Protocol of the Session on January 23, 2004

Das ist etwas, das mir schon wichtig ist, weil es wahr ist, dass dieses Thema nicht ausgestanden ist - weder bei uns in Deutschland noch international. Antisemitismus ist ein internationales Problem. Wo immer er auftritt, ist er nicht akzeptabel. Es ist aber richtig, dass er bei uns in Deutschland unerträglich ist und dass wir aus gutem Grund noch sensibler sein müssen und noch deutlicher dagegen und auch gegen den Missbrauch argumentieren müssen, wenn wir dafür Anzeichen bemerken.

Ich sage das deswegen, weil wir auch in Sachsen-Anhalt Probleme - auch mit jüdischen Gemeinden - haben. Die gehören nicht hierher. Ich habe aber Vertreter dieser jüdischen Gemeinden empfangen und mir sagen lassen müssen, das, was der Landesrechnungshof dieses Landes gemacht hat, sei glatter Antisemitismus. - Das war es nicht.

Ich habe mir vorwerfen lassen müssen, die Stellungnahme unseres Kultusministeriums sei Antisemitismus und sei im Grunde genommen gegen einen Teil einer in sich zerstrittenen Gemeinde bestimmt gewesen. Ich habe dazu mit aller Deutlichkeit gesagt, dass dies für mich eine Fehlinterpretation des Begriffes ist und dass man ihn so auch bei uns in Deutschland nicht instrumentalisieren darf.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Ich hatte das Glück, mich auf eine Aussage des ehemaligen Direktors des Internationalen Versöhnungszentrums in Coventry beziehen zu können, die ich wenigstens kurz zitieren möchte. Er stellte die Frage: „Dürfen Deutsche Israel kritisieren?“ Herr Dr. Fikentscher ist auch darauf eingegangen. Er antwortete: Um Himmels willen, warum denn nicht? Das Schreckliche, das Deutsche den Juden vor 60 Jahren angetan haben, hat mit der heutigen israelischen Politik nichts zu tun. Daraus den Schluss zu ziehen, Deutsche müssten schweigen, wenn sie glauben, dass wir Unrecht begehen, ist unmoralisch.

Ich möchte nur sagen: Wir müssen uns auf jeden Fall auch eine gewisse Unbefangenheit gestatten und das Thema freihalten von gegenseitigen Verdächtigungen. Dazu gehört auch, das Thema von gegenseitigen parteipolitischen Verdächtigungen und Unterstellungen freizuhalten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte es ganz deutlich sagen. Die Affäre Hohmann hat der CDU geschadet. Das wissen wir selbst. Andere Parteien haben auch schon ihre Affären gehabt. Daraus versuchen die anderen dann immer Honig zu saugen. Deswegen war es mir auch wichtig, die Äußerungen eines Mitgliedes unseres Landesverbandes nicht falsch interpretieren zu lassen und dort richtig zu stellen, wo sie richtig gestellt werden mussten.

Herr Kupke - das möchte ich klar sagen - hat sich vor allen Dingen zum innerparteilichen Prozedere geäußert, das er und einige andere auch als nicht richtig und angemessen empfunden haben. Wie wir mit und unter uns mit solchen Problemen umgehen, das darf schließlich nicht unbedingt ein Thema eines Verfassungsorgans, weder in diesem Land noch in einem anderen Land, werden. Das wäre eine unangemessene Aufarbeitung eines solchen Problems - nicht der Inhalt. Aufgrund dieser Unterschiede, denke ich, musste das an dieser Stelle, weil die Diskussion so sachlich, ruhig und angemessen war, klarstellend gesagt werden.

Ich habe den Vertretern der jüdischen Gemeinden gesagt, wir sind dankbar, dass es sie wieder in SachsenAnhalt gibt. Interne Probleme müssen auch bei uns nach dem geltenden Recht geregelt werden. Wir - dazu bekenne ich mich und deswegen möchte ich dies auch hier sagen - betrachten die Existenz jüdischer Gemeinden in Sachsen-Anhalt als einen Vertrauensbeweis in unsere Demokratie. Deshalb halte ich es auch für angemessen, wenn wir die Regeln unserer Demokratie auch in diesem

Bereich gelten lassen. Ich hoffe und wünsche mir sehr, dass sie unser Land als ihre Heimat begreifen und dass wir alles tun, was ihnen dabei hilft. Dazu gehört auch, dass wir uns vor der missbräuchlichen Verwendung eines Begriffes gegenseitig bewahren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Herr Ministerpräsident, würden Sie noch eine Nachfrage des Abgeordneten Herrn Gallert beantworten?

Herr Böhmer, gerade Ihre letzten Worte haben eine Frage bei mir aufkommen lassen, die ich Ihnen hier auch stellen möchte. Wir haben offensichtlich bei dem Inhalt dieses Antrages einen relativ breiten oder fast vollständigen Konsens in diesem Saal. So zumindest waren die Fraktionspositionen zu verstehen. Deswegen muss ich auch ganz ehrlich sagen: Die Frage der Einbringung ist für mich nicht so wichtig wie die Frage der Zustimmung.

Mein Problem mit Ihrer Rede war: Was ist eigentlich das Problem in Sachsen-Anhalt, das wichtigste, das zentrale, auf das wir uns hier konzentrieren sollten, die Gefahr des Antisemitismus oder der aus Ihrer Sicht überzogene Vorwurf?

Das ist eine relativ rhetorische Frage. Denn die Frage des Antisemitismus kann nur dort ehrlich behandelt werden, wo sie vor Missbrauch bewahrt wird.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Herr Dr. Fikentscher, Sie können noch einmal erwidern.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Noch ein paar kurze Bemerkungen dazu. Wir freuen uns, dass unser Antrag offensichtlich eine so breite, fraktionsübergreifende Zustimmung findet. Ich verstehe in gewisser Weise, dass gesagt wurde, Sie hätten es lieber gesehen, wenn ein Antrag aller Fraktionen zustande gekommen wäre. Dies kann man unterschiedlich sehen. Aber ich habe auch mit etwas Verwunderung in der letzten Woche festgestellt, dass mit dem Ansinnen zu einem solchen gemeinsamen Antrag niemand auf uns zugekommen ist.

(Zuruf von Herrn Schröder, CDU)

Wir hatten ja schon Fälle, in denen jemand gesagt hat: Wir treten Ihrem Antrag bei wegen des Konsenses oder wir beteiligen uns daran. Darüber hätte man reden können. Das ist kein Vorwurf an Sie; nur weil Sie sich in dieser Richtung geäußert haben. Eine gewisse Verwunderung kann ich dann zurückgeben.

Ich freue mich, dass inhaltlich von allen so gesprochen worden ist, wie es sich bei diesem Thema im Grunde genommen fast von selbst versteht.

Ich freue mich auch, dass der Ministerpräsident dazu noch Stellung genommen hat; denn zunächst war ja von dem, was wir als Antwort von Ihrer Seite erwartet haben, überhaupt nicht die Rede. Das hätten wir dann auch ganz gern gehört.

Herr Ministerpräsident, Sie sagten, dass es sicherlich richtig sei, dass man, wenn eine solche Diskussion in einer Partei oder wo auch immer auftritt, sie möglichst intern und nicht an der Öffentlichkeit diskutieren sollte. - Aber in diesem speziellen Fall hatten wir eine öffentliche Diskussion. Die ist nicht von uns, von niemandem von uns in die Öffentlichkeit gebracht worden, sondern von den Betreffenden selbst. Und in diesem Fall wäre es dann doch wünschenswert gewesen, dass man der Öffentlichkeit gegenüber wenigstens das Ergebnis dieser internen Diskussion gesagt hätte. Dann wäre einiges, was wir heute hier besprochen haben, vielleicht bereits vorher aus der Welt geschafft worden.

Kurzum: Ich freue mich darüber, dass wir diesen breiten Konsens in unserem Landtag haben. Es ist auch, glaube ich, richtig, dass wir dieses Thema in unserem Landtag noch einmal aufgegriffen haben, und ich wünschte mir nur, dass wir es in Sachsen-Anhalt nicht in so relativ kurzen Abständen nötig hätten, ein solches Thema zu behandeln. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Danke. - Damit ist die Debatte beendet und wir werden jetzt über den Antrag in der Drs. 4/1304 abstimmen. Wer dem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Antrag einstimmig angenommen und wir können den Tagesordnungspunkt 17 verlassen.

Meine Damen und Herren! Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung

Einflussnahme der Länder auf Emissionsrechtehandel stärken

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/1316

Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/1338

Ich bitte zunächst Herrn Gürth, für die einbringenden Fraktionen das Wort zu nehmen.

(Herr Gürth, CDU: Ich bin Schlussredner!)

- Ah ja. Und darf ich hören, wer von Ihnen jetzt spricht?

(Herr Gürth, CDU: Herr Ruden!)

- Bitte, Herr Ruden, dann nehmen Sie das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Rahmen der UN-Klimakonvention von Kyoto wurde im Dezember 1997 festgelegt, dass die Staaten für den Zeitraum bis 2012 Emissionsziele für Treibhausgase zugewiesen bekommen. Diese Ziele sollten mit einem internationalen Emissionsrechtehandelssystem auf die Ebene der Ver

tragsstaaten umgebrochen werden. Im Dezember 2002 beschloss dann der Rat der EU-Umweltminister, dass dieses Emissionsrechtehandelssystem auf die Unternehmensebene heruntergebrochen wird und bezogen wird, um es dann überhaupt praktikabel handhaben zu können.

Danach wurde im Juli 2003 die EU-Richtlinie „System für den Handel mit Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Gemeinschaft“ beschlossen - ein Wortungetüm, mit dem wir uns hier weiterhin herumplagen müssen.

Die nationale Umsetzung dieser Richtlinie wurde mit dem Entwurf des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes - abgekürzt TEHG - am 17. Dezember 2003 im Bundeskabinett beschlossen. Das ist also eine relativ kurze Zeitstrecke, mit der das Ziel der UN-Klimakonvention umgesetzt werden soll.

Grundsätzlich wird von uns das System des Emissionsrechtehandels als marktwirtschaftliches Umweltinstrument begrüßt. Seine Umsetzung in die föderalen Strukturen der Bundesrepublik Deutschland durch die Bundesregierung lässt allerdings zu wünschen übrig. Hauptkritikpunkt ist die Verteilungsgerechtigkeit bei der Zuteilung von Emissionsrechten für die Betriebe in den neuen Ländern, aber auch für neu errichtete Betriebsanlagen in den alten Ländern.

Im bisherigen Bemessungszeitraum, vom Jahr 1990 an gerechnet, haben die Betriebe im Osten immerhin 90 % der Gesamteinsparung an Emissionen in der Bundesrepublik erbracht. In Sachsen-Anhalt wurden zum Beispiel die CO2-Emissionen aus dem Energieverbrauch von knapp 60 Millionen t im Jahr 1990 auf 26,4 Millionen t im Jahr 2001 gesenkt. Die modernen Unternehmen haben danach mit ihrer hohen Zertifikation kurz- und mittelfristig kaum noch Möglichkeiten, ihre Emissionen durch kostengünstige Maßnahmen zu senken.

Dem gegenüber steht die Situation der noch nicht mit neuester Technologie ausgerüsteten Betriebe, weitestgehend im Westen. Wenn also bis zum 31. März des Jahres das Gesetz über den nationalen Zuteilungsplan für diese Zertifikate und bis zum Juni dieses Jahres das TEHG ohne Länderbeteiligung verabschiedet werden soll, kann keine gerechte Grundlage für den Emissionshandel geschaffen werden. Das ist unsere feste Überzeugung.

Es müsste im TEHG verankert werden, dass das Gesetz über den nationalen Zuteilungsplan für die Zertifikate nur mit Zustimmung des Bundesrates ergeht. Es kann nicht sein, dass der Bundesumweltminister die Einsparpotenziale der verschiedenen Bundesländer einfach in einem Topf wirft, ohne die Länderinteressen ausreichend zu berücksichtigen.

Mit unserem Antrag, meine Damen und Herren, wollen wir also neben dem Problem der Verteilungsgerechtigkeit auch die föderale Mitbestimmung durch den Bundesrat einfordern. Oder was soll es bedeuten, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, wenn Sie zwar die Landesregierung zum Handeln auffordern, ihr aber kein Gremium zuweisen, in dem sie auftreten soll? Briefe an den Umweltminister, wie in dem Fall eines Briefes der ostdeutschen Umweltminister, warten beim Bundesumweltminister erst einmal fünf Monate, bis sie ablehnend beantwortet werden. Das kann also nicht die Methode eines fairen Umgangs mit den Ländern sein.

Wir müssen uns Gehör verschaffen. Deswegen der Antrag, den Bundesrat damit zu befassen.

Natürlich wissen wir auch, dass die von der EU gesetzte Frist für die Umsetzung der EU-Richtlinie ab dem 1. Januar 2005 für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich ist. Was sollte uns aber davon abhalten, diese Frist als unzureichend für die Einführung eines derartigen Paradigmenwechsels in der Umweltpolitik anzumahnen? Genau das wollen wir mit dem Antrag tun. Für die Einführung des Dosenpfandes und der Maut gab es schließlich auch Fristen, die jämmerlich an der Realität gescheitert sind.

Deshalb bitte ich Sie, meine Damen und Herren, um Zustimmung zu dem Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Qual, FDP)