Protocol of the Session on May 27, 2005

sage ich Ihnen. Ich brauche auch nicht früher aufzustehen - was Sie mir jetzt vielleicht sagen wollen -, weil alles erledigt ist. Das trägt nicht zur Befriedung der Gerichtsverfahren bei.

(Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

Damit werden Sie nicht ein einziges Gerichtsverfahren erledigen. Damit werden Sie nicht einen einzigen Vergleich erzielen. Der bevollmächtigte Anwalt hat mir versichert, er werde allen Eltern raten, die Anträge aufrechtzuerhalten und auf der Grundlage dieser unterschriebenen Einigung nicht vorschnell zu handeln, sondern abzuwarten, was die Sozialagentur nun anbieten wird. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Kosmehl, FDP: Vertreten Sie jetzt Anwaltsinteressen?)

Vielen Dank, Frau Grimm-Benne. - Zunächst hat Herr Minister Kley um das Wort gebeten. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 17. Mai dieses Jahres ist es dem Sozialministerium gelungen, sich mit den Verbänden der Liga der Freien Wohlfahrtspflege zugunsten der Frühförderung von Kindern mit Behinderung auf eine Übergangsregelung zu einigen.

Am gleichen Tag erging gegen alle Absprachen ein Schreiben der Liga an die Vorsitzenden der Fraktionen im Landtag von Sachsen-Anhalt. Diesem Schreiben folgte der Antrag der Landtagsfraktion der SPD am 18. Mai 2005, also nach der Einigung, mit der Forderung, dass bis zum Abschluss der anstehenden Gerichtsverfahren die bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Leistungen für die Frühförderung in vollem Umfang wiederherzustellen seien.

Wie bereits mehrfach dargestellt, wurde vonseiten der Sozialagentur keine Kürzung der Leistungen vorgenommen. Alle Kinder in Sachsen-Anhalt, die einen Anspruch auf die Gewährung von Frühförderungsleistungen haben, erhalten diese entsprechend ihrem individuellen Bedarf.

Gemeinsam wurde erreicht, dass die Förderung auch weiterhin im gesamten notwendigen Umfang geleistet werden kann. Für die zukünftige Ausrichtung wurden nunmehr wichtige Grundlagen gelegt. Die Entwicklungschancen der Frühförderkinder werden damit in SachsenAnhalt gewährleistet.

Als Ergebnis - das ist bereits gesagt worden - wird das Land ab dem 1. Januar 2005 zunächst bis zum 31. Juli 2005 eine landesweit einheitliche Pauschale von 70 € pro Fördereinheit zahlen, sodass künftig vergleichbare Leistungen auch gleich vergütet werden. Das war bislang nicht der Fall.

Bis zu diesem Zeitpunkt galt - auch das hatte ich bereits im Ausschuss dargelegt - das Angebot des Landes, einen Betrag von 50 € plus 20 € zu zahlen. Dieses Angebot ist nicht angenommen worden. Das gilt aber jetzt nach der Vereinbarung. Somit ist sowohl für die betroffenen Kinder eine landesweit einheitliche Leistungsgewährung als auch für die Leistungserbringer eine angemessene Vergütung gesichert. Die vereinbarte Pau

schale gilt für alle Kinder, die im vorgenannten Zeitraum Leistungen der Frühförderung erhalten.

Bereits in der Vergangenheit hatten die Verhandlungspartner eine direkte Förderung am Kind von 45 bis 60 Minuten innerhalb einer Fördereinheit als bedarfsgerecht angesehen. Verehrte Frau Grimm-Benne, hätten Sie die vergangenen anderthalb Tage, statt mit Anwälten zu reden, einmal genutzt, mit mir zu sprechen, so hätte ich Ihnen erklären können, dass bestehende Regelungen in Halle und im Saalkreis 45 Minuten vorsehen. Diese Regelungen werden durch den Vergleich nicht außer Kraft gesetzt. Deshalb musste diese Formulierung auch Eingang finden, um keine rechtlichen Irritationen hervorzurufen.

Es wäre empfehlenswert, mit Sachverstand zu diskutieren, statt Zeitungsausschnitte zu lesen und daraus sein gesamtes Wissen zu schöpfen.

Im Zusammenhang mit der Vereinbarung wurde auch beschlossen, dass die Frühförderung in dem vereinbarten Umfang künftig landesweit erbracht wird. Der nunmehr vereinbarte Förderzeitraum war bislang nicht überall üblich. Bisher gab es eine sehr unterschiedliche Leistungserbringung. Mit der Einigung wird der Förderbedarf der Frühförderkinder noch stärker in den Mittelpunkt gerückt.

Mit der Einigung auf die Übergangsregelung rückt das gemeinsame Ziel des Landes und der Leistungserbringer, die Gestaltung der Frühförderung zu einer so genannten Komplexleistung zu qualifizieren, ein wesentliches Stück näher. Im Hinblick auf diese Komplexleistung wird die angemessene Verteilung von ambulanter und mobiler Leistungserbringung vorbereitet und schrittweise umgesetzt, wobei das Sozialministerium von durchschnittlich gleichen Anteilen von mobiler und ambulanter Frühförderung ausgeht. Während einerseits bei der Frühförderung weiterhin die Kinder mobil zu Hause aufgesucht werden, wird andererseits ein vernetztes ambulantes Angebot in den Frühförderstellen aufgebaut.

Mit der zum 1. August 2005 vorgesehenen schrittweisen Einführung der Komplexleistung werden nunmehr die erforderlichen Leistungen entsprechend den seit dem Jahr 2003 geltenden gesetzlichen Grundlagen erbracht. Zwischen dem Land und den Verbänden bestand Einigkeit darin, den dafür notwendigen Abschluss der Landesrahmenvereinbarung zu forcieren. Das Land und die Verbände einigten sich dahin gehend, dass die in der Übergangsregelung gefundenen Zahlungsmodalitäten bis zum Abschluss der Landesrahmenvereinbarung fortgeführt werden. Dieser Verabredung liegt zugrunde, dass beide Seiten vom Abschluss der Landesrahmenvereinbarung bis spätestens 2005 ausgehen.

Die bisherigen Verhandlungen mit den Vertretern der Krankenkassenverbände im Land zeigen, dass bei diesen ein großes Interesse an einer zeitnahen Verabschiedung von Landesrahmenempfehlungen besteht.

Sehr geehrte Frau Grimm-Benne, von Ihrer Forderung hätte ich mehr erwartet in Richtung einer vernünftigen Leistung für Kinder, als dass Sie sich hier zur Vertreterin eines Anwalts machen und offensichtlich unwahre Dinge wiederholen.

Die Streitigkeiten bezüglich des Protokolls - auch das hätte ich Ihnen längst sagen können - beruhten lediglich auf der Notwendigkeit der Vernetzung bezüglich der Zahlungsmodalitäten. Wir mussten, um das zu bewälti

gen, die Software umstellen, was man nicht in zwei Tagen garantieren kann, da ja mehrere Seiten betroffen sind. So trivial kann manchmal die Lösung eines Problems sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hauptziel der Debatte und unserer Arbeit sollte allerdings die Frühförderung in der Komplexleistungserbringung sein, um allen Kindern in unserem Land Chancen zu geben und sie nicht nur bei Behinderung, sondern auch bei drohender Behinderung ordnungsgemäß behandeln zu können und ihnen für das weitere Leben alle Möglichkeiten zu eröffnen. Ich bitte Sie, dabei mitzuwirken.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Kley. - Wir beginnen nun mit der Debatte. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Schwenke.

Herr Präsident, ich nehme mir Ihren Wunsch, den Nachmittagskaffee im Familienkreis zu trinken, zu Herzen und werde mich deshalb kurz fassen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor wenigen Monaten haben wir uns hier in der Landtagssitzung und kurz danach im zuständigen Ausschuss über das Thema Frühförderung verständigt. Dabei waren wir uns hinsichtlich der Bedeutung der Frühförderung sowie der Angemessenheit und der Festlegung der Bedarfe weitestgehend einig, übrigens auch - Frau Grimm-Benne, das gebe ich zu - bezüglich der Kritik hinsichtlich des Schreibens der Sozialagentur vom Dezember des letzten Jahres, das Diskussionen, Reaktionen und Gegenreaktionen auslöste. Wir konnten dies alles, wie Sie richtig sagten, in der Presse verfolgen.

Inzwischen liegt aber, wie der Minister eben erläuterte und auch Herr Günther von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in einem Schreiben an die Mitglieder des Ausschusses für Gesundheit und Soziales vom 25. Mai 2005, also von vorgestern, bestätigte, eine einvernehmliche Übergangsregelung vor. Ich zitiere, mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, aus dem Schreiben:

„Dieses Ergebnis ist für beide Verhandlungsseiten als großer Erfolg zu werten. Damit wurde von beiden Partnern ein klares Signal gesetzt, dass bei allen konträren Auffassungen Lösungen gemeinsam erarbeitet werden können.“

Ich denke, das sagt alles. Ich denke, dass Ihr Antrag, werte Frau Grimm-Benne, damit erledigt ist und, so Sie ihn nicht zurückziehen, abgelehnt werden kann.

Der Alternativantrag der PDS-Fraktion ist meines Erachtens ebenfalls abzulehnen. Wir sollten uns allerdings im Ausschuss bei Vorliegen einer Landesrahmenvereinbarung für Frühförderung im Rahmen der Selbstfassung erneut mit diesem Thema beschäftigen.

Ich jedenfalls wünsche den Verhandlungspartnern viel Erfolg und hoffe auf einen baldigen Abschluss im Interesse der betroffenen Kinder und ihrer Eltern. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Schwenke. - Die Debatte wird fortgesetzt mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Es spricht Herr Dr. Eckert.

Zugleich habe ich die Freude, eine deutsch-polnische Schülergruppe vom Gymnasium Burg auf der Tribüne begrüßen zu können.

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Botschaft, Herr Minister, höre ich wohl, und ich möchte gern glauben, dass nunmehr tatsächlich alle wichtigen Fragen geklärt sind.

Feststellen muss man jedoch zunächst, dass erst öffentlicher Druck, öffentliche Proteste und parlamentarische Aufmerksamkeit notwendig waren, ehe sich der Kostenträger bewegte, und dass es schließlich nur dem verantwortungsbewussten Handeln der Leistungserbringer zu verdanken ist, die in vielen Fällen ohne Finanzierungszusage die bisherige Leistung vom Dezember weiterhin erbracht haben, dass den betroffenen Kindern kein unmittelbarer Nachteil aus dem Handeln der Sozialagentur erwuchs.

(Beifall bei der PDS)

Dafür gebührt den Leistungserbringern Dank.

Aber Zweifel bleiben, insbesondere an der Arbeit der Sozialagentur.

Wenn Sie, Herr Minister, sagen, es gab keine Kürzungen, dann ist dies auf keinen Fall das Ergebnis des Handelns der Sozialagentur. Ich könnte das zitieren, ich habe aber vor, noch etwas anderes zu erzählen.

Man unterstellt generell, dass die Amtsärzte nicht entsprechend ihrem Wissen handeln, und zweifelt damit die entsprechenden Empfehlungen für die Erbringung von Leistungen an. Das kann nicht sein.

Ich unterstelle insofern erst einmal positiv, dass die Aussagen des Ministers zu den getroffenen Regelungen zutreffend sind, und halte noch einmal fest, was notwendig war, um zu diesem Stand zu kommen: das Aufgreifen des Problems in der Januarsitzung des Landtages durch die PDS-Fraktion, eine Sondersitzung des zuständigen Ausschusses, vielfältige Proteste und Widersprüche der betroffenen Familien, ein Urteil eines Sozialgerichts und die beweiskräftigen Argumentationen der Träger.

Ich frage mich: Wollen wir jetzt bei allen Angelegenheiten der Gewährung von Eingliederungshilfeleistungen das Verfahren so handhaben? Soll es künftig immer monatelang dauern, bis Menschen mit Behinderungen Leistungsansprüche entsprechend ihrem Bedarf gewährt werden? - Ich glaube, dies kann nicht der Weg sein.

Nun behauptet die Landesregierung - Sie, Herr Minister -, alles sei auf einem guten Weg. Davon gehen wir - das können Sie unserem Alternativantrag entnehmen - nicht aus.

Es zeigte sich in den letzten Monaten und Wochen sehr deutlich, dass es notwendig ist, die Arbeit der Landesregierung durch das Parlament zu kontrollieren. Das wollen wir, Herr Schwenke, gerade bei diesem sensiblen und wichtigen Thema fortsetzen; denn der schwierigste Teil der Verhandlungen steht noch aus: die vertragliche

Fixierung einer Komplexleistung Frühförderung in einer Landesrahmenvereinbarung.

Damit die Kinder nicht erneut Leidtragende einer nicht unbedingt von Sachkompetenz getragenen Entscheidung werden, beantragen wir eine Berichterstattung der Landesregierung in den genannten Ausschüssen. Es geht eben tatsächlich um mehr, als es bisher der Fall gewesen ist. Neben Informationen zum allgemeinen Stand der Beratungen wollen wir nämlich wissen:

Erstens. Hält die Landesregierung eine Musterleistungsbeschreibung als Anlage zur Landesrahmenempfehlung für notwendig? - Wir sind der Auffassung, dass eine derartige Musterleistungsbeschreibung notwendig ist, damit die Komplexleistung Frühförderung in all ihren Bestandteilen im Land vergleichbar erbracht werden kann. Dies ist keine überflüssige Regelung, wie manche insbesondere seitens Sozialagentur meinen, sondern eine Voraussetzung zur Sicherung einheitlicher, landesweiter Qualitätsstandards.

Zweitens. Wir sind der Auffassung, dass die Frühförderung als niederschwelliges Angebot auszugestalten ist. Die Landesregierung favorisiert leider einen anderen Weg, nämlich den Weg, durch eine Überweisung des Arztes den Erstzugang zu dieser Leistung zu eröffnen. Dies halten wir für kontraproduktiv. Vielleicht kann die Landesregierung, wenn unser Alternativantrag angenommen wird, ihre Auffassung im Ausschuss begründen.