Protocol of the Session on November 12, 2004

Vielen Dank, Frau Fischer. - Nun spricht für die FDPFraktion Frau Dr. Hüskens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ich eine Redezeit von nur fünf Minuten zur Verfügung habe, versuche ich, mich ganz kurz zu fassen, vor allem weil ich auch die große Begeisterung ob dieses spannenden Themas im Saal sehe.

Wir haben uns in der Koalitionsvereinbarung darauf verständigt, dass wir versuchen wollen, die Landesverwaltung möglichst schlank zu organisieren.

(Herr Bullerjahn, SPD: Na gut, das war aber ein- mal!)

Wir haben vor zu prüfen, auf welche Aufgaben verzichtet werden kann, welche privatisiert werden können, welche verlagert werden können und welche Aufgaben zukünftig effizienter in anderen Rechtsformen wahrgenommen werden können.

Dabei können Landesbetriebe an zwei Punkten eine Rolle spielen: Zum einen können sie als Zwischenstation auf dem Weg zur Privatisierung fungieren; zum anderen sind sie ein Weg, um staatliche Aufgaben effizienter wahrzunehmen.

Um es ganz klar zu sagen: In welcher Rechtsform staatliche Aufgaben wahrgenommen werden sollen, ist für uns kein Diskussionspunkt um seiner selbst willen. Wir wollen keine akademische Diskussion darüber führen, welche Rechtsform die beste ist. Ob gGmbH, GmbH, LHO-Betrieb, budgetierte Einrichtung oder kameralistische Veranschlagung - das ist mir persönlich egal, solange einige Aspekte berücksichtigt werden.

Die Rechtsform muss sicherstellen, dass die Aufgaben möglichst effizient erledigt werden. Das heißt für mich: auf dem qualitativ gebotenen Niveau und möglichst kostengünstig. Und die Wahrnehmung muss transparent sein, sie muss auch für den Budgetgesetzgeber in seiner Kostenstruktur nachvollziehbar sein. Dafür sind LHO-Betriebe in vielen Bereichen ein geeignetes Instrument.

Die Kritik, die heute gekommen ist, dass LHO-Betriebe per se intransparenter seien als Kameralistik, möchte ich wirklich einmal in den Raum stellen. Ich glaube, gerade die Kolleginnen und Kollegen, die im Finanzausschuss sitzen, haben häufig, auch nach Jahren noch, ausgesprochen erstaunt geguckt, wenn sie festgestellt haben, was sich hinter der einen oder anderen Veranschlagungsnummer in der Kameralistik verborgen hat.

Wenn ich zum Beispiel an den Justizhaushalt und an die Veranschlagung bei dem dortigen LHO-Betrieb denke, dann erscheint mir die Bezeichnung „Akkubohrschrauber“, die dort bei den sächlichen Ausgaben steht, deutlich übersichtlicher als die Bezeichnung „nicht aufteilbare sächliche Verwaltungsausgaben“, wie es bisher in der Kameralistik hieß. Ich kann mir unter „Akkubohrschrauber“ deutlich mehr vorstellen.

Nein, ich glaube nicht, dass es der Betrieb oder die Rechtsform an und für sich ist, die für Transparenz oder Effizienz sorgt; vielmehr ist es die Frage: Wie gehen wir damit um? Dabei ist nicht nur die Landesregierung als erste Controlling-Instanz gefragt, sondern auch der Landtag und mit ihm der Finanzausschuss.

Wir können natürlich erwarten, dass die Landesregierung möglichst effizient mit diesen Instrumentarien umgeht. Wir können Effizienzrenditen in den LHO-Betrieben erwarten. Aber, meine Damen und Herren, wir können doch nicht erwarten, dass die Kolleginnen und Kollegen dies von sich allein tun. Das wird auch in der Kameralistik nicht passieren.

Jede Verwaltungseinrichtung wird natürlich versuchen, ihre Sach- und Finanzausstattung auf das ihr akzeptabel erscheinende Niveau zu bringen. Ich denke, es gibt niemanden, der freiwillig nach unten geht. Das ist logischerweise auch bei den LHO-Betrieben so. Wir haben während der Haushaltsberatungen in diesem Jahr gemerkt - das gebe ich durchaus zu -, dass der eine oder andere dies sehr erfolgreich geschafft hat. An dieser Stelle sind wir aber als Budgetgesetzgeber gefragt, unsere Kontrollaufgaben entsprechend wahrzunehmen.

Die Haushaltsberatungen in diesem Jahr haben meiner Meinung nach auch an einem anderen Punkt gezeigt, dass wir stärker hinsehen müssen. - Frau Weiher, diesbezüglich greife ich gern die Anregung auf, die Sie in Bezug auf das Thema Zielvereinbarungen genannt haben.

Wenn wir verschiedene Bereiche in flexiblere Formen überführen - sei es die Hochschule mit dem globalen Haushalt, seien es Betriebe -, müssen wir uns als Landtag natürlich überlegen, wie wir zukünftig die Kontrolle ausüben wollen. Das können wir dann nicht mehr mit der berühmten Töpfchenwirtschaft, indem wir hier eine Schraube wegnehmen und da den Akkubohrschrauber streichen; vielmehr müssen wir stärker als bisher Zielvereinbarungen mit der Landesregierung treffen und die Landesregierung wiederum Zielvereinbarungen mit ihren Betrieben, die uns in die Lage versetzen, die Aufgabenerledigung zu kontrollieren. Dann müssen wir als Haushaltsgesetzgeber entscheiden, ob wir dafür eine entsprechende Summe zur Verfügung stellen wollen.

Das wird natürlich den einen oder anderen Kollegen im Landtag vor eine neue Aufgabe stellen. Ich denke, dabei werden auch die Fachausschüsse deutlich mehr gefordert sein, als sie es bisher bei den Haushaltsberatungen waren. Aber die Kameralistik ist meiner Meinung nach eine Veranschlagungstechnik des 19. Jahrhunderts. Im 21. Jahrhundert sollten wir daran nicht wie an einer heiligen Kuh kleben; vielmehr sollten wir überlegen, wie wir zu modernen, effizienten und transparenten Veranschlagungstechniken kommen. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Nun steht das Schlusswort der PDS bevor. Dazu bitte Frau Dr. Weiher.

Meine Damen und Herren! Kritik an bestehenden Zuständen hat auch immer ihr Gutes - man denkt stärker über Veränderungen nach und versucht, diese nach Möglichkeit einzubringen und umzusetzen. Für das Parlament macht es die zunehmende Anzahl der Landesbetriebe jedes Jahr schwieriger - das ist deutlich geworden -, eine Gesamtschau der Landesfinanzen zu vollziehen. Bei der Einbringung des Doppelhaushalts habe ich in Bezug auf die Personalstellen in Landesbetrieben bei Titelgruppe 96 und die Globalbudgets noch von „Schattenpersonal“ gesprochen, was, wie allen noch in Erinne

rung sein dürfte, einen Aufschrei der Koalition zur Folge hatte.

Erwünschte Vergleiche mit anderen Ländern in Bezug auf die Personalstellen, die Personalausgaben, die Investitionen und auch auf die Verschuldung sind aber tatsächlich kaum noch möglich. Sie werden durch Auslagerungen jeglicher Form zunehmend undurchschaubar für das Parlament, aber auch für die Öffentlichkeit, die diese Dinge dann überhaupt nicht mehr nachvollziehen kann.

In Bezug auf die Wirtschaftspläne der Landesbetriebe, die wir im Augenblick haben, ist es tatsächlich so, wie Frau Fischer sagte: Der einzige Wirtschaftsplan, der nachvollziehbar gestaltet ist, ist der des Landesbaubetriebes. Dazu muss ich sagen, an dieser Stelle hat das Bauministerium wirklich ordentlich gearbeitet.

Aber wenn ich allein an den Wirtschaftsplan des Landesamtes für Altlastenfreistellung denke, ist mir noch gut in Erinnerung, dass sich - so wurde auf Nachfragen hin mitgeteilt - hinter den Personalkosten nicht nur die Stellen verbargen, die dort als Personalstellen aufgeführt waren, sondern auch zeitweise Beschäftigte, Honorarkräfte etc. pp. Das bekommen wir nur mit, wenn wir nachfragen. Es ist nirgendwo erläutert oder erklärt worden, geschweige denn dass es uns von vornherein signalisiert wird.

Die Möglichkeiten der Einflussnahme durch das Parlament auf diese Teilbereiche der Verwaltung sind sehr begrenzt und erschöpfen sich tatsächlich im Grunde genommen in der Frage des jährlichen Zuschusses. Nur der Verwaltung selbst sind derzeit noch Eingriffsmöglichkeiten gegeben. Landesbetriebe sind quasi zur Domäne der Verwaltung geworden. Man könnte sagen: Out ist in.

Das betrifft auch die Kontrolltätigkeit des Parlaments. Dabei geht es nicht so sehr darum, jede einzelne Kostenstelle oder jede einzelne Schraube ob ihrer Erfüllung zu kontrollieren. Aber beispielsweise bei den Hochschulen gibt es eben die Zielvereinbarungen über mehrere Jahre, die Bestandteil des Haushaltsgesetzes und damit auch kontrollierbar sind. Bei den Landesbetrieben fehlt dieses entscheidende Instrument bisher völlig.

Die Landesregierung hat selbst eine Reihe von Schlussfolgerungen aus dem bisherigen Status der Landesbetriebe gezogen. Der Minister hat von Zukunftsplänen gesprochen. Sie sind in dem Entwurf des Grundsatzerlasses enthalten und werden hoffentlich noch vor dem Ende des Jahres als Regelung für bestehende und geplante Landesbetriebe auf den Weg gehen.

Die Fragen nach dem Zuschuss und der Kostenminimierung sind von zentraler Bedeutung. In Bezug auf die bestehenden Landesbetriebe bin ich gespannt, wie die Landesregierung zum Beispiel Vorhaben umsetzen wird, die uns nur so nebenbei in Vorblättern zu Gesetzentwürfen zur Kenntnis gegeben werden.

Ich will aus dem Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Landesbesoldungsgesetzes zitieren. Dieser ist schon in den Landtag eingebracht worden und wird in den Ausschüssen behandelt. Hierin steht unter Abschnitt D - Kosten -:

„Die Landesregierung geht davon aus, dass eventuell entstehende Mehrkosten durch die Neustrukturierung und erwerbswirtschaftliche Ausrichtung der Landesbetreibe nach § 26 Abs. 1 LHO kompensiert werden.“

Ich bin sehr gespannt, was uns da in den nächsten beiden Jahren eigentlich erwarten wird.

Der Entwurf des Grundsatzerlasses lag dem Rechnungsprüfungsausschuss bereits vor. Die derzeitige Fassung wird sicherlich in der nächsten Woche im Finanzausschuss diskutiert werden. Das ist trotz möglicher Kritikpunkte, die nach wie vor bestehen, auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.

Darüber hinaus gibt es für uns einige weitere wichtige Folgerungen, die wir gegebenenfalls über entsprechende Anträge konkretisieren und in den Landtag einbringen werden. - Herr Tullner, wir sind sehr gespannt, wie sich Ihre Fraktion dazu stellen wird.

So sollte zum Beispiel jährlich ein Ausgliederungsbericht im Hinblick auf die grundsätzliche Notwendigkeit von Ausgliederungen jeglicher Art und auf die Rechtsform nach entsprechenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen erstellt werden. Dazu gehört auch die Begründung, warum bestehende Ausgliederungen keiner Privatisierung unterzogen werden bzw. nicht in frühere Strukturen rückgeführt werden sollen.

Die Gründung von Landesbetrieben sollte unter Gesetzesvorbehalt stehen - darin stimmen wir mit der SPD überein -, damit das Parlament seine Informations-, Steuerungs- und Kontrollrechte tatsächlich ausüben kann. Entsprechend abzuschließende Zielvereinbarungen, Frau Dr. Hüskens, wären dann zum Beispiel im Haushaltsgesetz zu verankern.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Der Landesrechnungshof ist über die Gründung von Landesbetrieben so rechtzeitig zu informieren, dass ihm ausreichend Gelegenheit zur Prüfung der Errichtung eines Landesbetriebs gegeben werden kann. Ausgliederungen, das heißt auch Landesbetriebe, sollten regelmäßig auf ihre Berechtigung überprüft werden, und zwar nicht allein durch exekutives Handeln. Hier bestünde zum Beispiel mithilfe eines Unterausschusses zur Ausgliederung und Privatisierung, der in anderen Ländern bereits vorhanden ist, eine Möglichkeit des Parlaments, noch intensiver und noch tiefer in diese Problematik einzudringen.

Das sind vier Punkte, die bisher im Grundsatzerlass so nicht enthalten sind, die aus unserer Sicht aber für das Parlament als dem Budgetgeber unerlässlich sind und deshalb diskutiert werden sollten. Ein Anfang ist gemacht worden. Wir sollten die Ausschussberatungen für weitere fruchtbringende Diskussionen nutzen. - Ich danke Ihnen für die Diskussion heute.

(Zustimmung bei der PDS, von Frau Fischer, Naumburg, SPD, und von Herrn Rothe, SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Weiher. - Damit sind die Aussprache zu der Großen Anfrage und der Tagesordnungspunkt 6 b abgeschlossen.

Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 19 - das ist der letzte für heute - auf:

Beratung

Leitbild für die Wirtschaftsförderung in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/1871

Ich bitte Frau Budde, als Einbringerin das Wort zu nehmen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wollen die Zukunftsdebatte in den parlamentarischen Raum holen. Wirtschaftspolitik ist einer der wichtigsten Bausteine in dieser Debatte. Ich wünschte mir, dass dies auch die Regierung und die Koalition so sehen würden. Aber leider fehlt bisher jegliche Aktivität in dieser Richtung. Auch für eine Regierungserklärung fehlt es offensichtlich an Masse.

(Oh! bei der CDU und bei der FDP - Unruhe)

Denn anderenfalls könnten wir dieses Thema an einer prominenteren Stelle diskutieren; das könnte dann zu einer früheren Zeit an einem der nächsten Sitzungstage sein.

(Zuruf von Frau Feußner, CDU)

Wir leben in einer Zeit, in der wir es uns nicht aussuchen können, ob wir die Globalisierung gut oder schlecht finden. Vielmehr müssen wir mit ihr umgehen. Deshalb ist es notwendig, über mögliche wirtschaftliche Entwicklungspfade zu diskutieren, und zwar nicht im stillen Kämmerlein, sondern mit Fachleuten.

Ein kluger Staatssekretär Ihrer Regierung hat erst kürzlich auf einer Veranstaltung gesagt, dass Politik, die sich nicht beraten lässt, degeneriert und dass weder Politik noch Hochschulen im „Elfenbeinturm“ sitzen dürfen. Genau dies tut aber die Landesregierung in Teilen. Man brüstet sich auch noch damit und argumentiert in den Ausschüssen, zumindest im Wirtschaftsausschuss, in der Weise, dass man nichts auf den Unsinn gebe, den einige Institute beispielsweise bezüglich der regionalen Konzentration von Förderungen empfehlen.

Auf unsere Ankündigung im Landtag, einen Antrag zur Erarbeitung eines Leitbildes für die Wirtschaftsförderung zu stellen, haben die Wirtschaftssprecher der beiden Koalitionsfraktionen in Pressemitteilungen ablehnend reagiert. Dabei sind Sie, Herr Gürth und Herr Schrader, gar nicht auf unsere Forderungen eingegangen, sondern haben zum wiederholten Male die SPD-Konzeption, die vorliegt, diffamiert, und zwar auf eine unsachliche Art und Weise.