Protocol of the Session on June 21, 2002

(Zustimmung von Herrn Grünert, PDS)

Dennoch: Das ist der einzige Artikel, dem wir ohne weiteres zustimmen können. Wir werden uns deshalb dem Antrag auf Überweisung des Gesetzentwurfs in die Ausschüsse anschließen, weil wir Wert darauf legen, dass über unsere Vorschläge debattiert wird und dass vor allem auch Betroffene angehört werden. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung von Frau Budde, SPD)

Besten Dank, Herr Dr. Thiel. - Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten der FDP-Fraktion Herrn Dr. Schrader das Wort. Bitte sehr, Herr Dr. Schrader.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist die Aufgabe der Politik, bestmögliche Rahmenbedingungen für das Wachstum der Wirtschaft und die Entstehung von Arbeitsplätzen zu schaffen. Ich glaube, das findet nicht einmal bei der Opposition Widerspruch.

Investitionen müssen erleichtert werden durch den Abbau von Bürokratie, durch die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren und durch die Abschaffung von überflüssigen Gesetzen - darum geht es bei dem ersten Investitionserleichterungsgesetz, um den Abbau von Investitionshemmnissen.

Es ist immer leicht, gegen etwas zu sein. Es ist viel schwerer, aber wichtiger, für etwas zu sein.

(Herr Kühn, SPD: Richtig! Für Kultur zum Bei- spiel! Verdammt schwierig!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie werden von mir keine polemische Rede erhalten. Ich bin Natur

wissenschaftler; ich orientiere mich an den nüchternen Tatsachen und Daten,

(Herr Kühn, SPD: Dann können Sie nicht so einen Fehlstarter wie Gürth unterstützen! Ein totaler Fehlstarter!)

und diese werden Sie jetzt von mir hören. Ob Ihnen das gefällt oder nicht und ob Sie weiter palavern oder nicht, das ist mir egal. Sie werden von mir die nüchternen Tatsachen hören.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich gehe davon aus, dass auch in Ihren Fraktionen Mitglieder dieses Hohen Hauses sitzen, die an den nüchternen Tatsachen interessiert sind und ihre Entscheidungen nüchtern treffen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Artikel 1 betrifft einige Änderungen in der Bauordnung. Hierin geht es darum, Genehmigungsgebühren für die Bauherren zu mindern und Baugenehmigungsverfahren zu beschleunigen. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Auch zu Artikel 2 möchte ich mich kurz fassen. Es geht um zwei wesentliche Änderungen. Eines sei mir gestattet zu sagen: Das, was Sie als Begründung angeführt haben, unterminiert etwas - nicht nur etwas, sondern ziemlich stark - die Kompetenzen der unteren Baubehörden in den Landkreisen. Dort sind fähige Leute, die sehr wohl einschätzen können, was es mit dem Denkmalschutz auf sich hat.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Borgwardt, CDU: Wir auch!)

Die Regelung, sich ins Benehmen zu setzen, statt Einvernehmen herzustellen, bedeutet auch eine Kompetenzerweiterung und stärkt die Akzeptanz der unteren Denkmalschutzbehörden.

Die zweite Änderung betrifft die Tatsache, dass man als Eigentümer und Investor Klarheit haben muss in Bezug auf bestimmte Dinge, die man mit seinem Eigentum machen kann und machen darf. Das heißt, der Eigentümer muss die Möglichkeit der Einflussnahme haben, wenn sein Bau, sein Eigentum zum Denkmal erklärt wird. Das ist ganz einfach eine legitime juristische Rechtsverpflichtung.

Der eigentliche Punkt - darauf möchte ich jetzt eingehen - ist die Aufhebung des Vergabegesetzes. Um es vorwegzunehmen: Das Vergabegesetz mit dem ehernen und nachvollziehbaren Anspruch - darin gebe ich Ihnen vollkommen Recht -, gegen Lohndumping vorzugehen - das ist ein eherner Anspruch -, ist voll ins Leere gelaufen. Das werde ich Ihnen im Verlauf dieses Vortrags belegen.

Es ist viel zu bürokratisch. Es gibt massive rechtliche Bedenken dagegen. Es ist mittelstandsfeindlich. Kleine Unternehmen und Kommunen verheddern sich im Vorschriftendschungel. Es ist letztlich wirkungslos und untauglich im Hinblick auf das Vorgehen gegen Lohndumping. Es ist überflüssig und darum gehört es ganz einfach abgeschafft.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Und wenn es auch nur die geringste Investitionserleichterung mit sich bringt - das Gesetz muss aufgehoben werden, damit wirklich optimale Bedingungen geschaffen werden können.

Zu den rechtlichen Bedenken. Das Landesvergabegesetz ist rechtlich äußerst fragwürdig. Es ist europarechtlich zweifelhaft. Es ist verfassungsrechtlich bedenklich und es ist im Hinblick auf die Landesverfassung problematisch. Außerdem ist die Tariftreueerklärung aus der Sicht der VOB ein vergabefremdes Kriterium.

Das Land Berlin hat seit Mitte 1999 ein landeseigenes Vergabegesetz mit Tariftreueerklärung. Dieses Gesetz hat nach einer Vergabebeschwerde letztlich dem Bundesgerichtshof zur Beurteilung vorgelegen. Der BGH hat in dieser Angelegenheit mit einer nachvollziehbaren Begründung das Bundesverfassungsgericht angerufen.

Nach Ansicht des BGH fehlt dem Landesgesetzgeber für das Tarifrecht die gesetzgeberische Zuständigkeit. Der Bund habe mit der Verabschiedung des Tarifvertragsgesetzes, TVG, von seiner Gesetzgebungsbefugnis auf diesem Gebiet abschließend Gebrauch gemacht; daher sei für ein Landesgesetz kein Raum mehr - so der BGH.

Dies ist unstrittig. Dazu liegt bislang kein Gegengutachten vor. Es bleibt abzuwarten, welche Entscheidung in Karlsruhe getroffen werden wird und welche Schlussfolgerungen dann auch für die im Saarland und im Freistaat Bayern bestehenden Landesgesetze zu ziehen sein werden.

Die Regelungen des Vergabegesetzes in Sachsen-Anhalt waren bereits Gegenstand der Beratungen des Oberlandesgerichts in Naumburg. In einem Fall - man kann es ruhig sagen, es stand in den Zeitungen: bei der Sternbrücke in Magdeburg - wurde die Einschaltung des EuGH nur durch die Rücknahme des Rechtsmittels eines der Bieter verhindert. Meine Damen und Herren! Das ist, glaube ich, Beleg genug.

Nun aber zu dem viel Wichtigeren, zu den wirtschaftlichen Auswirkungen.

Das Vergabegesetz ist mittelstandsfeindlich. Das Gesetz belastet die Verwaltung. Es konnte sein Hauptanliegen, die Verhinderung von Dumpinglöhnen auf Baustellen öffentlicher Auftraggeber, nicht erfüllen.

Das Vergabegesetz benachteiligt den Mittelstand. Es führt zu einem vermehrten Verwaltungsaufwand bei den Unternehmen, da teilweise die Vorlage unsinniger Bescheinigungen verlangt wird. So wird zum Beispiel nach § 4 des Vergabegesetzes unter anderem für Firmen der Metall- und Elektrobranche eine Bescheinigung der Sozialkasse des Baugewerbes gefordert, obwohl diese Unternehmen gar kein Sozialkassenverfahren kennen.

Die soziale Marktwirtschaft hat auf staatliche Lohnregelungen bisher aus gutem Grund verzichtet. Es soll an der richtigen Stelle und mit den richtigen Kompetenzen geregelt werden. Das sind die Angelegenheiten der Tarifvertragsparteien. Dort hat der Staat nichts zu suchen.

(Zustimmung von Frau Fischer, Merseburg, CDU, von Frau Röder, FDP, und von der Regierungs- bank)

Um eines klarzustellen: Die Tarifautonomie wird ausdrücklich begrüßt. Eine Auswirkung des Vergabegesetzes ist es jedoch, dass letztlich mittels des Vergaberechts durch die staatlichen Vergabestellen die Einhaltung von Tarifverträgen überprüft wird. Das ist nicht die Aufgabe des Staates, sondern das ist Sache der Tarifparteien.

Das Vergabegesetz belastet die Verwaltung. Es führt zu einem vermehrten Prüfungsaufwand bei den Vergabe

stellen. Häufig arten Angebotsbewertungen in Abhaken aus und man hakt ab, welcher Bieter welche Bescheinigungen vorgelegt hat und welche nicht. Mit dem Angebotsinhalt setzt man sich kaum noch auseinander.

In der Folge mussten viele Ausschreibungen wegen des Fehlens der geforderten Unterlagen aufgehoben werden. Hierdurch kam und kommt es zu Verzögerungen von Baumaßnahmen und dadurch zur Erhöhung der finanziellen Belastung der öffentlichen Haushalte. Oder es ist so, dass der Zuschlag dem teuersten Angebot erteilt werden musste, da alle anderen Bieter aus formalen Gründen ausgeschlossen werden mussten, auch wenn sie ohne Zweifel die richtigen Tarife gezahlt hätten.

All diese Probleme und Unsicherheiten der Vergabestellen schlagen auf die Unternehmen zurück. Dazu ein kleines Beispiel aus einer Verwaltungsgemeinschaft. Es ist ein Los für die Renaturierung eines alten brachliegenden Gebietes ausgeschrieben worden. Normalerweise gehen bei einer Ausschreibung 20 bis 30 Anträge ein. In diesem Fall waren es nur neun Bewerber. Von diesen neun Bewerbern konnten nur drei Berücksichtigung finden, weil bei allen anderen die entsprechenden Unterlagen nicht beizubringen waren.

(Minister Herr Dr. Daehre: Ja! - Herr Gürth, CDU: Das ist ein Irrsinn!)

Eine Rückfrage hat ergeben, dass insbesondere die in der Gemeinde heimischen Kleinunternehmer überhaupt nicht zum Zuge gekommen sind. Auf Rückfragen haben die Unternehmer gesagt, dass sie gar nicht gewusst hätten, was sie hineinschreiben sollten, welche Tarife sie in den Angeboten angeben sollten, das sei ja gar nicht geregelt.

Wenn das nicht Belege genug sind, dann weiß ich auch nicht weiter.

Ich komme zum letzten Punkt. Das Vergabegesetz konnte sein Hauptanliegen, die Verhinderung von Dumpinglöhnen auf Baustellen öffentlicher Bauauftraggeber, mangels konsequenter Überprüfung nicht erkennbar erfüllen. Die Vergabestellen sind bei der Überprüfung der Tariftreueerklärung personell und fachlich überfordert und sie werden es auch nie hinkriegen. Somit findet die vorgesehene Kontrolle nicht statt und das Gesetz läuft ins Leere.

Die Landesregierung hat schon mit In-Kraft-Treten des Gesetzes - das wurde heute schon mehrmals betont - eine Kurzstudie beim ISW in Auftrag gegeben. Ich möchte mit Erlaubnis des Präsidenten ein kurzes Zitat aus der Kurzstudie bringen:

„Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass ein wie auch immer geartetes Vergabegesetz auf Landesebene ebenso wie ein Tariftreuegesetz auf Bundesebene bestimmte Grundprobleme des Baugewerbes nicht zu lösen vermag.“

(Herr Dr. Thiel, PDS: Damit haben sie Recht! Das stimmt!)

„Ebenso können Prozesse der Strukturbereinigung im Baugewerbe durch derartige Gesetze kaum abgefedert werden.“

Schließlich - damit möchte ich abschließen - ist das Vergabegesetz überflüssig, da die VOB den Vergabestellen bereits jetzt ausreichende Möglichkeiten zur Prüfung der Fachkunde, der Zuverlässigkeit und der Eignung des Bieters einräumt.

Namens der FDP-Fraktion beantrage ich die Überweisung in den Wirtschaftsausschuss. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Schrader. - Meine Damen und Herren! Nunmehr hat die Landesregierung um das Wort gebeten. Ich erteile deshalb Herrn Dr. Rehberger das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, Frau Kollegin Budde, was Sie hier vorgetragen haben.