Auch alle, die in Magdeburg eingemeindet wurden, Pechau, Randau, Calenberge oder Beyendorf oder wie sie sonst alle heißen, sind heute alle glücklich und sagen: Schön, dass ihr im Jahr 1994 so weitsichtig gewesen seit.
- Herr Kosmehl, Ihr höhnisches Gelächter wird verstummen, wenn Sie mal nach Pechau fahren. Fragen Sie einmal Ihren Kollegen Dieter Steinecke. Er war dabei, er hat beispielsweise die Sache in die richtige Richtung vorangebracht.
Er kann Ihnen sagen, was man tun muss, um eine erfolgreiche Kommunalpolitik zu betreiben. Das heißt, auf Polte hören.
Nur darum geht es mir. Ich habe nur noch ein Jahr in meiner Tätigkeit und kann nur noch mahnen, appellieren und wünschen: Lasst die Gesamtverantwortung für dieses Land nicht aus dem Auge! Kommt von eurem Kirchturm herunter und erhebt euch auf den Schwingen der Verantwortung von Zeitz bis Arendsee und von Helmstedt bis Schopsdorf beispielsweise. Das ist unsere Verantwortung.
Ich habe extra noch einmal in die Geschäftsordnung geschaut. Wir sind alle unserem Gewissen verantwortlich. Dort steht nichts davon, dass wir zum Beispiel für Nielebock oder Ferchland oder Großdeuben verantwortlich sind. Nein, wir sind unserem Gewissen verantwortlich und das Gewissen gebietet uns, das Beste für unser Land zu wollen, anzustreben und uns dafür einzusetzen.
Das ist unsere Intention. Ich bedauere, dass Sie diesen Antrag jetzt ablehnen werden. Aber wenn wir es noch einmal gesagt haben, dann ist es auch ganz gut. Vielleicht setzt es doch den einen oder anderen Denkprozess in Gang. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben.
Vielen Dank, Herr Dr. Polte. - Damit ist die Debatte abgeschlossen und wir stimmen ab. Es war zwischendurch einmal die Rede von einer Überweisung, aber dies ergäbe wohl keinen Sinn, sodass wir darüber nicht abstimmen werden. Dann wäre über den Antrag direkt abzustimmen.
Der Herr Innenminister hat gesagt, dass er genau das tun werde, was in dem Antrag gefordert werde. Die Koalitionsfraktionen haben erklärt, ihn dennoch abzulehnen. Die Antragsteller haben ihn nicht zurückgezogen. Also wird formal vorgegangen. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden. Er hat dennoch sein Ziel erreicht. Der Tagesordnungspunkt 5 ist abgeschlossen.
(Heiterkeit - Zuruf von der FDP: Das ist wertend, Herr Präsident! - Zuruf von der CDU: Welches Ziel meinen Sie denn, Herr Präsident?)
Zur Beratung dieses Antrags begrüße ich auf der Südtribüne Mitglieder des Runden Tisches gegen Ausländerfeindlichkeit.
Einbringer des Antrages der PDS-Fraktion ist der Abgeordnete Herr Gärtner. Bitte sehr, Herr Gärtner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Viel ist in den letzten Wochen über den Tod von Oury Jallow, der am 7. Januar 2005 in einer Zelle im Gewahrsam im Dessauer Polizeirevier verbrannt ist, in der Öffentlichkeit geschrieben und spekuliert worden. Auch heute gibt es noch mehr Fragen als Antworten. Trotzdem steht für die PDS-Fraktion nach allem, was bislang bekannt ist, fest, dass bei pflichtgemäßem Handeln der Polizeibeamten in Dessau am 7. Januar 2005 Oury Jallow heute noch hätte leben können.
Die PDS-Fraktion ist bestürzt und erwartet, dass der Landtag heute sein Bedauern über diesen Tod zum Ausdruck bringt.
Noch ein Satz vorweg. In den letzten Tagen ist der PDS von anderen politischen Kräften in diesem Lande des Öfteren geraten worden, sich nicht als Ermittler aufzu
spielen. In der Tat: Wir sind keine Ermittler. Wir wollen es auch nicht sein. Auch wollen wir die Schuldfrage nicht klären. Aber wenn Wochen nach einem solchen grausamen Tod im Gewahrsam in Sachsen-Anhalt wesentliche Fragen unbeantwortet sind, ist es die Pflicht und Schuldigkeit eines Parlamentes und von Abgeordneten eines Parlamentes, auf vollständige Aufklärung und umfassende Information der Öffentlichkeit zu drängen.
Denn ganz offensichtlich ist es so, dass die Ermittlungen erst forciert worden sind, nachdem in der Öffentlichkeit immer stärker und lauter Fragen gestellt worden sind. Wie ist es denn zu erklären, dass die Simulation der Fixierung, welche uns im Ausschuss für Recht und Verfassung per Video gezeigt worden ist, erst zum 3. Februar 2005 gemacht wurde, wo doch schon am 7. Januar klar war, dass Oury Jallow an Händen und Füßen fixiert war und von der Feuerwehr Reste eines Feuerzeuges gefunden worden sind?
Was ist nun am 7. Januar 2005 in Dessau geschehen? - Auf der Grundlage der Informationen, die wir im Ausschuss für Inneres und im Ausschuss für Recht und Verfassung erhalten haben, versuche ich, das zu rekonstruieren:
Am 7. Januar 2005 wurde Oury Jallow in das Revier in Dessau eingeliefert, weil er sich bei einer Kontrolle der Aufnahme der Personalien verweigert hatte und zudem gewalttätig und angetrunken war. Das führte dazu, dass er in die Gewahrsamszelle des Polizeireviers in Dessau eingeliefert wurde. Dort wurde er ärztlich untersucht und aufgrund seines Unruhezustandes fixiert. Zuvor war er nach Aussagen von Beamten ordnungsgemäß durchsucht worden. Die Taschen waren umgestülpt worden. Dabei wurde nichts außer Taschentüchern gefunden. Anschließend wurden regelmäßig Kontrollen durch Beamte durchgeführt. Die letzte Kontrolle fand in der Zeit von 11.45 Uhr bis 11.54 Uhr statt. Dabei habe man längere Zeit mit Herrn Jallow geredet.
Kurz vor zwölf Uhr stellte der Dienstgruppenleiter wegen eines Telefonats und störender Geräusche aus der Zelle die Wechselsprechanlage leise. Die anwesende Kollegin habe den Schalter dann sofort wieder laut gedreht.
Anschließend nahm man in der Zeit von 12.04 Uhr bis 12.09 Uhr plätschernde Geräusche wahr. Der Rauchmelder schlug an. Zweimal wurde dieser vom Dienstgruppenleiter ausgeschaltet, ohne dass gehandelt wurde. Der Rauchmelder habe im letzten Jahr mehrmals Fehlalarm ausgelöst, war die Begründung dafür. Allerdings ist dieser Rauchmelder, wie wir informiert wurden, nachweislich am 14. September 2004 repariert worden und hat danach keinen Fehlalarm mehr gemeldet.
Erst als das Plätschern lauter wurde und nun auch der Lüftungsschalter Alarm schlug, begab sich der Dienstgruppenleiter in den Keller. Die im Zimmer gebliebene Kollegin hörte dann das Wort „Feuer“ von Herrn Jallow und einen Schlüssel in der Zellentür. Die Versuche, in die Zelle einzudringen, scheiterten wegen zu starker Rauchentwicklung. Um 12.35 Uhr konnten die Kollegen der Feuerwehr Herrn Jallow nur noch tot auffinden. Das gerichtsmedizinische Gutachten gab als Todesursache einen Hitzeschock an. Bislang geht man davon aus, dass sich Herr Jallow trotz Fixierung mit einem Feuerzeug selbst angezündet hat. Feuer gefangen haben können nur die Innereien der Matratze, da diese von außen feuerfest ist.
Meine Damen und Herren! Ein Mensch ist in einer Zelle auf grausame Art und Weise ums Leben gekommen. Natürlich stellen sich viele Fragen. Die Grundfrage heißt: Warum konnte das geschehen? Nunmehr gibt es eine Reihe von Gutachten, die zum Beispiel klären sollten, ob Herr Jallow bei sofortigem Handeln der Beamten hätte gerettet werden können. Die von der Polizeidirektion Stendal vorgenommene Auswertung der Gutachten vom LKA und vom IdF, die uns mittlerweile vorliegt, ist in ihrer Schlussfolgerung eindeutig. Zitat:
„meldet der Brandmelder der Zelle 5 einen Brand nach durchschnittlich einer Minute 40 Sekunden. Dieser Wert ergibt sich aus den bisherigen Messwerten. Da sich im Dienstgruppenleiterraum zur Meldezeit zwei Beamte befanden, war ein unverzügliches Handeln/Befreiung der Person in der Zelle 5 möglich.“
Für die PDS-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt ergeben sich aus den Erkenntnissen zum Tod von Oury Jallow, der am 7. Januar gestorben ist, folgende Fragen:
Wie konnte das Feuerzeug, mit dem der Brand am 7. Januar angeblich ausgelöst wurde, trotz der Aussage der Beamten, dass sie Herrn Jallow ordnungsgemäß untersucht haben, in die Zelle gelangen?
Welche Beamten haben in der Zeit von 11.45 Uhr bis 11.54 Uhr mit Herrn Jallow gesprochen und worüber haben sie mit ihm geredet?
Warum wurde in der Zeit von 8.30 Uhr bis 11.45 Uhr kein Dolmetscher herangezogen, der Herrn Jallow seine Situation dargelegt hätte?