Protocol of the Session on May 7, 2004

wird in der rot-grünen Berliner Koalition darüber sinniert, ob man Schluss machen sollte mit der Sparpolitik.

Herr Dr. Püchel, das ist doch die Botschaft der Meldungen der letzten Tage, die wir in den Zeitungen lesen konnten, dass es in der rot-grünen Koalition einen Streit über die Linie der Haushaltspolitik gibt.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Ich spreche ja meine Hochachtung aus!)

Einen solchen Streit gibt es in Sachsen-Anhalt nicht. Wir werden nicht Schluss machen mit der Haushaltskonsolidierung; denn sie ist der einzige Weg, um dieses Land zukunftsfähig zu machen und unsere Kinder und Kindeskinder nicht mit nicht tragfähigen Schuldenlasten zu belasten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es gibt dazu keine Alternative. Wir werden weitermachen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Leider!)

Wir lassen uns von den katastrophalen Einnahmeausfällen, die wir in den ersten beiden Jahren unserer Regierungszeit haben hinnehmen müssen, nicht entmutigen. Diese Einnahmeausfälle sind weitestgehend von der Bundesregierung und nicht von dieser Landesregierung politisch zu verantworten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Herr Dr. Püchel, SPD: Es hat gerade noch gefehlt, dass Sie das sagen!)

Bei unserem Regierungsantritt im Jahr 2002 haben wir eine Finanzplanung vorgefunden, die aufgrund der damals aktuellen Steuerschätzung überholt war. Danach hätten wir beispielsweise im Jahr 2003 ein Steueraufkommen einschließlich Länderfinanzausgleich und Fehl

betrags-Bundesergänzungszuweisungen von 6 Milliarden € erwarten dürfen. Tatsächlich eingenommen haben wir aber nur 4,9 Milliarden €. Dies ist eine Differenz von 1,1 Milliarden €. Dies sind über 10 % des Haushaltsvolumens.

Wir haben seinerzeit reagiert und eine nach damaligen Erkenntnissen realistische mittelfristige Finanzplanung vorgelegt, die die jährlichen Ansätze jeweils um immerhin 400 bis 500 Millionen € reduzierte. Heute wissen wir, dass selbst diese starken Korrekturen nach unten nicht ausreichend waren.

In der mittelfristigen Finanzplanung 2002 bis 2006, die die Landesregierung unmittelbar nach ihrem Amtsantritt auf der Grundlage der Steuerschätzung vom Mai 2002 vorgelegt hatte, wurden für das Land Sachsen-Anhalt noch Steuereinnahmen in Höhe von 5,5 Milliarden € für das Jahr 2003 prognostiziert. Tatsächlich eingenommen haben wir aber nur 4,9 Milliarden €. Für das Jahr 2004 stellt sich die Situation ähnlich dar. Damals wurden 5,8 Milliarden € prognostiziert. Vorbehaltlich der neuen Steuerschätzung in der kommenden Woche werden es voraussichtlich 5,1 Milliarden € sein.

Das bedeutet, wir als Landesregierung mussten und müssen Einnahmeausfälle von jährlich jeweils etwa 600 bis 700 Millionen € schultern, und zwar zusätzlich zu den vorgefundenen Konsolidierungserfordernissen, die uns die Vorgängerregierung hinterlassen hat

(Herr Dr. Püchel, SPD: Endlich sagen Sie das einmal!)

und die im Gutachten von Professor Seitz ihren Ausdruck gefunden haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

So viel Rücksicht, Herr Püchel, nehmen wir.

Ich darf Sie bitten, sehr geehrte Opposition, dies endlich einmal konstruktiv zur Kenntnis zu nehmen. Von Ihrer Seite wird immer wieder gesagt, Steuerausfälle seien doch etwas ganz Normales und gehörten zum finanzpolitischen Alltagsgeschäft. Insbesondere Herr Bullerjahn pflegt das ja immer sehr deutlich zum Ausdruck zu bringen.

(Herr Bullerjahn, SPD: Nach Ihrer Rede wäre ich da ganz ruhig, Herr Minister!)

Sie übersehen dabei, dass das, was Sie in Ihrer Regierungszeit als tatsächliche Steuermindereinnahmen hinnehmen mussten, in überhaupt keinem Verhältnis zu dem steht, was sich seit dem Jahr 2002 abspielt: Im Jahr 2001, dem letzten Jahr Ihrer Regierungszeit, lag das tatsächliche Steueraufkommen bei 5,7 Milliarden €, gut 400 Millionen € höher als im Jahr 1995, dem ersten Jahr nach der Integration der neuen Länder in den Finanzausgleich, und es lag immerhin noch 150 Millionen € über dem Niveau des Jahres 1998, dem Beginn Ihrer zweiten und letzten Regierungszeit. Zwischen den Jahren 2001 und 2003 sackte das Steueraufkommen dagegen förmlich in sich zusammen: von 5,7 Milliarden € auf 4,9 Milliarden €.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Sein vorletzter Haushalt! - Heiterkeit bei der SPD)

Sehr geehrte Opposition! Seien Sie bitte ehrlich

(Unruhe bei der SPD und bei der CDU - Zuruf von Herrn Doege, SPD)

und erkennen Sie an, dass diese CDU- und FDP-Regierung

(Herr Bullerjahn, SPD: Die größte ist, die wir je- mals hatten!)

die ungleich schwierigere fiskalische Aufgabe hat, als es Ihre eigene Aufgabe seinerzeit jemals war.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Sie konnten damals mit dem Strom steigender Einnahmen oder zumindest im relativ ruhigen Gewässer konstanter Einnahmen arbeiten. Sie haben dabei nicht viel an Konsolidierung zustande gebracht, wie das das Gutachten von Professor Seitz im Ländervergleich ja eindrucksvoll gezeigt hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir dagegen mussten bisher gegen eine stärker werdende Strömung anschwimmen, eine Strömung, in der Sie mit der Finanzpolitik, die Sie früher betrieben haben, längst weit flussabwärts getrieben wären, während wir uns wenigstens auf der Stelle halten konnten.

(Lachen bei der SPD - Herr Dr. Püchel, SPD: Herr Böhmer, ist das abgestimmt?)

Sehr geehrte Opposition, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass wir bereits mit dem Haushalt 2003 und mit dem Grundhaushalt 2004 schwierige Kürzungen und Reformen durchgesetzt haben, zu denen Ihnen jahrelang der politische Mut und wohl auch die politische Kraft fehlte.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Herr Dr. Püchel, SPD: Bitte mitklatschen! Das ist es wert!)

Wir haben im Kampf gegen die Personalkosten ernst gemacht durch Einstellungsstopp und durch Personalbewirtschaftung im Landesdienst, durch Lohnverzicht von Beamten und Angestellten, sei es durch die Kürzung von Sonderzuwendungen oder durch die tarifliche Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich.

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben das genau beobachtet und haben vielleicht an dem einen oder anderen Punkt nörgeln können,

(Lachen bei der SPD und bei der PDS)

aber Sie haben an der Grundlinie der Personalkostenpolitik, die diese Landesregierung betreibt, eigentlich im Grundsatz überhaupt nichts aussetzen können. Sie müssen auch die Erfolge zugeben, die diese Politik hat.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Beifall!)

Man kann das an den Zahlen sehen, aber wenn natürlich gleichzeitig die Einnahmen auf breiter Front wegbrechen, dann ist die Wirkung auf den Gesamthaushalt noch begrenzt.

Wir haben Leistungsgesetze verändert, allen voran die Kinderbetreuung, bei der mehr elterliche Selbstverantwortung auch aus grundsätzlichen Erwägungen angebracht ist. Dabei gibt es ja auch Berührungspunkte zu Ihrer Auffassung in der SPD.

(Herr Bullerjahn, SPD: Wir haben sogar zuge- stimmt!)

Wir sparen damit jährlich 45 Millionen €, die ansonsten an anderer Stelle aufzubringen wären. Das muss ganz

deutlich gesagt werden: Auch diese 45 Millionen € sind eine strukturelle Verbesserung unseres Haushaltes, die wir dringend brauchen, die aber wiederum im Gesamtergebnis aufgrund der Einnahmeentwicklung noch nicht voll zum Tragen kommt. Wir haben damit - das möchte ich auch sagen - immer noch die beste und die umfassendste Kinderbetreuung in ganz Deutschland einschließlich der anderen neuen Länder und einschließlich der Länder, die SPD- und PDS-regiert sind.

Wir haben einen Konsolidierungsplan für die Hochschulen entwickelt. Dieser Plan greift und wird von den Hochschulen akzeptiert, auch wenn von Ihrer Seite außerhalb dieses Raumes sehr starke Kritik geübt wird. Dabei fragt man sich aber natürlich: Wo, wenn nicht auch in diesen Bereichen, sollen wir an höherer Effizienz und an einer besseren Struktur arbeiten, wenn wir den Haushalt weiterhin auf Konsolidierungskurs halten wollen?

(Zustimmung von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

Schließlich haben wir in angemessenem Umfang auch die Kommunen an der Bürde der steuerlichen Mindereinnahmen beteiligen müssen. Herr Dr. Püchel, ich wundere mich schon, dass Sie in Veröffentlichungen an anderer Stelle auf der einen Seite auf die Schwierigkeiten der Haushaltspolitik hinweisen, auf der anderen Seite aber behaupten, wir hätten die Kommunen über Gebühr in die Pflicht genommen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Lesen Sie einmal die Wahl- programme!)

Davon kann nicht die Rede sein. Wir wissen, die Kommunen sind in einer schwierigen Lage, aber die Schwierigkeit des Landeshaushalts liegt auch auf der Hand.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal ganz klar sagen, um Missverständnisse zu vermeiden: Wir haben unsere Ziele, die wir uns gesetzt haben, noch lange nicht erreicht. Wir haben aber doch wenigstens verantwortungsvoll in wichtigen Bereichen die Weichen dafür gestellt, um unsere Ziele zu erreichen, wenngleich dies vielleicht auch erst später, als ursprünglich geplant, sein kann, weil eben die Einnahmeentwicklung derart katastrophal ausgefallen ist. Allerdings setzt die Erreichung der Ziele auch zu einem späteren Zeitpunkt natürlich voraus, dass sich die gesamtwirtschaftliche Wetterlage in Deutschland verbessert, und zwar deutlich verbessert. Dafür sind nicht wir, sondern dafür ist in erster Linie die SPD- und Grünengeführte Bundesregierung verantwortlich. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank)