Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat in ihrer Sitzung am 9. September 2003 den Entwurf eines so genannten Besoldungs- und Versorgungsnichtanpassungsgesetzes 2003/2004 beschlossen.
Der Hintergrund für diesen Beschluss ist das Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2003/ 2004. Dieses Gesetz sieht unter anderem vor, Empfänger von Bezügen der Besoldungsgruppe B 11 für die Jahre 2003 und 2004 von der linearen Anpassung des Grundgehalts und von den Einmalzahlungen auszunehmen. Anlass für diese Regelung ist die so genannte Nullrunde, die von der Bundesregierung am 20. November 2002 für die politische Leitungsebene beschlossen wurde. Dies betrifft auf der Bundesebene die Mitglieder der Bundesregierung, also die Minister, und die parlamentarischen und beamteten Staatssekretäre.
Auf der Landesebene würde es allein die Minister betreffen, die mit der Besoldungsgruppe B 11 besoldet werden. Es würde nicht für politische Beamte, namentlich für die Staatssekretäre, gelten, die mit der Besoldungsgruppe B 9 besoldet werden. Die Konsequenz daraus wäre, dass zwar die Minister, nicht aber die politischen Beamten der Länder an der Nullrunde teilnehmen würden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist die Absicht der Regierung Sachsen-Anhalts und der Regierungen anderer Länder, eine solche Ungleichbehandlung innerhalb der politischen Ebene zwischen Bund und Ländern zu vermeiden. Auf Wunsch der Länder wurde eine entsprechende Öffnungsklausel in das Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2003/ 2004 eingearbeitet.
§ 14 Abs. 4 dieses Gesetzes ermächtigt die Länder, jeweils für ihren Bereich durch Gesetz zu regeln, dass die Anpassung des Grundgehalts und die Einmalzahlungen nicht übernommen werden für jene Ämter, die mit den Staatssekretären des Bundes vergleichbar sind. Dies gilt sowohl für die aktiven Beamten als auch für die Versorgungsempfänger.
Allerdings ist die Ermächtigungsklausel im Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz zeitlich befristet und gilt lediglich für drei Monate nach dem Tag der Verkündung des Gesetzes. Dieser Tag war der 15. September 2003, der vergangene Montag. Aus diesem Grun
de ist bei der Einbringung Eile geboten, und zwar nicht nur wegen der Einsparungen in Höhe von etwa 113 000 € für die Jahre 2003 und 2004, die durch den Verzicht zustande kommen, sondern auch wegen der Terminlage.
Der Klarheit halber wiederhole ich: Die betroffenen Ämter, die mit den Staatssekretären des Bundes vergleichbaren Beamten und Versorgungsempfänger, sind in Sachsen-Anhalt die Ämter der Besoldungsgruppe B 9. Aus Gründen der Gleichbehandlung hält es die Landesregierung für angemessen und für vertretbar, die Regelungen, die für Angehörige der Besoldungsgruppe B 11 des Bundes gelten, auf die Ämter der Besoldungsgruppe B 9, Staatssekretäre und andere Ämter dieser Besoldungsgruppe, zu übertragen. Die Regelung gilt für den aktiven und für den passiven Bereich, das heißt auch für Versorgungsempfänger.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Politisch will die Landesregierung mit diesem Beschluss ein Zeichen setzen. In einer Zeit, in der alle ihren Beitrag zum Sparen leisten müssen, geht die Landesregierung hierbei in ihrer Gesamtheit voran. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Im Ältestenrat wurde vereinbart, zu dem Gesetzentwurf keine Debatte zu führen. Es ist vorgeschlagen worden, den Gesetzentwurf an den Finanzausschuss zu überweisen.
Gibt es dagegen Protest? - Nein. Besteht der Wunsch, diesen Gesetzentwurf zur Mitberatung an andere Ausschüsse zu überweisen? - Das ist ebenfalls nicht der Fall. Wer einer Überweisung dieses Gesetzentwurfs an den Finanzausschuss seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Keine Gegenstimme. Enthaltungen? - Eine Enthaltung. Damit ist dieser Gesetzentwurf einstimmig an den Finanzausschuss überwiesen worden. Herzlichen Dank.
Einbringer dieses Gesetzentwurfs ist für die Landesregierung der Minister des Innern Herr Klaus Jeziorsky. Bitte sehr, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das aus dem Jahr 1993 stammende Kommunalwahlgesetz ist dringend zu novellieren, um den Erfordernissen der Praxis sowie den neuen Anforderungen, die die gegenwärtigen kommunalen Reformen stellen, zu genügen.
Mit dieser Novelle wird das materielle Wahlrecht nicht verändert. Es werden insbesondere keine neuen Hürden für Wahlbewerber aufgestellt. Im Gegenteil, das technische Verfahren wird nachhaltig erleichtert.
In Auswertung vielfältiger Vorschläge, insbesondere aus dem kommunalen Bereich, haben wir eine Fülle von Detailänderungen in den Gesetzentwurf aufgenommen, die das Ziel haben, das Wahlverfahren praktischen Erfordernissen anzupassen, es transparenter und bürgerfreundlicher zu machen und damit die Bereitschaft zur Übernahme ehrenamtlicher Aufgaben im Rahmen des Wahlverfahrens zu erhöhen.
Ein wesentlicher Aspekt dieser Novelle ist die Erleichterung bei der Findung von Wahlhelfern. Wir alle wissen, dass es zunehmend schwieriger wird, Personen für die technische Abwicklung der Wahlen zu finden. Hierbei werden neue Wege beschritten.
Aber der Gesetzentwurf hat darüber hinaus noch ein weiteres Ziel. Im kommenden Jahr werden die allgemeinen Kommunalwahlen stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass viele der Kommunen, die eine Fusion beabsichtigen, den Wahltermin nutzen werden, um sogleich in neue Strukturen zu wählen. Es müssen den zusammenschlusswilligen Kommunen daher jetzt eindeutige Regelungen für die Wahlvorbereitung an die Hand gegeben werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich im Übrigen einige der prägnanten Sonderregelungen herausgreifen.
Der vorliegende Entwurf sieht bereits für den Normalfall die Möglichkeit vor, auch das Wahlgebiet bei Gemeindewahlen in mehrere Wahlbereiche einzuteilen. Dass dabei gewisse Größenrelationen der Einwohnerzahl eingehalten werden müssen, ergibt sich aus Gründen der Wahlrechtsgleichheit. Um der Sondersituation sich zusammenschließender Kommunen bei der ersten Neuwahl Rechnung zu tragen, schlagen wir vor, auch bei größeren Unterschieden hinsichtlich der Einwohnergröße die Bildung von Wahlbereichen unter Beachtung der gewachsenen Strukturen zu erleichtern.
Das von uns vorgeschlagene neue Wahlorgan der Wahlkommission übernimmt bei neu zu bildenden Kommunen im Rahmen der Wahlvorbereitung diejenigen Befugnisse, die herkömmlich der örtlichen Vertretung zukommen. Mit diesem Organ werden Rechtsunsicherheiten beseitigt und wird eine wesentliche Verfahrensvereinfachung erreicht.
Meine Damen und Herren! Der von uns vorgelegte Entwurf verbessert aber auch die Handhabung der Wahlvorbereitung in den herkömmlichen Fällen der Vertretungswahlen. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollen die Vorschriften über Wahlorgane umfassend neu geregelt werden. Bei verbundenen Wahlen wird auf die Möglichkeit hingewiesen, einen gemeinsamen Wahlausschuss und einen gemeinsamen Wahlvorsteher sowie Wahlvorstand zu berufen. Die Besetzung von Wahlorganen wird in vielfacher Hinsicht erleichtert, unter anderem, indem die notwendige Anzahl der Beisitzer in Wahlausschuss und Wahlvorstand reduziert wurde. Weitere Vorschriften enthalten Möglichkeiten zur Verfahrenskomprimierung, die bei den beteiligten Kommunen zu einer Kosteneinsparung führen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen außerdem die Rolle und die Verantwortung der Verwaltungsgemeinschaften stärken, indem die Aufgaben des
Wahlleiters auf den Leiter des gemeinsamen Verwaltungsamtes übertragen werden können und ein einheitlicher Wahlausschuss von allen Mitgliedsgemeinden gebildet werden kann.
Um eine sorgfältigere Wahrnehmung der Wahlvorbereitungsaufgaben seitens der verschiedenen Wahlorgane und -gremien zu ermöglichen, schlagen wir vertretbare Verlängerungen von Fristen vor. Hierdurch wird der Termindruck bei der Wahlvorbereitung sowohl für die vorschlagenden Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerber als auch bei den Wahlorganen gemindert. Das reduziert die Fehleranfälligkeit und spart damit Kosten.
Die Vorschrift über die Bestimmung der Bewerber auf Wahlvorschlägen soll den praktischen Bedürfnissen angepasst werden. So soll die Option erweitert werden, Bewerber auf Wahlvorschlägen für die Gemeinde- und Kreiswahlen zu bestimmen, wenn auf Ortsebene keine Parteiorganisation vorhanden ist. Zuständig soll hiernach jeweils die unterste Parteiorganisationsebene sein. Damit würde die Aufstellung von Bewerbern durch Ortsverbände ermöglicht, die gemeindeübergreifend gebildet wurden und etwa das Gebiet einer Verwaltungsgemeinschaft umfassen.
Der vorliegende Entwurf sieht außerdem einen neuen Rechtsbehelf vor, um Entscheidungen über die Zulassung von Wahlvorschlägen und Wahlvorschlagsverbindungen rechtzeitig überprüfen zu können. Das beseitigt Rechtsuntersicherheiten und senkt die Gefahr erfolgreicher Wahleinsprüche.
Außerdem soll die Möglichkeit einer Nachwahl in den Fällen geschaffen werden, in denen bei der Vorbereitung der Wahl ein nicht behebbarer Fehler auftritt, der so schwerwiegend ist, dass er im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens zwangsläufig zum Ungültigerklären der Wahl führen würde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das von der Landesregierung vorgeschlagene Änderungsgesetz zum Kommunalwahlgesetz ist auch zur Unterstützung der Reformbewegung im kommunalen Bereich erforderlich. Ich hoffe deshalb auf Ihre Unterstützung und auf eine zügige Beratung in den Ausschüssen, damit das Gesetz noch in diesem Jahr verkündet werden kann und im Interesse der Kommunen rechtzeitig vor Beginn der Wahlvorbereitungshandlungen Rechtssicherheit herstellen wird. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Es wurde eine Fünfminutendebatte vereinbart. Für die PDSFraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Grünert das Wort. Bitte sehr, Herr Grünert.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung reiht sich folgerichtig ein in den Prozess der von der Landesregierung beabsichtigten Gebietsänderungen auf der gemeindlichen und kreislichen Ebene. Rein gesetzestechnisch ist daran bis auf einige Kleinigkeiten, die sicherlich im Rahmen der parlamentarischen Beratung geklärt werden können, nichts auszusetzen.
Begrüßt werden von uns unter anderem die Schaffung der Möglichkeit der Einteilung der Wahlbereiche in Ge
meinden ab 3 000 Einwohner, die Regelung zur Bestimmung der Bewerber, die Übertragung der Aufgaben des Wahlleiters auf den Leiter des gemeinsamen Verwaltungsamtes wie auch die Verlängerung der Wahlvorbereitungszeiten. Kritisch sehen wir die Neuregelung bezüglich der Beisitzer und deren mögliche Reduzierung auf zwei bis sechs bei der Besetzung der Wahlorgane.
Problematisch jedoch ist der sachliche Hintergrund, der zu diesen Änderungen führte. Da die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen in einem ersten Schritt nach dem Amtsantritt die bereits bestehenden Vorschaltgesetze zur Kommunalreform cancelten, haben viele Kommunen Abstand genommen von ihren bis dahin getroffenen Entscheidungen zur Veränderung der gemeindlichen Struktur. Bürgerentscheide und Ratsbeschlüsse, welche sich eindeutig zu kommunalen Gebietsänderungen bekannten, wurden ausgesetzt.
Die derzeitige Situation in den Kommunen kann man, gelinde gesagt, als chaotisch einschätzen. Nachdem viele Gemeinden Vertrauen gefasst hatten, dass sie ihre Eigenständigkeit auf der Grundlage des von der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen eingebrachten Gesetzes zur Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung bewahren können, legte die Landesregierung vor der Sommerpause den Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit vor, welcher nunmehr erhebliche Veränderungen auf der gemeindlichen Ebene beinhaltet.
Binnen kürzester Frist und unter Zugrundelegung neuer Aufgabenübertragungen sowie Einwohnervorgaben müssen die Gemeinden nunmehr bis zum 31. März 2004 darüber befinden, wie und mit wem sie sich verbünden wollen und müssen. Ab 1. April 2004 soll das Innenministerium per Verordnung die Zwangszuordnung auf gemeindlicher und kreislicher Ebene vollziehen dürfen. So viel zu der Frage: Die Kommunen finden sich.
Zurzeit treten die Kommunalaufsichten sowohl der Landkreise als auch der Regierungspräsidien gegenüber den Kommunen fordernd auf den Plan. Offensichtlich geht man davon aus, dass der oben genannte Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften unverändert den Landtag passieren wird. Das wiederum, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, zeigt ein weiteres Mal, dass Sie nicht gewillt sind, sich mit den Sachargumenten der Opposition ernsthaft auseinander zu setzen. Wie bereits mehrfach praktiziert, wird Ihre Mehrheit sachliche Argumente vom Tisch wischen.
Nicht zuletzt die Anhörung der kommunalen Spitzenverbände zu Ihrem Gesetzentwurf am 5. September 2003 hat deutlich gemacht, dass die vorgeschlagenen Regelungen eben nicht zu einer wesentlichen Verbesserung der Verwaltungstätigkeit, zu mehr Bürgernähe und zu zukunftsfähigen Strukturen auf der kommunalen Ebene führen.
Meine Damen und Herren! Sollte das Gesetz im Herbst verabschiedet werden - das kann mit einer Veröffentlichung zum 1. November der Fall sein -, dann haben die Gemeinden sage und schreibe gerade einmal vier Monate Zeit, um die Brautsuche zu betreiben. Dazu sind die entsprechenden Beschlüsse zu fassen, die Gebietsänderungsverträge auszuhandeln, die Vermögenstrennung zu organisieren und gegebenenfalls auch Bürgerentscheide durchzuführen. Dies alles geschieht unter
Das hat mit Freiwilligkeit nichts mehr zu tun. Durch diese von Ihnen bewusst herbeigeführte Eile sind nunmehr Folgeänderungen anderer Gesetze notwendig, wie die des Kommunalwahlgesetzes, das nun zur Debatte steht. Damit - hieran wird Ihre chaotische Arbeitsweise besonders deutlich - sollen aber nur Regelungen getroffen werden, die sich auf den Bereich der Vertretungswahlen konzentrieren. Die Komplexe der Bürgermeisterwahlen, der Landratswahlen sowie der Ortschaftsratswahlen werden ausgeklammert.
Es bleibt die Frage, ob Ortschaftsratswahlen keine Vertretungswahlen sind. Könnte der Landtag nicht im Rahmen der Beratung über die Entwürfe des Verbandsgemeindeeinführungsgesetzes oder des Gesetzes zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften eine Neuregelung zur Stärkung des Ortschaftsverfassungsrechtes beschließen? Ich weiß, mit Ihnen als Regierungsfraktionen kann er das mit Sicherheit nicht.
Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf des Kommunalwahlgesetzes ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen durch ihr übereiltes Abbrechen der Kommunalreform im Jahr 2002 und die prekäre Finanzsituation sowohl im Land als auch in den Kommunen unter Zugzwang geraten sind. Nunmehr wird der Versuch unternommen, die für die tatsächlich zu schaffende zukünftige Kommunalstruktur sinnlos verstrichene Zeit von zwei Jahren bis zum 13. Juni 2004 wieder aufzuholen. Damit trägt der vorliegende Gesetzentwurf weder zu einer Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung noch zu einer Stärkung der Demokratie bei.
Unserer Fraktion wird in der Hoffnung, die tatsächlich notwendigen Veränderungen im Rahmen der parlamentarischen Beratung noch einbringen zu können, der Überweisung des Gesetzentwurfes in den Innenausschuss zustimmen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.