In der Empfehlung der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente zu den Informationspflichten der Regierung heißt es dazu - ich zitiere -: Als solche habe es - das Landesparlament - den Ministerpräsidenten zu wählen, die Landesregierung zu kontrollieren, Gesetze zu verabschieden sowie öffentliche Angelegenheiten zu behandeln. Dieser Anspruch drohe eine wohlklingende Beschreibung zu bleiben, wenn dem Landtag nicht die zur effektiven Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlichen Instrumente in die Hand gegeben würden. Zu diesen Instrumenten gehöre die Festlegung eines Informationsrechts des Parlaments, dem eine Informationspflicht der Regierung entspreche.
In der Föderalismuskommission wurde diese Problematik sehr intensiv diskutiert und ein Ergebnis dessen ist, dass in mehreren Landesparlamenten ein Parlamentsinformationsgesetz bzw. ein Landtagsinformationsgesetz auf den Weg gebracht bzw. bereits verabschiedet wurde.
Nun mag es Sie, meine Damen und Herren, verwundern, warum die PDS nicht mit Einbringerin dieses Gesetzentwurfes ist. Um es vorweg zu nehmen: Uns geht dieser Entwurf nicht weit genug.
So ist zum Beispiel im bayerischen Parlamentsinformationsgesetz wie auch im Gesetz von Rheinland-Pfalz geregelt, dass die Landesregierung den Landtag über Entwürfe von Landesverordnungen von erheblicher landespolitischer Bedeutung zu unterrichten hat, wenn nach einer Kabinettsbefassung ein Anhörungsverfahren eingeleitet wurde.
Unter IV Nr. 2 der Vereinbarung in Rheinland-Pfalz wird darüber hinaus die Informationspflicht der Landesregierung geregelt, den Landtag über die Absicht zu unterrichten, eine Rechtsverordnung zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben, und ferner über den wesentlichen Inhalt der vorgesehenen Rechtsverordnung sowie über eine gegebenenfalls bestehende besondere Eilbedürftigkeit zu informieren. Wir fragen uns, warum dies nicht auch in Sachsen-Anhalt möglich sein soll.
Wie oft sind wir als Parlamentarier erstaunt darüber, welche Rechtsverordnungen gerade von erheblicher landespolitischer Bedeutung erlassen worden sind, von denen wir nur zufällig erfahren. Eine derartige Regelung widerspräche auch nicht der verfassungsrechtlichen Regelung in Artikel 62; denn der Satz 2 des Absatzes 1 führt nur beispielhaft Fallgruppen für eine bestehende Informationspflicht auf. Eine Erweiterung wäre jederzeit denkbar.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Tatsache, dass eigentlich alles das, was im Detail für den Landtag relevant ist, nur oder erst in der Landtagsinformationsvereinbarung geregelt wird. Was spricht eigentlich gegen eine generelle gesetzliche Regelung?
Die Formulierung unter Abschnitt X Nr. 1, die besagt, dass der Landtag und die Landesregierung diese Vereinbarung im Geiste interorganfreundlichen Verhaltens anwenden und auslegen werden, ist nett formuliert, eine Rechtsverbindlichkeit ergibt sich daraus jedoch nicht.
Wenn wir die Forderung der Präsidentinnen und Präsidenten nach einer Stärkung der Landesparlamente wirklich ernst nehmen, dann sollten wir und die Landesregierung den Mut beweisen und diesem aus unserer Sicht
wichtigen Vorhaben mehr Verbindlichkeit zugestehen, indem die gesamte Ausgestaltung der Informationspflicht im Gesetz geregelt wird.
Wir freuen uns auf eine konstruktive Diskussion in den genannten Ausschüssen und werden deshalb der Überweisung zustimmen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einige wenige Anmerkungen zum Landtagsinformationsgesetz und zur Landtagsinformationsvereinbarung machen.
Eine Bemerkung vorweg: Frau Tiedge, es wäre unter Umständen hilfreich und vielleicht auch erfolgreich gewesen, wenn Sie sich an den Gesprächen zur Erarbeitung der Vereinbarung, die zwischen CDU, FDP und SPD stattgefunden haben, beteiligt hätten. Wir haben nämlich im Zuge dieser Gespräche eine ganze Reihe von Anmerkungen, zum Beispiel auch aus der SPDFraktion, aufgegriffen und haben versucht, Kompromisse zu finden, um möglichst alle in ein Boot zu holen. Ich denke, da haben Sie sich etwas zu früh von den Gesprächen verabschiedet.
Zweite Bemerkung. Meine Damen und Herren! Herr Scharf hat darauf hingewiesen, dass mit den Bundesratsangelegenheiten und den Angelegenheiten der Europäischen Union eine große Anzahl von Dokumenten auf uns zukommen wird und wir als Parlamentarier, wenn wir diese Vereinbarung ernst nehmen, wenn wir also auch von unserem eingeräumten Recht auf Abgabe von Stellungnahmen Gebrauch machen wollten, eine ganze Menge zu tun haben würden.
Ich glaube, deshalb werden es nur sehr wenige ausgewählte, vielleicht nur die wichtigsten Themengebiete sein, zu denen der Landtag zukünftig Stellung nehmen wird. Dann, so denke ich, wird auch die Landesregierung unter Umständen bereit sein, dies in ihren Abstimmungsprozess mit einfließen zu lassen. Ich betone hier aber nochmals: Eine Bindungswirkung darf nicht bestehen, weil es verfassungsrechtlich nicht möglich ist. Ich denke, es wäre aber auch nicht falsch, wenn diese Stellungnahmen ernsthaft in Betracht gezogen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf ein Problem möchte ich noch kurz eingehen. Ich glaube, es wird gerade auch im Hinblick auf die Europäische Union, wenn wir daran denken, wie kurz die Fristen zur Abgabe der Stellungnahmen oftmals gesetzt werden, nötig sein, zu erreichen, dass es, wenn wir Stellungnahmen abgeben wollen, einem Ausschuss - dem Fachausschuss - möglich ist, solche Stellungnahmen für den Landtag abzugeben.
Das haben die Bayern im Zuge der Einführung des Parlamentsinformationsgesetzes - so heißt es dort - gemacht, indem sie die Geschäftsordnung geändert haben. Herr Scharf hat darauf hingewiesen. Das kann man
durchaus durch Nachsteuern noch machen. Wir werden sehen, ob es notwendig wird. Ich denke, machbar ist es allemal, dass wir den Fachausschüssen die Möglichkeit geben, bei kurzfristigen Terminen eine Stellungnahme für den Landtag abzugeben, weil es nicht immer möglich sein wird, das pünktlich bis zum Plenum abschließend zu beraten und dass es dann gleich in einer Plenarsitzung beschlossen werden kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen Punkt, den der Herr Ministerpräsident angesprochen hat, möchte ich auch noch kurz ansprechen. Ich denke, wenn die Föderalismuskommission zu einem Ergebnis gekommen ist, das weitere Änderungen notwendig machen wird, so haben wir dafür in Abschnitt X Nr. 6 eine Möglichkeit geschaffen; denn wir haben gesagt, dass die Vereinbarung von Landtag und Landesregierung erstmals im Jahr 2005 evaluiert wird und dass Änderungen gegebenenfalls vorgenommen werden können. Das ist aufgrund einer Vereinbarung übrigens schneller zu machen als im Gesetzgebungsverfahren, wenn beide Seiten eine solche Änderung wollen.
Zusammengefasst kann ich also sagen: Die FDP wird beides unterstützen, wird der Überweisung zustimmen und dann auch, wenn sie zurückkommen, dieser Vereinbarung und dem Gesetz zustimmen. - Vielen Dank.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Gesetzentwurf in der Drs. 4/1634. Durch den Einbringer wurde eine Überweisung in den Ältestenrat als federführenden Ausschuss und zur Mitberatung in den Ausschuss für Recht und Verfassung beantragt. Ich lasse darüber jetzt abstimmen. Wer stimmt dieser Überweisung zu? - Das sind offensichtlich alle. Stimmt jemand dagegen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Damit ist das so beschlossen worden.
Wir kommen zu dem unter Tagesordnungspunk 1 b genannten Gesetzentwurf in der Drs. 4/1628. Beantragt worden ist die Überweisung in den Ältestenrat. Wer stimmt dem zu? - Gleiches Abstimmungsverhalten. Damit ist das so beschlossen worden.
Nun geht es um den Antrag in der Drs. 4/1629. Der Antrag könnte zwar theoretisch auch jetzt beschlossen werden, aber er braucht die Grundlage dessen, was wir gerade überwiesen haben. Er muss also irgendwo „geparkt“ werden. Es wurde vorgeschlagen, eine Überweisung in den Ältestenrat vorzunehmen. Wer stimmt dem zu? - Gleiches Abstimmungsverhalten. Damit ist das so beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 1 abgeschlossen.
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid (Volksabstimmungsgesetz - VAbstG)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben soeben unter dem Tagesordnungspunkt 1 im Rahmen eines Verfassungskompromisses aller vier Landtagsfraktionen erstmals eine Veränderung der Landesverfassung auf den parlamentarischen Weg gebracht, mit der unter anderem die demokratiefördernden Elemente direkter Volksgesetzgebung in unserem Land anerkannt und unterstützt werden sollen. Es ist ein erster Schritt in Richtung der Stärkung plebiszitärer Elemente in unserem Land.
Die mit dem Verfassungskompromiss geschaffenen Regelungen in ihrer Gesamtheit bewirken zwangsläufig gesetzliche Folgeänderungen, um Widersprüche zwischen den Regelungen der Verfassung des Landes SachsenAnhalt und einzelnen Landesgesetzen zu vermeiden. Dazu gehören das Landesverfassungsgerichtsgesetz, das Wahlgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, das Landesrechnungshofgesetz, aber auch das Volksabstimmungsgesetz.
Letzteres ist jedoch in § 2 des Entwurfes eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, obwohl es eigentlich folgerichtig ist, nicht auffindbar. Aus diesem Grund bringt die PDS-Fraktion heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid zur ersten Lesung ein.
Ferner und insbesondere sehen wir aber die Chance, durch die Änderung weiterer Regelungen des Volksabstimmungsgesetzes, aber unabhängig und außerhalb von verfassungsrechtlichen Änderungen, plebiszitäre Elemente als eine tatsächliche Ergänzung der repräsentativen Demokratie und Elemente einer partizipativen Demokratie gesetzlich zu untersetzen und die Formen direkter Demokratie zur Verfassungswirklichkeit zu machen.
Mit dem Volksabstimmungsgesetz vom 9. August 1995 wurde dem verfassungsmäßigen Auftrag in den Artikeln 80 und 81 der Landesverfassung formal Rechnung getragen, die Grundzüge plebiszitärer Beteiligungsformen durch ein Gesetz näher zu regeln. Die PDS-Fraktion hatte bereits damals zahlreiche Änderungsanträge zur Herabsetzung von Hürden durch Unterschriften und Zustimmungsquoren sowie Fristenregelungen im Interesse der Stärkung der direkten Demokratie in SachsenAnhalt eingebracht, die jedoch nicht die erforderliche parlamentarische Mehrheit fanden.
Heute müssen wir feststellen, dass sich die damals beschlossenen rechtlichen Voraussetzungen und Regelungen für die Einführung von direktdemokratischen Instituten in der Praxis eher hemmend und hinderlich als unterstützend und befördernd auswirken. Ein wirkliches Gleichgewicht zwischen repräsentativer und direkter Demokratie wurde nicht hergestellt.
Obwohl es erfolgreich war, hat dies auch das erste für zulässig erklärte Volksbegehren gegen das Kinderfördergesetz in Sachsen-Anhalt gezeigt; denn trotz des Erreichens des erforderlichen Quorums von mindestens 250 000 Unterschriften darf nicht übersehen werden, dass das Überschreiten der Ziellinie ein gewaltiger Kraftakt war. Ohne die Gewerkschaften, die PDS und die im
Einerseits werden die demokratiefördernden Elemente direkter Volksgesetzgebung anerkannt, andererseits werden sie durch die rechtliche, um nicht zu sagen, bürokratische Ausgestaltung praktisch ausgeschlossen. Der Erfolg bzw. in der Vergangenheit eher der Nichterfolg von durchgeführten Volksinitiativen und Volksbegehren belegt dies deutlich - trotz eines enormen personellen und zeitlichen Kraftaufwandes.
Der vorliegende Gesetzentwurf will der Stärkung und Erleichterung der direktdemokratischen Einflussnahme von Bürgerinnen und Bürgern auf die Landespolitik in Sachsen-Anhalt Rechnung tragen. Damit wird die parlamentarische Demokratie in unserem Lande weder geschwächt noch in ihrem Stellenwert herabgesetzt; denn direktdemokratische Elemente sollen das repräsentative System ausschließlich ergänzen.
Mit der im Verfassungskompromiss beschlossenen Herabsetzung der Quoren wurde auch dem Bevölkerungsrückgang in Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren und in den nächsten zehn Jahren Rechnung getragen. Darüber hinaus sind im Interesse der Erleichterung der Volksgesetzgebung, der Rechtssicherheit und der stärkeren Aufwertung der Formen direkter Demokratie gesetzliche Änderungen bei der Verkürzung von Fristen, bei der Minimierung des demokratischen Aufwandes, Vereinfachungen bei den Regelungen zu den Verfahren sowie Änderungen bei den Beteiligungsrechten für die Initiatoren unabdingbar.
Erstens. Auf der Grundlage des beabsichtigten Verfassungskompromisses soll die für eine erfolgreiche Volksinitiative notwendige Zahl der Unterschriften von 35 000 auf 30 000 abgesenkt werden. Das Quorum für ein zulässiges Volksbegehren soll von 250 000 notwendigen Unterschriften auf ein Quorum von 11 % der wahlberechtigten Bevölkerung reduziert werden.
Zweitens. Beim Institut der Volksinitiative sollen die Vertrauenspersonen einer nicht angenommenen Volksinitiative im Petitionsausschuss das Recht auf Anhörung haben, wenn 4 000 beteiligungsberechtigte Personen die Volksinitiative unterzeichnet haben. Bislang waren dafür 5 000 Unterschriften notwendig.
Drittens. Die vom Präsidenten des Landtages überwiesenen Volksinitiativen, die nicht die erforderliche Unterschriftenzahl erreicht haben, sollen vom Petitionsausschuss wie Sammelpetitionen gemäß den Grundsätzen des Petitionsausschusses über die Behandlung von Bitten und Beschwerden behandelt werden.
Viertens. Angenommene Volksinitiativen, die keinen Gesetzentwurf zum Gegenstand haben, sollen nunmehr vom Landtag immer innerhalb einer Frist von drei Monaten - bisher von vier Monaten - abschließend behandelt werden. Dabei sind diese Volksinitiativen im Interesse der Gleichbehandlung vom Landtag entsprechend den Bestimmungen der Geschäftsordnung wie selbständige Anträge zu behandeln. Die Vertrauenspersonen sollen in den sachlich zuständigen Ausschüssen und in den Beratungen des Landtages gehört werden.