Protocol of the Session on November 10, 2005

(Herr Gürth, CDU: Das hat sich jetzt nicht so an- gehört!)

Lassen Sie mich gleich zu Beginn der Ausführungen etwas sagen, das mich ziemlich auf die Palme gebracht hat. Ich gehe ebenso wie Sie mit offenen Augen und Ohren durch diese Welt und über die Flure des Landtages. Da gehen Gerüchte um, die meinen, man müsse gegen Naumburg stimmen, um dem Justizminister und ehemaligen Oberbürgermeister Naumburgs Curt Becker „eins auszuwischen“,

(Herr Kühn, SPD: Was? Das kann doch nicht wahr sein!)

um ihm zu zeigen, dass er nicht derjenige ist, der von vornherein alles in seinem Sinne regeln kann.

Aber, werte Kolleginnen und Kollegen, das kann doch wahrlich kein Grund sein, nicht für die durch objektive Kriterien begründete Kreisstadt Naumburg zu stimmen, und es wäre diesem Hohen Hause auch durchaus nicht angemessen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Als gebürtige Naumburgerin, die seit 55 Jahren dort sehr gerne lebt, ist es mir überaus wichtig, Gründe vorzutragen, die aus meiner Sicht für den Kreissitz Naumburg sprechen. Das sind zunächst ganz objektive, sachliche Gründe, die sich aus dem Gesetzentwurf der Landesregierung ergeben:

Erstens die zentralörtliche Gliederung, das heißt Naumburg als Mittelzentrum mit Teilfunktion eines Oberzentrums, und nicht nur wegen des Oberlandesgerichtes, sondern wegen seiner Lage im Raum, wegen seiner Entfernung zu Halle.

Zweitens. Naumburg ist mit rund 30 000 Einwohnern ebenso groß wie ihre Konkurrenzstadt.

(Herr Gürth, CDU: Wie viel?)

Drittens. Naumburg hat keine gemeinsame Gemarkungsgrenze mit einem Oberzentrum.

Viertens. Naumburg ist bereits Kreisstadt des Burgenlandkreises.

Das heißt unter dem Strich: Naumburg erfüllt die objektiven Kriterien gemäß dem vorliegenden Gesetzentwurf.

Darüber hinaus gibt es für mich weitergehende subjektive Gründe. Da ist zunächst erstens zu nennen: Der Burgenlandkreis, dessen Hauptstadt Naumburg ist, bringt mit ca. 147 000 Einwohnern fast doppelt so viele Bürgerinnen und Bürger in den künftigen Landkreis Burgenland ein.

Zweitens. Auch aus Wirtschaftlichkeitsgründen ist Naumburg mit seinem gerade fertig gestellten Gebäude der Kreisverwaltung zu favorisieren. Naumburg ist von jeher bekannt als Verwaltungsort in einer reizvollen Umgebung. Es ist auch d e r touristische Anziehungspunkt

unserer Region. Meine Großeltern sprachen von einer Beamten- und Garnisonsstadt mit angesiedeltem Handwerk, aber keiner großen Industrie.

Drittens. Naumburg und seine Bürgerinnen und Bürger haben auch nach der letzten Gebietsreform im Jahr 1994 bewiesen, dass sie einen Industriestandort wie Zeitz nicht links liegen lassen, wenn er den Status der Kreisstadt verliert, sondern bewusst und teilweise zum Nachteil anderer Regionen des Kreises fördern.

(Herr Kühn, SPD: Richtig!)

Schauen Sie sich Zeitz heute an. Es hat sich hervorragend entwickeln können. Und: Die Zeitzer stehen heute für Naumburg. Das macht uns Naumburger auch ein wenig stolz.

(Zustimmung von Frau Röder, FDP)

Der vierte Punkt. Weißenfels wird auch nach der heutigen Entscheidung seine weitreichende Bedeutung als Industriestandort behalten. Niemand wird ernsthaft daran glauben, dass sich die Unternehmen aus der Nachbarstadt zurückziehen, wenn der Kreissitz in Naumburg liegt. Dafür sprechen die sehr gut ausgebaute verkehrstechnische Infrastruktur, die industrielle Tradition, die dort seit vielen Jahrzehnten gepflegt wird, um nur einiges zu nennen.

Ich weiß, dass die Mitglieder dieses Hohen Hauses ihre Entscheidung in der Sache abwägen. Tun Sie dies auch in diesem Falle und stimmen Sie Naumburg als dem künftigen Sitz des gemeinsamen Landkreises Burgenland zu. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Fischer. - Einen kleinen Moment. Wir haben erst einmal die Freude, Schülerinnen und Schüler des Roland-Gymnasiums aus der frisch bestätigten Kreisstadt Burg auf der Südtribüne begrüßen zu können.

(Beifall im ganzen Hause)

Nun bitte Herr Poser. - War das jetzt eine offizielle Mitteilung, als Sie sagten „für Zeitz“?

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich darf Ihnen nur einen einzigen Aspekt zu dem Thema Kreissitzentscheidung zwischen Naumburg und Zeitz,

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Entschuldigung, zwischen Weißenfels und Naumburg kurz darlegen. - Sie sehen, die alte Zeitzer Seele ist nicht tot zu kriegen.

Wir müssen den neuen Landkreisen und den Kreissitzen die Möglichkeit einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung geben und lassen; sonst macht eigentlich - darin sind wir uns bestimmt einig - die gesamte Gebietsreform keinen Sinn.

Zur wirtschaftlichen Entwicklung von Naumburg sei gesagt: Naumburg hat kaum Möglichkeiten einer industriellen Entwicklung. Hier fehlt die Infrastruktur, was mehr oder weniger jedem bekannt ist. Außerdem wurde nach der Bildung des Burgenlandkreises im Jahr 1994 Naum

burg im Kreistag als Verwaltungszentrum bestätigt, und es wurde unter anderem festgelegt, dass Zeitz - das ist schon mehrfach erwähnt worden - der Industriestandort ist.

Die Konsequenz: Der Kreistag des Burgenlandkreises hat mit den Stimmen der Naumburger für die Infrastrukturentwicklung des Industrieparkes Zeitz 10 Millionen DM aus dem Kreishaushalt des Burgenlandkreises zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug hat der Kreistag des Burgenlandkreises vor allem mit den Kollegen aus Zeitz - das betone ich; da möchte ich Herrn Rothe ganz scharf angucken - dem Verwaltungszentrum in Naumburg zugestimmt. Ironie der Geschichte: Wir wurden dafür von der CDU in Naumburg massiv in der Presse kritisiert. So viel zur Schlitzohrigkeit. Wir, die Zeitzer, haben es also durchgesetzt, nicht die Naumburger.

Weißenfels liegt direkt an der Autobahn, hat infrastrukturmäßig die besten Möglichkeiten, sich wirtschaftlich zu entwickeln, was man jetzt schon sieht. Herr Lienau hat das bestätigt. Um Chancengleichheit für Naumburg herzustellen, wären Mittel nötig, die wir nicht haben.

Ich möchte betonen: Naumburg war, ist und sollte auch weiterhin Verwaltungszentrum des neuen mitteldeutschen Burgenlandkreises bleiben.

(Minister Herr Becker: Sehr gut! - Heiterkeit bei der CDU)

Vielleicht zum Schluss noch ein sportliches Thema, das Herr Lienau angebracht hat. Weißenfels und Zeitz waren zu DDR-Zeiten gemeinsam in der höchsten Spielklasse der Oberliga. Wir haben gemeinsam Spiele gewonnen durch kluge Verteidigung, große Angriffslust, Taktik und Kampfgeist.

Lassen Sie uns dieses jetzt weiter gemeinsam wirtschaftlich nutzen und überlassen wir Naumburg die Rolle des Schiedsrichters und des Platzwartes. Wir werden gemeinsam wirtschaftlich voranstürmen. - Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Poser. - Möchte noch jemand das Wort dazu nehmen? - Das ist nicht der Fall.

Dann stimmen wir jetzt über den Änderungsantrag in der Drs. 4/2488, den § 1 betreffend, ab. In diesem Änderungsantrag wird Weißenfels als Kreissitz gewünscht. Wer stimmt zu? - Bitte noch einmal. Es ist nicht schön, wenn jemand bloß die Hand hebt und die Karte nicht darin hat. - 26 Jastimmen. Wer stimmt dagegen? - Das ist offensichtlich die Mehrheit. Sollen wir zählen?

(Zuruf von der CDU: Nein!)

- Das brauchen wir nicht zu zählen. - Wer enthält sich der Stimme? - Die Linkspartei.PDS, Teile der SPD-Fraktion und drei Stimmen aus der CDU-Fraktion sind dagegen. Damit ist dieser Änderungsantrag eindeutig abgelehnt worden.

Wir stimmen nunmehr über die unveränderte Fassung der Beschlussempfehlung, identisch mit dem Regierungsentwurf, ab, also über die §§ 1 und 2, die selbständigen Bestimmungen, die Gesetzesüberschrift und das Gesetz in seiner Gesamtheit. Wer stimmt zu? - Das ist eindeutig die Mehrheit. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion der Linkspartei.PDS, etwa die Hälfte der SPD-Fraktion, Teile

der CDU-Fraktion und ein Abgeordneter der FDP-Fraktion. Damit ist dieses Gesetz so beschlossen.

(Zustimmung bei der CDU)

Nunmehr rufe ich den Tagesordnungspunkt 1 e auf: Entwurf eines Gesetzes zur Bestimmung des Kreissitzes des Landkreises Harz (Harz-Kreissitz-Gesetz - HarzKrsG). Beratungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres in der Drs. 4/2459. Darin wird Halberstadt als Kreissitz vorgeschlagen. Es gibt zwei Änderungsanträge jeweils mehrerer Abgeordneter in den Drs. 4/2460 und 4/2485. Sie können sich die grünen Stimmzettel schon allmählich zurechtlegen.

Zunächst spricht für Quedlinburg der Abgeordnete Herr Maertens. Bitte, Herr Maertens.

Herr Maertens (CDU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beim Hinausgehen aus dem Forum hörte ich so eine Bemerkung: Fangen wir mal mit dem alten Kaiser an. - Sicherlich, in Quedlinburg war ein Kaiser. Deswegen könnte man jetzt sagen: Quedlinburg war immer ein Zentrum. Dann verdient es jetzt wenigstens den Kreissitz.