Aber es sind doch einmal ein paar Fragen zu stellen. Erstens. Ist die Erhöhung der Wertgrenze für beschränkte Ausschreibungen tatsächlich ein Kriterium, um die Einnahmenseite bei Steuern und Abgaben in SachsenAnhalt zu stärken?
Fragen Sie doch einmal die einheimischen Bauunternehmen, wer eigentlich noch Steuern zahlen muss und wer sozusagen am Rande der Existenz dahinvegetiert und aufgrund der geringen Einnahmen nicht die Möglichkeit hat, über Steuern und Abgaben einen entsprechenden Beitrag für das Land zu leisten.
Zweitens. Ist darüber nachgedacht worden, bei der Neuregelung des Vergaberechts einen Faktor „Mindestgewinn“ einzubringen, damit die kleinen Unternehmen auch nach der Erfüllung der Aufträge noch existieren und die Gewährleistung und den Service überhaupt leisten können?
(Beifall bei der PDS - Zustimmung von Frau Bud- de, SPD, von Frau Fischer, Naumburg, SPD, und von Herrn Rothe, SPD)
Drittens. Ist die Erhöhung der Wertgrenze auf 30 000 € für eine freihändige Vergabe ein wirksames Mittel, um die örtliche Wirtschaft zu stärken? Oder bilden sich da
durch neue ständige Haus- und Hoflieferanten heraus? Wer kontrolliert, ob die Vergaben dokumentiert werden bzw. ob die Anbieter auch einmal wechseln? Müssen wir uns dann mit neuen Regeln zur Bekämpfung von Korruption beschäftigen?
- Das wollte ich gerade sagen. - Wer garantiert, dass bei der freihändigen Vergabe von Aufträgen die Lose nicht so gestaltet werden, dass diese Freigrenze immer unterschritten wird? Wir beschäftigen uns gerade in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss mit diesem Thema.
Wie wird zum Beispiel kontrolliert, dass bei einer freihändigen Vergabe Ich-AGs nicht als Subunternehmen einbezogen werden, um die Mindeststandards im Baugewerbe zu unterlaufen? Wer wird angesichts der Begehrlichkeiten in Bezug auf die Ein-Euro-Jobs verhindern, dass den kleinen und mittelständischen Unternehmen vor Ort durch kommunale Gesellschaften Mittel aus dem Programm „Stadtumbau Ost“ entzogen werden?
Was haben die Kollegen in Thüringen, Sachsen oder Brandenburg zu dieser Initiative gesagt? Sind dort ähnliche Initiativen von den Regierungskoalitionen in Gang gesetzt worden, um einen unlauteren Wettbewerb zu verhindern bzw. die gegenseitige Abschottung zu gewährleisten?
Sie sehen, meine Damen und Herren, es gibt noch jede Menge Gesprächsbedarf und es muss den zuständigen Ministern noch einiges mit auf den Weg gegeben werden. Wir wissen, dass diese Regelungen durchaus auch auf dem Verordnungswege erlassen werden können. Dafür muss man den Landtag nicht bemühen.
Wir würden eine Beratung über dieses Thema im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit und im Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr für sinnvoll halten. Deshalb beantragen wir die Überweisung des Antrags in diese beiden Ausschüsse.
Herr Rehberger, ich kann Sie verstehen, dass Sie so schnell wie möglich Nägel mit Köpfen machen wollen. Aber es könnte durchaus sinnvoll sein, dieses Thema im Rahmen einer Selbstbefassung im Zusammenhang mit der Diskussion über die Vergaberechtsreform im Bund zu erörtern.
Meine Damen und Herren! Sollte es dazu kommen, dass über diesen Antrag direkt abgestimmt wird, dann werden wir uns der Stimme enthalten; denn dann ist die Meinung der Opposition offenbar nicht gefragt. - Vielen Dank.
Danke sehr, Herr Dr. Thiel. - Für die FDP-Fraktion wird der Abgeordnete Herr Dr. Schrader sprechen. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Thiel, ich war von Ihrer engagierten Rede beeindruckt.
Aber es war offensichtlich, dass es Ihnen schwer fiel, gegen den Antrag zu sprechen; Sie haben anfangs gesagt, dass Sie eigentlich dafür sind. - So weit meine Vorbemerkung.
Meine Damen und Herren! Die Bedeutung der Bauwirtschaft als Wirtschaftsbranche für Wertschöpfung und für die Schaffung von Arbeitsplätzen ist unbestritten. Die Lage der Bauwirtschaft ist immer auch ein Zeichen für die Konjunkturlage. Der Schrumpfungsprozess ist noch nicht zum Stillstand gekommen. Das hat verschiedene Gründe; dies wurde schon angesprochen.
Herr Dr. Thiel, eines möchte ich noch sagen: Beim Thema Bauwirtschaft geht es auch immer konkret um die Binnennachfrage. Die ist in Deutschland im Bereich Bau tatsächlich rückläufig. Von dieser Entwicklung kann sich Sachsen-Anhalt nicht abkoppeln.
Weiterhin - das hat der Minister schon gesagt - ging es darum, dass Anfang der 90er-Jahre eine Überhitzung stattgefunden hat, die jetzt auf ein gesundes Maß zurückschrumpft. Unabhängig davon ist Ende der 90erJahre ein zunehmender Wettbewerbsdruck entstanden. Bei einer rückläufigen Zahl von Aufträgen und bei einer gleich bleibenden Zahl der Unternehmen ist das zwangsläufig. Deshalb erfolgte dieser Schrumpfungsprozess. Das ist aber nicht das Anliegen dieses Antrages.
Ich habe etwas Zeit, um auf andere Dinge einzugehen; denn vieles wurde schon gesagt, das ich in meiner Rede weglassen kann.
In der Vergangenheit ist Folgendes passiert: Es kam nicht selten vor, dass mit einem hohen bürokratischen Aufwand Ausschreibungen über relativ geringe Volumina stattgefunden haben. Es wurden Angebote abgegeben und Unternehmen erhielten die Zuschläge, obwohl eigentlich klar war, dass die Preise für die Unternehmen nicht auskömmlich waren.
Was ist dann passiert? - Das Vorhaben ist möglicherweise gescheitert, weil das Unternehmen Pleite gegangen ist. Es wurde für die Kommune teurer und - das ist noch viel schlimmer - ein seriöses Unternehmen, das auskömmliche Preise angeboten hat und deshalb den Zuschlag nicht bekommen hat, wurde ebenso in die Krise hineingezogen. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Aspekt, auf den man einmal hinweisen sollte.
Meine Damen und Herren! Der eigentliche Anlass für diesen Antrag ist, dass starre Regeln für das öffentliche Auftragswesen gelockert und Verfahren beschleunigt werden sollen. Dies soll durch eine Ausweitung der Wertgrenzen bei der beschränkten Ausschreibung geschehen.
Gleichzeitig muss eine rechtlich korrekte und vernünftige Auftragsvergabe garantiert werden. Diesbezüglich möchte ich darauf hinweisen, dass es um einen Beitrag zur Deregulierungspolitik des Landes geht; es geht um Deregulierung und nicht darum, neue Aufträge zu beschaffen.
Durch die Anhebung der Bagatellgrenzen für die beschränkte Ausschreibung - Herr Laaß hat das schon erläutert - sollen Kommunen und Bauunternehmen von umfangreichen starren Verfahrensregeln entlastet werden. Leistungsfähige heimische Unternehmen erhalten dadurch im Wettbewerb um öffentliche Aufträge durchaus bessere Chancen.
Wichtig ist, dass bei der Ausweitung der beschränkten Ausschreibung kein rechtsfreier Raum entsteht. Die Parole muss heißen: Schneller und einfacher, aber nicht willkürlich. Es muss gewährleistet sein, dass die öffentlichen Auftraggeber Transparenz walten lassen und für einen fairen und lauteren Wettbewerb Sorge tragen. Herr Laaß hat das ausführlich erläutert.
Meine Damen und Herren! Mit der freihändigen Vergabe, die bis zu einer relativ niedrigen Bagatellgrenze möglich ist, sollte im Interesse der Auftraggeber sehr sensibel umgegangen werden. Dabei kann sehr viel passieren, was den Leuten hinterher Ärger macht.
Meine Damen und Herren! Eines ist klar: Einen Königsweg, um die Krise in der Bauwirtschaft zu beenden, ist dieser Antrag nicht. Dazu ist er aber auch nicht gedacht. Dazu sind wir viel zu sehr von den bundesdeutschen Rahmenbedingungen und von der Konjunkturlage abhängig.
In diesem Zusammenhang - diese Bemerkung sei mir an dieser Stelle gestattet - muss ich auf einige Punkte hinweisen. Die Diskussionen in der letzten Zeit über die Einführung und die Ausweitung des Entsendegesetzes sowie über die Einführung eines Niedriglohnsektors - ich wollte sagen, über die Einführung von tariflichen Mindestlöhnen, Entschuldigung -
Wir können über das Thema Mindestlöhne gern diskutieren. Das ist zwar für die derzeitigen Arbeitsplatzbesitzer gut gemeint, im Endeffekt wird es jedoch Arbeitsplätze kosten. Das ist so.
Zusätzlicher Dirigismus und Arbeitsplatzhürden treiben weitere Firmen und Arbeitsplätze ins Ausland. Wir beklagen uns dann darüber.
Meine Damen und Herren! Zum Schluss noch zu einem anderen Thema. Wir brauchen eine Besserung der Stimmungslage, insbesondere um die Binnenkonjunktur
Halten wir es doch mit dem Schweizer Botschafter, der vorgestern Magdeburg besuchte. Er hat nämlich sinngemäß gesagt: Bei euch in Sachsen-Anhalt wie in allen neuen Bundesländern ist in den letzten Jahren unglaublich viel geleistet, unglaublich viel geschaffen worden; aber ihr Deutschen seht immer erst das Negative, beklagt immer das, was nicht geht. Dreht es doch einmal herum. Ihr Deutschen habt die Gabe; dreht es herum und redet zuerst über das Positive; dann lösen sich viele Probleme von selbst.