Protocol of the Session on June 21, 2002

Ich denke, die Argumente haben wir ausgetauscht. Ich sage auch an dieser Stelle noch einmal zu, was ohnehin vereinbart worden ist: Wir werden uns, obwohl die Zeit knapp ist - auch die schnelle Bearbeitung dieser Geschichten soll ein Signal sein -, dennoch die Zeit für eine Anhörung nehmen. Alle Betroffenen sollen in einer Anhörung noch einmal ihre Positionen darlegen können. Wir werden darüber auch beraten.

Aber all das, was wir vorgelegt haben, hätte bereits vor Jahren geregelt werden können, wenn Sie es mit dem Abbau der Arbeitslosigkeit ernst gemeint hätten. Deshalb werden wir Ende Juli dieses Gesetz nach den Beratungen und nach der Anhörung verabschieden. Wir wollen damit ein deutliches Signal setzen - das ist erst der Anfang -: Wir meinen es wirklich ernst mit dem Abbau von Hemmnissen, die die Beschäftigung in diesem Land verhindern. Deshalb bitte ich darum, dass wir den Gesetzentwurf in die Ausschüsse überweisen und in vier Wochen das Gesetz hoffentlich so verabschieden,

wie die Koalitionsfraktionen es vorgelegt haben. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustim- mung von Minister Herrn Dr. Rehberger)

Herr Gürth, wären Sie bereit, eine Frage der Abgeordneten Frau Dr. Sitte zu beantworten? - Bitte, Frau Dr. Sitte.

Danke schön. - Herr Gürth, mir ist völlig klar, dass wir unterschiedliche Prioritäten bei der Betrachtung dieses Problems haben. Aber eines müssen Sie mir erklären, weil mich interessiert, wie Sie das den Bauarbeitern erklären.

Wenn die öffentliche Hand baut, dann werden dafür im Allgemeinen Steuergelder verwendet. Die Leute, die auf den Baustellen arbeiten, gehören zu denen, die am meisten in diesem Land Steuern zahlen, die den Löwenanteil der Steuern dieses Landes zahlen, nicht nur in Sachsen-Anhalt, sondern in der gesamten Bundesrepublik.

Die gleichen Leute, um deren Löhne es geht, haben die einzig wirklich variable Größe für einen Bauunternehmer, wenn er sich um einen Bau bewirbt. Alle anderen Kosten sind im Grunde genommen fix. Alle anderen Kosten sind kaum beeinflussbar.

(Frau Fischer, Merseburg, CDU: Das stimmt nicht! Nein!)

Aber diese Variable soll nun der Ausgangspunkt für Ihre Überlegungen sein. Das finde ich gegenüber den Leuten mindestens fahrlässig.

(Frau Fischer, Merseburg, CDU: Das stimmt nicht! Es ist eher umgekehrt!)

Frau Kollegin Sitte, ich erkenne an, dass das Ihre Position und vermutlich auch die Ihrer Fraktion ist. Aber ich sehe in dieser Argumentation durchaus einen Denkfehler.

Punkt 1. Für jeden, der einmal auf dem Bau war oder sich jetzt damit befasst hat, ist klar, es ist nicht die einzige Variable: Management, Bauablauf, Einkauf, wie professionell bin ich in der Lage, auf Ausschreibungen einzugehen - all das sind Möglichkeiten, die der Unternehmer ohnehin nutzen muss.

(Frau Dr. Sitte, PDS: Das wissen Sie doch selbst, dass das schon die untere Grenze ist!)

Punkt 2. In den handwerksnahen Bereichen ist natürlich der Lohnfaktor ein entscheidender. Diesbezüglich haben Sie schon Recht. Aber man kann doch nicht angesichts des Organisationsgrades, dass nur 30 % - hoch gerechnet - aller in der Branche tätigen Firmen sich gewerkschaftlich organisieren, in Verbänden sind und auch noch Tariflohn zahlen - -

Den übrigen 70 %, die ebenfalls ausbilden, Beschäftigung sichern und Steuern zahlen, wird die Möglichkeit geraubt, öffentliche Aufträge zu bekommen. Das halte ich für nicht akzeptabel, weil wir als Politiker nicht dafür da sind, die Vereinbarung von zwei Tarifparteien gesetzlich durchzusetzen. Das ist die Aufgabe der Tarifpartner

und nicht des Gesetzgebers, wenn wir die Tariffreiheit ernst nehmen.

Punkt 3. Wenn Sie die Argumentation fortsetzen, dann müsste man zu der Schlussfolgerung kommen, dass der Mindestlohn, der auch mit der Unterstützung der Union in Deutschland mit dem Entsendegesetz innerhalb der EU in Recht und Gesetz umgesetzt wurde, unanständig war. Da sagen wir, die CDU-Fraktion, wir sind für einen stärkeren Organisationsgrad bei den Arbeitgeberverbänden und bei den Gewerkschaften. Wir sagen auch, dieser Mindestlohn ist eine ganz klare gesetzliche, auch voll zu akzeptierende Regelung, die Sozialdumping verhindert.

Wenn wir jetzt dem nicht folgen würden, dann würde man sagen, der gesetzlich festgeschriebene Mindestlohn wäre Sozialdumping. Das halte ich auch für eine Argumentation, die Sie nicht durchhalten.

Aus diesem Grund bitte ich schlichtweg, auch im Interesse vor allem der Arbeitslosen und der Firmen, die um Aufträge bangen, die ihnen fehlen, zügig zu beraten und Ende Juli diese gesetzlichen Vorhaben zu verabschieden, damit wir ein Stück Bürokratie abbauen und den Firmen, die sich wirklich in einem harten Wettbewerb in Sachsen-Anhalt um Aufträge bemühen, wieder eine faire Chance für Beschäftigung geben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Gürth. - Meine Damen und Herren! Aufgrund des Redebeitrags der Landesregierung ist für die Fraktionen von SPD, PDS und FDP die Möglichkeit für eine Erwiderung entstanden. Ich frage die genannten Fraktionen, ob das Bedürfnis besteht. - Ich sehe allgemeines Kopfschütteln. Damit können wir in das Abstimmungsverfahren eintreten.

Ich habe lediglich den Wunsch auf eine Überweisung in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit vernommen. Herr Dr. Thiel wünschte sich eine Überweisung in die Ausschüsse. Weiteres habe ich aber nicht vernommen.

(Frau Dr. Sitte, PDS: Wirtschafts-, Kultur-, Innen-, Bau und Finanzausschuss! Und Umwelt!)

Damit wurde der Wunsch geäußert, diesen Gesetzentwurf in die Ausschüsse für Wirtschaft und Arbeit, für Kultur und Medien, für Inneres, für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr, für Finanzen und für Umwelt zu überweisen.

(Herr Scharf, CDU: Einzeln über die Ausschüsse abstimmen!)

Wir kommen zur Einzelabstimmung, in welchen Ausschuss bzw. welche Ausschüsse dieser Gesetzentwurf zu überweisen ist.

Wer zunächst eine Überweisung in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit wünscht, den bitte ich um sein Kartenzeichen. - Das ist eindeutig die Mehrheit, bestehend aus FDP, CDU und PDS. Gegenstimmen? - Bei vielen Gegenstimmen und ohne Enthaltung wurde der Gesetzentwurf in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit überwiesen.

Meine Damen und Herren! Dann stimmen wir über die Überweisung in den Ausschuss für Kultur und Medien ab. Wer einer Überweisung in den Ausschuss für Kultur und Medien seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die überwiegende Mehrheit.

Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei sechs Stimmenthaltungen, etlichen Gegenstimmen und großer Zustimmung ist der Gesetzentwurf in den Ausschuss für Kultur und Medien überwiesen worden.

Wir kommen zur Abstimmung über die Überweisung in den Ausschuss für Inneres. Wer der Überweisung in den Innenausschuss seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Bei nur einer Stimmenthaltung und einer Vielzahl von Jastimmen wurde die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss für Inneres mehrheitlich abgelehnt.

Damit kommen wir, meine Damen und Herren, zur Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr. Wer einer Überweisung in diesen Ausschuss seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei nur einer Stimmenthaltung und wenigen Gegenstimmen wurde dieser Gesetzentwurf in den Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr überwiesen.

Wir kommen dann zur Abstimmung über die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Finanzausschuss. Wer einer Überweisung dieses Gesetzentwurfs in den Finanzausschuss seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ohne Stimmenthaltung und bei einer erheblichen Anzahl von Jastimmen wurde dieser Gesetzentwurf nicht in den Finanzausschuss überwiesen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Umweltausschuss. Wer einer Überweisung in den Umweltausschuss seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ohne Stimmenthaltung, bei einer großen Mehrheit von Gegenstimmen und bei einer geringen Anzahl von Befürwortern ist dieser Gesetzentwurf nicht in den Umweltausschuss überwiesen worden.

Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zur Abstimmung über den federführenden Ausschuss. Es gibt den Vorschlag, den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit als federführenden Ausschuss zu bestimmen. Mitberatend wären dann die Ausschüsse für Kultur und Medien und für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr.

Wer seine Zustimmung der Federführung durch den Wirtschaftsausschuss und der Mitarbeitung durch die Ausschüsse für Kultur und Medien und für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr geben möchte, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei fünf Stimmenthaltungen, einer geringen Anzahl von Gegenstimmen und einer großen Anzahl von Befürwortern ist so beschlossen worden. - Herzlichen Dank.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 9:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung

Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/33

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Wolpert von der FDP-Fraktion. Herr Wolpert, ich bitte Sie, das Wort zu ergreifen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Die Fraktionen der CDU und der FDP legen Ihnen heute den Entwurf eines Gesetzes zur Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung vor.

Der vorliegende Gesetzentwurf gestaltet das bisherige Vorhaben der Kommunal- und Verwaltungsreform grundlegend um. Ausgehend von dem Grundsatz „So viel Staat wie nötig, so viel Freiheit wie möglich“ werden die Reformvorhaben im Land Sachsen-Anhalt auf eine neue Basis gestellt.

Diese Reformvorhaben werden den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes eine echte Orientierung geben

(Herr Doege, SPD, lacht)

und Hilfestellung bieten, ohne sie zu bevormunden oder mit Zwangsandrohungen in eine bestimmte Richtung zu drängen.

Die Reformprozesse im Land - insbesondere dieser Reformprozess - sollen eine neue und bessere Qualität erhalten. Dazu sind die Regelungen der drei Vorschaltgesetze in ihrer Gesamtheit als erster Schritt und gewissermaßen als vertrauensbildende Maßnahme sofort aufzuheben.

Wir verkennen die Notwendigkeit des Reformprozesses nicht. Deshalb werden wir ihn nicht aufhalten. Besonders im kommunalen Bereich müssen die Erfolg versprechenden Ansätze zur Steigerung der Leistungsfähigkeit unserer Kommunen fortgesetzt werden.

Die permanente Steigerung der Leistungsfähigkeit sind wir den Menschen in unserem Land schuldig, weil sie es sind, für die wir um die besten Lösungen ringen. Deshalb, meine Damen und Herren, hat kommunale Selbstverwaltung nicht nur mit Freiheit zu tun, sondern insbesondere mit Verantwortung. Diese Verantwortung soll möglichst vor Ort getragen werden.

Wir werden mit diesem Gesetz jegliche Vorgaben hinsichtlich zu erreichender Mindestgrößen, staatlicher Zwangsphasen und einengender zeitlicher Abfolgen beseitigen, die der kommunalen Selbstverwaltung die Luft zum Atmen nehmen.

Auch wenn einige erhaltenswerte Vorschriften anlässlich der Kommunalreform in die Vorschaltgesetze aufgenommen worden sind, also lediglich deren organisatorischen Rahmen nutzten, müssen die Vorschaltgesetze insgesamt aufgehoben werden, um den Menschen in unserem Land die neue und bessere Qualität des Reformvorhabens zu verdeutlichen.