(Frau Liebrecht, CDU: Es wurde gerade festge- stellt, dass das nicht der Fall ist! Wieso behaup- ten Sie jetzt das Gegenteil?)
immer wieder neue Fragen, die wir im Rahmen des Untersuchungsausschusses nicht abschließend klären konnten. Eines wurde deutlich: In Naumburg existiert ein „System Becker“. Der Justizminister Herr Becker hatte als Oberbürgermeister schon in der Grundstücksangelegenheit seine Hände im Spiel. Er schloss nach vielen Jahren als Minister mit dem Brief ab, was er zu Naumburger Zeiten begann. Das sind die Fakten.
Nur, meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, daran wollen Sie heute nicht mehr erinnert werden.
Sicherlich ist es bei dem Abschluss einer solchen Untersuchung nicht ungewöhnlich, sondern eher die Regel, dass deren Ergebnisse von den Regierungsfraktionen anders beurteilt werden als von den Vertreterinnen und Vertretern der Opposition.
In dem in Rede stehenden Fall könnte heute jemand, der nicht so genau hinhört, den Eindruck gewinnen, es hätte nicht einen, sondern zwei Untersuchungsausschüsse zu der Amtsführung des Justizministers gegeben. Vor einem Jahr sah das noch anders aus. Damals war die politische Zukunft des Justizministers auch in Ihren Reihen keinen Pfifferling mehr wert.
(Unruhe bei der CDU und bei der FDP - Frau Weiß, CDU: Das ist doch Quatsch! - Herr Kos- mehl, FDP: Ach!)
Es war Ministerpräsident Herr Böhmer, der für einen Verbleib seines angeschlagenen Justizministers sorgte. Von der Fraktion war Herr Becker längst fallen gelassen worden.
Der Ministerpräsident hat seinem Justizminister mit seiner Entscheidung aber keinen Gefallen getan; gestärkt hat er ihn mit seiner Taktik des Aussitzens jedenfalls nicht. Ebenso wenig gestärkt haben Herr Böhmer und Herr Becker das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit und die Politik.
Die Folgen für die Justiz in unserem Land sind in jedem Fall fatal. Herr Böhmer, aus Gründen falsch verstandener Solidarität mit Herrn Becker nehmen Sie ein zerrüttetes Verhältnis zu den Richtern und eine Lähmung im Justizbereich in Kauf. Die Tatsache, dass Herr Becker nach wie vor im Amt ist, ist also weniger der Lohn seiner guten Arbeit als vielmehr das Ergebnis übergeordneter strategischer Überlegungen.
Umso überraschender war es vor einigen Wochen, als man die Zeitung aufschlug, dass man lesen konnte: Der Justizminister wird in der nächsten Legislaturperiode wieder für das Amt des Justizministers zur Verfügung stehen, wenn man ihn ruft. - Ich kann nur hoffen, dass ihn niemand rufen wird; denn es wären weitere fünf verlorene Jahre für die Rechtspolitik in Sachsen-Anhalt.
Die letzten dreieinhalb Jahre waren von Stillstand geprägt. Es gab keine inhaltlichen Impulse des Ministers. Aber das ist auch nur zu verständlich; der Minister war
zu sehr mit sich und den Vorwürfen gegen seine Person beschäftigt. Er war, um einen Begriff aus Amerika zu gebrauchen, die „lame duck“, die „lahme Ente“ der Landespolitik.
Zieht man bezüglich der Arbeit des Justizministers eine Bilanz, dann wird eines besonders deutlich: Der Minister hat seine Rolle selbst nach dreieinhalb Jahren nicht gefunden. Die letzten Wochen belegen dies nur zu deutlich. Als Beispiel ist das Gezerre um das Justizzentrum Magdeburg zu nennen.
Darauf, dass die Koalition den Justizminister als angesehenen Minister bezeichnet, wie Herr Stahlknecht dies vor einigen Tagen tat, und dass Herr Stahlknecht der Opposition vorwarf, wir wollten diesen angesehenen Minister durch taktische Manöver diskreditieren, möchte ich nur erwidern, dass der Minister sich mit seinem Fehlverhalten, dem Amtsmissbrauch bereits vor langer Zeit selbst diskreditiert hat und dass er dies mit Äußerungen in der jüngsten Zeit wie zum Beispiel der Bezeichnung der Mitarbeiter im Justizvollzug als „Maden im Speck“ kontinuierlich weiter vorantreibt. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, eine Zwischenbemerkung. Ich möchte nur feststellen, dass die Frau Kollegin Grimm-Benne keine rechtliche Bewertung, sondern eine rein politische Bewertung der Ergebnisse des Untersuchungsausschusses vorgenommen hat.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Grimm-Benne, was Sie hier vorgetragen haben, war teilweise schon heftig, aber bekanntlich ersetzt der Irrende durch Heftigkeit das, was ihm an Wahrheit und an Kräften fehlt.
- Frau Budde, hören Sie zu! - Parlamentarische Untersuchungsausschüsse, so auch dieser, haben eben die Eigenschaft, sich aufgrund der ihnen zugrunde liegenden politischen Aufgeregtheit in ihrer Entwicklung mehr und mehr von den Geboten der Rechtsstaatlichkeit zu entfernen. Das wurde von dem Kollegen Berichterstatter vorhin in vornehmer Weise zwar nicht bezogen auf diesen Untersuchungsausschuss, aber allgemein erwähnt.
Dieser Entfernung von rechtsstaatlichen Grundsätzen haben wir von CDU und FDP uns während der gesamten Dauer des Untersuchungsausschusses entgegengelehnt, indem wir nur solche Fragen an die Zeugen und an den Betroffenen zugelassen haben, die den Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens entsprachen. Wir haben uns auch gegen die Zulassung von Beweisbeschlüssen zur Wehr gesetzt, die nicht vom Auftrag des Untersuchungsausschusses gedeckt waren.
Dies führte dazu, dass das Landesverfassungsgericht auf Antrag der CDU und der FDP dem Untersuchungsausschuss mit Beschluss vom 30. Juni 2004 untersagte, einen Beweisbeschluss durchzuführen, den die Mitglieder von PDS und SPD trotz der von uns vorgetragenen begründeten Bedenken beantragt hatten. An diesem Beweisbeschluss, liebe Kolleginnen und Kollegen, der nicht vom Untersuchungsauftrag gedeckt war, wurde deutlich, dass die Opposition wie noch heute dem Jagdtrieb erlegen war, der gelegentlich den Blick verklärt und zu einem Verlust der erforderlichen Distanzfähigkeit führt.
Zu den Grundsätzen eines rechtstaatlichen Verfahrens gehört es auch, eine Bewertung ähnlich dem Absetzen eines Urteils in einem Gerichtsverfahren nur aufgrund eines Sachverhaltes, der von Tatsachen getragen ist, vorzunehmen.
Als einzige Tatsache steht fest, dass Herr Minister Becker am 10. März 2003 ein Schreiben mit Kopfbogen des Ministers der Justiz an den Oberbürgermeister der Stadt Naumburg sandte. Hierzu ist festzustellen, dass die Verwendung des Ministerbriefbogens in der Tat fehlerhaft gewesen ist. Dies hat der Minister der Justiz bereits vor der Einsetzung des Ausschusses und noch einmal im Ausschuss selbst bestätigt.
Eine bewusste und gewollte, mithin vom Vorsatz getragene Beeinflussung des Verwaltungsgerichtes, wie es von der Opposition vorgetragen wurde, konnte jedoch durch keinen der vernommenen Zeugen bewiesen werden.
Auch die Überreichung einer Kopie des Schreibens durch den Rechtsanwalt der klagenden Partei an das Verwaltungsgericht konnte dem Minister nicht als Versuch der Gerichtsbeeinflussung angelastet werden. Es waren nämlich keine Anhaltspunkte dafür erkennbar,
dass der Minister die klagende Partei aufgefordert hätte, sein Schreiben dem Gericht vorzulegen. Das Verhalten des Rechtsanwaltes ist dem Minister daher nicht zuzurechnen.
Würde man dies, so wie Sie es wollen, dennoch tun, wäre jeder, meine Damen und Herren, der versehentlich ein Taschenmesser auf der Parkbank liegen lässt, mit dem später durch einen anderen ein Mord begangen wird, automatisch Mittäter. Das ist das, was die SPD konstruiert. Deshalb sage ich: Passen Sie heute Abend auf und lassen Sie kein Messer bei der SPD liegen!
Dieses Beispiel zeigt die Absurdität des von der Opposition immer noch erhobenen Vorwurfs der Gerichtsbeeinflussung.
Im Übrigen hat sich die Opposition durch ihre Beweisanträge über einen langen Zeitraum darin verloren zu untersuchen, unter welchen Umständen das Bauvorhaben der Poser & Wedel GbR in der Stadt Naumburg zustande kam und zu Ende geführt wurde. Die Untersuchung dieses Sachverhaltes stand und steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem später verfassten Schreiben des Ministers und war im Übrigen vom Untersuchungsauftrag nicht gedeckt. Selbst wenn man die Untersuchung dieses Sachverhaltes mit einer Motivationsforschung begründen möchte, gelangt die Opposition zu nachfolgenden Bewertungen:
So äußerte der Zeuge Becker - ich zitiere -, dass man die Stadt aufbauen wollte. Es folgt die Wertung der PDS: