Aber vielleicht gestehen Sie zu: Sie haben acht Jahre lang regiert, wir sind acht Wochen dran und haben bereits die ersten Geschichten verabschiedet.
Ich frage zu zwei Punkten. Das eine ist: Ich unterstelle einmal allen Fraktionen im Hause, dass sie für einen fairen Wettbewerb eintreten
und dass man nur über den Weg dahin streitet. Dazu lautet die erste Frage, eine Definitionsfrage, wie Sie Lohndumping definieren. Der Bundesarbeitsminister muss nach dem entsprechenden Gesetz Mindestlöhne festlegen. Man kann die Löhne für allgemeinverbindlich erklären. Das passiert im Bundesarbeitsministerium.
Jetzt ist in der Debatte - im Unterton oder direkt - öfter angesprochen worden, dass die Mindestlöhne, die auf gesetzlicher Grundlage vom Bundesarbeitsministerium kommen, Dumpinglöhne seien. Vertreten auch Sie diese Auffassung? Denn dann handelte der Arbeitsminister quasi ungesetzlich oder würde Lohndumping betreiben.
Die zweite Frage. Sie sprachen das Thema der auskömmlichen Preise an. Sie wollten gern erreichen, dass Firmen, die mit auskömmlichen Preisen kalkulieren, auch öffentliche Aufträge bekommen. Sie kennen die VOB?
Dann wissen Sie auch, dass in der VOB - stimmen Sie dem zu? - geregelt ist, dass als Bestandteil zur Überprüfung der Kalkulation eines Angebotes für einen Auftrag auf der Basis der VOB die Überprüfung der Kalkulation der Arbeitsleistungen, also der Löhne gehört. Dazu gehören auskömmliche Preise. Das ist ausdrücklich in der VOB geregelt. Wenn das so ist, müsste man dann nicht dafür sorgen, dass ein bestehendes Gesetzeswerk funktioniert,
Was Ihre erste Frage betrifft, kann ich sagen: Dazu gibt es eine klare Regelung, nämlich dass alles das, was sozusagen 20 % unter den üblichen Mindestlöhnen angeboten wird, als Sozialdumping bezeichnet wird. Ich glaube, diese Frage steht hier nicht zur Debatte. Dass wir uns dafür aussprechen, dass die gesetzlich geregelten Mindestlöhne Dumpinglöhne sind, ist nicht der Gegenstand. Vielmehr wird die Gefahr gesehen, dass das weiter unterlaufen wird, und zwar obwohl diese gesetzlichen Standards bestehen, insbesondere bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Dagegen verwahren wir uns. Das zu der ersten Frage.
Zur zweiten Frage. Vorhin hat die Kollegin Budde sehr engagiert zu dieser Frage Stellung genommen. Ich kann dies eigentlich nur nachdrücklich bekräftigen. Ich kenne es aus meiner eigenen Praxis als Unternehmer, der sich auch an öffentlichen Aufträgen beteiligt hat.
Es ist sicherlich nicht immer einfach, gegenüber dem Auftraggeber seine intimsten Geheimnisse der Kalkulation zu offenbaren und einfach zu sagen, was mich bewogen hat, sozusagen diese neuen Preise zu definieren. Aber es ist wichtig - das hat die Vergabepraxis gezeigt -, dass VOB und VOL - worin es nicht nur um Bauleistungen geht, sondern auch um andere Leistungen - nicht zu einem Durchbruch in Bezug auf die Einhaltung der vorhandenen Gesetzlichkeit geführt haben.
Deswegen halte ich es für den richtigen Weg, begleitend das Vergabegesetz zu installieren. Ich halte es für erforderlich, dass man dieses entbürokratisieren muss, dass man bestimmte Regelungen anders gestalten muss, um sozusagen begleitend zur VOB klare Regelungen zu haben. Die Länder Bayern und Saarland haben es bewiesen, wenn auch der Herr Minister Rehberger die Verfassungsgemäßheit der betreffenden Gesetze noch immer anzweifelt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Frau Budde, ich möchte Ihnen in einem Punkt zu 100 % Recht geben: Die FDP ist gern Vorreiter, wenn es um Flexibilisierung, Liberalisierung und Deregulierung geht, und zwar insbesondere im Bereich der Wirtschaft und im wirtschaftsnahen Bereich.
Das Warum will ich Ihnen an einem kleinen Bild erläutern. Eine Erfolgsgeschichte wie die des Bill Gates
Der gute Mann hat nämlich sein Unternehmen in einer Garage gegründet. In Deutschland hätte er dazu mindestens zwei getrennte Toilettenanlagen einrichten müssen, und die sind weiß Gott, meine Damen und Herren, in einer Garage nicht zusätzlich unterzubringen.
Da wir heute schon viel zitiert haben, möchte ich mir noch ein Zitat von einem von mir sehr verehrten Politiker der Nachkriegszeit erlauben. Dieser hat im vergangenen Jahr in aller Öffentlichkeit die Überbürokratie in Deutschland an den Pranger gebracht; unter anderem sagte er - ich zitiere -:
„Wir Deutsche regeln mittlerweile die Anzahl der Waschbecken in Kindergärten mit dem gleichen Eifer wie die Sicherheitssysteme in einem Kernkraftwerk.“
Liebe Frau Budde, Herr Metke, Sie werden sicherlich wissen, wen ich hier zitiert habe, es war der von uns allen geschätzte Altkanzler Helmut Schmidt.
Meine Damen und Herren! Wenn es richtig ist, dass der Mittelstand das Rückgrat der Wirtschaft ist, wenn es richtig ist, dass der Mittelstand die Jobmaschine schlechthin ist, wenn es richtig ist, dass der Mittelstand größter Ausbilder und größter Steuerzahler ist, und wenn es richtig ist, dass in Sachsen-Anhalt mindestens 10 000 bis 15 000 Unternehmen fehlen und ein großer Teil des Unternehmensbestandes zwei Tagesfeinde hat - und zwar jeden Tag -, nämlich die Liquidität und die nicht enden wollenden Vorschriften, dann ist es dringend geboten und an der Zeit, zu handeln und dies zu ändern. Wir müssen den Weg frei machen für Hunderte, ja Tausende kleinere und vielleicht auch größere sachsenanhaltinische Bill Gates. Einen anderen Weg wird es für Sachsen-Anhalt nicht geben, meine Damen und Herren.
Mit diesem Prolog ist völlig klar, dass wir als FDP das Erste Investitionserleichterungsgesetz außerordentlich begrüßen. Es ist der Einstieg in eine hoffentlich gründliche Entschlackung vieler unserer Landesnormen.
Ich gebe Ihnen in einem zweiten Punkt Recht, liebe Frau Budde. Das Zentrum dieses Ersten Investitionserleichterungsgesetzes ist die rigorose, konsequente Abschaffung des untauglichen Vergabegesetzes. Der Bauwirtschaft geht es insgesamt und insbesondere in SachsenAnhalt schlecht. Die Wertschöpfung nahm nach der dramatischen Talfahrt der letzten Jahre im Jahr 2001 noch einmal um 14,1 % ab. Das war die stärkste Schrumpfung seit der deutschen Vereinigung. Im ersten Quartal 2002 sanken die Umsätze erneut um 10,6 %. Das kostete deutschlandweit 100 000 Beschäftigten den Arbeitsplatz. Der Schwerpunkt - das wurde vorhin schon gesagt - lag natürlich in den neuen Bundesländern.
Kürzlich konnten wir der Presse entnehmen, dass pro Monat allein im südlichen Teil unseres Landes 50 Handwerker aufgeben, fast alle aus der Baubranche. Die Folge ist, dass sich in Ostdeutschland - man höre und staune - laut „Wirtschaftswoche“, Ausgabe vom 20. Juni 2002, über zwei Drittel der Betriebe im tagtäglichen Überlebenskampf nicht mehr um die Zahlen und Bestimmungen in den Tarifverträgen scheren. Eine ganze Flut von Unternehmen und ganze Landesverbände - so
etwa der sächsische Baugewerbeverband mit über 1 000 Mitgliedern - drohen aus der Tarifbindung auszubrechen und den so genannten OT-Verbänden, also den Verbänden ohne Tarifbindung, beizutreten.
Meine Damen und Herren! Ich sage das sehr prononciert: In Sachsen-Anhalt wurde aber in rot-roter Gemeinschaft so getan, als sei diese Wahrheit nicht vorhanden, und mit einem landeseigenen Vergabegesetz wurde dem Don Quichotte auch noch ein Windmühlenflügel extra dazugegeben.
Liebe Frau Budde, lieber Herr Metke, wenn ich die Beratungen im Wirtschaftsausschuss richtig verfolgt habe, dann haben Sie partiell eingeräumt, zumindest aber nicht heftig widersprochen, dass Ihr Vergabegesetz handwerklich nicht gerade eine Glanzleistung war, dass es große Umsetzungsschwierigkeiten gegeben hat, weil die Akzeptanz der öffentlichen Vergabestellen und der betroffenen Unternehmen erheblich eingeschränkt war, dass positive Wirkungen auch nach einem Jahr nach Verabschiedung des Gesetzes nicht zu erkennen sind, dass ein wichtiges Ziel, nämlich der Kampf gegen die Schwarzarbeit, quasi wirkungslos blieb, dass die zusätzlichen Belastungen für Betriebe und Kommunen nicht unerheblich sind und vor allem dass das Ziel, bezahlbare Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft zu sichern, mit zusätzlicher Bürokratie nicht erreicht werden kann.
Ich weiß nicht, liebe Frau Budde, welche Erkenntnisse man noch braucht, um eine Fehlentscheidung, liebe Frau Budde, zu korrigieren.
Meine Damen und Herren! Der FDP ist es eigen, in ihrer Wirtschaftspolitik sehr sensibel auf die Stimmen der Wirtschaft und der Wissenschaft zu hören.
Einige dieser Stimmen möchte ich kurz wiedergeben, da sie in den Darlegungen seitens der SPD und der PDS oft vergessen werden. So kommt zum Beispiel die von der alten Landesregierung in Auftrag gegebene Kurzstudie des ISW auf der Seite 33 zusammenfassend zu folgendem Ergebnis - ich zitiere -:
„Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass ein wie auch immer geartetes Vergabegesetz auf Landesebene ebenso wie ein Tariftreuegesetz auf Bundesebene bestimmte Grundprobleme des Baugewerbes nicht zu lösen vermag.“
Dabei geht es unter anderem auch um Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung. Zum Schluss - ich zitiere noch einmal - heißt es:
„Ebenso können Prozesse der Strukturbereinigung im Baugewerbe durch derartige Gesetze kaum abgefedert werden.“
Mir liegen fast zwei Dutzend Stellungnahmen von Verbänden vor. Aus einigen möchte ich nur einmal ganz kurz zitieren: Der Verband der Metall- und Elektroindustrie schreibt, er begrüße vorbehaltlos die Aufhebung des Gesetzes.
Die IHK Magdeburg schreibt, die Aufhebung entspreche der Position der IHK Magdeburg. Die ursprünglich wettbewerbsgerechten Vergabekriterien reichten völlig aus, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten.