Im vergangenen Jahr zeigte sich schnell, dass bei der Reformierung der Gewerbesteuer, dem eigentlichen Änderungsbereich, zwischen den verschiedenen vorgeschlagenen Modellen Welten lagen. Insbesondere die Wirtschaftsverbände, aber auch FDP, CDU und CSU liefen Sturm gegen das Kommunalmodell. Auch ein von der Bundesregierung vorgelegter Gesetzentwurf schien nicht tragfähig zu sein.
Die von den Regierungsfraktionen geplanten Änderungen waren jedoch durchaus geeignet, dem Ziel einer Modernisierung der Gewerbesteuer ein Stück näher zu kommen. Am Ende konnte man am Morgen des 17. Dezember 2003 froh sein, dass es die Gewerbesteuer als eine der wichtigsten Steuern im kommunalen Gefüge nach der Sitzung des Vermittlungsausschusses überhaupt noch gab.
Eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage auf ertragsunabhängige Elemente und eine Erweiterung des Kreises der Gewerbesteuerpflichtigen fand nicht statt. Allein die seit langem geforderte Korrektur bei der Gewerbesteuerumlage, die Senkung auf 20 %, bringt eine spürbare Entlastung mit sich. Tatsächlich verbessern sich damit die Einnahmen der Städte und Gemeinden um etwa 2,3 Milliarden € im Jahr 2004.
Für die ostdeutschen Kommunen, deren Einnahmen aus der Gewerbesteuer insgesamt aufgrund der niedrigen Ertragskraft der Unternehmen äußerst gering sind, bringt die Absenkung der Umlage allerdings nur marginale Mehreinnahmen.
Durch das teilweise Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform im Einkommensteuerbereich wird diese Entlastung zur Hälfte rückgängig gemacht. Die Entlastung der Bürger schlägt bei den kommunalen Kassen mit einer Belastung in Höhe von 1,3 Milliarden € zu Buche. Hinzu kommen entsprechende Mindereinnahmen über den Steuerverbund mit den einzelnen Ländern.
Schon hieran zeigt sich deutlich das Scheitern der Gemeindefinanzreform. Von einer wirklichen Entlastung der
Kommunen, verbunden mit einer stabilen und sicheren Einnahmequelle für die Zukunft, ist man weit entfernt.
Meine Damen und Herren! Auch die zweite Hoffnung, die sich mit einer Entlastung im Bereich der Sozialausgaben der Kommunen verband, hat sich offensichtlich nicht erfüllt. Der Streit darum, wer bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zukünftig als Träger des Arbeitslosengeldes II für Erwerbsfähige fungieren wird, ist mit dem nun gefundenen Optionsmodell nur scheinbar beendet worden.
Das Modell, das den Kommunen ab 2005 die Wahl zwischen eigener und gesplitteter Trägerschaft lässt, ist verbunden mit einer Finanzierungsregelung, die andere als die von den Kommunen erwünschten Effekte erbringt. Diese Regelung sieht die komplette Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung sowie der Eingliederungskosten für erwerbsfähige Hilfsbedürftige durch die Kommunen vor. Insbesondere die Unterkunftskosten könnten sich hinsichtlich der kommunalen Entlastung als Bumerang herausstellen.
Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Landrat Duppré, stellte am 5. Februar dieses Jahres fest: Wir sehen unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Die Übertragung der Unterkunftskosten auf die Landkreise im Zuge von Hartz IV führt zu ganz erheblichen Mehrbelastungen der Kreise. Eine Entlastung der Kommunen ist nicht ersichtlich.
Der Grund hierfür ist: Bei der Entscheidung im Vermittlungsausschuss lag kein belastbares Datenmaterial über die Höhe der Kosten vor. Der Deutsche Landkreistag hat nunmehr seine eigenen Berechnungen angestellt. Danach sind die tatsächlichen Entlastungen längst nicht so hoch wie versprochen. Die eigentlichen Verlierer im Finanzpoker sind einmal mehr die Kommunen der ostdeutschen Länder.
Für Sachsen-Anhalt kämen durch die Entlastung bei den Sozialhilfeausgaben und die Belastung bei den Wohnkosten Mehrausgaben in Höhe von 245 Millionen € zustande. Das Land dagegen würde durch die Wohngeldreform und die zusätzliche Ausreichung von Sonderbedarfszuweisungen ein Plus von 360 Millionen € verzeichnen können.
Unabhängig davon, ob diese Zahlen bis in jede Einzelheit stimmen - die ersten Berechnungen verschiedener Städte und Kommunen zeigen in genau diese Richtung. Mein Kollege Herr Grünert wird dazu nachher noch Ausführungen machen.
Der zweite Teil der Gemeindefinanzreform droht damit zum endgültigen finanziellen Desaster für die Kommunen zu werden. Die Kommunen fordern zu Recht eine deutliche Nachbesserung von Hartz IV im Zuge der noch ausstehenden Umsetzung der Gesetze, die sicherstellt, dass Mehrbelastungen der Kommunen ausgeschlossen werden.
Es wird eine Revisionsklausel gefordert, durch die Mehrbelastungen der Kommunen rückwirkend ausgeglichen werden können. Notwendig ist ebenso die Weitergabe der auf Länderebene eintretenden Entlastung beim Wohngeld an die Kommunen. Wir unterstützen sowohl diese Forderung der kommunalen Spitzenverbände als
Weder durch die Änderungen im Bereich der Gewerbesteuer noch durch die im Bereich der Sozialausgaben sind die vollmundig angekündigten Entlastungen der Städte und Gemeinden eingetreten. Man kann dieses Ergebnis nach fast zweijähriger Beratungszeit zu Recht nur als Notprogramm für die Kommunen bezeichnen.
Auch keines der seit Wochen in der Öffentlichkeit gehandelten Modelle zur Reform des Steuersystems bringt den Kommunen die erhofften Entlastungen und führt zu einer Verbesserung und Verstetigung ihrer Einnahmen.
Den Modellen von Solms, Merz, Kirchhoff und dem mit Spannung erwarteten gemeinsamen Masterplan Deutschland von CDU und CSU ist vielmehr eigen, dass sie die Gewerbesteuer als Bindeglied zwischen Kommunen und Wirtschaft abschaffen und durch Zuschläge oder Umverteilungen bei der Einkommen- oder Umsatzsteuer ersetzen wollen.
Das belastet ausdrücklich die einkommensschwachen und die Schichten mit mittlerem Einkommen und entlastet die Wirtschaft, und das nach den milliardenschweren Entlastungen durch die Reform der Körperschaftsteuer.
Das belastet die öffentlichen Haushalte in höchstem Maße sofort und auf Dauer mit Mindereinnahmen zwischen 12 Milliarden € beim CSU-Modell und 25 Milliarden € beim CDU-Modell.
Wir fordern dagegen, die berechtigten Interessen der Kommunen an einer strukturellen Reform der Gewerbesteuer und an Änderungen bei Hartz IV zu unterstützen und als Soforthilfe ein kommunales Investprogramm des Bundes aufzulegen. Die in unserem Antrag als Untergrenze geforderten Mittel in Höhe von 3 Milliarden € könnten ohne weiteres finanziert werden, wenn im Jahr 2005 auf eine weitere Absenkung des Spitzensteuersatzes auf 42 % verzichtet würde.
Meine Damen und Herren! Sie alle sind Bürgerinnen und Bürger von Kommunen in Sachsen-Anhalt. Sie alle sind damit auch von der desaströsen Haushaltslage der Kommunen betroffen. Wir alle wissen, dass die gerade erfolgte Verabschiedung eines Gesetzes zur Erleichterung der Haushaltsführung eben nichts an der Situation der Kommunen ändert. Darin kann ich Herrn Dr. Polte nur zustimmen; er hat mir damit aus dem Herzen gesprochen.
Lassen Sie uns gemeinsam ein Signal in Richtung der kommunalen Spitzenverbände und des Bundes aussenden, das den Kommunen unsere Hilfe anzeigt und vom Bund fordert, die gegebenen Versprechen einzulösen. Lassen wir die Kommunen nicht im Regen stehen. - Danke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der PDS hat ohne Zweifel
ein löbliches Ziel: Die Gemeindefinanzen sollen gestärkt werden. Wir, die Landesregierung, teilen dieses Ziel. Auch wir sind der Meinung, dass in Deutschland auf Dauer mehr Geld in den kommunalen Kassen sein muss, damit die Aufgaben der Kommunen vernünftig erledigt werden können.
Einen Dissens gibt es allerdings nicht im Ziel, sondern im Mittel, dieses Ziel zu erreichen. Dieser Dissens ist in der Tat tief. Der vorliegende Antrag der Fraktion der PDS zeigt dies einmal mehr. Als Ganzes vermittelt der Antrag den Eindruck, man müsse nur die Steuern erhöhen und das Geld zu den Kommunen umverteilen, dann würde alles gut. Wir, die Regierung und die die Regierung tragenden Fraktionen, wissen, dass dies auf Dauer nicht funktionieren kann.
Eine so genannte Modernisierung der Gewerbesteuer, wie sie die PDS anstrebt, heißt doch im Klartext: Steuererhöhungen für Unternehmen. Wie diese Steuererhöhungen konkret aussehen, haben wir bei den Vorschlägen zur Gemeindewirtschaftsteuer der Bundesregierung studieren dürfen. Es geht dabei - das muss man dann auch ganz klar sagen - um die Einführung von ertragsunabhängigen Elementen der Besteuerung. Davon war ja das Modell der Gemeindewirtschaftsteuer gespickt.
Ertragsunabhängige Elemente der Besteuerung aufzuerlegen heißt schlicht: Besteuerung von Betriebsausgaben. Dabei wird nicht der Ertrag besteuert, sondern es werden die Betriebsausgaben besteuert. Das ist etwas, was gerade für den ertragsschwachen Mittelstand in Mittel- und Ostdeutschland besonders gefährlich ist.
In der kommunalen Steuer ebenfalls enthalten war die zusätzliche Besteuerung von freiberuflich Tätigen. Dies ist verfassungsmäßig fragwürdig und trifft im Übrigen wieder einen Wirtschaftsstand, der es gerade in Mittel- und Ostdeutschland nicht leicht hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind froh darüber, dass wir dies mit unserem Einfluss im Vermittlungsausschuss verhindert haben. Wir müssen endlich aufhören zu glauben, eine Kuh weiter melken zu können, die einfach nicht mehr Milch geben kann. Wir müssen auch aufhören zu versuchen, immer noch mehr Tiere als Kühe zu definieren und diese anschließend auch noch zu melken. Eben dies wäre mit den Freiberuflern geschehen.
Hätten wir der so genannten Revitalisierung der Gewerbesteuer im Vermittlungsausschuss zugestimmt, dann hätten wir genau dies getan. Dann hätten wir die Weichen gestellt für eine mittelstandsfeindliche Politik, die Arbeitsplätze zerstört und auf Dauer natürlich auch die Steuereinnahmen der Kommunen drastisch senkt.
Das sind also nur kurzfristige Lösungen und - erlauben Sie mir, das zu sagen - in der Tat sozialistische Konzepte, weil sie einfach darauf abzielen, kurzfristig noch mehr
herauszuholen, und nicht dafür sorgen, dass die Bemessungsgrundlage, auf der die Steuer beruht, wirklich gesundet.
Das wollen wir bei der Gelegenheit vielleicht auch einmal erwähnen. Je weiter die Zeit verstreicht, desto mehr ist man bei den Problemen, die es in einer sozialen Marktwirtschaft fraglos gibt, geneigt zu vergessen, was die Alternativen wirklich zu bieten haben. Herr Gallert, das war sehr, sehr wenig; das muss man wirklich sagen.
Meine Damen und Herren! Aus der Sicht der Landesregierung muss die Reformdebatte in eine völlig andere Richtung gehen. Wir müssen zunächst einmal Prioritäten setzen und uns fragen, was wir uns leisten können. Das tun wir auf der Landesebene. Das müssen auch die Kommunen tun.
Aber ich sage auch ganz klar: Sparen allein wird nicht reichen. Vielmehr brauchen wir eine Wirtschafts- und Finanzpolitik in Deutschland für mehr Wachstum und mehr Beschäftigung. Das Ergebnis im Vermittlungsausschuss war diesbezüglich nur ein erster Schritt, das ist ganz klar. Aber immerhin war es ein erster Schritt in eine vernünftige Richtung.
Der Bund steht weiter in der Pflicht, die Reformpolitik fortzusetzen. Die Landesregierung ist selbstverständlich bereit, im Rahmen von politischen Kompromissen sinnvolle Reformen mitzutragen, auch wenn sie im Einzelfall nicht von allen Details begeistert ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir eine Bemerkung zu einigen Fakten, die von der PDS dargestellt werden. Da gibt es nämlich Fakten, die keine sind, weil sie nicht stimmen.