Protocol of the Session on June 20, 2002

„können die Maßnahmen nach Satz 1 auf Wohn- und Nebenräume beschränkt werden.“

Meine Damen und Herren! Solche differenzierten Regelungen sind erforderlich, um überhaupt die Verfassungsgemäßheit eines solchen gravierenden Eingriffs herbeizuführen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS)

Ich vermute, dass Herr Kollege Becker das, was er als Innenpolitiker mit leichter Hand unterzeichnet hat - diese fünf Zeilen -, als Justizminister nicht absegnen würde, da es einer Überprüfung der Verfassungsgemäßheit gar nicht standhalten würde. Deshalb bitte ich Sie, sich mit unserem Entwurf auseinander zu setzen. Die Zeit ist reif.

Am Jahresanfang ist das Gewaltschutzgesetz des Bundes in Kraft getreten. Dieses hat zur Folge, dass wir jetzt einen Lückenschluss definieren müssen. Es geht um die Zeit, in der keine Gefahr in der geforderten Qualität im polizeirechtlichen Sinne mehr besteht, wo aber das Zi

vilgericht noch keine Entscheidung über eine Maßnahme nach dem Gewaltschutzgesetz des Bundes getroffen hat. Auch in dieser Phase, zwischen dem Ende der akuten Gefahr und der Entscheidung des Zivilgerichts, soll das Opfer von häuslicher Gewalt in seiner Entscheidungsfreiheit vor Einwirkungen des Gewalttäters geschützt sein.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Madl hat eine Frage.

Herr Abgeordneter Rothe, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Madl?

Bitte.

Herr Rothe, vielleicht beantworten Sie mir die folgende Frage: Das Gewaltschutzgesetz des Bundes ist zum 31. Dezember letzten Jahres in Kraft getreten.

(Frau Ferchland, PDS: 1. Januar!)

- Am 1. Januar 2002. - In Nordrhein-Westfalen ist das Gesetz, soweit ich weiß, zum Ende letzten Jahres in Kraft getreten. Warum haben Sie denn damals zu unserem Antrag nicht einen Änderungsantrag eingebracht und das Gesetz in Kraft treten lassen, sondern es am 22. Februar beerdigt, um jetzt einen entsprechenden Antrag einzubringen?

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Kollege, wir haben uns im Ländervergleich angeschaut, was im zeitlichen Zusammenhang mit dem InKraft-Treten des Gewaltschutzgesetzes des Bundes passiert ist. Das und auch die Auswertung der Anhörung, die im Dezember 2001 stattgefunden hat, hat Zeit in Anspruch genommen. Wir haben dann im Frühjahr festgestellt, dass von allen Ländern, in denen es gesetzgeberische Aktivitäten im Hinblick auf das Gewaltschutzgesetz gegeben hat - in den meisten Ländern stehen sie noch aus -, Nordrhein-Westfalen die beste Lösung gefunden hat. Diese haben wir noch um eine Regelung zu den Wohnungsschlüsseln ergänzt.

Wenn Sie gestatten, Herr Innenminister: Ich respektiere jedenfalls in den ersten 100 Tagen, dass Sie Ihr Interesse an unserem Vorhaben nur durch Ihre Anwesenheit bekunden und nicht durch einen Redebeitrag,

(Frau Liebrecht, CDU: Die Debatte ist noch nicht zu Ende!)

nachdem Sie sich in der Fragestunde schon kurz geäußert haben.

(Minister Herr Jeziorsky: Die Debatte ist noch nicht zu Ende!)

- Ach so. Das nehme ich dankbar auf als Ankündigung einer Äußerung Ihrerseits, Herr Minister. Damit wir nicht ungeduldig darauf warten müssen, beende ich hiermit meinen Beitrag und bitte um die Stellungnahme der Landesregierung. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Ferchland, PDS, und von Frau Dr. Sitte, PDS)

Der Minister des Innern hat um das Wort gebeten. Herr Minister Jeziorsky, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe schon darauf gewartet, Kollege Rothe, was Sie zu diesem Gesetzesvorhaben heute sagen werden. Deswegen wollte ich nicht am Anfang sprechen. Ich weiß um das Risiko, dass ich damit die Debatte für die Fraktionen wieder eröffne, aber das ist nicht das Problem.

Alles, was hier zur Notwendigkeit einer solchen gesetzlichen Regelung gesagt worden ist, ist nichts Neues. Darauf ist schon hingewiesen worden und darüber haben wir im vergangenen Jahr gesprochen. Gerade nach der Anhörung im vergangenen Jahr, als wir aus Nordrhein-Westfalen, aus Baden-Württemberg und auch aus Österreich Fachleute eingeladen hatten und von ihren Erfahrungen und über ihre Intentionen bei solchen gesetzlichen Regelungen hören konnten, hätten wir genügend Gelegenheit gehabt, einen - das gebe ich zu - recht knappen Gesetzentwurf der CDU so auszugestalten, dass alles an Bedenken und Hinweisen aufgenommen worden wäre.

(Beifall bei der CDU - Herr Gürth, CDU: Genau so ist es!)

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, wollten Sie nicht. Sie wollten es deshalb nicht, weil das notwendigerweise eine Änderung des SOG nach sich gezogen hätte. Wir haben einmal - wenn Sie sich entsinnen - als SPD und CDU das SOG gegen die Stimmen der PDS geändert. Aber ein zweitens Mal und kurz vor den Wahlen wollten Sie das nicht.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Qual, FDP, und von Minister Herrn Dr. Daehre)

Der Kollege Püchel hatte seinerzeit darauf hingewiesen - vor vier Monaten genau -, dass ein solches Gesetz zur Unzeit komme. Es ist auch damit argumentiert worden, dass erst ein Angebot an Beratungsstellen aufgebaut werden müsse, bevor man eine gesetzliche Regelung treffe. Die alte Landesregierung hatte auch angekündigt, ein solches Netz aufzubauen.

Nach Aussage von Herrn Püchel kam dieses Gesetz vor vier Monaten zur Unzeit. Jetzt kommt es zur Zeit, anscheinend genau richtig, wie Sie eben gesagt haben, das Beratungsnetz aber ist immer noch nicht aufgebaut.

Das, was Sie vorschlagen, nämlich dass die Polizei den Opfern sagen soll, an wen sie sich wenden können, kann sie gegenwärtig gar nicht, weil es niemanden gibt, der im Moment genau diese Aufgabe erfüllen kann.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Da sind Sie nicht gut in- formiert, Herr Minister!)

- Es gibt noch keine Stelle, die diese Aufgabe erfüllen kann.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Also, das ist doch nicht möglich!)

- Es gibt die ersten Modellversuche, die in Halle aufgebaut werden. Das war es dann aber auch.

(Zuruf von Frau Ferchland, PDS)

Damit wir uns an dieser Stelle richtig verstehen: Ein solches Gesetz zu machen ist, glaube ich, im Hause un

strittig. Deswegen und weil Sie es im Frühjahr dieses Jahres verhindert haben, dass eine entsprechende gesetzliche Regelung verabschiedet wurde, haben sich FDP und CDU in ihrem Koalitionsvertrag hinsichtlich der notwendigen Änderungen im Polizeirecht vorgenommen, auch diese Frage bei einer Novellierung des Polizeirechts anzugehen.

In meinem Hause wird insgesamt, nicht nur zu dieser Problematik, an einer Novellierung des Polizeirechts gearbeitet. Wir werden mit Sorgfalt auch die Erfahrungen und Ergebnisse der Anhörung einfließen lassen und einen in sich schlüssigen Gesetzentwurf der Landesregierung vorlegen.

Ich appelliere an die Kollegen der SPD und vor allem auch an den Vorsitzenden des Innenausschusses: Wir hatten ähnliche Verfahren schon einmal. Wenn die Regierung angekündigt hat, in absehbarer Zeit einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen, hat man sich in den Ausschussberatungen zumindest zeitlich darauf eingestellt, beide Gesetzentwürfe gemeinsam zu beraten, um zum Schluss zu einem guten Ergebnis zu kommen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Ich danke für den Beitrag der Landesregierung und frage, ob Erwiderungen der Fraktionen gewünscht sind. - Das ist offenbar nicht der Fall. Somit schließe ich die Debatte zum Tagesordnungspunkt 6 ab.

Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/15 - Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor häuslicher Gewalt. Zunächst muss ich feststellen, dass es zur Überweisung als solcher keine strittigen Positionen gab. Die einbringende Fraktion hat zur federführenden Beratung den Innenausschuss und zur Mitberatung die Ausschüsse für Recht und Verfassung sowie für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport vorgeschlagen. In den Debattenbeiträgen sind keine anderen oder ergänzenden Anträge gestellt worden.

Dann stelle ich den Antrag zur Abstimmung, den Gesetzentwurf in der Drs. 4/15 zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Recht und Verfassung sowie für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport zu überweisen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei zwei Stimmenthaltungen ist der Gesetzentwurf in der Drs. 4/15 in die genannten Ausschüsse überwiesen worden. Somit ist der Tagesordnungspunkt 6 beendet. - Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren! Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in Sachsen-Anhalt und die Anpassung des Landesrechts

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/19

Ich weise Sie darauf hin, dass es dazu eine Berichtigung vom 18. Juni 2002 gibt, nach der die Seiten 13 bis 16 der Drucksache ausgetauscht werden sollen. - Der Gesetzentwurf wird durch die Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt Frau Petra Wernicke eingebracht. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat Ihnen den Entwurf eines Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in Sachsen-Anhalt und die Anpassung des Landesrechts zur Beschlussfassung zugeleitet. Dieser Gesetzentwurf ist sicherlich vielen von Ihnen bereits bekannt; denn die vorherige Landesregierung hatte diesen am 14. März 2002 leider, muss man sagen, verspätet eingebracht und somit war eine abschließende Beratung in der dritten Wahlperiode nicht mehr möglich. Der Gesetzentwurf unterfiel dem Diskontinuitätsprinzip.

Am Zeitmanagement der damaligen Landesregierung kann man einiges bemängeln, aber inhaltlich ist an diesem Gesetzentwurf nichts zu beanstanden. Wir sind hierbei europarechtlich gebunden. Der Gesetzentwurf dient der landesrechtlichen Umsetzung der UVP-Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft. Deshalb bringe ich diesen Gesetzentwurf heute in unveränderter Fassung erneut ein.

Diese EG-Richtlinie fordert: Vor Erteilung einer Genehmigung für bestimmte öffentliche und private Vorhaben müssen die Auswirkungen auf die Umwelt ermittelt, beschrieben und bewertet werden. Die Ergebnisse sind dann im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen. Die betroffenen Vorhaben sind europarechtlich festgelegt. Darüber hinaus regelt die Richtlinie unter anderem die Öffentlichkeitsbeteiligung.