Protocol of the Session on July 19, 2002

(Zustimmung von Frau Fischer, Leuna, SPD, und von Frau Mittendorf, SPD)

Ich habe ihn nicht geschrieben. Aber ich habe vieles wiedererkannt und freue mich natürlich, wenn gesagt wird, wir sind alle in Lernprozessen. Dann lernen wir ganz offensichtlich aufeinander zu. Es würde mich sehr freuen, wenn das eine Basis wäre; denn das war schon immer der Anspruch, mit dem ich diese Aufgabe übernommen habe, so viel Gemeinsamkeit wie möglich zu suchen.

Es gibt in dem Antrag ein paar Punkte, die kann ich nicht mittragen.

Herr Minister, ich muss Sie leider bitten, Ihre Rede zu beenden.

Darf ich den Satz noch zu Ende sagen?

Bitte sehr.

Zwei Sätze?

(Heiterkeit - Herr Dr. Püchel, SPD: Das ist schon der dritte!)

Ich mache es ganz kurz. - Was wir meiner Meinung nach nicht machen können, ist Folgendes: Wenn wir sagen, wir brauchen eine klare Stärkung der Handlungs- und Gestaltungsspielräume der einzelnen Schulen und ein viel klareres Anknüpfen an das pädagogische Potenzial der Lehrerinnen und Lehrer, dann können wir ihre Handlungsspielräume in den Schulen nicht einschränken etwa durch Einführung einer Drittelparität in den Gremien. Das geht schon deshalb nicht, weil ich dann nicht mehr sagen kann: Ich stelle mir Schulen als pädagogische Kompetenzzentren vor. Wie soll denn in einem pädagogischen Kompetenzzentrum ausgerechnet der Professionsstand der Lehrerinnen und Lehrer in der Minderheit agieren? Das ist einfach nicht möglich.

Es tut mir sehr Leid, dass diese im Grunde genommen veraltete These sozusagen an anderen Stellen den sehr modernen Ansatz des Papiers relativiert.

Ich meine aber, wir sollten mit diesen Vorschlägen in den Ausschuss gehen und in Ruhe darüber beraten. Ich habe das auch - wenn das jetzt nicht als anmaßend empfunden wird - der CDU und der FDP empfohlen, weil es vernünftig ist, sich auf einer bestimmten Basis im Ausschuss über die besten Wege zu verständigen. Dafür sind die Ausschüsse ja da. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, von Frau Röder, FDP, und von Herrn Dr. Volk, FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir fahren mit dem Beitrag der SPD-Fraktion durch Frau Mittendorf fort. Bitte, Frau Mittendorf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, es ist sehr schön, dass wir in vielen Punkten übereinstimmen. Es wäre fast grauselig, wenn wir in allen Punkten übereinstimmten. Ein paar Unterschiede, denke ich, muss es schon geben.

Meine Damen und Herren! Wir haben ja nun schon viel über Pisa geredet. Wenn man viel darüber geredet hat, muss man überlegen, was man wirklich tun kann. Deshalb auch unser Alternativantrag zu dem Antrag der PDS, weil er es aus unserer Sicht möglich macht, relativ umfassend die Probleme darzustellen und auf Schritte zu verweisen, die kurz- und mittelfristig zur Veränderung, zur Verbesserung unseres Bildungssystems in der nächsten Zeit führen.

Ich habe vorhin schon gesagt, dass ein solcher Katalog dem Anspruch auf Vollständigkeit natürlich nicht gerecht werden kann. Wir sind davon überzeugt, dass sich in der Diskussion über die einzelnen Handlungsfelder und über die Maßnahmen, die abzuleiten sind, weitere Punkte ergeben, die wir in die Diskussion einbeziehen könnten.

An dieser Stelle hätte ich gern einmal Frau Pieper gehört, die aber wahrscheinlich in Berlin schon über die Bildungspolitik von Sachsen-Anhalt redet, anstatt hier ein paar konkrete Punkte einzubringen.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Egal wie, eines steht fest, meine Damen und Herren: Es hilft uns kein Flickwerk in Form von Einzelmaßnahmen in den verschiedenen Schulformen. Wenn daran gearbeitet wird, dann muss kontinuierlich und parallel in allen Bildungssegmenten und vor allem schulformübergreifend an den Verbesserungen gearbeitet werden.

Wir sind uns bewusst, dass es, wenn man dieses auf der Grundlage eines Alternativantrages machen möchte, eine Aufgabe ist, die sicher nicht einfach zu bewältigen ist, weil sie schulfachlich hohe Anforderungen stellt und weil sie möglicherweise nicht ganz ohne zusätzliches Geld zu bewerkstelligen sein wird.

Ich möchte auch gleich auf das eingehen, was wir in diesen Antrag bewusst nicht aufgenommen haben und das möglicherweise von einigen vermisst wird: a) ist es die Diskussion über ein Bildungsrahmengesetz, die in der Presse permanent geführt wird; b) geht es um die grundsätzliche Forderung nach der Abschaffung bzw. nach einer Modifizierung des gegliederten Schulsystems. Wir glauben, dass die Aufnahme dieser Punkte, wenn man sie umsetzen würde, die ernsthafte Gefahr in sich birgt, dass wir uns im reinen Theoretisieren verbeißen und die tatsächlichen Möglichkeiten für machbare Verbesserungen innerhalb des Systems nicht nutzen.

Meine Damen und Herren! Der Verzicht auf diese - in Anführungszeichen - Reizthemen bedeutet jedoch nicht - darüber muss man sich im Klaren sein -, dass wir nicht bereit und vor allen Dingen nicht offen dafür sind, über diese Punkte zu diskutieren, und dass wir nicht bereit sind - das ist die entscheidende Frage -, dort, wo politischer Konsens sowohl in der eigenen Partei bzw. überparteilich möglich ist, entsprechende Veränderungen sowohl auf der Landes- als auch auf der Bundesebene herbeizuführen.

Ich möchte ganz kurz noch einmal einige Handlungsvorschläge nennen. Sie inhaltlich darzustellen ist mir in der kurzen Redezeit nicht möglich. Ich glaube, das ist auch nicht erforderlich.

Es sind die bereits angesprochenen Punkte. Der erste Punkt ist die Verbesserung der Bildungsarbeit im vorschulischen Bereich und in der Grundschule. Ich sehe - das möchte ich als einzige inhaltliche Bemerkung äußern - diesen Widerspruch zwischen dem spielenden Lernen und dem lernenden Spielen nicht. Als ehemalige Methodikerin sehe ich darin eigentlich kein Problem. Das muss ich an dieser Stelle einmal sagen dürfen.

Zweitens ist es die Festlegung verbindlicher Bildungsstandards für alle Schulformen. Drittens geht es um die Transparenz der Ergebnisse schulischer Arbeit. Viertens ist die größere Eigenständigkeit und Eigenverantwortung von Schulen und fünftens die Verbesserung der Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus zu nennen. Der

sechste Punkt ist die wirksame Förderung bildungsbenachteiligter Kinder und Jugendlicher. Der siebente Punkt bezieht sich auf die heute bereits mehrmals angesprochene Art und Weise der Lehreraus-, -fort- und -weiterbildung.

Die KMK wird sich - davon gehe ich jetzt einfach aus, es ist auch vom Minister de facto bestätigt worden - über einen der oben genannten Punkte, nämlich über die Frage nach den Bildungsstandards, in einer relativ kurzen Zeit verständigen müssen. Ich denke, das ist auch ein Gebot der Stunde.

Meine Damen und Herren! Kinder brauchen im frühen Kindesalter die richtigen Chancen, sich zu entwickeln. Hier kann der Staat zumindest durch die Schaffung ausreichender Angebotsstrukturen eingreifen und diese Chancen eröffnen.

Eine echte Reform der Grundschule tut Not. Das ist heute mehrmals angesprochen worden. Es geht eben nicht nur um die Erhöhung der Zahl der Pflichtstunden, sondern es geht um ein anderes, grundsätzliches Konzept der Grundschularbeit.

Die Qualitätssicherung der Schule gilt für alle Schulsegmente und bedarf dabei der Stärkung der Eigenständigkeit und Eigenverantwortung. Aber, meine Damen und Herren, - das muss ich aus eigener Erfahrung auch sagen dürfen - dieser Prozess muss durch die Kultusadministration unterstützt werden, er darf aber nicht zu Tode geregelt werden. Hierbei müssen die Schulleitungen, die Lehrerschaften und die Eltern ins Boot.

(Zustimmung von Frau Dr. Kuppe, SPD)

Ich hätte jetzt gern noch etwas zur Drittelparität gesagt. Da bin ich nämlich einer etwas anderen Meinung als der Minister. Ich denke aber, wir haben im Ausschuss Zeit, uns noch lange und intensiv darüber zu streiten und zu unterhalten. Ich meine, entscheidend ist, dass wir uns über die Punkte, die notwendig sind und in möglichst kurzer Zeit geändert werden können, verständigen.

Letzte Bemerkung. Noch einige Worte zum Beruf der Lehrerin und des Lehrers. Ich glaube, wer diesen Beruf ergreift oder ergreifen möchte, der ist zu beglückwünschen, denn er ist ein mutiger Mensch.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, mit Menschen allgemein kann sehr freudvoll sein, sie ist aber schon immer auch schwierig gewesen. Unter den heutigen Rahmenbedingungen ist diese Arbeit, meine Damen und Herren, auf keinen Fall einfacher geworden.

Der Beruf des Lehrers muss gesellschaftlich wieder mehr anerkannt werden. Wir alle können dazu beitragen. Auch die Lehrer können dazu beitragen. Das ist ein heikles Thema, wenn ich das so sage, aber es muss angefasst werden.

Frau Abgeordnete - -

- Ich beende meine Ausführungen, letzter Satz. - Wir wollen gemeinsam versuchen, während der Arbeit im Ausschuss über die einzelnen Handlungsfelder und Themen, die in den Anträgen aufgegriffen wurden, über längere Zeit zu diskutieren; denn ich glaube, die Verbes

serung der Qualität der Schulen in unserem Land ist kein Thema, das wir in vier Wochen bewältigen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Danke, Frau Mittendorf. - Für die Fraktion der FDP erteile ich jetzt dem Abgeordneten Herrn Dr. Volk das Wort. Bitte, Herr Dr. Volk.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir die heute mit Notwendigkeit geführte Aktuelle Debatte zur Pisa-Problematik auf den Grundtenor aller Beiträge reduzieren, dann sind wir uns einig: In Sachsen-Anhalt besteht dringender Handlungsbedarf.

Ich glaube, es gibt keinen ernst zu nehmenden Bildungspolitiker, der für ein „Weiter so!“ eintritt und der den Reformbedarf abstreitet. Deshalb sind überdachte Schritte im Ergebnis der Pisa-Studien dringend notwendig. Das entspricht auch der im Konsens durch die Teilnehmerstaaten formulierten primären Aufgabe des „Programme for International Student Assessment“ oder kurz der Pisa-Studie.

Die als primär formulierte Aufgabe der Untersuchung ist es, den Regierungen der teilnehmenden Staaten periodisch Prozess- und Ertragsindikatoren zur Verfügung zu stellen, die für politisch-administrative Entscheidungen zur Verbesserung der nationalen Bildungssysteme brauchbar sind. Diese hat die Pisa-Studie geliefert. Deshalb wurde sie auch in den Bundesländern untersetzt.

Die Diskussion ist eröffnet und sie muss und wird auch in Sachsen-Anhalt zu Konsequenzen führen. Sie wird zu Konsequenzen führen, die wir mit unseren Zielstellungen zur inneren Reform der schulischen Bildung, die von der Koalition formuliert sind, sinnvoll verknüpfen und unter größtmöglichem Konsens umsetzen.

Solche Schritte wie die Vereinbarung bundesweiter Bildungsstandards, die Vermittlung von Schlüsselkompetenzen des Lernens und der Kulturtechniken, die Heranführung an ernsthaftes Lernen als Basiserfahrung, Fremdsprachenunterricht schon in den Grundschulen sowie die Einführung des Abiturs auf der Grundlage von Bildungsstandards nach zwölf Jahren sind Schritte auch im Ergebnis von Pisa.

Notwendig ist eine fundierte Analyse, die sich an den Realitäten orientiert; denn zwischen den im Schulgesetz und in den Rahmenrichtlinien für den Unterricht formulierten Ansprüchen an Bildung und Erziehung und der Wirklichkeit in den Schulen von Sachsen-Anhalt existiert eine tiefe Kluft.

Die Diskussion darf sich deshalb nicht in einer Strukturdebatte erschöpfen. Vielmehr muss sie konsequent geführt und konkret umgesetzt werden. Wir haben in dieser Beratung eine besondere Situation, bei der sich kein vernünftiger Mensch einer breiten Diskussion verschließen kann. Alle Anträge leisten Beiträge dazu.

Ich sehe gewisse Konflikte bei den Anträgen der Fraktionen der PDS und der SPD, die wie ein trojanisches Pferd unter dem Deckmantel der Pisa-Diskussion längst gescheiterte Konzepte in die ehrliche Diskussion über die Verbesserung der Bildung unserer Kinder tragen.

Gerade vor diesem Hintergrund besteht eine Diskrepanz zwischen dem Antrag der PDS und seiner Begründung. Während die PDS-Fraktion gleich im ersten Satz des Antrages einräumt, dass eine gründliche und komplexe, verschiedene gesellschaftliche Bereiche umfassende Auswertung notwendig ist, fordert der Antrag eine Reihe von verpflichtenden Vorgaben an die Landesregierung, die im Einzelnen festlegende Konsequenzen haben können und die notwendigen inneren Reformen der Ausbildung in Aufarbeitung von Pisa konterkarieren können. Damit widerspricht der Antrag seiner Begründung. Er plädiert für die Fortsetzung der Flickschusterei und damit indirekt für ein „Weiter so!“.

Wir arbeiten an einem schlüssigen Konzept für die Heranführung an die Bildung in Kindertagesstätten, für das Lernen in den Grundschulen und für die Ausgestaltung der Bildung im Sekundarschulbereich bis hin zur Reform der gymnasialen Oberstufe. Wir wollen und brauchen dabei einen breiten Konsens, der aber nicht zum Maßstab für die innere Reform der Bildung werden kann.