Protocol of the Session on April 14, 2005

(Herr Tullner, CDU: Aber nicht sehr konkret!)

Zur Landesebene. Auf der Landesebene sollen die Mittel der Jugendpauschale, des Fachkräfteprogramms und der Familienförderung zu einer zweckgebundenen Jugend- und Familienpauschale zusammengeführt werden, die nach vereinbarten Kriterien von den Kommunen eigenständig vergeben wird.

(Zustimmung von Frau Bull, PDS)

Für zusätzliche Aufgabenbereiche wie die Schulsozialarbeit, die Unterstützung von Klassenfahrten, die Stärkung der Erziehungskompetenz von Eltern oder die Förderung von Beteiligungsverfahren erfolgt eine Aufstockung der Mittel um 5 Millionen €, gegenfinanziert durch Einsparungen im Verwaltungshaushalt. Dasselbe gilt für einen befristeten und jährlich mit Mitteln in Höhe von 1 Million € ausgestatteten Kita-Modell-Fonds, aus dem beispielweise Fortbildungsangebote für Erzieherinnen und Erzieher und eine Anschubfinanzierung von modellhaften Bildungsprojekten in Kitas gefördert werden können.

Die größte inhaltliche, organisatorische und auch finanzielle Herausforderung für Sachsen-Anhalt stellt zweifellos die Einführung der Hochschulausbildung für die Erzieherinnen und Erzieher dar.

(Herr Tullner, CDU: Und wer bezahlt die Perso- nalkosten?)

Ein Studiengang „Frühkindliche Bildung und Erziehung“ muss Gegenstand der nächsten Zielvereinbarungen zwischen dem Kultusministerium und den Hochschulen unseres Landes sein. Wenn bis zum Jahr 2020 in etwa eine hälftige Mischung der Beschäftigten in Kindertagesstätten mit Fachschul- und Fachhochschulabschluss erreicht werden soll, entsteht bis dahin schrittweise ein geschätzter Mehrbedarf in Höhe von 50 Millionen €. Dieser ist nur durch Umschichtungen im Landeshaushalt zu erwirtschaften. Das müssen wir hinbekommen.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Meine Damen und Herren! Die Autorinnen und Autoren der Zukunftsbroschüre der SPD Sachsen-Anhalts „Familie 2020“ haben Position bezogen. Wir haben ein Angebot zur Diskussion unterbreitet. Ich hoffe sehr, Sie lassen sich darauf ein; denn es ist an der Zeit, alle guten Ideen zu bündeln und zu sammeln. Ich denke, es darf kein innovativer Ansatz untergehen, wenn es um die Zukunft von Familien in unserem Land geht.

(Herr Gürth, CDU: Sehr richtig!)

Deswegen halte ich Ihre reflexartige Ablehnung, Herr Minister Kley, nicht für zeitgemäß. Bewährtes muss fortgesetzt werden; das ist richtig. Aber es müssen auch viele neue Wege bedacht und beschritten werden. Die SPD-Fraktion wird sich jedenfalls intensiv, kritisch und auch kreativ-konstruktiv mit dem von der Landesregierung vorzulegenden Leitbild auseinander setzen. Wir werden uns auch mit dem Entwurf für ein Familienfördergesetz intensiv auseinander setzen.

Wie in der Begründung beschrieben, wollen wir eine Politik im Land Sachsen-Anhalt erreichen - vielleicht gemeinsam, das wäre natürlich ein gutes Ziel -, die ein gutes Klima für Kinder und für Familien schafft, die gezielt Investitionen in den Kinder- und Familienbereich, vor allem in die Bildung von Kindern lenkt und die Familien gemeinsam mit den Kindern zur Mitgestaltung und Mitverantwortung in der Gesellschaft aktiviert.

Ich bin davon überzeugt, dass dann Familien gern in Sachsen-Anhalt leben werden, dass Kinder hier gut aufwachsen können und dass sich mehr junge Frauen und Männer als bisher für Kinder entscheiden; denn Kinder sind nicht nur strategisch wichtig, wie heute zu lesen war, Kinder bedeuten auch persönliches Glück und eine Bereicherung für das Leben. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Kuppe. - Nun erteile ich dem eben direkt angesprochenen Herrn Minister Kley das Wort, der ohnehin darum gebeten hat. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Dr. Kuppe, Sie haben jetzt sicherlich eine sehr interessante Wahlkampfrede gehalten, hatten aber vielleicht ein zu kritisches Publikum, als dass man dieser Heile-Welt-Versprechung folgen könnte.

Die Erklärungen des Bundeskanzlers zur Familienpolitik mit der Aufforderung, wir müssten unbedingt etwas tun, deshalb müssten die Kommunen und die Länder aktiver werden, decken sich mit der Finanzierung, die Sie aufgezeigt haben: Wir müssen etwas tun, deshalb muss der Bund mehr Geld bereitstellen. - Stets wird ausgewichen, stets bezieht man sich nicht auf seine eigenen Zuständigkeiten und versucht, dem Bürger Sand in die Augen zu streuen, indem man Wege aufzeigt, die nie zu beschreiten sind.

Ich weiß nicht, wie ich es bewerten soll, dass Herr Bullerjahn nicht im Saal ist. Ich weiß nicht, ob er mit Absicht oder zufällig abwesend ist.

(Zuruf von der SPD: Na, na! - Herr Gürth, CDU: Absicht!)

Er ist jener Politiker, der stets erzählt: Dem Land geht es in Zukunft schlechter; wir müssen Leistungen einschränken; wir müssen sparen; wir müssen überlegen, ob wir uns das leisten können.

(Zuruf von Frau Dr. Kuppe, SDP)

Eben jener Politiker ist bereit, sich mit Ihnen hinzusetzen und zu verkünden, dass wir in Zukunft das große Füllhorn öffnen werden, um Leistungen über das Land zu streuen in einem Maße,

(Zuruf von Herrn Bischoff, SPD)

wie es noch nie passiert ist und wie es auch sicherlich nie jemand in Ihrer Partei ernsthaft vorhat.

(Herr Bischoff, SPD: An Ihrer Stelle würde ich lei- ser sein! - Weitere Zurufe von der SPD)

Die Finanzierung ist dafür umso interessanter. Ich bin mir sicher, dass Sie nachher bei dem Empfang des Sparkassen- und Giroverbandes die Gelegenheit haben, den Landräten endlich klar zu machen, dass sie Mittel in Höhe von 4 Milliarden € durch Hartz IV einsparen sollen und das Geld auch endlich einsetzen möchten. Bisher habe ich auch von der SPD stets nur Ausgleichsforderungen vernommen und nichts davon, dass zu viel Geld übrig ist. Aber in Ihrem Konzept steht das als Hauptfinanzierungsquelle.

Dass Sie die Eltern über das Realsplitting und die Abschaffung des Familiensplittings zwingen wollen, ihre eigenen Leistungen zu finanzieren, ist schon ein Witz.

(Herr Bischoff, SPD: Es gibt Überlegungen!)

Die Antwort auf die Frage, inwieweit das Kindergeld abgeschafft werden soll und stattdessen staatliche Leistungen zugeteilt werden sollen, lässt schon ein bezeichnendes Weltbild erkennen, das davon ausgeht, dass die Eltern weniger Eigeninitiative entfalten sollen und dass der Staat es übernimmt festzulegen, was zukünftig für Kinder geleistet wird.

(Zurufe von der SPD)

Ich glaube, diese Zeiten müssen einmal vorbei sein. Sie wurden vor 15 Jahren beendet. Ich hoffe, sie kommen nie wieder.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Familienpolitik ist eine Schwerpunktaufgabe der Landesregierung in dieser Legislaturperiode. Das haben wir bereits in der Koalitionsvereinbarung manifestiert.

Herr Minister, möchten Sie eine Frage von Frau Bull beantworten?

Am Ende, bitte. - Vor etwa einem Jahr hat der Ministerpräsident Professor Böhmer an dieser Stelle mit seiner Regierungserklärung die besondere Bedeutung der Familie bekräftigt und die Förderung der Familie durch diese Landesregierung hervorgehoben. Unser Ziel ist es, die richtigen Rahmenbedingungen für ein kinder- und familienfreundliches Sachsen-Anhalt zu schaffen. Wir wollen damit den nachhaltigen Wertewandel hin zur Familie befördern.

Diese Landesregierung hat keine Leitlinien aufgeschrieben, die eine riesige Umverteilung bedeuten. Wir haben stattdessen gehandelt. Wir haben die familienpolitische Initiative gestartet und mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen begonnen.

(Unruhe bei der SPD)

Beispielhaft steht hierfür die Gründung des Landesbündnisses für Familien im November 2004 sowie der Entwurf des Familienfördergesetzes, der sich derzeit in der Anhörung befindet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Familienbündnis besteht aus ernsthaften Absichten und Maßnahmen. Weil wir in diesem Bereich beispielhaft sind und gehandelt haben, findet morgen in Halle ein bundesweiter Kongress zum Audit „Beruf und Familie“ statt.

Die Leistungen der Bundesregierung und der Bundesministerin insbesondere für lokale Bündnisse für Familien, die vorhin so sehr betont wurden, bestehen nicht aus einer Bezahlung von Leistungen vor Ort, sondern aus der Bezahlung einer Werbeagentur und aus dem Schalten von halbseitigen oder ganzseitigen Anzeigen in überregionalen Blättern. Das ist nicht unsere Absicht. Wir tun etwas für die Menschen und nicht für Werbeagenturen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Heiterkeit bei der PDS - Zuruf von Herrn Bischoff, SPD)

Das familienpolitische Leitbild der Landesregierung kommt daher vor allem in unserem Handeln zum Ausdruck, insbesondere in den Regelungen zum Familienfördergesetz. Diese beinhalten die Leitlinien unseres Handelns.

(Unruhe bei der SPD und bei der PDS - Zuruf von Herrn Bischoff, SPD)

Dies trifft nicht nur auf die Präambel oder die Gesetzesbegründung zu, sondern dies zeigt sich exemplarisch auch in der Einführung der Familienfreundlichkeitsprüfung, die für alle wichtigen Vorhaben der Landesregierung in Zukunft gelten soll. Kernpunkt unserer Aktivitäten sind Maßnahmen, die geeignet sind, Frauen und Männer in ihrem Kinderwunsch zu bestärken und mögliche Hemmnisse abzubauen, die der Erfüllung dieses Wunsches häufig entgegenstehen.

Der Wirkungsbereich aktiver Familienpolitik erstreckt sich dabei auf alle für das Familienleben bedeutsamen Handlungsfelder wie Arbeit, Einkommen, soziale Sicherheit, Bildung und Erziehung sowie Wohnen und Wohneigentum. Das Ziel dieser Landesregierung ist es, einen Wertewandel hin zu mehr Kinderfreundlichkeit zu bewirken und strukturelle Barrieren und Benachteiligungen von Familien abzubauen.

(Herr Bischoff, SPD: Nun konkret!)

Wir werden im Familienfördergesetz, das in Kürze diesem Landtag zugeleitet wird, Maßnahmen des Landes vorschlagen, die umgesetzt werden können und an denen wir uns messen lassen können. Wir werden keine Luftschlösser aufbauen, die vielleicht vom Bund finanziert werden. Wir können uns dabei auf uns selbst verlassen. Ich bin mir sicher, wir werden die Anforderungen auch erfüllen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Erreichung dieses Ziels bedarf es aber keiner langatmigen theoretisierten Konzeption, die von den Menschen nicht verstanden wird oder die gar abschreckend auf junge Familien wirkt, wie die Leserbriefe zum so genannten Familienpapier 2020 der SPD gezeigt haben.

Daher bitte ich Sie: Lassen Sie die Landesregierung arbeiten und lehnen Sie den Antrag der SPD-Fraktion ab. In den Landtagsberatungen zum Familienfördergesetz werden wir noch ausgiebig über die Leitlinien der Familienpolitik debattieren können. Dazu lade ich alle ein, die dieses positive Ziel mit uns verfolgen wollen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Herr Bischoff, SPD: Konkret haben wir jetzt nichts ge- hört!)

Vielen Dank. - Nun bitte die Frage von Frau Bull.

Herr Minister, ich fände es gut, wenn es ein paar Leserbriefe zu dem Unterfangen oder zu den familienpolitischen Maßnahmen der Landesregierung gäbe. Aber dass es dazu keine Leserbriefe gibt, liegt schlichtweg daran, dass nichts vorliegt, wozu es etwas zu schreiben gäbe.