Protocol of the Session on July 9, 2004

Herr Minister, ist es nicht so, dass Sie den Landkreisen das Angebot zur freiwilligen Aufgabenübertragung schon

längst gemacht haben und dass die meisten Landkreise - so auch mein Landkreis Aschersleben-Staßfurt - von diesem Angebot zu den von Ihnen genannten Konditionen eben nicht Gebrauch machen wollten? Wie ist vor diesem Hintergrund der Antrag zu verstehen? Sollen „die Landkreise nun geholfen werden“?

(Heiterkeit bei der SPD)

Herr Rothe, es tut mir Leid, da sind Sie nicht auf dem neuesten Stand. Ihr Landkreis gehört zu denen, die sich jetzt gemeldet haben. Das habe ich sogar schriftlich. Die Landkreise haben erklärt, dass sie das unter der Maßgabe machen - das sage ich jetzt auch ganz deutlich -, dass wir das Personal, das dort zuständig ist, auch mit übernehmen, weil wir das sowieso mit Landesmitteln bezahlen. Aber es bleibt ein Rest. Die Baulast bleibt dann beim Landkreis. Es wird im Prinzip überhaupt nicht teurer.

Wir können das noch einmal exemplarisch durchrechnen. Wir haben 7 400 €. Davon können sie im Moment 1 000 € pro Kilometer nehmen - Herr Schröder hat das erläutert -, um die Straße zu erneuern, und zwar als Kofinanzierung für GVFG-Mittel.

Wir sagen jetzt: Ihr als Kreis bekommt jetzt nicht 1 000 €, sondern wir machen, wie das in vielen Fällen auch geschehen ist, bei der Umstellung von D-Mark zu Euro, im Verhältnis 1 : 1. Ihr bekommt jetzt 2 000 € pro Kilometer. Jeder Kreis bekommt also je Kilometer das Doppelte als Kofinanzierung für GVFG-Mittel. Wir übernehmen auch das Personal. Mit dem Rest kommt der Kreis aus, sodass der Kreis im Prinzip 1 000 € mehr pro Kilometer hat. Wenn es günstig läuft - ich sage das vorsichtig -, kann es sogar bis 2 500 € gehen, die die Kreise pro Kilometer Straße bekommen. Sonst ist die Summe festgelegt. Sie geben das Geld für Personalkosten und für Technik aus.

Ich sage es noch einmal: Ich bin nicht derjenige, der eine Sache verteidigen will so nach dem Motto, das muss durchgeführt werden, weil wir uns das ausgedacht haben, sondern deswegen, weil es bei einigen Landkreisen klappt. Ich möchte den Kommunalpolitiker sehen, der sich jetzt hinstellt und sagt: Nach zehn Jahren muss die Technik erneuert werden, wir müssen neue Maschinen für unseren Landkreis kaufen. Wir sind mit der Kreisgebietsreform noch nicht so weit. Wir kaufen jetzt die Technik noch für diesen Kreis. Das kommt alles hinzu.

(Herr Gallert, PDS: Aber genau das ist das Prob- lem, Herr Daehre!)

- Ja, Herr Gallert, da sind wir doch ganz offen. Darüber müssen wir offen reden. Darum bin ich froh, dass wir es im Parlament machen. Wir hätten das doch auch von der Exekutive aus machen können. Nein, wir müssen uns darüber unterhalten, dass wir nicht klein-klein weiter versuchen, Technik anzuschaffen. Im Landesbetrieb haben wir diese Technik von den Landesstraßen.

(Unruhe bei der SPD und bei der PDS)

Dort haben wir die Technik schon und sie kann ergänzt werden. Dann können wir mit der Technik, die wir haben, mit der wir Hunderte von Kilometern Landes- und Bundesstraßen sowie Autobahnen räumen und instand setzen, arbeiten. Dann müssen wir doch nicht in den kleinen Fürstentümern der Landkreise auch noch die

modernste Technik anschaffen. Das ist mein Petitum. Das sind Rationalisierungseffekte.

Das berührt jetzt etwas, was heute in einer anderen Diskussion schon geäußert worden ist. Leider ist Frau Fischer nicht anwesend.

(Zuruf von Herrn Felke, SPD)

- Wissen Sie, im Zusammenhang mit der Gebietsreform kann ich Ihnen eines sagen: Aus dem Kreis, aus dem ich komme, kommen auch einige andere Abgeordnete. Herr Kollege Oleikiewitz kommt aus diesem Kreis. Dort sitzt Herr Stahlknecht und dort sitzt auch Frau Mittendorf. Man kann doch gar nicht so schnell gucken, wie diese Kreise fusionieren. Das sollte man auch einmal deutlich machen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Frau Mittendorf, SPD)

Da braucht ihr uns nicht allein.

Herr Gallert, betrachten Sie Ihre Frage als gestellt?

Herr Daehre hat also versucht, meine Frage zu erahnen. Aber es war gar keine Frage, sondern eine Zwischenintervention. Daher hat er die Frage gar nicht erraten können.

Aber das, was Sie, Herr Daehre, eben vorgetragen haben, ist doch klassisch die Geschichte: Wir haben die Kreisgebietsreform nicht zum Jahr 2004 durchgeführt. Jetzt besteht ein Rationalisierungsdruck. Die Kreise sind zu klein, um diese Rationalisierung zu realisieren. Was machen wir, der Not gehorchend? Wir machen diese Rationalisierung eben auf Landesebene.

(Beifall bei der PDS und bei der SPD - Zuruf von Herrn Schröder, CDU)

Ansonsten wäre es für das Land ja auch nicht billiger, wenn sie nicht aufgrund größerer Strukturen Rationalisierungsvorteile hätten. Wir wollten diese Vorteile auf kommunaler Ebene erreichen. Dann hätte man vielleicht sogar noch über Regionalkreismodelle diskutieren müssen. Sie haben das nicht gemacht. Deswegen werden jetzt alle aufgrund der Sachzwänge genötigt, dies auf Landesebene zu machen. Das ist nichts anderes als das, was ich vorhin gesagt habe. Genau das ist ja sozusagen der Weg, der sich logischerweise daraus ergibt. Nur, mit kommunaler Selbstverwaltung hat das nichts mehr wahnsinnig viel zu tun.

(Beifall bei der PDS und bei der SPD)

Wissen Sie, das, was Sie über die kleinen Kreise sagen, ist vielleicht noch zu verstehen. Aber wenn wir zehn oder zwölf Landkreise hätten, würde sich für mich das Prinzip genauso ergeben. Auch diese zehn oder zwölf Kreise sind für den Dienst an den Kreisstraßen überflüssig. Das können wir mit in dem Landesbetrieb machen, der für die Landesstraßen, für die Autobahnen usw. zuständig ist. Es kommt doch auch keiner auf die Idee zu sagen: Da machen wir einen Betrieb nur für die Landesstraßen.

Warum machen wir eigentlich die Autobahnen im Auftrag des Bundes mit? Warum machen wir im Prinzip die

Bundesstraßen? Das haben wir alles schon in diesem Landesbetrieb. Jetzt fehlt nur noch das letzte Glied. Das sind die Kreisstraßen. Ob wir zehn oder 20 Landkreise haben, ist dabei gleichgültig. Ich hätte das genauso gesagt, wenn wir zehn Landkreise hätten. Der Effekt wäre genau derselbe. Wenn wir die Zukunft sichern wollen, müssen wir das tun.

(Herr Gallert, PDS: Gibt es denn überhaupt noch Kreisstraßen? - Herr Schröder, CDU: Eben dar- um geht es doch!)

- Also, wissen Sie, wenn wir die Kreisstraßen zu Landesstraßen erklären würden, würden Sie sagen: Oh, jetzt greifen sie aber ein in die kommunalen Belange.

(Herr Gallert, PDS: Ja, das ist doch so! - Weitere Zurufe von der SPD und von der PDS)

- Nein. Lassen Sie mich doch ausreden.

(Herr Gallert, PDS: Herr Daehre, das war Ihre Logik!)

- Nein. Erstens. Sie greifen ein. Es geht gar nicht, weil wir das GVFG - -

(Zuruf von Frau Bull, PDS)

- Sie müssen sich schon ein wenig mit der Sache beschäftigen, Frau Bull. Wenn Sie vielleicht auch von vielem Ahnung haben, von der Sache haben Sie wirklich keine Ahnung. Darum halten Sie sich da einmal ein wenig zurück.

(Beifall bei der CDU - Frau Dr. Sitte, PDS: Das ist ein ganz starkes Argument! - Frau Bull, PDS: Ihre Logik war so bestechend und brillant!)

Ich möchte hier auch nicht in einen Dialog eintreten, Herr Präsident. Ich möchte aber eines sagen: Wir haben die Situation in Deutschland, dass wir die Klassifizierung haben, dass die Kreistage sehr großen Wert auf ihre Kreisstraßen legen, dass die Landräte und auch die Kreise sagen: Jawohl, wir als Baulastträger wollen schon noch entscheiden. Das sollen sie auch weiterhin machen.

(Herr Doege, SPD: Na, na!)

Meine Damen und Herren! Ich sage nur, dass wir hierbei in eine Situation kommen, in der wir Kosten sparen können. Wenn wir Kosten sparen können, wenn wir das wollen und wenn die Kreise bereit sind, es mitzumachen, dann verstehe ich nicht, warum wir uns dagegen wehren. Wir machen es nicht aufgrund eines Zwangs. Wir machen es dort, wo es freiwillig passiert.

Ich sage Ihnen: Wenn die Situation so kommt, dann wird die überwiegende Anzahl von Landkreisen sagen: Jawohl, wir wollen das, weil wir Kosten sparen, weil wir eine Last los sind und weil das im Prinzip von dem Landesbetrieb Bau gleichzeitig mit erfüllt werden kann.

Meine Damen und Herren! Das ist die Position. Da kann man natürlich anderer Meinung sein. Anscheinend sind Sie anderer Meinung. In der Opposition muss man aus Prinzip auch in dem einen oder anderen Fall einmal anderer Meinung sein. Damit habe ich kein Problem.

Ich sage Ihnen nur eines: Rechnen Sie sich das einmal in Ruhe auch mit den Landkreisen durch. Wir können Ihnen gern in den Ausschüssen zeigen, wie viele Landkreise das jetzt schon durchgerechnet haben und wie viele Gelder sie für andere Aufgaben bzw. für Investitionen an den Kreisstraßen übrig haben. Dann kommen

Sie sicherlich zu dem Ergebnis, dass Sie sagen: Jawohl wir machen das. Der Landkreis Aschersleben-Staßfurt, Herr Rothe - das kann ich Ihnen versichern -, wird dort mitmachen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Ich eröffne nun die Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion. Für die SPD-Fraktion erhält der Abgeordnete Herr Sachse das Wort. Bitte sehr, Herr Sachse.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Herr Minister, Sie haben uns in einer Art Milchmädchenrechnung soeben vorgeführt, was sich hierbei für Vorteile ergeben. Ich frage mich: Warum haben wir das eigentlich, wenn es so ist, wie Sie es sagen, nicht schon längst gemacht?

(Minister Herr Dr. Daehre: Das ist richtig!)

Ganz so einfach, wie Sie das schildern, ist es aber nicht. Es wird zum Teil zum Ausdruck gebracht, dass sich Kostensenkungen ergeben. Wenn sich bei denjenigen, die es jetzt schon praktizieren, gravierende Einsparungen nachrechnen lassen, dann kann man das hier auch vortragen. Es ist aber auch in der Einführung bisher nicht gemacht worden, sodass wir diesen Dingen kritisch gegenüberstehen, zumal wir diese durchgehende und nach Möglichkeit in einer Hand befindliche Aufgabenbearbeitung bei der technischen Verwaltung der Landes- und Kreisstraßen schon des Öfteren diskutiert haben.

Sie haben Recht, laut dem Straßengesetz des Landes gibt es klare Zuständigkeiten. Da ist die Zuständigkeit von oben nach unten im Sinne der Kommunalisierung vorgegeben. Unter Berücksichtigung dieser Zuständigkeiten hat es bisher in Einzelfällen - das muss man einmal sagen - und in Ausnahmefällen aufgrund besonderer Bedingungen, auch besonderer Raum- und Standortbedingungen, diese Aufgabenbearbeitung der Kreisstraßenunterhaltung im Auftrag durch die nächsthöhere Gliederung, hier durch das Land, auf freiwilliger Basis gegeben.

Ein Argument gegen die generelle Kooperation Kreis/ Land war bisher die kreiseigene oder die zuständigkeitseigene Vorhaltung von Personal und Maschinenpark. Es ist in Ihrem Antrag mit aufgeführt worden, dass man die Personalfrage sehr viel stärker bewerten muss. Das ist bisher der eigentliche Knackpunkt gewesen.

Die Landesregierung plant nun zum 1. Januar 2005, die technische Verwaltung der Kreisstraßen generell in die Straßenbauverwaltung des Landes zu überführen. Das bedeutet für uns bei dem absoluten Ansatz nun aber einen Zuständigkeitswechsel von unten nach oben

(Minister Herr Dr. Daehre: Freiwilligkeitsansatz!)