Protocol of the Session on November 21, 2003

(Beifall bei der SPD - Frau Budde, SPD: Gefähr- dete Projekte!)

Heute nun diese Initiative Mitteldeutschland - wieder eine Ankündigung, die bisher nicht gegriffen hat. Nach dem, was ich jetzt über Ihr Treffen in Merseburg gelesen und gehört habe, kann ich nur sagen, das war ein Begräbnis erster Klasse. Auf dem Grabstein müsste stehen: Bemüht haben wir uns, mehr ist nicht geworden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Soweit die Initiative Mitteldeutschland sich auf wirtschaftliche Zusammenarbeit bezieht - darum ging es gerade in dem Beitrag von Herrn Lukowitz -, ist nach meiner Meinung bisher gar nichts erreicht worden. Was Sie eben nannten, ist alles zu unserer Zeit gemacht worden, etwas Neues ist nicht passiert. Es war von Anfang an naiv anzunehmen, dass die natürlichen Standortvorteile der einzelnen Länder praktisch aufgehoben würden und dass einzelne Länder zugunsten der anderen verzichten würden.

Ich habe gerade gelesen, dass AMD in Dresden eine neue Chipfabrik bauen wird. Ich habe nicht gehört, dass die Dresdner gesagt haben: Magdeburg, ihr habt große Probleme, ihr habt die höhere Arbeitslosigkeit - wollt ihr nicht die Firma haben?

(Zuruf von der CDU: Das ist doch realitätsfern! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)

- Natürlich ist das realitätsfern. Aber was ist denn dabei bisher herausgekommen? - Nichts. Das, was wir gemacht haben, war konkret.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU und bei der FDP)

- An Ihren Protesten merke ich auch, dass es unfair wäre, wenn ich jetzt solch eine Uneigennützigkeit fordern würde. Deshalb komme ich zu dem, wo Sie konkret etwas machen können, zu dem konkreten Regierungshandeln, das die Verwaltung betrifft. Dazu haben wir eben schon einige Dinge gehört und dazu muss ich noch etwas sagen.

Sie haben gesagt: Wir hatten einen Katalog, der 17 Punkte umfasst hat und Prüfaufträge enthielt. Wer schon einmal Koalitionsverhandlungen usw. geführt hat, weiß, was Prüfaufträge bedeuten, nämlich: Versenkung erster Klasse.

(Zurufe von Herrn Tullner, CDU, und von Minister Herrn Dr. Daehre)

Sechs Punkte sind übrig geblieben. Sie sprachen ständig von Staatsverträgen. Wozu brauchen wir Staatsverträge? Es wurde zum Beispiel vereinbart, dass ein Vertrag zur Nutzung des Haftkrankenhauses in Leipzig abgeschlossen werden soll. Das nutzen wir seit der Wende. Dafür brauchten wir keinen Vertrag; wir haben es einfach gemacht.

(Zustimmung bei der SPD)

Oder: Was ist aus der Zusammenlegung der Gerichte geworden? Das wurde ganz groß verkauft. Plötzlich hört man nichts mehr davon. Die Idee war nicht schlecht. Die Gerichte sind zentral gelegen. Bei uns waren zwei Präsidentenstellen vakant. Man hätte es probieren können. - Erledigt, geht nicht.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

In Heyrothsberge bauen wir für die Feuerwehr zurzeit mit Mitteln in Höhe von 15 Millionen € das modernste Übungsgelände Deutschlands. Was steht dazu in dem Papier? - Es besteht kein Interesse bei den anderen;

eine Zusammenarbeit wird nicht verfolgt. Hiermit hätten wir die Chance gehabt, die Leute nach Heyrothsberge zurückzuholen, die früher einmal dort waren.

(Beifall bei der SPD)

Dann lese ich etwas ganz Interessantes. Es gab einen Vorschlag aus Leipzig und Halle, eine gemeinsame Sparkasse zu bilden. Das wäre eine der größten Sparkassen Deutschlands gewesen. Die Sachsen waren dafür; aber Sachsen-Anhalt will das nicht. Aus dem Finanzministerium kam die Nachricht: Wir wollen das nicht. Warum eigentlich nicht?

Das sind konkrete Beispiele. In diesen Bereichen kann man konkret etwas machen. Aber es wurde nichts gemacht.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Minister Herrn Dr. Daehre)

Weiterhin lese ich in einem Interview oder in einem Statement des Ministerpräsidenten, dass bilaterale Kooperationen - also Kooperationen zwischen zwei Ländern - eigentlich sinnvoller seien. Es ist ganz klar, warum Sie das sagen: Thüringen ist de facto ausgestiegen und nun versuchen Sie, mit Sachsen noch etwas zu retten.

Warum passiert das alles? - Weil sich - das hat der Beamte Herr Demuth in dem legendären Artikel geschrieben - die politische Klasse, die Führung, die Ministerpräsidenten, die Landesregierungen nicht gegenüber ihrer Ministerialbürokratie behaupten können; denn diese blockiert alles. Es wurde vorhin schon angedeutet, der Antrag solle nicht in den Innenausschuss überwiesen werden. Der Grund dafür ist sehr interessant. Hierbei ist nämlich eines passiert: Zur Frage der Behördenzusammenlegungen kam nur Ablehnung. Jeder Beamte sagt, das geht nicht, das geht nicht, das geht nicht. Dann kommt ein solches Papier heraus, wie wir es jetzt haben. Es wird de facto nichts umgesetzt.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD - Minister Herr Dr. Daehre: Die waren zu lange unter eurer Führung!)

- Wir haben genug gemacht. In den Bereichen, in denen Sie jetzt Verträge unterschreiben, haben wir schon längst zusammengearbeitet.

(Herr Gürth, CDU: Oh! - Zuruf von Herrn Stahl- knecht, CDU - Unruhe bei der CDU)

- Warten Sie bitte. - Es gab eine Arbeitsgruppe der Länder zur Zusammenlegung von Behörden und von Ämtern. Herausgekommen ist dabei nichts.

(Herr Gürth, CDU: Eben!)

Die Sache ist praktisch gescheitert, weil man nicht bereit war zu geben und zu nehmen.

(Herr Gürth, CDU: Ja, eben!)

Es ist doch ein Geschäft: Der eine bietet das an und der andere das. Weil das nicht funktioniert hat, kommt jetzt überall Kooperation heraus - mehr nicht. Das, was einmal Fusion sein sollte, heißt jetzt Kooperation. Das ist der Beginn des Ausstiegs aus der Initiative Mitteldeutschland in Bezug auf diesen Bereich.

(Zuruf von Herrn Schröder, CDU)

Herr Althaus hat auf einen Punkt hingewiesen, und zwar auf die Vorabsprachen für den Bundesrat, auf die Zusammenarbeit dort. Ich habe diesbezüglich bisher nicht

so viel erlebt. Ich dachte, nun würden Sie gemeinsam viele Bundesratsinitiativen starten. Nein, der eine startet, der andere läuft hinterher, wie zum Beispiel bei Rosenholz.

Ferner sagt Herr Althaus: Wir müssen die Steuerreform vorziehen. Von Sachsen-Anhalt kommt etwas anderes. Viel Kooperation sehe ich dabei nicht.

Weiterhin gab es die Geschichte, die Sie erwähnten, mit Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt zur Verlängerung der Geltung des Investitionszulagengesetzes. Das war eine Initiative von Mecklenburg-Vorpommern, der wir uns einfach angeschlossen haben. Also so gut läuft das alles nicht.

Ich wäre froh, wenn die Zusammenarbeit zwischen den Ländern in Mitteldeutschland besser funktionieren würde, wenn wir in der Wirtschaft besser zusammenarbeiten könnten, wenn wir gemeinsam etwas für die Länder tun könnten, wenn wir gemeinsame Ämter führen könnten.

Dabei sehe ich aus der Sicht der SPD-Fraktion eines ganz klar: Wir müssen alle Regionen und nicht nur die Südregionen in Sachsen-Anhalt im Auge behalten. Wir müssen für alle Regionen im Lande etwas tun und müssen sehen, dass wir auch mit anderen Ländern, mit Brandenburg und mit Mecklenburg-Vorpommern, kooperieren;

(Beifall bei der SPD)

denn ich sehe die Altmark nicht in der Zusammenarbeit mit dem Erzgebirge. Dabei bietet es sich eher an, in Richtung Brandenburg zu schauen. Havelberg schaut dort hinüber.

(Zuruf von Herrn Schulz, CDU)

Das ist in der Diskussion in der letzten Zeit vernachlässigt worden. Ich werbe für die anderen Regionen, die bisher außen vor sind.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Stahlknecht, CDU: Weil es rot ist! - Unruhe)

Herr Dr. Püchel, es war eine Redezeit von lediglich fünf Minuten vereinbart.

(Unruhe)

Ich komme zum Ende. - Wir stehen für eine konstruktive Debatte bereit. Wir sehen die Vorteile, die eine solche Initiative haben kann. Wir sehen aber auch, dass bisher nichts passiert ist. Deswegen wäre ich dafür, dass wir im Landtag weiter darüber debattieren. Ich bin auch dafür, dass im Innenausschuss und nicht nur in den anderen Ausschüssen darüber gesprochen wird. Der Innenausschuss spielt schon eine wichtige Rolle dabei. Er sollte wahrscheinlich außen vor bleiben, weil er vielleicht einiges klarer sieht als die anderen Ausschüsse.

(Oh! bei der CDU - Zuruf von Minister Herrn Dr. Daehre)

Für mich hätte dabei der Wirtschaftsausschuss das Prä. Federführend soll der Wirtschaftsausschuss sein. Es geht in erster Linie darum - das gibt auch das Papier wieder -, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit verbessert wird.

Zu der Frage der Einsetzung eines Ausschusses oder einer Arbeitsgruppe kann ich nur sagen - Herr Lukowitz hat den Herrn Ministerpräsidenten in diesem Zusammenhang schon korrigiert -: Herr Ministerpräsident, ich weiß nicht, ob Sie nicht mitbekommen haben, was im Ältestenrat abgelaufen ist. Der Präsident hat vor der Sommerpause vorgeschlagen, dass die Parlamente in der Frage Mitteldeutschland ähnlich wie die Landesregierungen enger zusammenarbeiten sollten. Ich habe mich extra mit meinen Kollegen Fraktionsvorsitzenden in Sachsen und Thüringen getroffen, um das auszuloten. Wir waren bereit und haben gesagt: Wir wollen diesen Prozess begleiten.

Dann kommen wir mit diesem Votum in den Ältestenrat zurück. Und wer hat es abgelehnt? - Herr Scharf. Die CDU wollte es nicht, aus einem ganz einfachen Grunde, nämlich weil Herr Scharf schon vor sechs Wochen wusste, dass die ganze Geschichte gestorben ist. - Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)