Vielen Dank, Herr Gallert. - Meine Damen und Herren! Bevor wir in die verbundene Debatte eintreten, hat für die Landesregierung der Minister des Innern Herr Jeziorsky um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Minister.
Meine Damen und Herren! Ich setze einfach voraus, dass wir uns insgesamt darüber einig sind, dass Vorgänge zur Veränderung von kommunalen Gebietskörperschaften nach dem geltenden Recht, Verfassungsrecht und Spezialrecht, angegangen und auch umgesetzt werden.
Wenn wir uns daran halten, dann gibt es zwei Grundsätze: Gemeinden können durch eigene Entscheidung ihre Selbständigkeit aufgeben, wenn sie mit anderen Gemeinden gemeinsam eine neue Gemeinde bilden oder sich in eine Nachbargemeinde eingemeinden lassen wollen. Wenn man aber gegen den Willen einer Gebietskörperschaft Veränderungen der Außengrenzen vornehmen will, dann bedarf es eines Gesetzes. - Das ist unsere Verfassungs- und Rechtslage, die wir zur Kenntnis nehmen müssen.
Betrachten wir nun den Vorgang Brambach und Rodleben. Hier gibt es Gemeinderatsbeschlüsse, die durch Bürgerentscheide getragen sind, die Selbständigkeit der beiden Gemeinden aufzugeben und Ortsteil der Stadt Dessau zu werden. Das wäre grundsätzlich kein Problem, wenn nicht auch hier die Interessen des Landkrei
ses Anhalt-Zerbst berührt würden, der nämlich auch ein Recht auf den Schutz seiner kommunalen Gebietskörperschaft hat.
Weil es hierbei nicht zu einer Vereinbarung mit dem Landkreis kommt, ist für den Vorgang der Eingemeindung nach Dessau nur das Gesetzgebungsverfahren möglich.
Die Entscheidungen, die in Brambach, Rodleben und Dessau getroffen worden sind, sind zu einem Zeitpunkt erfolgt, als ein Korridor wieder geschlossen wurde, der bis März dieses Jahres geöffnet war und in dem die Interessen des Landkreises in Bezug auf die Entscheidungen von Gemeinden zur Bildung neuer Gemeinden oder zu Eingemeindungsprozessen nicht ein solches Gewicht hatten. Zu diesem Zeitpunkt gab es in den Gemeinden Rodleben und Brambach sowie in der Stadt Dessau noch keine Beschlussfassungen. Deswegen ist eine Zuordnung durch das Innenministerium in diesem Fall nicht möglich.
Wir, die Landesregierung, das Innenministerium, hätten aufgrund der Beschlüsse aus Brambach, Rodleben und Dessau ein formelles Gesetzgebungsverfahren eingeleitet, wie wir es auch hinsichtlich der Eingemeindungen von Leitzkau, Ladeburg und Dornburg nach Gommern getan haben.
Sie wissen, dass das Verfahren, wenn ein solches Gesetz von der Regierung vorbereitet wird, mit erster Kabinettsbefassung, Anhörung, zweiter Kabinettsbefassung etwas Zeit in Anspruch nimmt. Der Wunsch der Stadt Dessau und der beiden Gemeinden, zum Vollzug zu kommen, orientiert auf den 1. Januar 2005. Das wäre in dem Verfahren, wie wir es für die Eingemeindungen von Leitzkau, Ladeburg und Dornburg nach Gommern vorgesehen hatten, rein zeitlich nicht zu schaffen und würde letztlich erst im Jahr 2005 zur Entscheidung durch den Gesetzgeber anstehen.
Wenn aber - auch das wissen Sie - aus der Mitte des Landtages ein Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht wird, ist zumindest die Zeit, die gebraucht wird, wenn die Regierung ein Gesetzgebungsverfahren bearbeitet, nicht mehr erforderlich. Man kann insoweit einige Wochen sparen und möglicherweise den Termin 1. Januar 2005 für eine Eingemeindung dieser beiden Gemeinden realisieren.
Herr Minister, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Bullerjahn zu beantworten?
Insofern ist es die Intention der Koalitionsfraktionen, dem Wunsch der beiden Gemeinden Brambach und Rodleben und der Stadt Dessau, Unterstützung bei der zügigen Umsetzung ihrer Beschlüsse zu erhalten, nachzukommen.
Ich hatte bei der gestrigen Anhörung zu dem Gesetzentwurf über die Eingemeindungen in die Stadt Gommern im Innenausschuss auf eine Rückfrage hin bestätigt, dass, wenn eine Eingemeindung von Brambach und Rodleben zum 1. Januar 2005 nicht möglich ist - wenn der Landtag zügig handelt, erübrigt sich das -, eine Zuordnung dieser beiden Gemeinden zu der Verwaltungsgemeinschaft im Umland von Zerbst vorgesehen ist.
Das ist den Betroffenen auch mitgeteilt worden, weil zum 1. Januar 2005 in jedem Fall gesichert sein muss, wo die Verwaltung von Brambach und Rodleben letztlich stattfindet.
Die Diskussion zur Veränderung in der kreislichen Landschaft, Herr Gallert, die mit Ihrem Antrag untermauert wird, nämlich dass dieses erst zu erledigen wäre, bevor man über Veränderungen von Gebietskörperschaften an Kreisgrenzen nachdenken dürfte, trägt nicht so richtig. Die Möglichkeit, eine neue Gemeinde zu bilden oder eine Eingemeindung vorzunehmen, war nach unserer Rechtslage immer gegeben und wird auch zukünftig gegeben sein. Wenn die rechtlichen Verfahren unter Beachtung der Interessenlage eines Landkreises Platz greifen, dann muss bei solchen Prozessen auch in Zukunft der Landtag gesetzgeberisch tätig werden, wenn sich die beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften vor Ort nicht mittels Vertrages selbständig einigen. Daran wird sich nichts ändern.
Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, wir haben nur nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften die Situation, dass das Interesse eines Landkreises zumindest in diesem Prozess bei der Neustrukturierung der gemeindlichen Verwaltungsebene zurückzutreten hat und auch die Bildung von Gemeinden über die Kreisgrenzen hinweg für einen relativ kurzen Zeitkorridor Vorfahrt bekommen soll.
Ich fasse zusammen: Zu dem Antrag der PDS-Fraktion, weitere Eingemeindungen über Kreisgrenzen hinweg nicht vorzunehmen, kann ich nur sagen, dass ich sie von mir aus ohnehin nicht vornehmen könnte. Wenn es Gemeinderatsbeschlüsse dieser Art zukünftig geben würde - - Dies ist nicht zu erwarten, denn die Prozesse in der Umsetzung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften kommen jetzt zum Abschluss. Weitere Vorgänge, die Kreisgrenzen verändern, sind in diesem Zusammenhang aktuell nicht vorhanden. Alles andere wäre in Zukunft ohnehin über den normalen gesetzlichen Weg zu regeln. Deswegen bedarf es keiner solchen Sperrvorschrift, wie sie die PDS-Fraktion vorsieht.
Wenn Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, diesen Weg für Brambach und Rodleben eröffnen möchten, dann ist es richtig, wie es Kollege Kolze gesagt hat, dass die Entscheidung durch den Gesetzgeber noch in diesem Jahr getroffen werden muss, damit eine neue Struktur im Bereich der Stadt Dessau mit weiteren Ortsteilen entstehen kann. - Herzlichen Dank.
Die Gebietsreform wird jetzt wirklich ein kollektives Thema der CDU-Fraktion. Bisher hat sozusagen beim Innenminister eine Ergänzung durch den Raumordnungsminister stattgefunden. Die CDU-Fraktion, so habe ich das Ihren Worten entnehmen können, wird jetzt auch kreativ. Deshalb meine Frage an Sie - -
- Ja, natürlich, das habe ich völlig unterschätzt. Ich warte auf den Beitrag der FDP-Fraktion in der nächsten Landtagssitzung. Die macht dann auch noch mit.
Ist es so, dass die CDU-Fraktion das mit eindeutiger Zustimmung der Regierung macht, oder ist es nicht so? Was sagt also der Innenminister ganz persönlich zu diesem Sachverhalt? Steht er hinter diesem Antrag oder steht er nicht dahinter?
Eine zweite Frage, Herr Innenminister: Ich habe Sie als logisch denkenden Menschen kennen gelernt. Ist es nicht aber so, wenn der Minister für Raumordnung sagt: Leute, ganz ruhig bleiben, ich mache in einer der Sitzungen im Herbst einen Vorschlag in Form eines Gesetzes; dann werden wir konkret und reden über das, was passieren muss - - Nun ist das, was heute vorliegt, genau das Gegenteil. Wir schaffen Tatsachen, ohne zu wissen, was in dem Entwurf stehen wird. Deshalb bitte eine klare Ansage: Können Sie uns heute sagen, was in dem Entwurf des Ministers für Raumordnung stehen soll?
Das, was ich aus den Überlegungen des Kollegen Daehre schon weiß, behalte ich für mich, jedenfalls heute.
Herr Bullerjahn, zu Ihrer konkreten Frage, auch zum Stichwort Kreativität der Koalitionsfraktionen: Vielleicht haben Sie in den letzten zwei Jahren nicht richtig hingehört und auch nicht hingehört, wenn der Ministerpräsident zu diesen Fragen gesprochen und Regierungserklärungen abgegeben hat.
Wir haben uns vorgenommen, in abgestuften Schritten die Verwaltungsstruktur der Landesverwaltung zu optimieren. Dafür haben wir die notwendigen Gesetze ge
schaffen und sind in der Umsetzung. Wir haben gesagt, in diesem Zusammenhang werden auch Aufgabenverlagerungen aus der Landeszuständigkeit auf die kommunale Ebene vorgenommen. Auch dafür sind die notwendigen gesetzgeberischen Maßregeln auf den Weg gebracht worden.
Wir haben weiterhin gesagt, wir wollen die Struktur der Gemeindeverwaltungsebene, nicht der Gemeindegebiete, sondern die Struktur der Gemeindeebene in ihrer Verwaltung verändern. Auch dazu ist ein Gesetz erlassen worden, natürlich mit der Vorgabe: Die freiwillige Bildung von größeren Gemeinden bzw. Eingemeindungen haben Vorfahrt und werden von uns akzeptiert. Wir haben schließlich gesagt, wenn wir mit diesen Verfahren durch sind, dann wenden wir uns der Neustrukturierung der Landkreisebene zu.
Wir sind jetzt an dem Punkt, an dem die Veränderung der Verwaltungsorganisation auf Landesebene und die Organisation der Verwaltungstätigkeit auf gemeindlicher Ebene einen gewissen Endpunkt erreichen, sodass wir uns der dritten Thematik, nämlich der Veränderung der Landkreise, zuwenden können. Die entsprechenden Vorbereitungen, um das in ein Gesetzgebungsvorhaben für den Landtag zu gießen, laufen.
Die Frage, ob das Innenministerium oder ich hinter dem Antrag der Koalitionsfraktionen steht, ist eine ganz einfache Geschichte, Herr Bullerjahn. Die Entscheidungen zum Beispiel der Gemeinden Leitzkau, Ladeburg und Dornburg zu einer Eingemeindung nach Gommern und damit für einen Kreiswechsel sind vom Innenministerium über das Kabinett in einem Gesetzentwurf dem Landtag zugeleitet worden.
Ich hatte vorhin bereits gesagt: Das gleiche Verfahren wäre auch für die Eingemeindung von Brambach und Rodleben nach Dessau von uns angegangen worden. Die Frage ist, wie lange so etwas dauert. Als Datum steht der 1. Januar 2005. Insoweit ist der Antrag, den die Koalitionsfraktionen gestellt haben, ein Versuch, eine Beschleunigung zur Befassung des Landtags zu erreichen, weil das Verfahren über das Innenministerium mit Kabinettsbefassung etwas länger dauert.
Insofern kann ich Ihnen sagen: Diese freiwillige Willensbildung vor Ort in Brambach und in Rodleben wird von uns getragen und unterstützt. Wenn es dann auch durch den Gesetzgeber unterstützt wird, hat alles seine Ordnung.
Herr Minister, Sie hatten auch Herrn Gallert die Beantwortung einer Frage zugesagt. - Bitte sehr, Herr Gallert.