Wir haben deshalb diesen Tatbestand zum Anlass genommen, um mit unserem Alternativantrag die begonnene Beratung der Investitions- und Ansiedlungspolitik der Landesregierung auf einer höheren Stufe fortzusetzen. Hierbei geht es um Fragen und Weichenstellungen für die kommenden Jahre, die nicht nur die Wirtschaftspolitik betreffen, sondern alle mit den EU-Strukturfonds im Land verbundenen Bereiche. Es geht um wirtschaftliche, soziale und kulturelle Maßnahmen in den Bereichen der gewerblichen Wirtschaft, der Infrastruktur, der Umwelt, der Bildung, im ländlichen Raum sowie des Arbeitsmarktes. Deshalb sollten nach unserer Auffassung die zuständigen Fachausschüsse mitberaten.
Die immer wieder festgestellten Schwierigkeiten bei der Abstimmung der Förderprojekte auf allen Ebenen, bei deren Einordnung in Programme und Fonds und bei der Sicherung der Kofinanzierung erfordern nach unserer Ansicht eine gründliche Überarbeitung des operationellen Programms. Hinzu kommen die immer geringer werdenden Mittel.
Die Förderung in allen Bereichen ist stärker auf die Nachfrage auszurichten, statt Ziele zu formulieren, für die keine ausreichende Anzahl von Projekten vorhanden ist. Das betrifft auch die fünf Landesinitiativen - Regio, Locale, Pakte, Urban 21 und List -, für die rund 660 Millionen € - das entspricht einem Anteil von 20 % der Strukturförderung - in der gegenwärtigen Förderperiode eingesetzt werden.
Hierbei wurden von Beginn an über einen integrierten Ansatz in der Förderung Ziele gestellt und verfolgt, die wir als Fraktion stets unterstützt haben. Das optimale Ineinandergreifen der Projekte wurde jedoch nicht durchgängig gewährleistet. Ein Zuviel der Zuständigkeiten und Förderpräferenzen erfordert eine Vereinfachung und bessere Konzepte für die Akteure vor Ort.
Ich glaube, hiermit ist ein Problemkreis angerissen worden, der im Ergebnis der Halbzeitbewertung der EUStrukturfonds-Förderperiode Maßnahmen zum effektiveren Mitteleinsatz in allen Bereichen zwingend erforderlich macht. Das kann nicht allein die Aufgabe der Landesregierung sein. Vielmehr ist bei einer derart grundlegenden Weichenstellung das Parlament einzubeziehen.
Da es nicht selbstverständlich ist, dass die Regierung beizeiten über ihre Absichten informiert - das wurde in der letzten Beratung des Wirtschaftsausschusses festgestellt -, haben wir diesen Antrag gestellt. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag und um die Überweisung zur Mitberatung an alle betroffenen Fachausschüsse mit Ausnahme der Ausschüsse für Inneres, für Recht und Verfassung und für Petitionen - ohne diese Kolleginnen und Kollegen davon ausgrenzen zu wollen. - Danke schön.
Danke, Herr Abgeordneter Thiel. - Damit ist die Debatte beendet. Wir treten ein in das Abstimmungsverfahren zu den Drs. 4/997 und 4/1019.
Zunächst stimmen wir über den Antrag in der Drs. 4/997 ab. Wer dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die SPD-Fraktion.
Wir stimmen nun über den Alternativantrag ab. Wer der Drs. 4/1019 seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die übrigen Fraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Bei Enthaltung der SPDFraktion und einiger Abgeordneter der CDU-Fraktion ist der Alternativantrag in der Drs. 4/1019 mit Mehrheit angenommen worden. Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 11 ab.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Musikschulen in unserem Land sind in den letzten Tagen verstärkt in das öffentliche Bewusstsein gerückt. In den Medien und in mehreren Debatten und Gesprächen ging es um die Perspektive der Musikschulen in SachsenAnhalt. Auch heute bringt meine Fraktion einen Antrag in den Landtag ein, der sich mit diesem Thema beschäftigt. Der Hintergrund dieses Antrages ist, dass die Landesregierung beabsichtigt, die bisherige Förderpraxis bei den Musikschulen im Land zu ändern.
Was soll geändert werden? Bisher waren Mittel in Höhe von 3,3 Millionen € im Kulturhaushalt für eine direkte Musikschulförderung im Land fest verankert. Das Geld kam also direkt den Musikschulen zugute. Vor der Ausreichung der Fördermittel an die Einrichtungen wurden allerdings Qualitätsprüfungen durchgeführt, die das Musikschulgesetz mit einer entsprechenden Verordnung vorschreibt. Auf das Gesetz komme ich später zu sprechen.
Es ist eine Förderpraxis, die zumindest der Landesverband der Musikschulen sehr gelobt hat und die er in der Vergangenheit als sehr positiv bezeichnet hat.
Nunmehr sollen von dieser Summe - von den 3,3 Millionen € - aus dem Kulturhaushalt 1,5 Millionen € herausgenommen werden und über das Finanzausgleichsgesetz an die Kommunen ausgereicht werden. Eine Zweckbindung der Mittel entfällt, sie stehen somit zur freien Verfügung.
Die zu befürchtenden Folgen liegen auf der Hand: Die Kommunen sind aufgrund ihrer eigenen finanziellen Situation nicht in der Lage, Mittel zur freien Verfügung für freiwillige Aufgaben wie die Musikschulfinanzierung so einzusetzen, wie sie es vielleicht gern täten. Dass man den Kommunen die Mittel frei zur Verfügung stellt und damit deren finanzielle Situation verbessert, ist grundsätzlich völlig richtig. Ob dies aber auf Kosten der Musikschullandschaft geschehen muss, darf zumindest stark bezweifelt werden.
Mir sind die Argumente der Befürworter bzw. der Erfinder dieser neuen Musikschulförderung bekannt. Es heißt immer wieder, man solle doch nicht so skeptisch sein
und den Kommunen endlich einmal vertrauen; das Geld werde schon an der richtigen Stelle landen und kein Landkreis habe vor, seine Musikschule dicht zu machen. Ich will aber deutlich sagen: Es geht nicht um Vertrauen oder Misstrauen gegenüber den Kommunen; es geht darum, ob sie finanziell dazu in der Lage sind oder nicht.
Wir alle wissen, die Haushaltslage der Kommunen ist höchst dramatisch. Alle Landkreise haben, zum Teil massive, Schulden. Diese sind abzubauen, somit stehen Konsolidierungsprogramme ganz oben auf der Tagesordnung. Wir alle wissen, dass es bei der Aufstellung von Kommunalhaushalten in erster Linie um die Bewältigung von Pflichtaufgaben und eben um die Konsolidierung der Haushalte geht. Dabei stehen die Musikschulen als freiwillige Aufgabe nun einmal an letzter Stelle.
Der logische Schluss daraus ist, dass mit den Mitteln, die ursprünglich den Musikschulen zugute kommen sollten, andere Aufgaben erledigt werden müssen. Verschiedene kommunale Vertreter und auch Vertreter der kommunalen Spitzenverbände des Landes teilen diese Einschätzung.
Ein weiterer Fakt kommt bei dieser Förderpraxis hinzu. Die Ausreichung von Landesmitteln über das FAG folgt im Wesentlichen einem von der Einwohnerzahl bestimmten Schlüssel. Das bedeutet, dass selbst dann, wenn alle ehemals in den Kulturhaushalt zur Förderung von Musikschulen eingestellten Mittel wieder für die Musikschullandschaft zur Verfügung stünden, die gewachsene Musikschullandschaft aus unserer Sicht zerstört wird, weil mit dem verbindlichen Verteilerschlüssel die Mittel nicht mehr schulbezogen oder an den tatsächlichen Jahreswochenstunden orientiert bereitstünden.
Der in der aktuellen Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Musikschulen im Land Sachsen-Anhalt nach der Einwohnerdichte kategorisierte Zuweisungsschlüssel je Jahreswochenstunde wird auf diese Weise unwirksam.
Ich behaupte auch, dass den Kommunen mit dieser Regelung der schwarze Peter zugeschoben wird; denn mit dieser neuen Förderpraxis kann das Land immer - von mir aus auch zu Recht - behaupten, man habe bei den Musikschulen nicht gekürzt. Letztlich sind die Kommunen dann diejenigen, die aufgrund ihrer dramatischen Haushaltssituation unter Umständen Einrichtungen schließen müssten. Ich will keine Horrorszenarien an die Wand malen, aber die Gefahr besteht durchaus.
Selbst wenn es erst zu steigenden Elternbeiträgen kommen würde und ein damit verbundener Schülerrückgang an den Musikschulen einsetzen würde, würde dies ein Sterben auf Raten für die Musikschullandschaft in Sachsen-Anhalt bedeuten.
Ich gehe auf das Musikschulgesetz ein. Das Land Sachsen-Anhalt hat ein Musikschulgesetz, welches Bestandteil des Schulgesetzes ist. Allein daran wird deutlich, dass die Musikschulen in unserem Land ein fester und wichtiger Bestandteil der Bildungslandschaft sind. Damit ist klar: Musikschulabbau ist auch Bildungsabbau. Sachsen-Anhalt hatte mit diesem Gesetz bundesweit eine Vorreiterrolle inne; denn es war das erste Bundesland, welches ein solches Musikschulgesetz verabschiedet hat.
Sinn und Zweck dieses Gesetzes ist es, dass es bei den Musikschulen eine Qualitätssicherung gibt. Die geförderten Einrichtungen müssen bestimmte pädagogische Standards nachweisen, bevor sie Fördermittel erhalten.
Dies wurde über die Verordnung zu dem Gesetz geregelt, die allerdings zum Ende dieses Jahres ausläuft.
Wenn die Mittel nunmehr über das FAG zur freien Verfügung an die Kommunen ausgereicht werden, wie soll dann künftig ein Qualitätsnachweis wie bisher erbracht werden? Wenn Mittel zur freien Verfügung stehen, können sie auch beliebig eingesetzt werden. Damit, meine Damen und Herren, wird das Gesetz leider zur Makulatur.
Ich will Ihnen auch den Standpunkt des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zur beabsichtigten Änderung der Förderpraxis bei den Musikschulen nicht vorenthalten. Der GBD teilte mir auf meine Anfrage hin mit - ich zitiere -:
„Die Nennung der Übertragung von Kompetenzen an Kommunen ist abschließend im Schulgesetz behandelt. Da § 85 Abs. 2 des Schulgesetzes“
„nur das Land nennt, ist das Land nicht berechtigt, seine Entscheidung auf die Kommunen zu übertragen.“
Ich denke, wir alle im Saal wissen um die Bedeutung unserer Musikschullandschaft und können sie nicht hoch genug schätzen. Wir sollten alles für ihren Erhalt und auch für ihre Weiterentwicklung tun. Musische Bildung ist für Kinder und Jugendliche unverzichtbar.
Wir wollen mit unserem Antrag unter anderem erreichen, dass dieses Thema nicht nur anhand nackter Haushaltszahlen im Rahmen der Haushaltsdebatte behandelt wird, sondern dass wir uns im Ausschuss für Kultur und Medien gemeinsam mit der Landesregierung intensiv über die möglichen Auswirkungen einer Änderung der bisherigen Förderpraxis verständigen und abschließend zu einer gemeinsamen Lösung finden, die die Musikschullandschaft in unserem Land nicht gefährdet. - Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
Danke, Herr Abgeordneter Gebhardt, für die Einbringung. - Als erster Redner in der Debatte hat für die Landesregierung der Kultusminister Professor Dr. Olbertz um das Wort gebeten. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Sachsen-Anhalt gibt es 28 Musikschulen, 27 davon befinden sich in kommunaler Trägerschaft, eine Musikschule befindet sich in der Trägerschaft eines Vereins. Diese Musikschulen verfügen zusammen über einen Gesamthaushalt von ungefähr 19,4 Millionen €. Das Land hat seine Förderung in den letzten Jahren konstant gehalten, die durchschnittlich bei ungefähr 16 % liegt.
Nach der Wiedervereinigung standen die Kommunen als Träger der Musikschulen vor der Aufgabe, die Musikschulen auf ein einheitliches Niveau zu bringen - es gab in den letzten Jahren der DDR ein Zwei-Ebenen-Modell -, um den Kindern und Jugendlichen vergleichbare Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen.
Die Erfolge in der Entwicklung der Musikschullandschaft, insbesondere die Durchsetzung eines vergleichbaren Profils der Einrichtungen, die regelmäßige Qualifizierung
des Personals und die Sicherung der Qualität des Unterrichtsangebotes, die Durchsetzung der Sozialklausel sowie der Erreichbarkeit der Einrichtung, die Entwicklung der Schülerzahlen, die bundesweiten Erfolge bei Wettbewerben usw. zeigen, dass diese Zielsetzung richtig gewesen ist.