Protocol of the Session on June 12, 2003

Herr Poser, Sie haben die so genannte Fallwildentsorgung auf der Landkreisebene angeführt. Für die Nichtjäger: Das ist kein Wild, das über den Haufen gefallen ist, sondern das von Kraftfahrzeugen über den Haufen gefahren wurde. Jetzt Vorsicht! Wir haben in einigen Revieren - das muss hier gesagt werden - eine Abschusserfüllung durch Kfz-Unfälle - es wird in der Abschussliste so geführt - von 40 bis 50 %. 50 % werden dann noch vom Jäger erlegt. Das sind Unterschiede, die sich im Wandel der Zeit ergeben haben. Bei 9 741 Wildunfällen mit Kraftfahrzeugen im Jahr 2002 sind etwa 6 500 nicht verwertbare Tierkörper angefallen.

(Herr Dr. Köck, PDS: Welche Autobahn betrifft das in der Altmark?)

- Das weiß ich nicht.

(Heiterkeit)

Es ist auch ein anderes Problem: zu nahe Pflanzungen an Autobahnen und Bundesstraßen.

Ich hebe vor allem das Jahr 2000 hervor. Die Entsorgungskosten sind aufgrund der so genannten BSEKrise, aufgrund der Sonderverwertung - Tierkörpermehl, Verbrennung usw. - drastisch gestiegen. Dafür ist von der Jägerschaft in Sachsen-Anhalt in etwa ein Betrag von 150 000 € für die Tierkörperbeseitigung gezahlt worden. Das muss man einmal bedenken, diese Sache BSE, diese Sonderentsorgung.

Herr Poser hat eine kurze Diskussion gefordert. Daher: Die FDP ist aufgrund dieser Sachlage klipp und klar für die Abschaffung der Jagdsteuer. - Ich bedanke mich.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Hauser. - Für die SPD-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Kriemhild Fischer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie wir hörten, beschäftigen wir uns zum wiederholten Male mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der Jagdsteuer; denn bereits am 14. September 2000 brachte die damalige CDU-Fraktion einen solchen Gesetzentwurf in den Landtag ein. Der Gesetzentwurf wurde in den Innenausschuss verwiesen, wurde beraten und dann doch nicht beschlossen.

Meine Damen und Herren, es wird Sie vielleicht ein wenig verwundern, aber die SPD-Fraktion hat ihre Meinung bezüglich der Erhebung der Jagdsteuer innerhalb der letzten zweieinhalb Jahre nicht geändert. Die Argumente für und wider diese Steuer sind noch immer dieselben. Die einen meinen, die Jagdsteuer gehöre abgeschafft, sie sei überholt und nicht mehr zeitgemäß; die anderen sehen in der Erhebung derselben eine Einnahmemöglichkeit für ihren Landkreis. Ich werbe dafür, dass wir die Kommunalparlamente selbst entscheiden lassen, ob sie

die Jagdsteuer aufheben oder beibehalten wollen, dass wir sie in dieser Frage nicht bevormunden.

(Zustimmung bei der SPD)

Mit der Einbringung im September 2000 wurde seitens der CDU-Fraktion unter anderem vorgetragen, dass im Falle eines nicht ausgeglichenen Haushalts die Kommunen angehalten seien, alle Einnahmequellen auszuschöpfen. Das stimmt immer. Somit sei die Freiwilligkeit der Erhebung der Jagdsteuer nicht mehr gegeben. Herr Poser hat vorhin noch einmal darauf hingewiesen. Nicht hat er aber darauf hingewiesen, dass es einen Erlass des Innenministeriums vom 1. Juni 2001 gab, mit dem das Problem eigentlich aus der Welt geschafft wurde.

Der Erlass, von dem ich gerade spreche, ist auf Anregung der SPD-Fraktion in den damaligen Beratungen im Innenausschuss nach sorgfältiger Prüfung ergangen. In ihm sind die Regierungspräsidien und Kommunalaufsichtsbehörden über die Landkreise und kreisfreien Städte angewiesen worden, im Rahmen der Prüfung der Einnahmebeschaffungsgrundsätze zu dulden, wenn keine Jagdsteuer erhoben wird. Das gelte auch bei Einnahmeausschöpfung im Rahmen von Konsolidierungsprogrammen. - Somit haben die Kreistage hierbei wohl doch ihre Möglichkeiten.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, warum um alles in der Welt wollen Sie denn den Kreisräten die Entscheidung über die Erhebung einer Steuer nicht selbst zutrauen? Gerade Sie reden ständig von dem hohen Gut der Selbstverwaltung der Kommunen. Aber hier, wo es nun wirklich überhaupt keinen erkennbaren Grund gibt, wollen Sie kraft des Gesetzes die einzige Steuer abschaffen, die die Kreise und kreisfreien Städte selbst erheben können.

Meinen Sie nicht, dass Ihre Argumente von Deregulierung, von hohem Verwaltungsaufwand usw. auch von den Kreistagen erkannt und beraten werden und dass diese, wenn sie der Überzeugung sind, dass der Aufwand den Nutzen nicht lohnt oder dass man aufgrund anderer Tatsachen eine Jagdsteuer nicht möchte, nicht in der Lage wären, die für ihren Landkreis richtige Entscheidung zu treffen? Damit stellen Sie meines Erachtens den Kommunalpolitikern ein großes Armutszeugnis aus. Das haben diese nun wirklich nicht verdient.

(Zustimmung bei der SPD)

Es ist und es bleibt auch unbestritten, dass der Jagdverband mit großem ehrenamtlichen Engagement zum Erhalt und zur Wiederherstellung der natürlichen Lebensräume beiträgt. Wir haben eben viele Beispiele gehört - das kann ich alles unterstreichen -, dass Jäger Unfallverhütungsmaßnahmen durchführen, bei Verkehrsunfällen Wild von der Straße beseitigen und vieles andere mehr. Das ist alles unbestritten.

(Herr Gürth, CDU: Warum wollen Sie die besteu- ern?)

Gleichwohl berechtigt das doch aber nicht das Landesparlament, die Steuerhoheit der Gebietskörperschaften, der Landkreise und kreisfreien Städte also, infrage zu stellen. Genau hier stimmt doch irgendetwas nicht.

(Herr Gürth, CDU: Doch! Warum nicht?)

Auf der einen Seite halten Sie ständig die Fahne der kommunalen Selbstverwaltung hoch und wedeln damit

herum, auf der anderen Seite beschneiden Sie sie gerade in dem Punkt, in dem es in der Entscheidung der Kommunen liegt, ob sie die Jagdsteuer erheben wollen oder nicht. Das ist mir - das gestehe ich ganz freimütig - zu hoch.

Die SPD-Fraktion lehnt, wie bereits im Mai 2001 geschehen, den Entwurf zur Abschaffung der Jagdsteuer ab. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Frau Abgeordnete Fischer. - Die CDU-Fraktion verzichtet auf einen Redebeitrag, die Landesregierung ebenfalls.

Dann treten wir jetzt in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/803 ein. Zunächst geht es um die Ausschussüberweisung an sich. Wer der Ausschussüberweisung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die PDS-Fraktion. Wer ist dagegen? - Das ist die SPD-Fraktion. Der Ausschussüberweisung als solcher ist zugestimmt worden.

Jetzt geht es darum, in welche Ausschüsse der Gesetzentwurf überwiesen werden soll. Bisher gab es dazu noch keine Anträge.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Ich beantrage die Über- weisung in den Ausschuss für Ernährung, Land- wirtschaft und Forsten zur federführenden Bera- tung und in den Innenausschuss zur Mitbera- tung!)

Gibt es weitere Anträge? - Das ist nicht der Fall. Wer mit der Überweisung in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie in den Ausschuss für Inneres einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Damit ist der Gesetzentwurf in die genannten Ausschüsse überwiesen worden.

Ich lasse nunmehr darüber abstimmen, welchem Ausschuss die Federführung übertragen wird. Wer damit einverstanden ist, dass der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten federführend berät, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Damit ist das so beschlossen. Wir beenden den Tagesordnungspunkt 4.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Investitionsbank-Begleitgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/805

Einbringer ist der Minister der Finanzen. Herr Professor Dr. Paqué, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Landesregierung hat sich von Beginn ihrer Amtszeit an zum Ziel gesetzt, die Wirtschaftsförderung im weitesten Sinn zu verbessern. Es gilt, in den verschiedenen Förderbereichen mit möglichst geringen Landesmitteln ein Höchstmaß an Effektivität und Effizienz der Förderung zu erzielen. Zu dieser Leitlinie gehört auch, dass mehr Möglichkeiten geschaffen werden, die Wirtschaftsförderung und die Mit

telstandsförderung im weitesten Sinn auf der Grundlage von Darlehen zu betreiben.

13 Jahre nach der Vereinigung Deutschlands braucht Sachsen-Anhalt weiterhin Förderprogramme, die den Aufbau und das Wachstum einer innovationskräftigen Wirtschaft unterstützen. Das heißt hierzulande, vor allem das Wachstum eines leistungsfähigen Mittelstands zu beschleunigen.

Aber diese Förderung muss mehr und mehr an ökonomische Marktbedingungen herangeführt werden. Dazu dient der Schritt von der reinen Subvention zum Kredit, gegebenenfalls zu geförderten Bedingungen. Der Mittelstand braucht Unterstützung für Wachstum und für mehr Beschäftigung. Aber Unterstützung muss auch heißen: Hilfe zur Selbsthilfe. Das bedeutet auch: mehr Kredite und weniger direkte Subventionen.

Zu Recht ist dies zunächst einmal eine Ansprache an die Kreditwirtschaft, die Belange des Mittelstandes in ihren geschäftlichen Planungen zu berücksichtigen, auch und gerade in der derzeitigen schwierigen Wirtschaftslage. Viele Kreditinstitute, allen voran die Sparkassen, tun dies nach besten Kräften. Gleichwohl bleiben Finanzierungslücken.

Die Landesregierung will helfen, diese Finanzierungslücken zu schließen. Dazu dient unter anderem die Gründung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt. Heute legt die Regierung dem Landtag das Regelwerk zur Gründung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt vor.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Investitionsbank Sachsen-Anhalt wird nach den Vorstellungen der Regierung eine Fortentwicklung des Landesförderinstituts sein. Das Landesförderinstitut wird umgewandelt in eine teilrechtsfähige Anstalt der NordLB. Im Fachjargon wird dies als eine Anstalt in der Anstalt bezeichnet.

Eine solche Ausgestaltung knüpft an bekannte Strukturen in anderen Bundesländern an. Beispielhaft seien die Wohnungsbauförderanstalt Nordrhein-Westfalen, die Bayerische Landesbodenkreditanstalt, die Investitionsbank Berlin und die Investitionsbank Schleswig-Holstein genannt.

Bis heute ist das Landesförderinstitut eine unselbständige Abteilung, genau genommen ein Geschäftsbereich der NordLB. Die Umwandlung des Landesförderinstituts in eine teilrechtsfähige Anstalt wird es ermöglichen, die begrenzten Ressourcen des Landes künftig besser zu nutzen. Einer solchen Anstalt wird es im Unterschied zum LFI heute möglich sein, auf eigene Rechnung am Kapitalmarkt Mittel zu beschaffen. Diese Mittel können dann für Förderaufgaben genutzt werden, insbesondere im Bereich der gewerblichen Wirtschaft, aber auch im Wohnungsbau, in der Landwirtschaft, im Umwelt- und im Kultusbereich sowie in weiteren Bereichen.

Weiterhin werden wie schon im LFI die Förderprogramme der Ressorts bearbeitet und durchgeführt. Daneben rücken aber neue Kreditprogramme, die es bisher nicht gegeben hat. Das heißt selbstverständlich auch, dass die Gesamtheit der Förderprogramme neu strukturiert werden muss, und zwar im Hinblick auf die neuen Möglichkeiten der Bank.

Als haftendes Eigenkapital plant die Landesregierung Teile jenes Vermögens zu nutzen, das sich für das Land durch die Vergabe von Wohnungsbaukrediten als Forde

rungen auf Kreditrückzahlungen und die Verzinsung seitens der geförderten Haus- und Wohnungseigentümer über die Jahre angesammelt hat. Der Barwert dieses Vermögens beläuft sich nach den Schätzungen der Fachleute auf mindestens 150 Millionen €. Das ist eine außerordentlich konservative Schätzung. Es sind mindestens 150 Millionen €.

Unter Ausnutzung der üblichen kreditwirtschaftlichen Hebelwirkungen kann damit ein Kreditvolumen in Höhe des mehrfachen Betrages gesichert werden. Selbstverständlich wird im Kreditgeschäft mit diesem Hebel stets umsichtig und vorsichtig umgegangen werden müssen. Gleichwohl ist die Landesregierung der festen Überzeugung, dass damit eine große Chance gegeben ist, gerade für die mittelständische Wirtschaft eine wesentliche Finanzierungslücke zu schließen, ohne die Kreditwirtschaft einer unbilligen Konkurrenz auszusetzen.