Protocol of the Session on September 8, 2005

Herr Paqué stellt in seiner Stellungnahme vom 5. Juli 2005 hierzu fest - ich darf zitieren -:

„Die zur sachlichen Unabweisbarkeit führende Wirtschaftlichkeitsberechnung ist, nachdem der Landesbetrieb Limsa eine alternative wirtschaftliche Unterbringung nicht anbieten konnte, auf der Grundlage des Status quo durchgeführt worden und in der Kabinettsvorlage des Innenministeriums vom 28. Februar 2005 als so genannte analytische Kostenbetrachtung umfassend dargestellt.“

Der Landesrechnungshof sieht dies anders, und wir stimmen diesbezüglich mit dem Präsidenten Herrn Seibicke überein. Um eine sachliche Unabweisbarkeit zu begründen, sollten Varianten miteinander verglichen werden: die Beibehaltung der bisherigen Standorte, die Unterbringung des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation an zwei vorhandenen Standorten in Magdeburg oder eben die Anmietung unter Berücksichtigung weiterer Neben- und auch Folgekosten.

Aber Herr Paqué und Herr Jeziorsky sehen dies anders. Sie haben wahrscheinlich auch ein anderes Wahrnehmungsempfinden vom Wert des Geldes, das durch alle Steuerzahler aufgebracht werden muss.

(Beifall bei der SPD und bei der Linkspartei.PDS)

16,272 Millionen € sind meiner Meinung nach ein Betrag von erheblicher finanzieller Bedeutung,

(Herr Kosmehl, FDP: In 15 Jahren!)

auch in 15 Jahren, Herr Kosmehl.

(Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

Schon allein deshalb hätte eine unverzügliche Unterrichtung des Landtages erfolgen sollen.

(Beifall bei der SPD und bei der Linkspartei.PDS)

Ich frage Sie, Herr Paqué, ganz grundsätzlich zu der Bedeutung von Geldsummen: Ab welcher Millionenhöhe muss denn das Parlament Ihrer Meinung nach eingeschaltet werden? Sind 16,272 Millionen € angesichts der schwierigen Haushaltslage, die Sie ganz genau kennen, zu wenig?

Die Landeshaushaltsordnung besagt hier eindeutig, dass über über- und außerplanmäßige Ausgaben, die im Einzelfall 25 000 € und mehr betragen, in Fällen von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung unverzüglich der Landtag in Kenntnis zu setzen ist. Das wissen Sie. Dennoch missachten Sie die Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung und damit das Parlament.

(Beifall bei der SPD und bei der Linkspartei.PDS)

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der nicht nur bei meinen Fraktionskollegen Erstaunen ausgelöst hat. Er betrifft die Mietdauer. Mit dem Betreiber des CityCarrés wurde ein Mietvertrag mit einer Laufzeit von 15 Jahren abgeschlossen.

(Herr Kühn, SPD: Das ist nicht zu fassen!)

Dies muss aus zweierlei Hinsicht verwundern. Erstens haben wir uns im Finanzausschuss nicht nur einmal mit diesem Thema befasst. Ich bin mir sicher, dass Einigkeit darüber bestand, die Dauer der Mietverträge grundsätzlich auf zehn Jahre zu begrenzen.

Zweitens. Niemand von uns würde wohl privat eine solche Bindung eingehen. Wer von uns kann denn schon wissen, wie sich die Mietsituation in diesem Zeitraum entwickelt. Ist es da nicht sinnvoll,

(Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

Verträge mit einer Laufzeit von fünf Jahren abzuschließen, noch dazu weil wir alle wissen, dass es bald zu einer Kreisgebietsreform kommen könnte und die Zuschnitte und Strukturen auch der Landesbehörden noch einmal auf dem Prüfstand stehen. Mit einem Mietvertrag in dieser Größenordnung kann sich das Landesamt für Vermessung und Geoinformation gemütlich zurücklehnen.

Ich habe ausgeführt und begründet, weshalb die SPDFraktion die Amtsführung des Innenministers Herrn Jeziorsky und des Finanzministers Herrn Paqué missbilligt. Innenminister Herr Jeziorsky und Finanzminister Herr Paqué haben in unverantwortlicher Weise und auf das Gröblichste bestehendes Haushaltsrecht und wiederholt das Budgetrecht des Parlaments und seiner Ausschüsse verletzt. Das kann und darf das Parlament nicht hinnehmen.

(Beifall bei der SPD und bei der Linkspartei.PDS)

Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag.

An die Koalitionsfraktionen: Weil ich weiß, dass auch Sie mit dem Verhalten der beiden Minister nicht alle einverstanden sind und weil ich Verständnis für Ihre Situation habe, aber weil ich zu Beginn meiner Ausführungen die Meinungen Ihrer finanzpolitischen Sprecher Frau Dr. Hüskens und Herrn Tullner aus der „Volksstimme“ zitierte, sehe ich Ihrer Entscheidung über unseren Missbilligungsantrag mit Spannung entgegen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Frau Fischer. Das hat sich erledigt. Sie brauchen keine Frage zu beantworten. - Doch, es gibt noch eine Frage. - Bitte schön, Herr Köck, wenn Sie denn antworten möchten.

(Frau Fischer, Naumburg, SPD: Gern!)

Dann bitte, Herr Köck, fragen Sie.

Frau Fischer, ich habe eine ganze Reihe von Fragen. Ich hoffe, Sie können sie beantworten.

Ist Ihnen bekannt, dass das Vermessungsamt ursprünglich vollständig in der Hakeborner Straße - ich glaube, so heißt das, wo jetzt die Limsa einzieht - einziehen sollte und die Entscheidung für die Anmietung von Räumen im City-Carré sehr kurzfristig getroffen wurde? Ich glaube,

im Doppelhaushalt ist das Landesvermessungsamt sogar noch als bewirtschaftende Stelle für dieses Grundstück ausgewiesen worden.

Dass die Unterbringung im City-Carré stattfinden soll, ist definitiv erst im Frühjahr beschlossen worden.

Vorher war es ja anders.

Dann hätte ich noch eine zweite Frage: Ist Ihnen bekannt, dass ein anderer Teil der Behörde jetzt nach Staßfurt umziehen muss und nun ganze Mitarbeiterstämme dort ein recht ungünstiges Objekt beziehen müssen - natürlich auch aus wirtschaftlichen Gründen, das ist ganz klar - und letztlich der ursprüngliche Sitz der Behörde in Halle auf eine kalte Art und Weise nach Magdeburg verlegt worden ist?

Herr Dr. Köck, ich weiß, dass sowohl der Innenausschuss als auch der Finanzausschuss sicherlich noch einmal mit diesem Thema befasst werden, da auch uns das Konzept in allen Einzelheiten noch nicht bekannt ist.

(Herr Tullner, CDU: Ach, aber eine Meinung ha- ben!)

Vielen Dank, Frau Fischer. - Nun kommen wir zu dem zweiten Antrag. Ich bitte Frau Dr. Klein, den Antrag für die Linkspartei.PDS einzubringen.

(Unruhe bei der SPD - Zuruf von Frau Fischer, Naumburg, SPD - Minister Herr Dr. Daehre: Sie reden trotzdem eine halbe Stunde! Dann sollen Sie nicht solche Reden halten! Das ist erstaun- lich! Sie hat doch eben gesagt, ich weiß es nicht, aber spuckt auf der ganzen Linie! Das ist schon erstaunlich!)

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Als erstes möchte ich meinen Unmut über den Zeitpunkt der Behandlung dieses Tagesordnungspunktes äußern.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Von europapolitischen Themen her bin ich ja die späten Abendstunden, die meist weniger bürgerfreundlich sind - von Medienwirksamkeit wollen wir gar nicht sprechen -, gewöhnt. Aber gleich zwei Anträge zur Missbilligung der Arbeit zweier Minister bzw. der Landesregierung in den Abend zu verlegen, dazu gehört von den Mitgliedern der Koalitionsfraktionen im Ältestenrat schon echte Größe, muss ich sagen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Zustimmung bei der SPD - Minister Herr Dr. Daehre: Wann ist denn bei Ihnen eigentlich Abend? - Heiterkeit)

Wenn die Begründung im Ältestenrat ist, man kann nicht zwei Themen wie die Kreisgebietsreform und diese Anträge - -

(Minister Herr Dr. Daehre: So zeitig kann doch noch nicht Abend sein! Wann machen Sie Feier- abend? - Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

- Herr Minister Daehre, Sie müssen sehr getroffen sein, wenn Sie so reagieren.

(Zuruf von Minister Herrn Dr. Daehre - Unruhe)

- Es tut mir herzlichst Leid. - Der Anlass für unseren Antrag ist ja hinreichend bekannt. Aber da Budget- und Haushaltsrecht bei den meisten nicht zur täglichen Lektüre gehören, ist die Wiederholung mancher Dinge vielleicht gar nicht so schlecht.

Das Ministerium der Finanzen erteilte am 1. Juli 2005 die Einwilligung zu einer überplanmäßigern Verpflichtungsermächtigung gegenüber dem Ministerium des Innern zur Anmietung einer Immobilie im City-Carré in Magdeburg als Sitz des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation. Die Immobilie ist für einen Zeitraum von 15 Jahren für jährlich rund 1 Million € angemietet worden.

Die Einwilligung zu dieser Verpflichtungsermächtigung wurde trotz der oder gegen die Bedenken des Landesrechnungshofes am Parlament vorbei erteilt. Das Parlament, das heißt in diesem Fall die Mitglieder des Finanzausschusses, wurden durch den Landesrechnungshof am 25. August 2005 informiert, da aus seiner Sicht schwere Bedenken hinsichtlich des Abschlusses vorliegen.

Wir teilen diese Bedenken. Aus unserer Sicht ist Artikel 95 der Landesverfassung verletzt worden, und zwar wissentlich. Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen dürfen danach nur bei unvorhergesehenem und unabweisbarem Bedarf erteilt werden. Der Landtag wurde trotz § 34 Abs. 4 der Landeshaushaltsordnung bis zum gestrigen Tag nicht unterrichtet. Darauf komme ich noch zu sprechen; denn das ist das Pünktchen auf dem I.

Meine Frage ist: Wie kommt die Landesregierung dazu, einfach eine überplanmäßige Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 16 Millionen € zu bewilligen und damit den Abschluss eines Mietvertrages über eine Laufzeit von 15 Jahren zu ermöglichen?