Protocol of the Session on November 12, 2004

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss sagen, was mich besonders gewundert hat. In diesem Antrag der SPD-Fraktion wird die Landesregierung aufgefordert, auf Bundesebene für die Fortführung der GA aktiv zu werden. - Frau Budde, zu Ihrer Kenntnis: Das machen wir nachhaltig.

Mich stört aber, dass offenbar Sie nicht genügend tätig sind; denn es ist ja immerhin die Bundesregierung, es ist der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, der die GA-Mittel im Bereich der Wirtschaftsförderung im Fall von Sachsen-Anhalt von 248 Millionen € in diesem Jahr auf 192 Millionen € im kommenden Jahr 2005 zurückgenommen hat. Sie könnten sich Verdienste erwerben,

wenn Sie dafür sorgen würden, dass diese Politik des Steinbruchs im Bereich der GA endlich zu Ende ginge.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Im Übrigen, liebe Frau Budde, wenn Sie etwas für das Land tun wollen - und Sie wollen das ja -, dann bringen Sie wesentliche Teile des Antrages, den Sie heute eingebracht haben, bitte auf dem nächsten SPD-Bundesparteitag ein. Wenn ich Herrn Steinbrück und andere höre, dann, muss ich sagen, wird mir himmelangst; denn man versucht ja, dem Osten alle Fördermöglichkeiten zu nehmen, unter dem Motto, wir haben im Westen auch einen Förderbedarf. In diesem Bereich könnten Sie wirklich etwas für Sachsen-Anhalt tun, aber nicht mit einem Antrag, in dem in wesentlichen Punkten bereits Erledigtes angesprochen wird und in dem, wo es in die andere Richtung gehen soll, Positionen vertreten werden, die unserem Land nicht nützen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Minister Rehberger. - Nun erteile ich Herrn Gürth das Wort, um für die CDU-Fraktion zu sprechen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es gehört, ausgerechnet die SPD will die Zukunft in den parlamentarischen Raum bringen.

(Herr Dr. Polte, SPD: Dafür sind wir doch da! Nicht für die Vergangenheit!)

Verehrte Frau Kollegin Budde, wenn Sie Ihre Rede gestern gehalten hätten, wäre die richtige Reaktion nicht Empörung, wie von Ihnen, Herr Kollege - wie heißt der ehemalige Bürgermeister?

(Heiterkeit bei allen Fraktionen - Zuruf von der CDU: Polte!)

- Herr Kollege Polte, Entschuldigung -, sondern die richtige Reaktion wäre wahrscheinlich ein Narrhallamarsch gewesen. Sie wollen uns eine neue Wirtschaftspolitik einreden, stellen hier aber nur alte Hüte vor. Das, was Sie hier vorgestellt haben, war keineswegs neu. Neu war vielleicht - das konnte man als aufmerksamer Zuhörer feststellen -, dass Frau Kollegin Budde die Wirtschaftspolitik der SPD nun auf Fördermittel und Fördersätze reduziert, und das zulasten strukturschwacher Regionen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Was Ihnen gänzlich fehlt, ist ein ganzheitlicher Ansatz.

Wir brauchen keine Aufforderung der SPD für ein wirtschaftspolitisches Leitbild. Das wirtschaftspolitische Leitbild dieser Regierung steht in der Koalitionsvereinbarung. Das heißt: weniger Bürokratie, mehr Investitionen und eine ganzheitliche Wirtschaftspolitik, nämlich ressortübergreifende Wirtschaftsförderung. Das können Sie daran festmachen, dass wir das nicht gegen die Wirtschaft machen - wie Sie das in der Vergangenheit gemacht haben -, sondern dass wir es mit der Wirtschaft machen. Dazu gehört eben mehr als nur ein Ressort. Das heißt, auch im Bereich etwa der Umwelt- und der Bildungspolitik ist zu berücksichtigen, wie die Wirtschaft gefördert werden kann.

Es ist schön, dass die Opposition nach mittlerweile zwei Jahren anfängt, über Wirtschaftspolitik nachzudenken. Wir haben aber längst umgesteuert. Wir haben längst Kompetenzzentren gefördert und wir haben längst die Wirtschaftsförderung mehr darauf ausgerichtet, welchen Beschäftigungseffekt die einzelnen Investitionen auslösen und wie hoch der tatsächliche Bedarf ist.

Der Unterschied zwischen dem, was Sie wollen, und dem, was wir machen, ist letztlich, dass wir uns die Flexibilität erhalten, so zu fördern, dass wir Investitionen an allen Stellen dieses Landes hinbekommen, wenn die Investoren bereitstehen. Wir wollen niemanden in eine Region zwangssteuern, schon gar nicht in eine Region, die es vielleicht am wenigsten nötig hat. Wir wollen vielmehr gleiche Entwicklungschancen für alle Regionen in Sachsen-Anhalt gewähren.

Ein ganz großer Unterschied ist auch zwischen dem festzustellen, was wir im Jahr 2002 übernommen haben, und dem, was bereits im Jahr 2004 auf der Habenseite zu verbuchen ist. Sie haben die Wirtschaftspolitik acht Jahre aktiv gestaltet. Wir konnten im Jahr 2002 gut nachvollziehen, was acht Jahre sozialdemokratische Wirtschaftspolitik bedeutet hat:

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Acht Jahre Entwicklung zum Land der roten Laternen.

Herr Gürth, möchten Sie eine Frage von Herrn Bullerjahn beantworten?

Am Schluss meiner Rede sehr gern. - Acht Jahre ohne einen einzigen Monat, in dem wir die rote Laterne in der Arbeitslosenstatistik abgegeben hätten. Acht Jahre Abkopplung vom gesamtwirtschaftlichen Entwicklungsprozess in Deutschland.

Was haben wir nach nur zwei Jahren geschafft ? - Das Schwierigste war eigentlich, das schlechte Image dieses Landes nach acht Jahren SPD-Politik wieder so hinzukriegen, dass Sachsen-Anhalt überregional als ein interessanter Investitionsstandort wahrgenommen wird. Nach nur zwei Jahren können wir feststellen, dass wir, zum Teil gegen den Bundestrend, positive Entwicklungen erreicht haben. Wir sind noch lange nicht am Ziel, aber wir sind auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Wir können feststellen, dass die Wirtschaft wieder wächst. Während im verarbeitenden Gewerbe bundesweit Beschäftigung abgebaut wird, können wir in Sachsen-Anhalt im Jahr 2004 während zwei Jahren nacheinander Beschäftigungszuwachs feststellen. Das ist nicht genug, aber der Weg ist richtig und führt in die richtige Richtung.

Wir können feststellen, dass wir bei der Arbeitsmarktentwicklung die rote Laterne abgegeben haben - wie ich hoffe, nicht nur für einen Monat, sondern für eine längere Zeit; es zeigt sich ja mittlerweile ein kleiner Trend -, und das, obwohl wir überproportional von einem Abbau auf dem zweiten Arbeitsmarkt betroffen sind. Wir haben 33 000 Leute weniger auf dem zweiten Arbeitsmarkt, als Sie zum Ende Ihrer Regierungszeit hatten, und dennoch entwickeln wir uns positiver als zum Bei

spiel Mecklenburg-Vorpommern. Wir werden diesen Weg weitergehen.

Der Unterschied ist: Wir reden nicht nur, wir handeln. Wir freuen uns, wenn diese Regierung genau diesen Kurs beibehält. Wenn dann dieser Kurs noch zwei Jahre bis zum Jahr 2006 fortgeführt worden sein wird, werden wir feststellen können, dass es sich gelohnt hat, den wirtschaftspolitischen Vorstellungen der Regierung Böhmer und der Politik Herrn Dr. Rehbergers zu folgen; denn es zeigt sich, dass wir mehr Beschäftigung und mehr Wirtschaftswachstum bekommen und erfolgreicher sind, als in all den theoretischen Debatten unterstellt wird, die Sie in diesem Raum anstoßen und die Sie als Zukunftsdebatten bezeichnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Gürth. - Nun die Frage von Herrn Bullerjahn.

Mensch, Herr Gürth, der Parteitag ist doch erst morgen. Sie haben wahrscheinlich die falsche Rede im Gepäck gehabt.

(Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP - Heiterkeit bei der FDP)

- Ja doch, nicht so aufgeregt! - Ich meine, diese Reden haben schon etwas, weil man vorher weiß, was kommt.

Meine Frage, Herr Gürth: Stellen Sie sich einmal vor, Sie wären in der Regierung - Sie haben ja eben fast wie ein Minister geredet - und Sie hätten das Problem, dass Sie weniger Geld zur Verfügung haben, als Sie für die vorliegenden Anträge brauchen. Nach welchen Kriterien würden Sie die Anträge dann bescheiden?

Ganz klar.

Ganz klar. Na, dann sagen Sie es mal.

Ich kann Ihnen das auch zum Nachlesen - -

(Frau Budde, SPD, lacht - Zurufe von der SPD)

Nein, das will ich jetzt hier hören. Das ist eine ganz einfache Frage.

Ich würde Ihre Frage gern beantworten, wenn Sie so viel Geduld haben.

Sie müssen sich natürlich nach mehreren Kriterien richten. Es gibt zwei, die ganz besonders wichtig sind, und danach richten wir uns auch.

Das eine ist der tatsächliche Bedarf. Sie können feststellen, dass es anders als in der Vergangenheit ist, als Mittel in Projekte geflossen sind - man kann schon fast sagen: das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster ge

worfen worden ist - wie zum Beispiel „Planet Harz“ und ähnliche Phantomprojekte. Wir können uns das nicht mehr erlauben, weil im Land Sachsen-Anhalt Gott sei Dank wieder mehr Investitionen zu begrüßen sind. Da die Mittel knapper sind, müssen wir schon Prioritäten setzen.

Ein Kriterium ist also: Wie hoch ist der tatsächliche Bedarf? Deswegen fördern wir bestimmte Branchen nicht mehr, die zu Ihrer Zeit üppig Geld bekommen haben. Wir haben leider - das tut auch vielen weh, aber wir mussten es aus Effizienzgründen machen - die Förderung in Teilen der Tourismusindustrie zurückgenommen, weil wir uns einfach woanders mehr Erfolge versprechen. Eine sektorale Differenzierung hat es schon gegeben.

Wir werden Mehrfachinvestitionen und Erweiterungen nicht mehr in der Höhe fördern, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Wir hatten diese strittige Diskussion bei der Firma Klemme AG. Weil diese Firma die Diskussion selbst verschuldet hat, kann ich sie öffentlich nennen. Ich halte das für schwer, aber dennoch für richtig.

Ein weiterer Aspekt ist auch noch sehr wichtig. Ich glaube, das ist ein zentraler Aspekt. Es geht um den Beschäftigungseffekt einer Investition. Weil gerade kapitalintensive Investitionen im Land Sachsen-Anhalt die öffentlichen Kassen stark belastet haben, insbesondere im Bereich der chemischen Industrie, achten wir jetzt mehr darauf, welche Beschäftigungseffekte durch die Förderung von Investitionen erreicht werden. Ich halte das für einen richtigen Weg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Herr Gürth, es gibt noch eine zweite Frage. - Bitte schön, Herr Bullerjahn.

Eine letzte kurze Frage: Sind Sie denn dafür, auch gezielt Wachstumskerne zu fördern?

Diese Frage erübrigt sich, weil wir das schon längst tun.

Ja oder nein?