Protocol of the Session on March 4, 2004

Für das Funktionieren der Katastrophenschutzstäbe auf allen Ebenen ist es darüber hinaus dringend erforderlich, dass ein ausreichend großer Personenkreis für den Katastrophenfall geschult wird. Mit der Neufassung soll diesem Erfordernis mehr Gewicht verliehen werden.

Da die Bewältigung der Hochwasserkatastrophe im August 2002 deutlich gemacht hat, dass die Besetzung der Stäbe gerade im Hinblick auf Langzeitlagen nicht ausreichend war und Versäumnisse bei der Aus- und Fortbildung des Stabspersonals bestanden, soll diese Pflicht nochmals ausdrücklich betont werden.

Mit diesen Änderungen im Katastrophenschutzgesetz kann erwartet werden, dass mit einer erneuten Großlage, wie wir sie im Sommer 2002 erleben mussten, besser umgegangen werden kann, wobei aber gesagt werden muss, dass die Katastrophenschutzstäbe im Land Sachsen-Anhalt bei der Hochwasserkatastrophe weitestgehend gut funktioniert haben. Aber natürlich müssen wir die Erfahrungen aus solch einem Ereignis nutzen, um es in der Zukunft noch besser zu machen. Ich bin mir sicher, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Unklarheiten und Auslegungsschwierigkeiten beseitigt werden. Wollen wir hoffen, dass wir es so selten wie möglich anwenden müssen.

Ich bitte um Überweisung in den Innenausschuss. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Hauser, FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Kolze. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Krimhild Fischer. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, Sie haben es ja soeben ausgeführt: Die Novellierung des Katastrophenschutzgesetzes war notwendig, auch weil im August 2002 bei der Bewältigung des Hochwassers Unzulänglichkeiten im Katastrophenmanagement nur allzu deutlich geworden sind.

Die Zuständigkeiten waren auch schon im August 2002 eindeutig definiert. Originär haben die Katastrophenschutzbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte die Entscheidungskompetenz im Katastrophenfall. Daran soll sich auch unserer Meinung nach nichts ändern. Die Zusammenarbeit der Landratsämter und der örtlichen Katastrophenschutzstäbe mit Polizei, Bundeswehr und dem LHW kann auch als gut eingeschätzt werden.

Das vermochte jedoch nicht den Umstand auszugleichen, dass in der Vergangenheit Lehrgangsmaßnahmen und Übungen nicht in dem erforderlichen Umfang stattgefunden haben. An diesem Punkt stimmen wir dem vorliegenden Gesetzentwurf zu, in dessen Begründung auf die Stärkung von Führungsverständnis und Führungskompetenz der Katastrophenschutzstäbe verwiesen wird.

Wir haben uns ja in den letzten anderthalb Jahren in den Beratungen des zeitweiligen Ausschusses Hochwasser,

vor allem bei den Anhörungen vor Ort, über den Ablauf und über das Management berichten lassen. Die Schlussfolgerungen daraus werden gerade - wenn Sie so wollen: im Endspurt - im Abschlussbericht gezogen. In fast allen Schwerpunkten werden die Fraktionen wahrscheinlich zu gemeinsamen Aussagen kommen.

In einem Punkt jedoch unterscheiden sich wohl die Ansichten: bezüglich der Konsequenz aus der oftmals schlecht funktionierenden Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Behördenebenen, der Rolle der Regierungspräsidien bzw. des Landesverwaltungsamtes und des Innenministeriums. Lassen Sie mich kurz Rückschau halten.

Die Zusammenarbeit zwischen den benachbarten Behörden der gleichen Zuständigkeitsebene hat in der Regel gut funktioniert. Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Behördenebenen hat dagegen vergleichsweise schlecht funktioniert. Die Rolle der Regierungspräsidien und des Innenministeriums wurde auf der Landkreisebene als wenig hilfreich empfunden.

Auf Sachsen-Anhalt trifft in besonderem Maße zu, was die unabhängige Kommission der sächsischen Staatsregierung in ihrem Bericht vom 16. Dezember 2002 festgestellt hat, dass nämlich konsequente Bemühungen der Regierungspräsidien und des Innenministeriums, sich an die Spitze der Ereignisse und der notwendigen überörtlichen Entscheidungen zu stellen, unterblieben sind.

Bei dem Augusthochwasser 2002 war unserer Meinung nach eine Zentralisierung der Gesamtleitung im Innenministerium erforderlich, weil das Schadensereignis den räumlichen Zuständigkeitsbereich mehrerer Regierungspräsidien umfasste und zudem länderübergreifender Abstimmungen bedurfte.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Zentralisierung der Führungsverantwortung unterblieb jedoch. Andererseits wurde den beteiligten Landratsämtern nicht der Eindruck vermittelt, dass sie in eigener Zuständigkeit und frei von fachaufsichtlichen Weisungen entscheiden konnten. Siehe Wittenberg. So entstand eine Unübersichtlichkeit bei den Zuständigkeiten.

Was folgt nun daraus? Die Kommunikation zwischen den Katastrophenschutzstäben, den Regierungspräsidien und dem Innenministerium hat sich als zu langwierig erwiesen. Im Katastrophenfall brauchen wir kurze Wege, keine Umwege.

Wir meinen: Die Rolle des Landesverwaltungsamts beim Katastrophenschutz sollte sich auf die Unterstützung im administrativen Bereich beschränken. Die Koordinierung und Organisation der Hilfen durch das Landesverwaltungsamt können wir uns gut vorstellen, aber die Verantwortung, die nicht durch die örtlichen Katastrophenschutzstäbe wahrgenommen werden kann, muss beim Innenministerium liegen; hier muss sich der Minister den Hut aufsetzen. Der Umweg über das Landesverwaltungsamt ist unnötig und kostet Zeit.

Noch einen weiteren Aspekt gebe ich zu bedenken: Das Landesverwaltungsamt hat keinerlei Entscheidungsbefugnis für den Einsatz von Polizeikräften. Diese unterstehen allein dem Innenministerium.

Lassen Sie mich zusammenfassen. Egal, wie man die Novelle zum Katastrophenschutzgesetz beurteilt, eines sollte klar sein: Sie darf nicht als Feigenblatt dienen für Unzulänglichkeiten im Katastrophenmanagement in der

Situation im August 2002. Das Innenministerium hatte als Fachaufsichtsbehörde nach allgemeinem Gefahrenabwehrrecht ein Selbsteintrittsrecht. Die Befugnis zur zentralen Koordinierung war uneingeschränkt gegeben, sie wurde nur nicht genutzt.

Dem Ausspruch von - ich glaube - Herrn Kosmehl, „in der Katastrophe führen statt verwalten“, kann ich mich voll anschließen. Wir sprechen uns für die Überweisung des Gesetzentwurfs in den zeitweiligen Ausschuss Hochwasser und in den Innenausschuss aus. Ich dachte aber, federführend sollte hierbei der zeitweilige Ausschuss Hochwasser sein. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, von Frau Dirlich, PDS, und von Herrn Gärtner, PDS)

Danke, Frau Fischer. - Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Kosmehl. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen sind die Bilder der Augusttage des Jahres 2002 noch in Erinnerung - jene Tage, die unserem Land Sachsen-Anhalt eine der schwersten Hochwasserkatastrophen seiner Geschichte bescherten. Die Bilder sehen wir noch, doch sie werden unschärfer und sie schwinden mit jedem Tag, der vergeht. Irgendwann sind die Bilder und die damit verbundenen Erinnerungen so verblasst, dass die Menschen wieder beginnen zu glauben, die Natur würde ihnen keinen Schaden zufügen.

Gerade diese allzu menschliche Eigenschaft ist es, die es notwendig macht, Schlussfolgerungen und Lehren, über die unmittelbar nach einer Katastrophe weitestgehend Einigkeit besteht, auch gesetzlich zu normieren.

Nach einer Katastrophe solchen Ausmaßes ist Aufarbeitung unerlässlich - Aufarbeitung nicht mit dem alleinigen Ziel, subjektive Fehler aufzudecken, Entscheidungen infrage zu stellen und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen, Herr Kollege Gärtner, sondern Aufarbeitung mit dem Ziel, objektive, im System angelegte Fehler zu erkennen und zu beseitigen.

Jeder muss wissen, dass menschliche Entscheidungen vor Ort in einer konkreten Situation auch falsch sein können. Davor, also vor menschlichen Fehlentscheidungen, kann uns kein Gesetz der Welt bewahren. Wenn aber festgestellt wird, dass objektive Fehler oder potenzielle Fehlerquellen vorhanden sind, dann ist es die Aufgabe der Politik, diese so weit es geht zu minimieren. Darum geht es auch in dem vorgelegten Gesetzentwurf.

Die FDP-Fraktion hat unmittelbar nach der Hochwasserkatastrophe begonnen, in verschiedenen Expertengesprächen eigene Erkenntnisse für eine neue Katastrophenschutz- und Hochwasserpolitik für Sachsen-Anhalt zu gewinnen. Diese dort gewonnenen Erkenntnisse werden wir in die weiteren Beratungen einfließen lassen.

Einfließen müssen auch die Erkenntnisse aus dem Abschlussbericht des zeitweiligen Ausschusses Hochwasser, der hoffentlich bald vorgelegt wird.

Wir sollten in der Diskussion auch über den Tellerrand hinausschauen und beispielsweise Erkenntnisse sowie gesetzliche Reaktionen des Freistaates Sachsen hinzuziehen. Ich meine damit den aus meiner Sicht brillanten

Bericht der unabhängigen Kommission der sächsischen Staatsregierung unter Leitung von General von Kirchbach und den Gesetzentwurf zur Neuordnung des Brandschutzes, Rettungsdienstes und Katastrophenschutzes im Freistaat Sachsen.

Aus der Sicht der FDP-Fraktion sind drei Handlungsoptionen geboten:

Erstens. Gesetzgeberisches Handeln. Neben der Novellierung des Katastrophenschutzgesetzes sind sicherlich auch weitere Gesetze auf den Prüfstand zu stellen und zu novellieren. In diesem Zusammenhang müssen wir auch klare Regelungen zu dem Instrument Wasserwehr treffen. Dies ist längst überfällig.

Zweitens. Das praktische Handeln. Mit dem Programm zur Deichreparatur und Deichsanierung hat die Landesregierung im Jahr 2002 begonnen, praktischen Hochwasserschutz zu leisten. Dies wird auch in den kommenden Jahren eine wesentliche Aufgabe sein, und zwar - lassen Sie mich dies noch anfügen - nicht nur an Elbe und Mulde, sondern an allen Flussläufen im Land.

Drittens geht es um das ministerielle Handeln. Gemeint sind damit aus unserer Sicht Anleitungen für zukünftige Katastrophenschutzlagen. Ich denke beispielsweise an die Aus- und die Fortbildung der Stäbe und der Helfer, die intensiviert werden muss, und zwar dauerhaft und nicht nur unmittelbar nach einer Katastrophe.

Ich denke an den Bereich der Informationspolitik, also an die Art und Weise der Fassung, der Weitergabe und der Verbreitung von Informationen sowohl vertikal, von der unteren Katastrophenschutzbehörde zum Ministerium, als auch horizontal zwischen den Katastrophenschutzbehörden. Des Weiteren geht es darum zu klären, wie die Weitergabe von Informationen an die Massenmedien zum Zwecke der Verbreitung verbessert werden kann.

Ferner geht es um die Frage, wie mit § 8 des Katastrophenschutzgesetzes umgegangen werden soll, mit dem der Katastrophenschutzstab normiert wird. Wir müssen dabei auch bedenken, dass bei andauernden Katastrophenlagen, die sich über mehrere Tage oder vielleicht über Wochen erstrecken, während der fortgeschrittenen Zeit ebenfalls noch ein leistungsfähiger Katastrophenschutzstab gebraucht wird. Dafür sind sicherlich keine gesetzlichen Normen notwendig, wohl aber Anleitungen aus dem Ministerium.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erst heute, da wir in erster Lesung über die der Novellierung des Katastrophenschutzgesetzes beraten, beginnt die gesetzgeberische Aufarbeitung der Hochwasserkatastrophe im August 2002.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch kurz auf den Kernpunkt der Novelle eingehen, die Zuständigkeiten im Katastrophenfall. Die Neufassung der sachlichen Zuständigkeit in § 2a und die Neufassung der besonderen Aufsichtsmaßnahmen in § 4 des Katastrophenschutzgesetzes sind aus der Sicht der FDPFraktion verbesserungsfähig.

Richtig ist, dass wir klare Unterscheidungen zwischen den Katastrophenschutzbehörden brauchen. Richtig ist, dass das Innenministerium bei länderübergreifenden Katastrophenfällen zuständig ist. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, eines sage ich auch ganz klar: Wir brauchen eine klare Gesetzessprache. Für be

stimmte festzulegende Situationen sind Handlungspflichten zu bestimmen und keine Handlungsoptionen zu eröffnen.

(Zustimmung bei der PDS und bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Ob und, wenn ja, wie das Landesverwaltungsamt dabei eingebunden wird, ist in den Anhörungen und in den Beratungen sicherlich noch genauer zu klären.

Die FDP-Fraktion regt eine Überweisung in den Innenausschuss an. Ich freue mich auf eine intensive Beratung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Kosmehl. - Damit ist die Debatte beendet. Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/1360 ein. Einer generellen Überweisung stand nichts im Wege? - Bitte, Herr Scharf.

Unsere Fraktion hatte es zwar angeregt, aber dann vergessen zu sagen, dass der Gesetzentwurf auch in den zeitweiligen Ausschuss Hochwasser zur Mitberatung überwiesen werden sollte.

Das nehmen wir jetzt zur Kenntnis. - Wir stimmen über die Überweisung in den Ausschuss für Inneres und in den zeitweiligen Ausschuss Hochwasser ab. Ich habe eben vernommen, dass es keine Differenzen mehr gibt. Dann lasse ich darüber zusammen abstimmen.

Wer mit der Überweisung in den Innenausschuss und in den zeitweiligen Ausschuss Hochwasser einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist der Gesetzentwurf in die beiden Ausschüsse überwiesen worden.