Protocol of the Session on April 1, 2004

Die Neuordnung der medizinischen Fakultäten steht freilich noch aus. In den nächsten Monaten werden wir uns hierbei in die Beratungstätigkeit hineinbegeben.

Aber auch die Hochschulen selbst müssen ihre Institutionen reformieren. Wir können als Landtag zum Beispiel nicht die Studienordnungen von überflüssigem Ballast entrümpeln. Das müssen die Hochschulen schon selbst machen.

Ebenso können wir auch nicht neue Studiengänge entwickeln und die Leistungselite von morgen an unser Bundesland per Verordnung binden. Das müssen die Hochschulen durch Qualität machen.

Wir als Gesetzgeber schaffen nur den Rahmen, diesen Rahmen müsse andere ausfüllen. Ich bin der guten Hoffnung, dass wir dieses Gesetz morgen beschließen werden. Auch die zahlreichen Änderungsanträge, die die SPD-Fraktion heute in den Landtag eingebracht hat, werden das nicht verhindern.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Ich komme zur Kommunalreform. Die Regierungskoalition will mehr Entscheidungsspielräume und -befugnisse auf die Ebene unterhalb der Landkreise legen. Für die Aufgabenverlagerung von oben nach unten müssen aber zunächst die Voraussetzungen in den Kommunen geschaffen werden.

Viele Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften stehen schon heute an der Grenze ihrer Belastbarkeit. Um sicherzustellen, das sie die neuen Gestaltungsspielräume ausfüllen können, haben wir ihnen Mindestgrößen vorgegeben. Wir wollen weiterhin weder Zwangszusammenschlüsse zu Einheitsgemeinden noch das Modell der Verbandsgemeinde oder der Samtgemeinde. Wir haben einen Rahmen vorgegeben, in den sich alle hineingegeben können. Die freiwillige Phase endet heute.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Gestern!)

Nach den Informationen, die ich habe, gibt es genügend ermutigende Signale dafür, dass die meisten Kommunen in der Lage sein werden, in diesem interkommunalen Abstimmungsprozess selbst zu vernünftigen Vorschlägen zu kommen, sodass die Folgegespräche ihr Ziel erreichen werden und der Innenminister nur in ganz wenigen Fällen von der Verordnungsermächtigung Gebrauch machen muss, bis zum Ende des Jahres - zur Not auch gegen den Willen einer Gemeinde - zuzuordnen.

Wir können pünktlich zum 1. Januar 2005, wenn die neuen kommunalen Bündnisse stehen, die Aufgabenverlagerungen, zum Beispiel im Gaststättenrecht, im Gewerberecht und im Ordnungsrecht, in Kraft treten lassen.

Wir können, meine Damen und Herren, nicht zur gleichen Zeit die gemeindliche und die kreisliche Ebene neu

strukturieren. Deshalb die klare zeitliche Abfolge, die auch heute noch einmal vom Ministerpräsidenten bestätigt wurde.

(Herr Gallert, PDS: Überhaupt keine!)

Meine Damen und Herren! Für die Kreisgebietsreform gibt es einen klaren Koalitionsfahrplan. Deshalb will ich deutlich sagen: Für Vorabprofilierungen gibt es keine Spielräume. Vorabprofilierungen sind vollkommen überflüssig. Sie verdecken eher das große Reservoir der Gemeinsamkeiten, das wir in der Koalition haben.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Dr. Püchel, SPD: Zu wem haben Sie das gesagt?)

- An die Koalition.

(Zuruf von Herrn Gallert, PDS)

Meine Damen und Herren! Es ist vernünftig, mit der Zielzahl „2015“ zu arbeiten und als untere Grenze für die Einwohnerzahl eines Landkreises ca. 150 000 Einwohner anzupeilen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Kennen wir!)

Eine Ausnahme muss die Altmark sein. Wenn wir im Landtag feststellen - die PDS und die FDP müssen noch darüber sprechen, aber ich nehme an, es wird keine andere Zahl geben -, dass wir uns über diese Zahlen im Wesentlichen einig sind, dann ist das gut für den Weg, auf den sich die Landkreise jetzt freiwillig machen sollen; denn dann können sie sicher sein, dass der Landtag in der nächsten Zeit diesen Weg bestätigen wird. Die Gespräche können nach der heutigen Debatte eigentlich zielgerichtet überall im ganzen Land geführt werden.

Wir sind der Auffassung, dass neben der Einwohnerzahl für die Kreise zu berücksichtigen sind die Frage der Aufgabenübertragung, der Funktionalität der Aufgabenübertragung, die wir zukünftig vornehmen wollen, die Frage der demografischen Entwicklung - es nützt nichts, wenn der eine oder andere versucht, sich reich zu rechnen -, die Frage der Fläche - hierbei geht es immer wieder um die Altmark, die wirklich groß ist und die für die kommunale Gebietskörperschaft weiterhin überschaubar bleiben muss -, raumordnerische Gesichtspunkte, topografische Gesichtspunkte, gewachsene Strukturen und auch landsmannschaftliche Verbundenheit. Wir sind dort, wo wir wissen, dass Leute einfach nicht miteinander können, gut beraten, wenn wir diese Leute nicht ohne große Not zusammensperren.

Wir werden das alles berücksichtigen. Wir streben deshalb an, dass wir möglichst mit Vollfusionen von Landkreisen zurechtkommen. Aber wenn es das Gesamtkonzept erfordert, muss es auch die Möglichkeit geben, Landkreise unter Berücksichtigung der gewachsenen Strukturen zu teilen. Beliebige Neubildungen kann und darf es jedoch nicht geben. Wir müssen die Kriterien hierfür mit Zuverlässigkeit entwickeln.

(Zuruf von Herrn Gallert, PDS)

- Vielleicht noch eine Minute. Dann beantworte ich Ihre Frage.

In der freiwilligen Phase sollen die Landkreise Gelegenheit erhalten, die von ihnen angestrebten Fusionen konkret auszuarbeiten. Aber genehmigt werden, meine Damen und Herren, kann nach meiner Auffassung letztlich nur das, was mit einem Gesamtkonzept vereinbar ist.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Was ist daran neu? Kein Satz ist neu!)

Wir können jetzt nicht vorab Genehmigungen erteilen, die uns hinterher vielleicht stören, das Gesamtgebilde Sachsen-Anhalt vernünftig neu zu ordnen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Das hatten wir schon vor vier Jahren!)

Bezüglich der Stadt-Umland-Problematik warten wir erst einmal die Antworten ab, die die kreisfreien Städte auf die Schreiben des Ministers des Innern und des Ministers für Raumordnung geben werden. Dann werden wir genau untersuchen, wo wir im Bestand der interkommunalen Zusammenarbeit stehen und wo tatsächlich gesetzlicher Regelungsbedarf besteht.

Ich will deutlich sagen, dass ich all denen ins Stammbuch schreiben möchte, die uns zu großer Eile treiben, dass Abwägungsfehler in diesem schwierigen Prozess mit Sicherheit erfolgreiche Klagen vor dem Landesverfassungsgericht provozieren. Das wollen wir nicht. Wir wollen auf diesem Weg keinen Fehler machen, damit hinterher an dieser Stelle nicht nachgebessert werden muss.

Es kann, meine Damen und Herren, kein ernsthafter Reformer wollen, dass wir den Reformmotor übertouren. Das kann zu Kolbenfressern führen. Wir wollen Reformmotor sein, aber keine Fehler auf diesem Weg machen. Deshalb werden wir konsequent und mit großer Ernsthaftigkeit auf diesem Weg weiter verhandeln und Gespräche führen, um rechtzeitig zu Planungssicherheit für alle Beteiligten zu kommen.

Jetzt würde ich gern, wenn es Frau Präsidentin erlaubt, die Frage von Herrn Gallert beantworten wollen.

Ich erlaube es. Sie erlauben daneben eventuell eine Frage von Herrn Dr. Polte?

Herr Scharf, eine Bemerkung zu der freiwilligen Phase und zu der Frage der Einfügung in das Gesamtkonzept. Wenn man ehrlich ist und sich anschaut, wie viele Alternativen es für die vorgeschlagene Anzahl von Kreisen gibt, dann wird man feststellen, dass es letztlich faktisch keine freiwillige Phase gibt; denn es gibt kaum wirkliche Handlungsalternativen, die sich vor Ort finden können, ohne dass sie - mit Ausnahme von ganz wenigen Abweichungen - das Gesamtkonzept verletzen.

Meine Frage bezieht sich auf etwas Anderes. Sie haben eben gesagt, der Ministerpräsident hätte noch einmal ganz deutlich eine Zeitschiene für die Kreisgebietsreform genannt. Davon habe ich nichts gehört. Der Ministerpräsident hat gesagt: In dieser Legislaturperiode bereiten wir vor, aber es passiert nichts. Sie werden mir die Frage gestatten: Wann wollen Sie denn nun die neuen Kreise zusammenlegen?

(Herr Dr. Püchel, SPD: Wann soll es beschlossen werden?)

Herr Gallert, es ist nach unserer Auffassung so, dass wir in dieser Legislaturperiode im Jahr 2004 unser Leitbild so deutlich entwickeln müssen, dass alle wissen, wohin

sie sich in der freiwilligen Phase bewegen sollen. Ich kann mir vorstellen, dass wir bis zur Jahreshälfte schon einen erheblichen Teil der Arbeit auf den Tisch legen können.

Wenn Herr Gallert sagt, es gibt in dem kleinen Land Sachsen-Anhalt nicht unendlich viele Möglichkeit, wie man die Landkreise als Puzzle neu zusammenlegen kann, wenn man nicht unnötig viele Schnitte machen kann, so gebe ich ihm Recht. Aber trotzdem ist das ein schwieriger Prozess. Dieser Prozess ist mit vielen Gesprächen vor Ort zu verbinden. Wir können diesen Prozess nicht unnötig antreiben, weil wir die Menschen und die Politiker auf diesem Weg mitnehmen müssen.

Ich habe die gute Hoffnung, dass sich die Kreise und die Kreistage so auf den Weg machen, dass wir am Ende dieses Weges als Landtag die Möglichkeit haben, möglichst viele freiwillige Vorschläge zu bündeln und dann als Gesetz zu beschließen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Wann denn?)

Das ist allemal besser.

(Zustimmung bei der CDU)

Das brauchen wir nach meiner Auffassung in dieser Legislaturperiode nicht mehr als Gesetz zu beschließen. Wir führen den Diskussionsprozess; wir müssen in dieser Legislaturperiode nach meiner Auffassung nicht mehr unbedingt das Gesetz beschließen.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Gallert, PDS: Wann sollen denn nun die neuen Kreise gebildet werden?)

Wir haben bisher vorgeschlagen, das wir diese Kreise im Jahr 2008 bilden sollten. Wenn sich jemand vorzeitig auf den Weg macht, wenn jemand den Weg vorzeitig erreicht und wenn es in ein Gesamtkonzept hineinpasst, kann dies auch vorzeitig passieren. Das ist die gegenwärtig gültige Zeitschiene. Ich kenne keine anderen Verabredungen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Vier verlorene Jahre! - Unruhe)

- Das sind keine verlorenen Jahre; man muss eine Kreisgebietsreform so gestalten, dass sie die nächsten 15, 20 Jahre hält. Dabei ist jedes Gespräch, das man vorher führt und das hinterher zu Rechtsicherheit führt, besser, als müssten wir hinterher vielleicht jahrlange Rechtsstreitigkeiten vor dem Landesverfassungsgericht führen.

(Beifall bei der CDU - Herr Bischoff, SPD: Ach! Da können Sie sich an den anderen Landtagen ein Beispiel nehmen!)

Herr Dr. Polte, bitte.