Es geht hier um die Theater. In dem vorliegenden Antrag der PDS-Fraktion wird die Landesregierung aufgefordert, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um ein unumkehrbares Wegbrechen von Theatereinrichtungen in Sachsen-Anhalt zu verhindern.
Der Antrag der Fraktion kommt insofern mit leichter Verspätung, als die Landesregierung seit ihrem Amtsantritt mit allen kommunalen Entscheidungsträgern für Theater und Orchester sowie mit den Theaterleitungen in einem sehr intensiven Gespräch ist, auch über die Situation des Theaters in Stendal. Dabei werden die Möglichkeiten erörtert, wie die Standorte zeitgemäß und entsprechend den finanziellen Möglichkeiten des Landes und der Kommunen weiter gefördert und entwickelt werden können, damit im Land auch künftig ein bedarfsgerechtes, künstlerisch anspruchvolles Theater- und Musikangebot vorgehalten werden kann. Das gemeinsame Ziel ist also eine anspruchsvolle, aber auch betriebswirtschaftlich vernünftig strukturierte Theaterlandschaft.
Das Land bringt seine Aufgaben und Interessen im Rahmen der Verhandlungen zur Neugestaltung der Theater- und Orchesterverträge ein, die aufgrund der Laufzeiten ohnehin jetzt beginnen müssen bzw. bereits begonnen haben. Damit schöpft die Landesregierung den Handlungsspielraum, der ihr durch die verfassungsrechtliche
Gestatten Sie an dieser Stelle eine kurze Bemerkung zu der gelegentlich erhobenen Forderung, im Rahmen des FAG mehr Landesmittel in die Kommunen zu geben. Dies würde zwangsläufig auch die Mittel für dir Theaterförderung betreffen. Ich bin nicht sicher, in welche Konfliktlagen diese Mittel und ihre Verwendung dann vor Ort geraten würden. Gerade in Bezug auf die Theatersituation kann man die Probleme nicht dadurch lösen, dass man dem Land die Mitverantwortung für die Theaterförderung praktisch entzieht.
Dabei ist allerdings auch künftig nicht beabsichtigt - das ist aus meiner Sicht ganz wichtig -, den Trägern vorzuschreiben, mit welcher künstlerischen Programmatik, in welcher Struktur und mit welchem Wirtschaftskonzept sie ihr Theater oder Orchester betreiben sollen oder wollen. Einen Landesplan zur Neuordnung der Theaterlandschaft, in der die kommunalen Träger ihre Bühnen mit bühnenfernen Vorschriften verordnet finden, wird es nicht geben. Den fordern Sie selbstverständlich auch nicht.
Es sind vielmehr die Träger und ihre Bühnen, die sich in die „Theaterkarte“ des Landes - um es einmal so zu sagen - einschreiben, durch Augenmaß und Weitsicht in der kulturpolitischen Willensbildung, durch die Berücksichtigung der finanziellen Rahmenmöglichkeiten und natürlich durch die Nutzung des kreativen Potenzials der Ensembles.
Zahlreiche Theaterleitungen agieren in dem Wissen um die finanziellen Nöte der öffentlichen Hände inzwischen mit substanziellen Vorschlägen, um ihr künstlerisches Profil und Anspruchsniveau mit der gebotenen Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen. Die Überlegungen der Träger reichen dabei von Fusionen über Spartenkooperationsmodelle, etwa zwischen dem Theater der Altmark und dem Nordharzer Städtebundtheater im Rahmen eines Landesbühnenkonzepts, bis hin zu Haustarifverträgen oder Rechtsformänderungen, im Einzelfall auch bis hin zur Aufgabe eines festen Standortes. Wir haben eine solche Situation aktuell in Zeitz. Ein interessantes Modell der Orchesterkooperation bahnt sich gegenwärtig in Halle an.
Dies alles sind Entscheidungen, die ausschließlich in kommunaler Hoheit getroffen werden, von uns aber begleitet, beraten und vor allem auch ermutigt werden. Ich möchte betonen, dass das Land trotz der angespannten Haushaltssituation seine im Rahmen der Theater- und Orchesterverträge eingegangenen Verpflichtungen uneingeschränkt erfüllt, was übrigens auch im Kabinett nicht immer leicht zu verteidigen ist, und auf diese Weise ein kulturpolitisches Signal für den Stellenwert der Kulturförderung setzt.
In diese Prozesse hat sich auch die Theaterleitung in Stendal bisher immer konstruktiv eingebracht, sodass ich davon überzeugt bin, dass es auch für diesen Standort eine sachgerechte Lösung geben wird. Immerhin gibt es in Stendal in der Tat auch Effizienzreserven, wenn man in Betracht zieht, dass dort einem Ensemble von 21 Schauspielerinnen und Schauspielern rund 23 künstlerische und 55 weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüberstehen.
Selbst wenn diese Relation an vielen Theatern in Deutschland noch die Regel ist, sollte die akute Gefährdung der Häuser angesichts leerer Kassen gerade in
Insofern sind die Stendaler nicht vor die Alternative gestellt, entweder alles so zu lassen, wie es ist - das ist sowieso ein merkwürdiges Reformziel; das habe ich schon im Zusammenhang mit den Hochschulen gesagt -, oder aber die Spielstätte zu schließen. Es geht vielmehr darum, ihr Theater auf jeden Fall zu erhalten, indem sie es strukturell modernisieren und seine Reserven mobilisieren. Dafür wird das Land dem Träger ebenso wenig wie dem Ensemble irgendwelche Vorschriften machen; es wird ihm aber ebenso wenig die Unterstützung und Begleitung entziehen.
Wir müssen aber auf den Handlungsdruck aufmerksam machen. Das ist schon nötig, um ein Theater wie das Theater in Stendal vor der Gefahr zu bewahren, vor der es steht; denn uns liegt ebenso wie der antragstellenden Fraktion an dem Erhalt der Bühne. Der Dialog über mögliche Varianten und tragfähige Modelle hat jedenfalls längst begonnen. Ich hoffe sehr, dass er zu einem vernünftigen Abschluss gebracht wird.
Selbstverständlich bin ich gern bereit, im Sinne des Änderungsantrages im Ausschuss für Kultur und Medien detailliert über die Konzepte und Vorgehensweisen meines Hauses und über die bisherigen Ergebnisse Bericht zu erstatten. - Herzlichen Dank.
Herr Minister, sind Sie bereit, eine Frage des Abgeordneten Herrn Gebhardt und eine Frage des Abgeordneten Herrn Dr. Püchel zu beantworten?
Herr Minister, ich frage nur um Missverständnisse auszuräumen; ich habe Sie vielleicht missverstanden. Sie haben gesagt, dass Sie nicht möchten, dass den Theatern und den Theaterleitungen vonseiten des Landes in ihre künstlerische Arbeit und ihr inhaltliches Profil hineingeredet wird.
Nun hat das Land aber dadurch, dass es unmittelbarer Vertragspartner ist und dass es sich hierbei zum Teil auch um Landestheater und Landesbühnen handelt, auch Mitspracherechte inhaltlicher Art. Es gibt bereits mehrere Theaterverträge, in denen ein inhaltliches Profil auf Wunsch des Landes festgeschrieben wurde. Ich nenne nur das Beispiel des Theaters Zeitz. Im Theatervertrag wurde ausdrücklich festgeschrieben, dass sich das inhaltliche Profil des Theaters Zeitz auf Kinder- und Jugendtheater und einen soziokulturellen Charakter stützen soll. Das war eine inhaltliche Vorgabe.
Ich komme zur zweiten Frage. Sie haben sich jetzt nicht weiter zu dem Antrag geäußert. Ich gehe aber aufgrund Ihrer Schlussbemerkung davon aus, dass Sie gern bereit sind, darüber zu berichten.
Wir haben ja in den Antrag hineingeschrieben, dass die Landesregierung aufgefordert wird, dabei zu helfen, die
akute Situation zu entschärfen und vor dem Greifen einer Gemeindefinanzreform alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um zu verhindern, dass es ein unumkehrbares Wegbrechen von Theaterstrukturen gibt.
In Ihrem Beitrag haben Sie gesagt, das möchten Sie auch. Sie möchten als Landesregierung dazu beitragen, dass das erreicht wird. Welche Empfehlung geben Sie dann zu dem Antrag?
Zu der ersten Frage möchte ich sagen: Das ist kein Missverständnis, Herr Gebhardt. Ich meinte im engeren Sinne, wir machen den Theatern keine Vorschriften in Bezug auf ihr künstlerisches Profil, etwa auf die Inszenierungen, die sie sich vorstellen, oder den Spielplan und so weiter.
Wohl aber - das tun wir sehr selbstbewusst - schreiben wir in die Theaterverträge, die wir alle erneuern müssen, hinein, wie wir uns etwa die Spartenrelation vorstellen, welche Region mit abgedeckt wird, wie das Verhältnis von Aufführungen in der unmittelbaren Umgebung bis hin in die Region im größeren Sinne ausgestaltet werden soll, und bestimmen natürlich auch über das Bespielen der Bühnen, die bereits kein eigenes Ensemble mehr haben.
Ich denke beispielsweise an Ballenstedt. Es kann nicht sein, dass dort ein wunderschön restauriertes Theater steht, aber keiner bespielt es. Solche Auflagen erteilen wir schon. Insofern steuert das Land in der Tat, aber ohne Eingriff in die künstlerische Programmatik bzw. das inhaltliche Profil.
Zu der zweiten Frage möchte ich ausführen: Deswegen stimme ich dem Änderungsantrag zu, über unsere Strategien, Konzepte und über den Status quo zu berichten, weil der Ausschuss genau der Ort ist, an dem man sich dann auch darüber verständigen kann, welche weiteren Vorschläge es im Zuge der Aushandlung der neuen Theaterverträge gibt, die uns ja bevorsteht, um zu vernünftigen Lösungen zu kommen. Dabei ist das Parlament ohnehin gefragt. Dem brauche ich kein großes Bekenntnis voranzustellen. Da gehe ich pragmatisch mit, weil der Ausschuss für mich der Ort ist, in dem Lösungen gefunden werden sollen.
Herr Olbertz, ist Ihnen bekannt, dass der Ministerpräsident im Rahmen der letzten Kreisvorstandssitzung des Städte- und Gemeindebundes gerade die Theaterförderung als ein Beispiel für die Umschichtung von Fördermitteln in die allgemeine Finanzausgleichsmasse genannt hat?
Er sagte sinngemäß, man könnte Fördermittel ins FAG geben und die Kommunen, die ein Theater besitzen, könnten dann von den Kommunen in ihrer Umgebung praktisch Mittel zur Finanzierung des Theaters einwerben.
Herr Püchel, das kann durchaus sein. Der Ministerpräsident hat ja selbst auf das Problem aufmerksam gemacht, dass ein einfaches Umschichten dieser Mittel in das FAG ohne weitere Vorkehrungen die Theater in noch schärfere Konfliktlagen bringt; denn im Moment gibt das Land den Anreiz, Komplementärmittel zu binden, um gleichzeitig durch Artikulation des Landesinte
resses einen gewissen Druck auszuüben und sozusagen auch die Lobbyisten vor Ort an dieser Stelle zu bestärken, indem man das Land als Kooperationspartner auch in solche Finanzierungsmodelle hineinbekommt. Ich persönlich bin da sehr vorsichtig. Ich denke, diese Mittel sollten weiterhin, und zwar im Sinne Ihrer Vorstellungen, über das Land ausgereicht werden.
Was der Ministerpräsident allerdings gemeint hat, ist wahrscheinlich in einem anderen Zusammenhang gewesen, nämlich in dem des Vergleichs mit dem sächsischen Kulturraumgesetz. Dort ist es ja so, dass sozusagen per Gesetz Regionen definiert sind - wenn ich das richtig vor Augen habe -, in denen sozusagen die partizipierenden Regionen und Kreise, die aber nicht Träger des Theaters sind, sich an den Kosten zu beteiligen haben.
Das kann man machen. Da gibt es aber bei uns erstens das Problem, dass die Sachsen damals viel Geld investiert haben, um diese Maschinerie, diese Mechanik erst einmal in Gang zu bekommen, und wir das im Moment nicht können. Zweitens besteht das Problem, dass man dort zu einem sehr frühen Zeitpunkt einen Konsens gefunden hat, für den die Rahmenbedingungen angesichts der Haushaltslage und vor allem der Lage der Kommunalfinanzen im Moment wahrscheinlich nicht die glücklichsten sind. Ich vermute - der Ministerpräsident ist im Moment nicht da -, dass er darauf angespielt hat.
Insgesamt plädiere ich aber nachdrücklich dafür, die Landesanteile an den Theatern beizubehalten und die Theaterfördermittel nicht in das FAG zu geben, weil ich glaube, es gibt dann Interessenkonflikte, die man niemandem vorwerfen kann; ich bin aber ziemlich sicher, dass diese auf Kosten der Theater gehen werden.
Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Nunmehr treten wir in die Fünfminutendebatte ein. Als erstem Redner erteile ich für die CDU-Fraktion dem Abgeordneten Herrn Schomburg das Wort. Bitte sehr, Herr Schomburg.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Land Sachsen-Anhalt hat sich 1990 entschieden, keine Trägerschaft von Theatern zu übernehmen. Damit liegt die originäre Zuständigkeit und Verantwortung für die Zukunft der Theater in Sachsen-Anhalt bei den Trägern der Theater. Dies sind meist Kommunen, aber auch Zweckverbände von Kommunen. Deshalb muss jede Diskussion über diese Einrichtungen mit dem gehörigen Respekt vor der kommunalen Selbstverwaltung geführt werden. Somit verbieten sich auch die von der PDS angedachten Wege. Dazu komme ich aber später.
Die gegenwärtige wirtschaftliche Situation der Theater Sachsen-Anhalts ist absehbar gewesen. Die Fortschreibung der letzten, jetzt gültigen Theaterverträge in die neue Periode hat keinerlei Aufwuchs gebracht. Tarifliche und andere Anpassungen mussten allein die Theaterträger abfangen.
Dazu kamen planmäßig geringere Kommunalzuweisungen vom Land wegen des Rückgangs der Einwohnerzahlen. Ich möchte dies an den Beispielen von Stendal, Quedlinburg und Halberstadt verdeutlichen. Stendal hat
nach gut 48 000 Einwohnern im Jahr 1990 heute noch gut 38 000 Einwohner. In Quedlinburg ist ein Rückgang der Einwohnerzahl von 28 000 auf 26 000 Einwohner und in Halberstadt von gut 45 000 auf 40 500 Einwohner zu verzeichnen. Neben den Finanzzuweisungen fehlen die verloren gegangenen Einwohner auch als Besucher der Theater.
Last, but not least, auch die letzte Änderung der Finanzzuweisungen des Landes an die Kommunen, der allgemeinen Zuweisungen, hat zu einer Verschärfung dieser Situation beigetragen. Da brauchen wir uns nicht selbst etwas in die Tasche zu lügen.
Es ist nicht absehbar, dass sich die von der Bundesregierung eingesetzte Arbeitsgruppe zur Reform der Kommunalfinanzierung schnell auf Ergebnisse einigen kann. Wegen der katastrophalen wirtschaftlichen Situation in Deutschland ist ferner nicht absehbar, dass die Landesregierung oder der Landtag für das nächste Jahr freie Mittel zur Verfügung haben wird, die wir für eine bessere Theaterfinanzierung einsetzen könnten.
Die CDU steht wie die Landesregierung zum Instrument der Theaterverträge, wird diese Verpflichtung auch bis zu deren Ablauf einhalten und wird den Theaterträgern Anschlussverträge anbieten.
Es gibt bei den Theaterträgern unterschiedliche Überlegungen, auf die Herr Kultusminister Olbertz schon hingewiesen hat, auf die derzeitige finanzielle Situation zu reagieren. Das reicht von der Schließung von Häusern über tarifvertragliche Änderungen, den Abbau von Sparten bis zur Suche nach Kooperationen. Vieles davon sind Maßnahmen, die wegen der damit zwangsläufig einhergehenden Qualitätseinbußen nicht den uneingeschränkten Beifall von Kulturpolitikern finden können. Wenn sie jedoch die Schließung von Theaterstandorten verhindern helfen, so sind sie als notwendiges Übel durchaus akzeptierbar.
Das Land als Lückenbüßer für finanzielle Engpässe bei den Kommunen einspringen zu lassen, wie es der PDSAntrag vorsieht, würde im Nu den finanziellen Spielraum des Lande sprengen. Denn selbst wenn wir nur bei einem einzigen Theaterträger - aus welchen Gründen auch immer - etwas großzügiger unsere Landeszuschüsse vergeben würden, so brächte dies - davon bin ich fest überzeugt - auch die anderen Theaterträger in die Versuchung, ebensolche Bedingungen mit dem Land zu verhandeln.
Insofern ist die Not überall gleich. Deshalb kann solch ein Gedanke so lange seriös nicht weiter verfolgt werden, wie der Vater des Gedankens nicht plausibel die damit verbundenen Finanzfragen klärt.