Protocol of the Session on May 27, 2005

Das Hüttenröder Eisenerzabbaugebiet lag oberhalb von Blankenburg und wurde mit einer Erzstufenbahn erschlossen. 1884 hat dann der Schweizer Roman Abt ein Lamellenzahnstangensystem erfunden.

(Frau von Angern, PDS: Was für Zeug?)

- Ein Lamellenzahnstangensystem. Das sind dreifach versetzte Stangen mit Zähnen darauf.

(Heiterkeit bei der PDS)

Das war ein internationales Patent. Dieses internationale Patent von Herrn Abt wurde Anfang 1885 - daran sehen Sie einmal, wie schnell die Umsetzung von Patenten damals passierte - schon auf einer Versuchsstrecke von ungefähr 3 km Länge zwischen Blankenburg und den Harzer Werken erprobt. Die Genehmigung durch die Eisenbahnbehörden erfolgte am 20. August 1885.

Die Eisenbahn erreichte Rübeland - das waren rund 13 km - am 1. November 1885, Elbingerode am 1. Mai 1886, Königshütte am 1. Juni 1886, Tanne am 15. Oktober 1886 und - Entschuldung, ich muss erst einmal kurz für Spucke sorgen -

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Drei-Annen-Hohne erreichte man viel später. Da wurden rund 4,5 km am 1. Mai 1907 in Betrieb genommen. Wir feiern also bei dieser Nordharzstrecke im Wesentlichen in diesem und im nächsten Jahr das 120-jährige Bestehen.

Im Jahr 1920 erreichte die Strecke ihre Leistungsgrenze. Von der privaten Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn wurden dann Loks der Tierklassen „Mammut“, „Elch“, „Wisent“ und „Büffel“ in Auftrag gegeben. Die Zahnstangenstrecke wurde auf reinen Adhäsionsbetrieb umgestellt.

(Unruhe)

Dafür gab es dann eine Nachnutzung durch die preußische Eisenbahngesellschaft, die Loks des Typs T 20, der heute als Baureihe 95 bezeichnet wird, einsetzte. Sie müssen sich einmal vorstellen: Anfang der 50erJahre wurden dann Güterzüge mit drei Loks der Baureihe 95 auf dieser Strecke eingesetzt, zwei vorn, eine hinten.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Damit hat man rund 450 t Ladung den Berg hinaufbekommen. Den Berg hinunter ging es wesentlich einfacher.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Auch diese Leistung reichte nicht. Es wurden verschiedene Projekte untersucht.

Am 1. August 1966 war die komplette Strecke elektrifiziert und Serienlokomotiven der Baureihe E 251 - heute E 171 - kamen dort zum Einsatz. Sie wurden übrigens in Henningsdorf - heute Bombardier - gebaut. 40 Jahre lang wurden diese E-Loks auf dieser Strecke eingesetzt.

Ich will Ihnen bloß noch etwas zu der Qualität dieser Loks sagen. Sie wurden 1990 vom Eisenbahnbundesamt so bewertet, dass man noch fünf Jahre lang mit einer Hauptuntersuchung warten könnte. Sie haben alle Laufzeiten von mehr als einer Million Kilometer. Sehen Sie einmal auf Ihr Auto oder auf einen Lkw - eine Million Kilometer, das ist doch schon eine erhebliche Leistung. Es war möglich, auf dieser Strecke rund 22 000 t pro Tag herunterzufahren.

(Herr Kühn, SPD: Welche Baureihe war das? - Heiterkeit)

- E 171, also die, die sie jetzt in Zwickau zusammengezogen und getarnt abgestellt haben, damit auf der Rübelandbahn erst einmal kein elektrischer Betrieb mehr stattfinden kann.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, wahren Sie den notwendigen sittlichen Ernst.

Rund 40 Jahre lang hat der elektrische Betrieb auf der Rübelandbahn, wie ich ausführte, seine Leistungsfähigkeit bei allen gestellten Anforderungen bewiesen.

Dieser saubere, die Umwelt entlastende und für Bürger und Gäste der Ferienregion Rübeland mit hohen Umweltstandards durchgeführte Betrieb endete vorerst durch Entscheidungen von DB Regio, DB Cargo, DB Rail-Union und DB Netz auf der einen Seite und der Fels-Gruppe auf der anderen Seite zum 17. Mai 2005. Ich hoffe, er ist lediglich unterbrochen.

Schlauerweise hat man in dieser Woche erst einmal Bauarbeiten auf der Steilstrecke und Schienenersatzverkehr eingerichtet. So kann man den Druck in der Bevölkerung etwas mindern.

Ein Dieselbetrieb, ob mit „Blue Tiger“ oder den modernisierten sowjetischen Dieselloks der Baureihe 241 ist bei rund 4 000 PS ohne Dieselrußfilter ein Rückschritt hinter die Dampflokzeit. Jeder weiß, wie die Feinstaubbelastung bei einer 4 000-PS-Lok zu beurteilen ist, die ohne Filter fährt. Sie ist zwar abgasoptimiert, aber das ist Augenwischerei.

Es ist unverständlich, dass das Eisenbahnbundesamt für die „Blue Tiger“ eine Steilstreckenzulassung erteilt hat. Ich habe mich erkundigt: Diese wäre bei gleichen technischen Voraussetzungen durch die Deutsche Reichsbahn nicht erteilt worden.

Die technischen Grenzen dieser Loks sind, wenn Sie einmal einen Sonntagsausflug machen - vielleicht wäre es in der Woche besser; dann fahren sie eventuell wieder -, sogar für Laien sichtbar: Wenn eine solche „Blue Tiger“ mit qualmenden Kunststoffbremsbacken in den Richtungswechselbahnhof Michaelstein einfährt, dann wissen Sie, wo die Grenzen dieser Technik liegen.

Jetzt muss eine Lösung für die verfahrene Situation angegangen werden. Dazu muss ich vorher noch kurz die Osthavelländische Eisenbahn erwähnen, die jetzt einen Teil des Güterverkehrs, das heißt des Kalkverkehrs, dort herunterfährt. Ihre Kostenkalkulation hat sich als nicht tragfähig erwiesen. Sie hat einen erhöhten Verschleiß, einen höheren Dieselverbrauch als geplant und geringere Zugleistungen. Dabei müssen Sie berücksichtigen, dass dieses Unternehmen erst seit dem 1. April 2005 fährt, eigentlich witterungstechnisch in der Schönwetterzeit. Übrigens ist der Landkreis Havelland mit 50 % daran beteiligt.

Die Kosten gehen also nach oben, die Erlöse nach unten. Ich hoffe, der Landkreis fährt mit dieser Gesellschaft nicht kostenmäßig gegen die Wand.

Dabei muss ich Folgendes hervorheben: Das Land Sachsen-Anhalt dagegen hat bisher alle Zusagen zur Unterstützung des elektrischen Betriebs und des Angebots zum Schienenpersonennahverkehr auf der Rübelandbahn eingehalten. Das ist also die andere Seite.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der CDU)

Als verkehrspolitischer Sprecher der PDS-Fraktion fordere ich die Bahn auf, ihre verbindlichen Zusagen gegenüber dem Land Sachsen-Anhalt und den FelsWerken, den elektrischen Betrieb auf der Rübelandbahn bis zum Jahr 2018 zu garantieren, einzuhalten. Auch das ist nicht erfolgt.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der CDU)

Dazu gehört ebenfalls, dass die Fels-Werke gewährleisten, dass aus ihren Kalksteinbrüchen im Oberharz jede der rund zwei Millionen Tonnen elektrisch bis Blankenburg abgefahren wird. Das ist die andere Voraussetzung.

Herr Abgeordneter, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Gürth zu beantworten?

Ich würde die Frage gern an das Ende stellen; denn sie klärt sich vielleicht in dem Drittel, das jetzt noch kommt, auf.

(Heiterkeit bei der PDS und bei der CDU)

Eine Lösung - jetzt kommen wir zu der Zukunft - in der verfahrenen Situation kann nur ein regionaler Ansatz sein. Dies ist auch deshalb angeraten, weil auf den unterschiedlichen Ebenen eine ehrliche und sachlich fundierte Unterstützung für eine solche Lösung festgestellt werden kann.

Eine regionale Infrastrukturgesellschaft könnte das Kernnetz der ehemaligen Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn ab Halberstadt übernehmen. Ziel muss es sein, dass die erwirtschafteten Gelder ohne Abstriche direkt in diesem Netz verbleiben und dessen Unterhalt garantieren. Eine mögliche technische Modernisierung wurde schon 1995 durch Siemens auf der Fachtagung zur Rübelandbahn in Blankenburg vorgestellt. Geschehen ist in diesem Fall in den letzten zehn Jahren über die DB Netz so gut wie nichts.

Eine regionale Betreibergesellschaft vor Ort - diese wäre das zweite Standbein - könnte die differenzierten Trans

portanforderungen am besten erfüllen. Diese wäre nach den vorliegenden Studien auch in der Lage, den Holztransport aus dem Oberharz wieder zu betreiben, und zwar kostendeckend. Das muss man deutlich sagen.

Es gab auch Anforderungen aus Arneburg; die liegen jetzt auf der Straße, weil DB Netz und DB Rail-Union nicht in der Lage waren, ein Angebot von Ganzzügen bis nach Arneburg auf die Beine zu stellen.

Aufgrund des in hoher Qualität abbaubaren Kalkgesteins ist mit einem stabilen Absatz über Jahrzehnte zu rechnen. Das Holz ist ein nachwachsender Rohstoff und in seinem Marktpotenzial mindestens gleichwertig einzuschätzen. Es wächst jedes Jahr, jedes Jahrzehnt, jedes Jahrhundert.

Ein touristischer Personenverkehr als Teil in dieser Betreibergesellschaft oder als eigenständiger Anbieter ist durch die stabile Bestellung von Leistungen, ähnlich denen der Dessau-Wörlitzer Eisenbahn, eine Zusatzeinnahme mit Langzeitwirkung; denn das Reisendenpotenzial ist auf dieser Strecke auf jeden Fall höher einzuschätzen als zum Beispiel bei der Selketalbahn.

Für den elektrischen Betrieb sind die abgeschriebenen robusten E-Loks der Baureihe E 171 - ich sagte Ihnen, sie stehen in Zwickau, schön getarnt - oder die modernen E-Loks der Baureihe E 185 - davon brauchen wir mindestens zwei - mit einer Energierückspeisung für Gefälle und Bremsabschnitte geeignet.

Ich komme zum Schluss. Ein innovativer, zukunftsfähiger Güterverkehr auf der Rübelandbahn ist zugleich die Basis für einen touristischen Personenverkehr auf dieser in Europa einmaligen Steilstrecke.

Lassen Sie uns mit Unterstützung des Ministeriums für Bau und Verkehr die beste Lösung finden, lassen Sie uns im Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr über die Details diskutieren. - Ich danke für die interessanten Anmerkungen und die Aufmerksamkeit während meines Vortrages. - Bitte, Herr Gürth.

(Beifall bei der PDS)

Bitte.

Eine kurze Nachfrage, sehr geehrter Herr Kollege. Sie haben die russischen Dieselloks der Baureihe 232 erwähnt. Wieso die 241 nicht, die dort auch fährt?

Das ist die umgebaute.