Protocol of the Session on September 17, 2004

Eines will ich Ihnen zum Schluss versprechen. Wir werden Falschaussagen und Gegenreden nach Kräften ent

gegentreten. Ich persönlich stehe dazu und schließe meine Kollegen ein. Wir werden das, was überzogen ist, auch als überzogen ansprechen. Das ist keine Frage. Das gehört zu den Gefahren, die ich vorhin angesprochen habe, die aus spontanen Demonstrationen und aus Wut entstehen.

In diesem Sinne bitte ich Sie um eine faire Diskussion, meinethalben in den Ausschüssen für Gesundheit und Soziales und für Wirtschaft und Arbeit.

(Lebhafter Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Herr Höhn möchte noch eine Kurzintervention von zwei Minuten machen. Bitte sehr, Herr Höhn.

Zwei Minuten brauche ich dafür nicht, Herr Präsident. Ich wollte auf Frau Fischer und auf ihre Äußerung zu Merseburg reagieren. Das war vorhin nicht möglich, weil ich auf der Tribüne saß.

Frau Fischer, zunächst ist es erstaunlich, da Sie zugeben, dass Sie noch nie auf einer Montagsdemo waren, wie Sie hier über eine Montagsdemo berichten. Das ist das Erste.

Das Zweite, was ich sagen wollte, ist Folgendes: Ich war das letzte Mal vor zwei Wochen in Merseburg auf der Montagsdemo. Die Demo wird von einer Bürgerinitiative organisiert. Der Bürgermeister meldete die Demonstration an, das ist richtig. Es handelt sich dort um ein offenes Mikrofon, an dem jeder sprechen darf. Der Oberbürgermeister sucht mitnichten aus, wer dort redet und wer nicht.

Im Übrigen ist es so, dass der Oberbürgermeister von Merseburg durchaus hin und wieder eine andere Position zu Hartz IV bezieht als die PDS-Fraktion, wie zum Beispiel bei den Ein-Euro-Jobs. Das steht ihm zu, denn er ist parteilos und kein PDS-Mitglied. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Wir treten nun in den Abstimmungsprozess ein. Frau Bull, ich habe Ihren letzten Worten entnommen, dass Sie eine Überweisung in den Ausschuss für Gesundheit und Soziales beantragen.

(Frau Bull, PDS: Und in den Ausschuss für Wirt- schaft und Arbeit!)

Federführend soll der Ausschuss für Gesundheit und Soziales beraten, nehme ich an. - Wer einer Ausschussüberweisung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der PDS-Fraktion. Gegenstimmen? - Gegenstimmen bei der SPD-, der CDU- und der FDP-Fraktion. Damit ist eine Ausschussüberweisung abgelehnt worden.

Wir stimmen über den Antrag als solchen ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung wiederum bei der PDS-Fraktion. Gegenstimmen? - Gegenstimmen bei der SPD-, der CDU- und der FDP-Fraktion. Enthaltungen? - Keine. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden und wir können den Tagesordnungspunkt 14 beenden.

Wir treten ein in die Behandlung des Tagesordnungspunktes 15:

Beratung

Kritikwürdiges Agieren der Landesregierung in der Beamtenpolitik

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/1797

Für die PDS-Fraktion bringt die Abgeordnete Frau Dr. Paschke den Antrag ein. Bitte sehr, Frau Dr. Paschke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zugegebenermaßen hätten nicht einmal die schärfsten Kritiker und Kritikerinnen - zu denen ich auch gehöre - des vor knapp einem Dreivierteljahr aus dem Boden gestampften Beamtenrechtlichen Sonderzahlungsgesetzes damit gerechnet, dass dieses auf das Jahr 2006 befristete Gesetz bereits über ein Haushaltsbegleitgesetz des darauffolgenden Jahres verschlechtert wird.

Unsere Fraktion hat sich in den Beratungen der Diskussion nicht verweigert und Änderungsanträge zum Kinderzuschlag, zur stärkeren sozialen Spreizung und zum Befristungstermin gestellt, die in keiner Weise Kostenaufwüchse verursachten. Der Befristungstermin 2005 sollte gewährleisten, dass wir bei Auslaufen des Gesetzes genügend Zeit zur Diskussion haben, um grundsätzliche Fragen zu Sonderzahlungen, vor allen Dingen zu deren Klärung, herbeizuführen.

In dieser Diskussion sollten beispielsweise folgende Fragen erörtert und entschieden werden: In welcher Weise können wir und wollen wir die Sonderzahlung in die Monatszahlung integrieren, wie es übrigens schon einmal der Fall war und es der DGB seit langem fordert? Wie kann man Verwerfungen, die absolut nicht zeitgemäß sind, wie zum Beispiel die nach wie vor auch damals schon vernachlässigte soziale Komponente bei den Referendaren und Anwärtern, beheben? In welcher Weise hätten wir in bestimmtem Umfang die Sonderzahlung für die Einführung leistungsorientierter Besoldungselemente nutzen können und sollen?

Zehn Monate nach dem In-Kraft-Treten steht dieses Gesetz - nahezu in seiner Gänze verpackt in einem Haushaltsbegleitgesetz - vor dem Aus. Politisch respektloser kann man kaum vorgehen.

(Beifall bei der PDS)

Was ist das für eine Landesregierung, die sich der Diskussion über Grundsatzfragen des Berufsbeamtentums, allerdings bei weitgehender Duldung der sie stützenden Landtagsfraktionen, einerseits nahezu vollständig verweigert, aber andererseits immer wieder den Beamten in die Tasche greift? Was ist das für eine Landesregierung, die bei den Verhandlungen zusagt, dass es bis zum Jahr 2006 keine Einschnitte geben wird, und dann über ein Haushaltsbegleitgesetz so mit den Partnern verfährt

(Beifall bei der PDS)

und es obendrein nicht für erforderlich hält, die damaligen Verhandlungspartner anders als über Zeitungsmeldungen zu informieren?

Das sollte der Landtag nicht dulden. Das war nicht der erklärte Wille des Gesetzgebers bei der Verabschiedung des Gesetzes.

Die Begründung für die Änderung ist erneut die Haushaltslage. Nun frage ich Sie, meine Damen und Herren, was hat sich seit dem Ende des Jahres 2003 zum Beginn des Jahres 2004 an der Haushaltslage verändert? Sie war desolat und sie ist desolat. Wäre das die zwingende Logik, dann hätten die Sonderzahlungen schon im Jahr 2003 komplett gestrichen werden müssen. Wir brauchen also vor erneuten Eingriffen unsererseits die Antwort auf die Frage des Maßes und nicht nur der Zumutbarkeit. Es fehlen die Kriterien. Dieser Diskussion verweigert man sich permanent.

In dem Ihnen vorliegenden Antrag wird unter Punkt 1 der Landtag aufgefordert, die Landesregierung für ihr unseriöses und konzeptloses Agieren mit Bezahlungselementen für Beamte zu missbilligen. Wir meinen, die Koalitionsfraktionen können sich diesem Antrag nicht verweigern. Einiges habe ich aufgeführt, einiges möchte ich noch hinzufügen.

Die Koalitionsfraktionen haben gemeinsam mit der Opposition dieses Landtages im Zuge der Verhandlungen zum Beamtenrechtlichen Sonderzahlungsgesetz am Ende des Jahres 2003 deutlich gemacht, dass sie die Befristung bis zum Jahr 2006 eingeführt haben, um eine Anschlussregelung zu diesem Zeitpunkt zu erreichen. Allen geäußerten Befürchtungen der Opposition, es könnte sich um einen Einstieg in den Ausstieg handeln, wurde vehement widersprochen.

So betonte der Kollege Kosmehl namens der FDP-Fraktion, dass man speziell aus diesem Grunde immer wieder auf die Befristung des Gesetzes gedrungen habe, um erstens eine dauerhafte Schlechterstellung der Beamten zu verhindern und zweitens die generelle Position zu untermauern, wonach die FDP an einer Sonderzahlung festhalte. Ich zitiere aus dem Plenarprotokoll vom 21. November 2003 Herrn Kosmehl:

„Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich nochmals deutlich sagen: Die FDP-Fraktion will auch über das Jahr 2006 hinaus eine Sonderzahlung für Beamtinnen und Beamten erhalten. All denjenigen, die in der Befristungsregelung den Einstieg in den Ausstieg sehen, unterstelle ich, dass sie den Ausstieg wollen. Meine Damen und Herren! Dies ist mit den Liberalen nicht zu machen.“

(Beifall bei der PDS - Herr Gallert, PDS: Schöner Satz!)

„Wir sehen in der Sonderzahlung auch das Bekenntnis des Staates zu seinen Beamten, und dazu stehen wir auch.“

(Herr Gallert, PDS: Wie lange noch?)

Der Kollege Tullner von der CDU-Fraktion stellte noch einmal klar, dass es einer gesetzlichen In-die-PflichtNahme der Politik, wie wir sie wollten, nicht bedürfe, weil in den Ausschusssitzungen der Wille des Landtages eindeutig dokumentiert worden sei, dass es im Jahr 2006 zu einer Anschlussregelung kommen solle.

Auf die Forderung der PDS hin, dies in einem Paragrafen des Gesetzes festzuschreiben, führte der Abgeordnete Tullner aus:

„Frau Dr. Paschke, wir haben darüber schon im Innenausschuss debattiert. Ich kann Ihnen nicht zustimmen, wenn Sie sagen, dass man alles in Gesetzesform gießen muss. Wir wollen eine Anschlussregelung. Das ist völlig klar. Kollege Kosmehl hat auf die zeitlichen Abläufe hingewiesen.“

Fazit: Von diesen zeitlichen Abläufen stimmt nichts mehr. Kurzum: Die Landesregierung hat gegen den erklärten Willen des Landtages, das Gesetz erst im Jahr 2006 zu novellieren, verstoßen.

Ich sage es noch einmal: Die Landesregierung hat auch hinsichtlich ihrer eigenen Zusagen gegenüber den Beschäftigten Wortbruch begangen.

(Beifall bei der PDS)

Kein Geringerer als Ministerpräsident Böhmer hat den Bediensteten zugesagt, dass bei einem Verzicht auf Urlaubsgeld und einer Reduzierung des Weihnachtsgelds keine weiteren Einschnitte bis zum Jahr 2006 zu erwarten seien.

Meine Damen und Herren! Ministerpräsident Böhmer hat gestern daran erinnert, dass wir alle d i e politische Klasse seien. - Jawohl, das ist uns sehr bewusst. Wie sehr ist die Glaubwürdigkeit der Politik verkommen. Wir sollten es einfach nicht hinnehmen, selbst in dieser Art und Weise daran mitzuwirken.

(Beifall bei der PDS)

Dabei geht es mir in diesem Zusammenhang nicht nur um die drastischen Einschnitte insbesondere bei den unteren Besoldungsgruppen, die immerhin 800 € bis 1 000 € ausmachen. Es geht vor allem um die Art und Weise des Agierens der Landesregierung und um die Verlässlichkeit im gegenseitigen Umgang. Deshalb beantragen wir unter Punkt 2, dass die Zusagen der Landesregierung und des Landtages im Doppelhaushalt ihren Niederschlag finden.

Gestatten Sie mir einige Ausführungen zu Punkt 3 des Antrages. Zunächst eine Vorbemerkung: Zum Antragsschluss am Donnerstag lag noch immer nicht der Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes vor. Somit war es unmöglich, diesen Punkt auf den jetzt vorliegenden Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes zu beziehen. Insofern muss unter Punkt 3 nach der Passage „sofort eingestellt und zu“ eingefügt werden: „der derzeit gültigen Rechtslage“.

Meine Damen und Herren! Auch hier wird ein Aspekt aufgegriffen, der auch mit dem respektlosen Umgang der Landesregierung zu tun hat und der die beantragte Missbilligung stützt. Ich meine den respektlosen Umgang mit geltendem Recht. So wie eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, wird ein Schnellbrief des Finanzministers kein geltendes Recht.

Es handelt sich auch um einen respektlosen Umgang mit dem Parlament; denn bereits in den Haushalt 2004 hat die Landesregierung wissentlich gesetzwidrig Haushaltsmittel eingestellt, ohne auch nur noch ein Wort dazu im Finanzausschuss zu verlieren,

(Zustimmung bei der PDS)

wie Sie, Herr Finanzminister, es übrigens auch bei Ihrer gestrigen Rede zur Begründung des Haushaltsbegleitgesetzes nicht getan haben.