Die wirtschaftlichen Kernkompetenzen des Landes zu stärken ist ein langer Weg. Aber es ist nach meiner festen Überzeugung der beste, um unsere Wirtschaft nachhaltig voranzubringen und mehr Menschen in Arbeit zu bringen.
Meine Damen und Herren! Es ist unser aller Problem, dass Sachsen-Anhalt die höchste Arbeitslosenquote in Deutschland hat. Aber dies ist nicht erst, wie Sie es eben behauptet haben, seit Sommer 1994 der Fall; vielmehr hat unser Land diese Schlusslichtposition erstmals eingenommen, als noch Sie die Landesregierung stellten.
Fakt ist: Es gibt auch Zeichen, die Hoffnung machen, auch wenn Sie heute nur wieder Rote-Laterne-Aussagen wiederholt haben, die Sie schon im Wahlkampf benutzt haben und die teilweise schlichtweg falsch sind.
Sie hätten sich von dieser Wahlkampfmethode lösen sollen und zum Beispiel auf Folgendes hinweisen können: Im Osten ist nur bei uns die Arbeitslosenquote gegenüber dem Vorjahr gesunken, und das in Folge seit zwölf Monaten. Wir liegen in Bezug auf die Arbeitslosenquote nur noch 1,4 Prozentpunkte hinter Sachsen.
(Herr Gürth, CDU: Die wollten Sie auf unter 10 % senken! Unter 10 %, hat Herr Höppner angekün- digt! - Zuruf von Herrn Scharf, CDU)
Wir haben im Bereich des verarbeitenden Gewerbes einen positiven Trend zu verzeichnen, der derzeit noch durch den Schrumpfungsprozess im Baugewerbe überlagert wird.
Zu den Fakten gehört auch, dass wir auf die aktive Arbeitsmarktpolitik, auf Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Osten in absehbarer Zeit nicht verzichten können. Ich bin froh darüber, dass zumindest Sie, Herr Professor Böhmer, dies genauso sehen. Wer das Gegenteil behauptet, wer die Gelder für ABM noch weiter zusammenstreichen will, der nimmt sowohl den Menschen als auch sinnvollen Projekten die Perspektive. Ich kann nur hoffen, dass der Wirtschafts- und Arbeitsminister von der FDP auf seinen Ministerpräsidenten hört.
Meine Damen und Herren! Was uns sehr irritiert, ist der geringe Stellenwert, den die Sozialpolitik bei Ihnen einnimmt. Im Einleitungsteil der Koalitionsvereinbarung taucht die Sozialpolitik so ziemlich an letzter Stelle auf, und zwar lediglich unter Familienförderung und Hilfe zur Selbsthilfe.
Hinter Ihren heutigen Ausführungen zur Leistungsgesellschaft, zu Chancengleichheit und sozialer Gerechtigkeit steht ein Konzept, das für den Westen stimmig sein mag. Bei uns aber wird es auf Dauer Menschen geben, denen es nicht mehr möglich sein wird, ihres eigenen Glückes Schmied zu sein. Wir dürfen uns nicht aus der Verantwortung stehlen, die wir für die Menschen haben, die auf dem Arbeitsmarkt keine Chancen mehr haben und die ins soziale Abseits geraten sind. Wir Sozialdemokraten jedenfalls stehen für eine Politik des sozialen Zusammenhalts ein.
Schaut man sich das Hickhack um das Sozialressort an, stellt dies die Randstellung, die dieses Thema ohnehin für die CDU in Sachsen-Anhalt einnimmt, dar.
Nachdem Sie in Ihren Reihen niemanden gefunden hatten, wurde dieses Ressort der Klientelpartei für Besserverdienende zugeschoben - bundesweit einmalig; ein Trauerspiel für die CDU.
Meine Damen und Herren! Zu einer echten Chancengleichheit gehört eine vernünftige Frauenpolitik. Ich muss zunächst nüchtern feststellen: Sowohl im Kabinett als auch in den Regierungsfraktionen ist der Frauenanteil erschreckend gering. Nun wollten Sie, Herr Professor Böhmer, entsprechend Ihrem Redeentwurf auch noch die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten streichen. Zum Glück haben Sie dies heute zurückgenommen. Der Frauenminister hatte bereits vorsorglich das Wort „Frauen“ aus dem Namen seines Ministeriums gestrichen. Da war Herr Münch mit seiner Frau Stange doch fortschrittlicher als Sie.
Meine Damen und Herren! Das Zurückrudern im Zusammenhang mit Wahlversprechen im Bereich der Sozialpolitik hat bereits begonnen. Hatten sich Frau Pieper und Herr Dr. Schellenberger nicht dafür stark dafür gemacht, dass Kinder im letzten Jahr vor der Einschulung kostenlos in Kindereinrichtungen betreut werden? Davon ist nichts mehr zu hören.
Stattdessen verkündet Ihr Finanzminister, dass es im Bereich der Kinderbetreuung Abstriche geben wird. Der Fachminister dagegen fordert, die Höhe der finanziellen Mittel an die gestiegene Inanspruchnahme anzupassen. Also was stimmt nun?
Ich weiß nicht, ob es belustigend oder beängstigend ist, wenn man die Aussagen in Interviews von Herrn Paqué mit den Aussagen in Interviews seiner Kollegen vergleicht. Er vertritt einen rigorosen Sparkurs, während die Fachminister für ihren Bereich Forderungen aufmachen. Wem sollen wir nun glauben? Ich glaube, Herr Ministerpräsident, an dieser Stelle sind Sie gefragt.
Zu finanzpolitischen Fragen hat sich auch der Innenminister geäußert. Er will das Volumen von Förderprogrammen des Landes zugunsten der allgemeinen Zuweisungen an die Kommunen reduzieren, was ich, was
wir alle im Grunde genommen nur begrüßen können. Dazu sage ich nur: Dann mal ran, Herr Jeziorsky; ich hoffe, dass Sie Erfolg haben.
Das Gleiche gilt für die heutige Ankündigung des Ministerpräsidenten, dass die Regierung gemeinsam mit dem Landesrechnungshof eine deutliche Vereinfachung des Zuwendungsrechts anstrebt. Ich werte dies als ernst gemeinten Versuch der Fortsetzung unserer Politik der Entbürokratisierung. Deshalb wünsche ich Ihnen ehrlich viel Erfolg dabei.
Meine Damen und Herren! An den Anfang seiner Regierungserklärung hat der Ministerpräsident die Sanierung des Landeshaushalts gestellt. Herr Böhmer, Ihr erklärtes Ziel, ab 2006 keine neuen Schulden mehr aufzunehmen, findet unsere volle Unterstützung; denn dies war auch unser Ziel.
Aber wie passt Ihre Aussage mit dem vorgelegten Nachtragshaushalt zusammen? Mit der Ankündigung, noch im laufenden Haushalt die Kreditaufnahme um 945 Millionen € zu erhöhen - in D-Mark wage ich diese Zahl gar nicht auszusprechen -,
(Herr Gürth, CDU: Ihre Abschlussbilanz! Das sind Ihre Schulden! - Herr Stahlknecht, CDU: Wem haben wir denn das zu verdanken? - Weitere Zu- rufe von der CDU - Unruhe)
Ich bin gespannt, wie Sie von einer Neuverschuldung in 2002 in Höhe von insgesamt 1,5 Milliarden € auf Null in 2006 kommen wollen.
Meine Damen und Herren! Die Regierung kommt mir vor wie eine Gruppe Übergewichtiger, die vor Beginn einer Diätkur noch einmal kräftig reinhaut.
Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister, Sie sind in Gefahr, sich gewaltig den Magen zu verderben. Wenn nur Sie sich den Magen verderben würden, würde ich sagen: selbst schuld! Ihre Völlerei trifft jedoch die Menschen im ganzen Land.
Meine Damen und Herren! In den letzten Tagen wurde häufiger von Abschluss- und Eröffnungsbilanz gesprochen. Was jedoch hiermit vorgelegt wurde, ist ein Nachtragshaushalt, der unnötigerweise die verfassungsmäßige Grenze der grundsätzlich erlaubten Kreditaufnahme übersteigt. Ich sage deshalb ganz deutlich: Das politisch motivierte Interesse an irgendwelchen Bilanzen hat keinerlei Verfassungsrang. Das Interesse an einer Begrenzung der Kreditaufnahme allerdings schon.
Solange Sie dem Landtag nicht eindeutig darlegen, welche wirtschaftlichen Impulse von einer kreditfinanzierten
Tilgung des Defizits aus dem Jahr 2001 für das laufende Haushaltsjahr ausgehen, bleiben unsere Zweifel an der Verfassungsgemäßheit des Nachtragshaushalts bestehen.
Die neue Landesregierung geht diesen einfachen Weg, weil sie den Menschen im Lande vor den Bundestagswahlen keine Sparmaßnahmen zumuten will.
Um Wählerstimmen zu sammeln, gefährden Sie die Zukunft unseres Landes. Aber das scheint Ihnen in diesem Fall egal zu sein.
(Herr Scharf, CDU: Das ist doch Blödsinn! Die globale Minderausgabe! - Zuruf von Frau Lieb- recht, CDU - Weitere Zurufe von der CDU - Un- ruhe)
- Zugegeben, Herr Kollege Scharf, wir hätten angesichts der Steuerschätzung auch erhebliche Probleme - -