Da ich als parlamentarischer Geschäftsführer von Hause aus auch eher ein Taktiker bin, nötigt mir dieses Vorgehen durchaus Respekt ab.
Leider - das sage ich mit ziemlicher Wut - bleibt bei diesem Vorhaben eines auf der Strecke: das Interesse des Landes Sachsen-Anhalt.
(Beifall bei der PDS - Zustimmung von Frau Bud- de, SPD - Frau Feußner, CDU: Das ist eine bo- denlose Frechheit!)
Wie soll man bitte die Ankündigung einer Ansiedlungsoffensive in Sachsen-Anhalt einordnen, wenn man gleichzeitig bewusst eine aus unserer Sicht vermeidbare Überschreitung der Kreditobergrenze ansteuert, die selbst im Landeshaushalt Berlins verhindert wird?
Was soll man von der Argumentation des Finanzministers halten, nach der das Land im Jahr 2006 unter anderem deshalb ohne neue Schulden auskommen soll, weil sonst das Ansehen des Landes bei Kreditgebern in Gefahr gerät? Und er hat keine Skrupel, den Imageschaden
Jenseits all dieser Darstellungsprobleme stellt sich jedoch die Frage nach den wirklichen Ursachen für die Misere. Diese liegt eben nicht nur im Landeshaushalt von Sachsen-Anhalt, sondern auch an der Situation der öffentlichen Kassen insgesamt, der ostdeutschen Länder allgemein und der Kommunen in Gesamtdeutschland.
Die zentrale These der Koalition lautet hierzu ganz einfach: zu viel Soziales, zu viel Konsumtives, zu viel Personal.
Wie belastbar ist diese These? Hierzu nur ein kurzer Problemaufriss. Die vor allem vom Präsidenten des Landesrechnungshofes angegriffenen Ausgaben für Kinder und Jugend machen in ihrer Summe gerade mal zwei Drittel der Ausfälle nach der Steuerschätzung im Mai aus.
Der drastische Rückgang der Steuereinnahmen nach der faktischen Steuerbefreiung der großen Kapitalgesellschaften durch die Eichel'sche Steuerreform, die sogar Herrn Stoiber zu dem Satz veranlasste, dass dies wohl übertrieben sei, - rückgängig gemacht will er das nicht haben; das wäre mir neu, Herr Scharf -
Während die PDS sowohl in diesem Bereich als auch bei der Besteuerung von Vermögen deutlich andere Signale setzt, gibt es hierzu von Grün bis Schwarz den berühmten Quiet Consens. Interessanterweise spürt man jedoch bei der SPD seit dem letzten Bundesparteitag auch in dieser Frage ein Umdenken, zumindest problematisiert man dies wieder einmal.
Von den anderen - vor allem von der Steuersenkungspartei FDP - muss man jedoch konsequenterweise erwarten, dass den gewollten Einnahmereduzierungen auch die Reduzierung der entsprechenden öffentlichen Dienstleistungen entgegensetzt wird. Was dies jedoch anbelangt, ist die Situation im Bund die gleiche wie im Land Sachsen-Anhalt: Schmerzhafte Einschnitte werden abstrakt genug angekündigt, sodass sich davon niemand direkt angesprochen fühlen muss. Die Konkretisierung setzt man jedoch aus, zumindest bis zur Bundestagswahl.
Das ist die wirkliche Ursache für dieses Dilemma, auch dieses Nachtragshaushalts. Einsparungen sind nämlich kaum zu realisieren.
Eine globale Minderausgabe in Höhe von 150 Millionen € als Einsparziel zu verkünden, ist lächerlich. Wenn vorher alle Risiken ausreichend abgedeckt sind, kann man mit 1 % Bodensatz im Haushalt ohne wirklichen Einspardruck rechnen. Verbleibt als reale Aufgabe also noch eine Einsparung von 50 Millionen €. Aber selbst diesen Betrag einzusparen ist in dem vorliegenden Entwurf nur als Absicht enthalten. Die entsprechenden Listen tropfen jetzt nach.
Dazu muss ich Ihnen auch einmal eines sagen: Sie belegen uns jetzt mit diesen Listen, dass Sie in der Lage sind, eine globale Minderausgabe, die Sie hineingeschrieben haben, von 150 Millionen € umzusetzen. In der Auflistung in der Unterrichtung der Staatskanzlei steht heute: Ein Betrag von maximal bis zu 100 Millionen € ist überhaupt jemals realisierbar gewesen. Ja, was denn nun? Entweder stimmen Ihre Zahlen jetzt oder die Unterrichtung der Staatskanzlei.
Wie realistisch diese vorgelegten Listen sind, werden wir noch zu untersuchen haben. Wir räumen aber andererseits durchaus ein: Schon die Einsparung dieser relativ kleinen Summe ist ein Problem. Das wissen wir. Wäre es nicht so, dann hätten wir es nämlich längst getan.
Gerade aber weil wir dies so sehen, hat die PDS keinerlei Verständnis für Ihr unsachliches und anmaßendes Urteil über die bisherige Finanzpolitik.
Gerade dieser Haushaltsentwurf zeigt doch in eklatanter Weise, dass Sie der Öffentlichkeit nicht einmal ansatzweise die Vorstellung unterbreiten können, wie Sie das in den Griff bekommen wollen. Während diese Auseinandersetzungen in Berlin laufen, sitzen wir die Probleme aus, um nur ja niemanden zu verunsichern. Hinzu kommt, dass dann die zuständigen Fachminister in den jeweiligen Interviews die Betroffenen beruhigen und sagen, dass in ihrem Bereich natürlich auf keinen Fall gespart wird - bis zu den Bundestagswahlen.
Das Problem besteht nur darin, dass dies nicht aufgeht, das ist zu durchsichtig. Außerdem ist es so, dass Sie morgen mit der Rücknahme der entsprechenden Verwaltungsreformgesetze riesige Einsparpotenziale vernichten werden.
Die Reduzierung der Bediensteten auf einen überbordenden Kostenfaktor ist für die Betroffenen schlichtweg beleidigend. Die Ankündigung, die Zahl von 83 000 Landesbediensteten um 20 000 zu reduzieren, ist arbeitsmarktpolitischer Schwachsinn. Das bedeutet nämlich in erster Linie, Teilzeitstellen in Vollzeitstellen umzuwandeln.
Ihre Forderung nach Einsparungen beim Landespersonal im Kinderbetreuungsbereich geht ins Leere; denn Kinderbetreuungspersonal haben wir im Landesbereich nicht. Es sei denn - -
Es sei denn, Sie beschuldigten Ihren Koalitionspartner der Lüge, weil Sie das pädagogische Personal in den Grundschulen meinen. Dazu haben wir allerdings die Aussage, dass dieses natürlich nicht angetastet werden soll. Was denn nun?
Tatsächlich ist die Wahrheit ganz einfach - das ist mein letzter Satz -: Entweder stimmen die Zusicherungen Ihrer Fachkollegen; dann verurteilen Sie nicht die Politik Ihrer Vorgänger, denn Sie werden sie fortsetzen müssen.
Oder Sie wollen einen rücksichtslosen Sparkurs durchsetzen. Dann sagen Sie den Menschen vor den Bundestagswahlen die Wahrheit und entschuldigen sich für solche Plakate wie das mit dem Rot-Rot-Stift in der Bildungspolitik oder für solche Forderungen wie von Ihrer Landesvorsitzenden nach 300 Polizeistellen mehr, als Schill am politischen Horizont in Sachsen-Anhalt auftauchte.
Ihre jetzige Strategie, Ihren Vorgängern Unfähigkeit vorzuwerfen, aber keine Alternativen aufzuzeigen, wird nicht aufgehen. - Danke.
Den Debattenbeitrag der CDU-Fraktion wird der Abgeordnete Herr Scharf halten. Herr Abgeordneter Scharf, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Gallert, bei dieser Rede muss man schon einmal einen Schluck nehmen, wenn man ans Pult tritt.
Ich möchte Sie nicht in Verwirrung stürzen. Es besteht nicht die Gefahr, dass Ihre Politik fortgesetzt wird. Die Mehrheiten haben sich geändert.