Protocol of the Session on March 4, 2004

Wir werden an dieser Stelle selbstverständlich zunächst das gesetzliche Verfahren respektieren und sowohl die Auszählung abwarten und natürlich auch bei allen darauf hinweisen, dass diese Beschlüsse finanzielle Konsequenzen haben.

Diesen Respekt vor dem Gesetz haben wir etwas vermisst, als Herr Gallert gegenüber ddp sagte, die sechs Vertrauenspersonen des Volksbegehrens seien nicht be

fugt, Verhandlungen aufzunehmen, und die PDS warne die Landesregierung davor, einen Volksentscheid zu umgehen.

Meine Damen und Herren! Wir haben kein Interesse daran, irgendwelche Gesetze zu umgehen, aber ich glaube, es ist wichtig, frühzeitig zu sehen, wie die Positionen der einzelnen Gruppierungen aussehen und wo eventuell Möglichkeiten einer Einigung bestehen könnten. Das ist unsere Pflicht und dieser Pflicht werden wir als Landesregierung auch nachkommen.

Meine Damen und Herren! Es handelt sich im vorliegende Fall - das muss noch einmal deutlich gesagt werden - um ein Volksbegehren und nicht um eine Initiative der PDS. Deshalb werden wir auch mit denen verhandeln, die bereit sind, mit uns zu verhandeln.

Einige Hinweise zum zeitlichen Ablauf der Feststellung der Gültigkeit der Stimmen; denn darauf bezieht sich ja immer wieder die Kritik. Man wirft der Landesregierung hierbei eine Verzögerungstaktik vor.

Meine Damen und Herren! Am 20. Februar 2004 haben die Vertrauenspersonen des Volksbegehrens nach eigenen Angaben 38 947 Unterschriftsbogen mit 275 314 Unterschriften beim Ministerium des Innern abgegeben. Bis zum 27. Februar 2004 haben die Initiatoren diese Listen nach Meldebehörden sortiert, so wie es § 17 Abs. 2 des Volksabstimmungsgesetzes vorschreibt.

Um die gültigen bzw. ungültigen Eintragungen festzustellen, erhalten die jeweils zuständigen Meldebehörden diese Listen. Nach den Erfahrungen beim letzten Volksbegehren braucht die Meldebehörde für die Bearbeitung je Unterschriftseintrag drei Minuten. Das bedeutet, dass für tausend Eintragungen etwa 50 Arbeitsstunden benötigt werden.

Nach den Informationen der Initiatoren des Volksbegehrens liegen für Magdeburg über 26 000 und für Halle knapp 24 000 Unterschriften vor. Das heißt im Klartext: Der Arbeitsaufwand bei der Überprüfung der Unterschriften liegt für Magdeburg bei ca. 1 300 und für Halle bei knapp 1 200 Arbeitsstunden. Bei einem Prüfungszeitraum von vier Wochen - so wurde es behauptet - und einer 40-Stunden-Arbeitswoche müssten allein in Magdeburg mehr als acht Personen ausschließlich für diese Tätigkeit eingesetzt werden.

Insgesamt sind im Land für die Prüfung der Unterschriften 13 766 Arbeitsstunden zu leisten. Zu beachten ist außerdem, dass es im Rahmen der Vorbereitung der Europawahl und der Kommunalwahl am 13. Juni 2004 in Sachsen-Anhalt bereits zum jetzigen Zeitpunkt bis zur Wahl durch die Bescheinigung des Wahlrechts und der Wählbarkeit sowie die Erstellung der Wählerverzeichnisse bei unterschiedlichem Wahlrecht zu einer erheblichen Mehrbelastung bei den jeweiligen Meldebehörden kommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Soweit also zum Verwaltungsaufwand bei den Meldebehörden, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wir an dieser Stelle für ihren Einsatz danken sollten, anstatt ihnen langsames Arbeiten oder Verzögerung vorzuwerfen.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einmal zum Kinderförderungsgesetz und zu dem Standpunkt der Landesregierung zurückkommen. Im Mittelpunkt des

Kinderförderungsgesetzes stehen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und ein im Gesetz verankerter Bildungsauftrag. Damit wird in Sachsen-Anhalt eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung auf qualitativ hohem Niveau sichergestellt.

Herr Minister, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Gallert zu beantworten?

Bitte.

Bitte sehr, Herr Gallert.

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, wie lange das Land Thüringen gebraucht hat, um für das dortige Volksbegehren zur Stärkung der plebiszitären Elemente 370 000 Unterschriften auszuwerten?

Da müsste man sehen, wie das dort im Einzelnen geschehen ist und wie viele Unterschriften auf die jeweiligen Orte entfallen sind. Natürlich muss man hier auch die Kommunalwahl und die Europawahl mit berücksichtigen.

Ich weiß nicht, was Sie sagen wollen. Wollen Sie ehrlichen Herzens behaupten, die Meldebehörden vor Ort würden nicht arbeiten? Ich glaube, Sie bewegen sich damit auf einer Ebene, die dem Anliegen des Kinderförderungsgesetzes nicht gerecht wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kley, ich habe Ihnen eine Frage gestellt. Können Sie mir die beantworten? - Offensichtlich nicht. Dann sage ich es Ihnen. Sie haben fünf Arbeitswochen gebraucht, um 370 000 Unterschriften zu kontrollieren.

(Zurufe von der CDU: Sie haben es während der Vorbereitung der Kommunalwahl kontrolliert? - Geht das?)

Meine Damen und Herren! Wir haben Bezug darauf genommen, dass im Rahmen der Umsetzung des Kinderförderungsgesetzes an der einen oder anderen Stelle noch einmal darüber diskutiert werden sollte, wie es weiterentwickelt werden kann. Dieser Aufgabe muss man sich einfach stellen. Eine Gesetzesevaluation gehört zu den verantwortlichen Pflichten.

Wir wissen, dass es an der einen oder anderen Stelle im Moment Diskussionen über die Betreuung von Kindern in überörtlichen Einrichtungen gibt. Aber auch die Frage, wie wir den Bildungsauftrag noch besser umsetzen können, muss hier einfach Raum greifen.

Wir werden selbstverständlich - das haben wir auch schon früher angekündigt - Gespräche mit den Initiatoren des Volksbegehrens, aber auch - ich glaube, das ist besonders wichtig - mit den Kommunen führen; denn

diese setzen das Gesetz um, diese sind von bestimmten Änderungen betroffen und diese sollten an dieser Stelle unbedingt auch Gehör finden.

Wir äußern Respekt vor denen, die das Volksbegehren unterschrieben haben. Ich sagte aber bereits: Wir müssen hier die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger vertreten. Wir werden auch denjenigen Respekt zollen, die die Haushaltslage des Landes als schwierig einschätzen. - Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion erteile ich nun dem Abgeordneten Herrn Kurze das Wort. Bitte sehr, Herr Kurze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zwei große Themen werden uns in den nächsten Monaten beschäftigen. Zum einen geht es um die Frage, wie schaffen wir es, dass die Wirtschaft wieder mehr Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt zur Verfügung stellt.

Zum anderen betrifft es Fragen wie: Wie können wir die ungünstige demografische Entwicklung in unserem Land positiv beeinflussen? Wie können wir den Menschen wieder Mut zur Familiengründung machen? Wie machen wir den Menschen wieder mehr Mut, Kinder in die Welt zu setzen? Alle anderen wichtigen Politikfelder können wir darunter deklinieren. Zum Teil müssen wir sie bewusst diesen beiden Themen nachordnen.

Grundsätzlich setzt die Bundesrepublik Deutschland dafür die Rahmenbedingungen und wir im Land können nur in beschränktem Maße variieren. Familienpolitisch hat die rot-grüne Bundesregierung die Familie in den letzten Jahren entwertet und hat familienpolitische Leistungen für weite Bevölkerungskreise deutlich gekürzt.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Was soll denn das, Herr Kurze?)

Beispielsweise führt die Absenkung der Einkommensgrenzen beim Erziehungsgeld dazu, dass sich die Gewährung von Erziehungsgeld faktisch auf der Leistungsebene von Sozialhilfe bewegt. Ohne Schröder, meine Damen und Herren, würde es allen in Deutschland besser gehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Herr Sachse, SPD: Abschluss!)

Kommen wir nun zum eigenen Land. Wir verfügen in Sachsen-Anhalt über ein noch sehr begrenztes Budget und der Weg in eine höhere Verschuldung ist uns versperrt. Wir sind gezwungen gewesen und werden es auch in Zukunft sein, alle Programme und alle Gesetze auf ihre Effizienz hin zu evaluieren.

Bei der Neufassung des KiFöG haben wir ganz bewusst den Kompromiss mit der SPD gesucht. Damit ist allen Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen-Anhalt deutlich geworden, dieses Gesetz steht auf einer breiten parlamentarischen Mehrheit und es spart dem Land SachsenAnhalt jährlich dringend benötigte 43 Millionen € ein.

Mit der Einführung des KiFöG ist es auch gelungen, die Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt bei zumutbaren Elternbeiträgen dauerhaft auf sichere finanzielle Beine zu stellen und damit bundesweit einen Spitzenplatz zu belegen. Gleichzeitig ist eine neue qualitative Ausrichtung der Kinderbetreuung erfolgt. Wir garantieren einen Betreuungsanspruch - da sollte man genau hinhören - für Kinder im Alter von null bis 14 Jahren.

Als eines der ersten Länder erarbeitet das Land nunmehr ein Bildungsprogramm für Kindertagesstätten. Der Bildungsauftrag selbst ist im KiFöG konkret festgeschrieben worden. Die Bildungsangebote insgesamt kommen allen Kindern zugute, unabhängig davon - so sehen wir das -, ob sie Anspruch auf eine Ganztags- oder auf eine Halbtagsbetreuung haben.

Erstmals ist in einem Gesetz auch die öffentlich geförderte Tagespflege ausdrücklich geregelt worden. Freilich gab es Schwierigkeiten mit der Umsetzung. Mit Neuem tut man sich immer etwas schwer. Es kommt natürlich auch auf die Betrachtungsweise an.

Wir haben uns in Deutschland angewöhnt, bei einem halb vollen Glas stets von einem halb leeren Glas zu sprechen. Es gibt viele Träger von Kindertageseinrichtungen im Land, bei denen die Umsetzung des KiFöG gut klappt. Es gibt aber natürlich auch Träger, die Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieses Gesetz hatten. Mit diesen Schwierigkeiten müssen wir uns noch auseinander setzen.

Die Frage der fremdbetreuten Kinder außerhalb der Wohnsitzgemeinde bedarf nach wie vor einer Klärung. Gleiches gilt hinsichtlich des Umfangs des Rechtsanspruches kranker Eltern.

Aus unserer Sicht ist es aber zumutbar - es sollte auch zukünftig dabei bleiben -, dass Eltern, die zu Hause sind, für ihre Kinder einen Rechtsanspruch auf eine Betreuung von täglich fünf Stunden und nicht auf eine ganztägige Betreuung haben. Dieses reicht aus und ist sowohl im Hinblick auf die Bedürfnisse der Kinder als auch aus familienpolitischer Sicht verantwortbar und vernünftig.

Betrachtet man die Überlegungen der Bundesregierung zur Kinderbetreuung, so stellt man fest, unser KiFöG kann so schlecht, wie es bisweilen geredet wird, gar nicht sein. Bundesfamilienministerin Renate Schmidt beabsichtigt, bis zum Jahr 2010 für jedes fünfte Kind in Deutschland einen Ganztagsplatz in einer Kindertagesstätte zu garantieren.

(Frau Mittendorf, SPD: Das sind die Bedingungen des Programms!)

Zur Finanzierung dieses Programms sollen ab dem Jahr 2005 - Frau Mittendorf, hören Sie genau hin -

(Frau Mittendorf, SPD: Nein! Ist gut!)

jährlich 1,5 Milliarden € zur Verfügung gestellt werden. Wir müssen aber befürchten, dass Sachsen-Anhalt keinen Euro davon abbekommt;

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Woher wissen Sie denn das, Herr Kurze?)

denn wir haben ja schon einen Rechtsanspruch für Kinder im Alter von Null Jahren bis zu dem Alter, in dem sie in die siebente Klasse versetzt werden. Da wird es für uns bestimmt ziemlich eng werden. Dies bedeutet, dass wir das Ziel der Bundesregierung hier vor Ort in Sach