Ich sage Ihnen auch, weshalb es unerträglich ist, und dazu stehe ich auch: weil der Bund nach Gutsherrenart gehandelt hat.
Er hat sich mit keinem der Länder auseinander gesetzt. Wir haben es aus der Presse erfahren, dass der Bund das macht, und das kann es doch wohl nicht sein. Egal wer in Berlin regiert, so können wir mit uns nicht umgehen lassen. Deshalb diese Aktuelle Debatte, damit wir darauf hinweisen.
Ich habe einen Brief an Bundesminister Stolpe geschrieben. Ich darf Ihnen kurz einige Passagen daraus verlesen. Ich hoffe, dass Sie diesbezüglich mit mir übereinstimmen. Ich zitiere mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin:
„Der deutlich gewordene öffentliche Unmut wurde vom sachsen-anhaltinischen Landtag aufgegriffen und führte zum beiliegenden Beschluss, der Landesregierung die Empfehlung zu geben, die Zustimmung zu der beabsichtigten Erhöhung der Nahverkehrspreise zu versagen. Die darin aufgeführten Gründe stimmen mit der Auffassung der Landesregierung überein.
Da die Entscheidung über die Tarifgenehmigung entsprechend dem Verfahren nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz an Sie übergegangen ist, möchte ich darauf hinweisen, dass der Tarifantrag, abgesehen von der fehlenden Transparenz, eine unverständliche verkehrspolitische Entscheidung darstellt. Der gerade im Nahverkehr augenfällige Nachholbedarf im Netz, bei den Fahrzeugen und bei den Bahnhöfen wird darin außer Acht gelassen.
Ich möchte Sie bitten, Ihre Einflussmöglichkeiten auf das Unternehmen zu nutzen. Anmerken möchte ich, dass der aktuelle Problemfall noch einmal die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Einvernehmensvorschrift des Allgemeinen Eisenbahngesetzes bei Tarifänderungen der DB darstellt.“
Jetzt, meine Damen und Herren, sollten wir uns darüber verständigen, ob wir a) die Möglichkeit nutzen, auf der nächsten Verkehrsministerkonferenz - das ist unsere Sache - das Thema anzusprechen und b) uns im Rahmen des Bundesrates darüber unterhalten, wie wir von dieser Kalamität wegkommen, damit wir nicht im nächsten Jahr wieder hier stehen und eventuell darüber diskutieren, ob 2,1 oder 2,8 %.
Das ist die Aufgabe und die sollten wir gemeinsam lösen. Deshalb ist es richtig gewesen, denke ich, dass die Koalitionsfraktionen diesen Antrag auf eine Aktuelle Debatte gestellt haben. Wir wollen darauf hinweisen, dass ein Webfehler vorhanden ist. Dieser Webfehler muss beseitigt werden. Das werden wir hinzubekommen versuchen.
Welche Schlussfolgerungen sind aus dieser Situation zu ziehen? Das Allgemeine Eisenbahngesetz bestimmt, dass im Falle eines Rechtsstreites zu Tarifmaßnahmen der Antragsteller bei negativem Ausgang Gefahr läuft, gegenüber der DB AG für entgangene Einnahmen schadensersatzpflichtig zu sein. Es übersteigt das verantwortbare Prozessrisiko, wenn das Land Sachsen-Anhalt quasi stellvertretend für alle seinen Standpunkt gerichtlich überprüfen lassen würde. Ich sage das auch, weil die Frage als Vorwurf gekommen ist, warum wir nicht hingegangen sind.
Meine Damen und Herren! Vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand. Dass das kleine Land Sachsen-Anhalt das Prozessrisiko trägt und nachher vielleicht die Prozesskosten zu tragen hat, ist nicht möglich. Wir müssen Mehrheiten dafür suchen, sodass wir eventuell vor Gericht antreten können.
Es war von Anfang an nicht unsere Absicht, in einen langwierigen Rechtsstreit einzutreten. Unsere Verweigerung zielt auf die verkehrspolitische Verantwortung des Bundes. Ihm muss bewusst sein: Jedes Drehen an der Preisspirale bedeutet, weitere Fahrgäste von der Schiene zu vertreiben. In der Folge werden gerade im Nahverkehr Strecken unter die Wirtschaftlichkeitsgrenze rutschen, die dann vom Land abgestellt werden müssen. Letztlich werden Arbeitsplätze gefährdet und der Verkehrsträger Straße wird weiter belastet.
Unsere Forderung sollte sein, dass die Bundesregierung alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzt, um zu verhindern, dass die DB AG weiter an der Preisspirale dreht. Angesichts der Ankündigung der DB AG, dass sie in ihren Kalkulationen von einer jährlichen Steigerung der Nahverkehrstarife um 2 % ausgeht, ist es an der Zeit, über die Sinnhaftigkeit - ich wiederhole mich, aber
Das ist das Ergebnis, und ich denke, dass sich das Hohe Haus, dass wir uns gemeinsam, also auch mit den Fraktionen, darüber verständigen sollten. Ich werde diese Frage jedenfalls bei den Länderkollegen ansprechen, und ich hoffe, Herr Doege, dass die Länderkollegen, die die SPD-Regierungen stellen, auch mitmachen, dass wir den Mut haben, das Allgemeine Eisenbahngesetz so zu ändern, dass wir Einfluss haben, oder der Bund sagt, dass er es ganz allein macht. Dann können wir uns die Diskussion sparen.
Letzteres wäre, denke ich, nicht der richtige Weg. In einem föderalistisch angelegten System wie in Deutschland müssen wir vor Ort mitreden; denn wir haben die Probleme vor Ort zu lösen und wir bekommen die Briefe über Unpünktlichkeit und über vieles andere mehr.
Letzte Anmerkung zum Verkehrsvertrag, meine Damen und Herren: Wir werden zum Ende des Jahres Geld wiederbekommen. Bei mangelnder Sauberkeit oder Unpünktlichkeit der Züge - all das wird registriert - muss die Bahn schon Rückzahlungen vornehmen. Aber es kann doch nicht das Ziel sein, dass wir am Ende des Jahres 2 oder 3 Millionen € bekommen, aber die Züge fahren unpünktlich und sind in einem Zustand sind, den wir alle nicht haben wollen. Deshalb ist, meine Damen und Herren, wenn wir über unsaubere Züge reden, noch eine Frage sehr wichtig: Wer ist denn dafür verantwortlich?
Für die Reinigung ist die Bahn oder der Betreiber verantwortlich, aber dafür, wie die Züge aussehen, ist die Gesellschaft verantwortlich, meine Damen und Herren. Deshalb müssen wir auch einmal darauf hinweisen, dass es kein Kavaliersdelikt mehr ist, wenn die Züge und Bahnhöfe verschmutzt werden,
sondern dass es wirklich höchste Zeit wird, dass wir erzieherische Maßnahmen einleiten. Es sind unsere Gelder, die dafür verwendet werden müssen, dass die Züge in Ordnung gebracht werden.
Wenn ich mir die Bahnhöfe anschaue, die mit hohem finanziellen Aufwand saniert worden sind, und diese Wandschmierereien sehe, meine Damen und Herren, dann muss ich sagen, dass es höchste Zeit ist, dass die Innenpolitiker und die Rechtspolitiker reagieren und wir dafür wirklich schärfere Strafen einführen. Ich könnte sagen, jeder, der es verursacht hat, sollte es auch wieder beseitigen. Auch das wäre möglich.
Wenn ich sehe, dass auf Bahnhöfen Behindertenaufzüge vier Wochen nach dem Einbau schon wieder zerstört sind und nicht mehr benutzt werden können, meine Damen und Herren, dann ist das ein gesamtgesellschaftliches Problem. Da sind wir hoffentlich alle wieder in einem Boot. - Herzlichen Dank.
Danke, Herr Minister. - Damit ist das dritte Thema der Aktuellen Debatte beendet. Da Beschlüsse in der Sache nicht gefasst werden, verlassen wir den Tagesordnungspunkt 23 und fahren mit dem Tagesordnungspunkt 16 fort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die bisherigen Reformgesetze haben den Arbeitsmarkt bei uns nicht entlastet - das sagte der Arbeitsminister von Mecklenburg-Vorpommern Helmut Holter nach einem Treffen mit seinen ostdeutschen Amtskollegen. Nach der Auffassung der Minister bzw. deren Staatssekretäre haben weder Personalserviceagenturen noch Minijobs oder das Kreditprogramm „Kapital für Arbeit“ im Osten bisher eine positive Wirkung entfaltet.
Mit dieser Einschätzung werden die Antworten, die die PDS-Fraktion auf ihre entsprechende Große Anfrage erhalten hat, bestätigt. Die Einschätzung trifft auch dann noch zu, wenn man sich die Informationen der Arbeitsämter zu den Arbeitsmarktzahlen im Monat Oktober 2003 näher ansieht. Nach diesen Informationen setzt sich der Rückgang der Arbeitslosenzahlen zum Beispiel im Arbeitsamtsbezirk Halle auch im Oktober 2003 fort.
Ich will am Beispiel des Arbeitsamtsbezirkes Halle die Zahl der Abgänge aus der Arbeitslosigkeit deutlich machen. Im Berichtsmonat Oktober 2003 sind im Arbeitsamtsbezirk Halle ca. 6 900 Menschen aus der Arbeitslosigkeit abgegangen. Davon haben ca. 2 500 Menschen eine Erwerbstätigkeit aufgenommen, ca. 1 000 haben eine Ausbildung begonnen und der „Rest“ - das sind 3 250 Menschen - hat sich in „Sonstige“ - Nichterwerbstätigkeit - abgemeldet, ist schlicht aus der Statistik verschwunden - wohin und auf welchem Weg auch immer.
Noch interessanter wird der Vergleich mit dem Vorjahr. Insgesamt sind bis Oktober 2003 61 357 Männer und Frauen aus der Arbeitslosigkeit abgegangen. Das waren 4 766 Menschen mehr als im Vorjahr. Es konnten also mehr Menschen von der Arbeitslosigkeit befreit werden. Davon ist allerdings mehr als die Hälfte der Menschen - das sind 30 780 - in die Nichterwerbstätigkeit verschwunden. Das sind 6 550 Menschen mehr als im Vorjahr.
Man kann mit Fug und Recht sagen, dass ein großer Teil des Rückgangs der Arbeitslosenzahl auf Abgänge aus der Statistik zurückzuführen ist.
Der Zusammenhang mit den neuen Gesetzen mit verschärften Zumutbarkeits- und Sperrzeitregelungen lässt sich nur schwer leugnen.
Nun sind die nächsten Reformen auf dem Arbeitsmarkt auf dem Weg und im Vermittlungsverfahren des Bundesrats angekommen. Der Landtag ist gut beraten, sich in diese Diskussion einzumischen und der Landesregie
rung die Anliegen insbesondere der arbeitslosen Bürgerinnen und Bürger von Sachsen-Anhalt mit auf den Weg in das Vermittlungsverfahren zu geben. Wir haben das bereits heute und auch gestern getan; wir haben über die Zukunft des Sozialhilferechts und über die Gemeindefinanzen diskutiert.
Der Antrag der PDS zielt erstens darauf, eine gesetzliche Regelung, eine gesetzliche Zusage für eine dauerhafte Finanzierung von öffentlich geförderter Beschäftigung einzufordern. Das halten wir mindestens aus zwei Gründen für nötig. Angesichts des anhaltend bestehenden Arbeitsplatzdefizits insbesondere in den neuen Bundesländern sind öffentlich geförderte Beschäftigung und der zweite Arbeitsmarkt unverzichtbar.
Wir haben schon oft über die Notwendigkeit einer schnelleren, passgenaueren, effizienteren usw. Vermittlung diskutiert. Eine Frage konnte dabei nie beantwortet werden: Woher soll man die für eine solche Vermittlung notwendigen Arbeitsplätze in ausreichender Zahl nehmen?
Das ständige Hin und Her in Bezug auf den zweiten Arbeitsmarkt muss endlich aufhören. Das ständige Infragestellen von ABM und anderen Maßnahmen verunsichert nicht nur die Arbeitslosen, sondern auch viele Träger von Projekten, die auf solche Maßnahmen sehr wohl angewiesen sind.
Deshalb brauchen wir eine gesetzliche Zusage für den zweiten Arbeitsmarkt, und zwar solange dieser noch gebraucht wird. Wenn Maßnahmen der Wirtschaft oder gesetzliche Maßnahmen, wie beispielsweise eine wirksame Verkürzung der Arbeitszeit oder ein wirksamer Abbau von Überstunden - ich könnte noch weitere nennen -, erst einmal gegriffen haben und den zweiten Arbeitsmarkt überflüssig machen, dann kann diese Regelung gern wieder gestrichen werden.
Außerdem soll die steuerfinanzierte Beschäftigungsförderung im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vorrangig besonders strukturschwachen Regionen zugute kommen, das heißt Regionen, in denen die Arbeitslosenquote in den letzten sechs Monaten im Durchschnitt mindestens 50 % über der Arbeitslosenquote des Bundesgebiets liegt. Das betrifft wiederum Arbeitsmarktinstrumente, die mit der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe ausdrücklich den Empfängerinnen des neuen Arbeitslosengeldes II zur Verfügung stehen sollen.
Wir wollen zweitens eine Sicherung der aktiven Beteiligung der Arbeitsmarktakteure vor Ort bei der Planung und Durchführung von Arbeitsmarktmaßnahmen sowie mehr Mitspracherechte der Länder bei der Gestaltung der regionalen Arbeitsmarktpolitik. Diese Forderung haben sowohl die ostdeutschen Arbeitsminister als auch die Länder Bremen, Nordrhein-Westfalen, RheinlandPfalz und Schleswig-Holstein erhoben.
Die Probleme bei einer Zentralisierung der inhaltlichen Ausrichtung von Arbeitsmarktpolitik macht ein Beispiel aus dem Bereich Weiterbildung deutlich. Die so genannten Trainingsmaßnahmen wurden in Nürnberg in Bezug auf deren Maßnahmeinhalte komplett standardisiert. Es wurde ein Modulkatalog entwickelt, aus dem die Arbeitsämter ihre „Wunschmaßnahmen“ für 2004 zusammenstellen und den Landesarbeitsämtern mitteilen konnten.
Die Landesarbeitsämter haben dann diese Maßnahmen in entsprechenden Größenordnungen, also für 1 500 bis 2 000 Teilnehmerinnen, ausgeschrieben, die in drei Arbeitsamtsbezirken gesucht werden müssen und wobei der Träger 15 Standorte in beiden Ländern haben soll.