Denn wie soll die groß angekündigte Freiwilligkeit funktionieren, wenn das nicht so ist, wenn einige gleich nach dem Unterricht nach Hause wollen und keine Beförderungsmöglichkeit zur Verfügung steht?
Oder - und das ist zu vermuten - werden nur jene Kinder nach dem Unterricht die Schule verlassen, deren Eltern es sich finanziell und zeitlich leisten können, ihre Kinder selbst zu bringen und abzuholen?
Das, meine Damen und Herren, ist nicht eine Politik im Interesse der Mehrheit der Kinder, sondern das ist Klientelpolitik.
(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU - Herr Gürth, CDU: Sie sollten sich schämen! - Herr Scharf, CDU: Ich wünsche Ihrer Rede eine große Verbreitung!)
Ein zweiter Punkt ist die Frage des bisher insgesamt ungeklärten zukünftigen Einsatzes der pädagogischen Mitarbeiter unter einer anderen konzeptionellen Steuerung.
Das Dritte ist: Sie riskieren eine Klage Dritter. Sie schaffen mit den freiwilligen Betreuungsangeboten an den Grundschulen ein Konkurrenzangebot zu den beitragspflichtigen Betreuungsangeboten der Träger der hauptamtlichen Jugendhilfe.
In anderen Bundesländern müssen Eltern für Betreuungsangebote in Grundschulen mit verlässlichen Öffnungszeiten Beiträge zahlen. Das wollen Sie ja eigentlich nicht.
Sie sagen: Unruhe wird es kaum geben. Richtig, weil in den nächsten sechs Wochen Ferien sind. Aber, glauben Sie mir, dann ist es mit der Ruhe an den Grundschulen vorbei; denn keiner weiß, wie die Rahmenbedingungen sind, wie der Unterricht ablaufen wird.
Ich wiederhole an dieser Stelle: Der Glaube, es bliebe alles so wie es ist, wir schafften schnell mal nur die Anwesenheitspflicht ab, ist ein Irrglaube. Dahinter steckt wesentlich mehr, als Sie gegenwärtig zuzugeben bereit sind.
Die SPD ist einer Debatte über wirkliche inhaltliche Reformen in der Grundschule gegenüber aufgeschlossen; aber nicht nur in der Grundschule. Wir stehen diesbezüglich für jede Form der Diskussion zur Verfügung. Aber nicht, wenn es darum geht, Innovatives abzuschaffen und das Alte wieder herzurichten. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Ich habe hier noch etwas. Da der Minister mit den Ferienzeiten so viele Probleme hatte, erlaube ich mir, ihm
(Beifall bei der SPD - Frau Mittendorf überreicht Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz einen Papier- bogen im Großformat - Zurufe)
Die Debatte wird fortgesetzt mit dem Beitrag der FDPFraktion. Das Wort hat noch einmal Herr Dr. Volk. Bitte schön.
Meine Damen und Herren! Ich habe den ersten Satz der Einbringungsrede eigentlich ernst gemeint, indem ich sagte: Ich glaube, die Debatte wird nicht so emotional geführt werden. Aber ich muss mich eines Besseren belehren lassen.
Wir haben hier über den Rahmen der Grundschule, über den Öffnungsrahmen der Grundschule gesprochen. Wir haben darüber gesprochen, aus der festen Grundschule eine verlässliche Grundschule zu machen, eine Grundschule mit verlässlichen Öffnungszeiten.
Aber ich bin richtig erschrocken, wie Sie von der SPD oder von der PDS das Thema instrumentalisieren.
Sie instrumentalisieren die Mitarbeiter und die Lehrerinnen und Lehrer, sie instrumentalisieren die Eltern,
sie instrumentalisieren all das, um eine Diskussion anzustoßen, bei der mir schon Schlimmes schwant.
Minister Olbertz hat gesagt: Wir müssen uns in Zukunft den Inhalten der Schule widmen. Vor uns steht viel Arbeit. Wenn wir das auf diesem Niveau weiter betreiben wollen, wenn wir wirklich Eltern, Lehrer und Kinder instrumentalisieren, dann kommen wir in Sachsen-Anhalt nicht weiter.
Ich bin gestern schon ein bisschen berührt gewesen, als ich die Mahnwache der Gewerkschaften vor den Toren des Landtages sah. Ich glaube, die Gewerkschaft braucht an dieser Stelle keine Mahnwachen zu errichten; es geht darum, mit diesem Gesetz dem Elternwillen zu seinem Recht zu verhelfen.
Die Grundschule mit verlässlichen Öffnungszeiten wird in der Regel fünfeinhalb Stunden geöffnet sein. Damit wird sich gegenüber dem, was bisher akzeptierter Stand der Grundschule ist, nichts ändern. Aber die Eltern werden darüber entscheiden können, wie sie mit ihren Kindern in den Eingangs- und Abgangszeiten verfahren.
(Zustimmung bei der FDP - Beifall bei der CDU - Frau Dr. Sitte, PDS: Wenn sich nichts ändert, können Sie es doch so lassen!)
Ich weiß gar nicht, was hier los ist. - Herr Volk, ich bin nicht im Bildungsausschuss - zum Glück nicht, denke ich manchmal -, habe aber die Diskussion trotzdem insofern erfolgreich verfolgen können, als ich Folgendes verstanden habe: Es geht um die Freiwilligkeit bei der Eingangs- und Ausgangsphase. Das ist nun sozusagen auch mir, der ich in meinem früheren Leben irgendwann einmal Lehrer gewesen bin, klar:
Wenn das freiwillig ist, dann kann ich in diesen Phasen nichts machen, was ich im Grunde genommen als Ergebnis oder bei der Überprüfung der Fähigkeiten nachher von allen abverlange.
Deswegen ist die Frage, wer das definiert, wie lang die Eingangs- und Ausgangsphase ist, für die inhaltliche Struktur dieser Schule wohl doch eine ziemlich entscheidende Frage. Im Gesetz steht jetzt nur: Das Verfahren und den Zeitraum der Öffnungszeit sowie die Gestaltung regelt die oberste Schulbehörde durch Verordnung.
Jetzt will ich zumindest einmal wissen, was Ihre Grundidee ist. Soll die oberste Schulbehörde einen Zeitrahmen festlegen, wonach die Eingangs- und Ausgangsphase täglich 30 bzw. 45 Minuten beträgt? Oder soll die oberste Schulbehörde ein Verfahren festlegen, wonach die Gesamtkonferenz oder der Schulträger darüber entscheidet? Zumindest das Verfahren interessiert mich: Soll eine einheitliche Zeitschiene vorgegeben werden? Wer soll das definieren bzw. festlegen?
Die Stundentafel gibt ohnehin nicht sehr viel her. Das betrifft die 1. und 2. Klasse, für die die Zu- und Abgangsphase ausgeweitet werden kann.
In einer Verordnung wäre festzulegen, inwieweit das Ministerium der Schulkonferenz in den Schulen die Freiheit einräumt, hierüber Entscheidungen zu treffen. Ich würde nicht vorschlagen, dass das Ministerium in Bezug auf die Zu- und Abgangsphasen eine feste Regelung trifft, denn das ist nicht praktikabel. Es gibt Schulen in der Stadt sowie Schulen im ländlichen Bereich, deren Schüler durch den Schülerbeförderungsverkehr in irgendeiner Weise gebunden sind.
Meiner Meinung nach liegen Sie im Hinblick auf die Schülerbeförderung völlig falsch. Die Regelschulzeit pro Tag beträgt 5,5 Stunden. Damit ist der Zeitrahmen für den Schülerbeförderungsverkehr vorgegeben. Ihre Diskussion über diesen Punkt verstehe ich nicht.