserschutz zu richten. Dies wird keine einfache Aufgabe sein. Dessen bin ich mir auch bewusst; denn es gilt letztlich, Prioritäten anders zu setzen. Der Haushalt 2003 wird sicherlich in eindrucksvoller Weise zeigen, inwieweit auch die Koalitionsfraktionen bereit sind, die Schwerpunkte zu verschieben.

Die im Zusammenhang mit den Hochwasserereignissen sofort geforderten großflächigen Deichrückverlegungsmaßnahmen müssen aus meiner Sicht genauestens geprüft werden. Sicherlich ist es möglich und notwendig, dort, wo zusätzliche Überflutungsflächen gewonnen werden können, über derartige Maßnahmen nachzudenken.

Allerdings gebe ich hierbei zu bedenken, dass man die Meinung der Fachleute ebenfalls berücksichtigen muss, dass selbst bei der Realisierung aller derzeit bekannten Deichrückverlegungsmaßnahmen keine spürbare Verminderung der Hochwasserabflüsse zu erreichen sein wird. Wenn überhaupt, dann könnten nur durch eine

großflächige Ausweisung von Überflutungsflächen messbare Ergebnisse erreicht werden. Allerdings stößt die Errichtung der hierfür notwendigen Bauwerke auf den Widerstand von Umweltschützern. Dies können Sie auch im Hochwasserschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt nachlesen.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle eine persönliche Bemerkung; denn dass, was anlässlich der Hochwasserkatastrophe zum Teil geäußert worden ist, hat mich doch sehr betroffen gemacht. Herr Dörfler ist sicherlich vielen in diesem Hause bekannt. Er hat sofort den laufenden Sanierungsarbeiten an der Elbe die Schuld an den katastrophalen Auswirkungen des Hochwassers gegeben.

Dazu kann ich nur sagen: Wenn Herr Dörfler und Co. wider besseres Wissen so mit den Ängsten der Menschen spielen, dann finde ich das in höchstem Maße verwerflich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich kann aus eigener Anschauung sagen - weil ich unmittelbar hinter dem Deich wohne -, dass viele Maßnahmen im Zusammenhang mit der Elbesanierung auch dem Hochwasserschutz dienen. Dies kann ich jedem vor Ort gern zeigen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Es geht darum, ideologiefrei nach den besten Möglichkeiten zu suchen, um die Menschen besser als bisher vor dem Hochwasser zu schützen. Dies kann uns nur mit komplexen Maßnahmen gelingen. Lassen Sie uns deshalb im zeitweiligen Ausschuss um den besten Weg für Sachsen-Anhalt ringen. Die vom Hochwasser betroffenen Menschen erwarten dies von der Politik. - Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP - Zuruf von der CDU: Jawohl!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Doege. - Für die FDPFraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Wolpert das Wort. Bitte sehr, Herr Wolpert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Die Flutkatastrophe im August dieses Jahres ist in vieler Hinsicht als einmaliges und im negativen Sinne als herausragendes Ereignis erlebt und empfunden worden. Es gab aber auch, wie bereits erwähnt, positive Seiten.

Eine der erfreulichsten Erscheinungen, die trotz aller materiellen und seelischen Schäden aufgetreten ist, war und ist die noch immer anhaltende gelebte Solidarität zwischen den Menschen. Deshalb möchte auch ich an dieser Stelle noch einmal allen Helfern, ob professionell oder spontan, organisiert oder nicht organisiert, danken, die sich bei der Gefahrenabwehr oder Schadensbeseitigung eingesetzt haben.

Ich möchte mich aber ganz besonders bei denen bedanken, die trotz erlittenen Schadens nicht aufgeben und den Wiederaufbau in Angriff genommen haben. Denjenigen, die noch verzagen, möchte ich von dieser Stelle aus den Mut dazu wünschen.

Meine Damen und Herren Kollegen! Mit dem vorliegenden Antrag aller Fraktionen zur Bildung eines zeitweili

gen Ausschusses Hochwasser wird der Wille verdeutlicht, die notwendigen politischen Schlüsse aus dem Erlebten zu ziehen. Der Schutz der Bevölkerung vor ähnlichen Gefahrenlagen als gemeinsames Ziel erfordert eine gesonderte Betrachtung der Problematik, die im Rahmen des so genannten Alltagsgeschäftes zu kurz kommen könnte.

Neben einer gründlichen Faktensammlung und Analyse, von der Schadensermittlung über die Ursachenforschung bis hin zur Prüfung der Qualität und Quantität der Gefahrenabwehrpotenziale bedarf es einer ausgeglichenen Interessenabwägung bei der Erstellung eines Maßnahmenkataloges. Schon die eingetretenen Schäden zeigen auf, dass der zu errichtende Ausschuss interdisziplinär anzulegen ist. Erlauben Sie mir, das kurz am Beispiel Bitterfelds zu skizzieren.

Schon als die Muldedämme oberhalb von Bitterfeld brachen, zeigte sich, dass ein Länder übergreifendes Katastrophenmanagement keine Selbstverständlichkeit ist. Mit der Beschädigung der Bergbaufolgelandschaft Goitzsche ist letztlich abwärts der Mulde und Elbe Schlimmeres verhütet worden. Man überlege: Sechs Meter Höhenunterschied beim Wasserstand auf 20 km² Fläche. Wenn das nach Dessau gekommen wäre und mit dem Elbehochwasser zusammengestoßen wäre, wären nicht nur die Teile von Waldersee überschwemmt worden.

Aber schon hierbei wird deutlich, dass über die Bergbaufolgelandschaft das Wirtschaftsministerium mit in die Verantwortung gezogen wird. Wie man weiter sieht, sind durch das angestiegene Grundwasser in Bitterfeld, die spezifischen Kontaminierungsbelastungen in der Grundwasserblase unter Bitterfeld, die weggespülten Straßen und die Nutzung der Auen als Poldergebiete das Umweltministerium, Landwirtschaft, Bau, Verkehr und Innenpolitik gleichermaßen betroffen.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtung, die im zeitweiligen Ausschuss gegeben sein wird. Insoweit schließt sich die FDP diesem guten Gedanken an.

Anders verhält es sich bei dem Gesetzentwurf der PDSFraktion über die staatlichen Ausgleichsleistungen für Schadensfolgen aus der Hochwasserkatastrophe. Dem liegt ein guter Gedanke zugrunde - dies will ich nicht abstreiten -; die Ausführung in Form eines Gesetzes erscheint uns allerdings problematisch.

Vor dem Hintergrund der zwischen Bund und Ländern vereinbarten Hilfsprogramme, insbesondere dem Flutopfersolidaritätsfonds und den weiteren erwähnten an die 20 Hilfsprogrammen, ist die Notwendigkeit eines weiteren Anspruchs, und gar eines rechtlich durchsetzbaren Anspruchs schon von vornherein fraglich.