Protocol of the Session on May 15, 2003

Naturschutz ist zwar Ländersache. Dennoch, meine ich, gehört der Vertragsnaturschutz auch in die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Diesbezüglich sollte die Landesregierung anfangen zu agieren. Den Segen der grünen Umweltministerin in Berlin hätte sie dabei sicher.

Der Vertragsnaturschutz sollte - lassen Sie mich das an dieser Stelle hervorheben - zumindest in Vorranggebieten und Vorbehaltsgebieten für Natur und Landschaft, für Wassergewinnung, Hochwasserschutz, für den Aufbau eines ökologischen Verbundsystems, Kultur und Denkmalpflege sowie Tourismus und Erholung ohne Einschränkungen vonseiten des Landes erhalten bleiben. Die Einschränkung vonseiten des Landes betone ich, da sich aus Schutzverordnungen ergebende Bewirtschaftungsbeschränkungen nicht über den Vertragsnaturschutz finanzieren lassen.

Ich möchte einer möglichen Belehrung durch die Ministerin zuvorkommen oder vorbeugen und abschließend eine Sache ansprechen, die im Zusammenhang mit der Honorierung von Naturschutzleistungen ebenfalls von Bedeutung ist. Dies betrifft die Erstellung von Managementplänen in den FFH-Gebieten. Es gibt durchaus die Möglichkeit, für Bewirtschaftungsrestriktionen Fördermittel der EU entsprechend Kapitel 5 der Richtlinie 1257/ 1999 in Anspruch zu nehmen. Voraussetzung dafür sind allerdings Managementpläne, in denen die einzelnen Beschränkungen mit ihren Auswirkungen dargelegt sowie die wirtschaftlichen Einbußen für die Landwirte begründet werden.

Bereits vor zwei Jahren wurde in einer Pilotphase mit der Erstellung dieser Managementpläne begonnen. Ich

würde mir wünschen, dass die Landesregierung in ihrem Redebeitrag den derzeitigen Stand kurz darlegt. Auch sollte die Landesregierung vielleicht darauf eingehen, was aus der von der Vorgängerregierung in Auftrag gegebenen Grünlandstudie geworden ist, da dies den zur Debatte stehenden Vertragsnaturschutz direkt berührt.

Ich würde mir wünschen, dass Sie unserem Antrag zustimmen. Ich entnehme den Änderungsanträgen, dass Sie das tun wollen, und signalisiere Zustimmung zu den hierzu vorliegenden Änderungsanträgen von der PDS sowie von der CDU und der FDP. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Oleikiewitz. - Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Geisthardt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Politik kann manchmal recht frustrierend sein. Gelegentlich erleben wir es auch hier, dass nicht alles so einfach über die Bühne geht.

Aber heute hat mir die SPD eine Freude gemacht und hat einen Antrag eingebracht, mit dem wir sehr gut umgehen können. Herr Oleikiewitz hat es sehr deutlich gemacht, dass er in vielen Dingen Gemeinsamkeiten sieht.

Es gibt einige Unterscheidungen im Vertragsnaturschutz, die wir durchaus einmal anführen müssen. Es gibt die privaten bzw. öffentlich-rechtlichen Verträge zur naturschutzgerechten Pflege von Flächen in Schutzgebieten im Rahmen des Naturschutzgesetzes. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite gibt es Beihilfen für freiwillige Verpflichtungen. In diesem Zusammenhang bekommen wir eine 75-prozentige Beteiligung der EU. Das muss man etwas auseinander halten - in der Praxis wird es gelegentlich vermischt -; denn es entstehen unterschiedliche Konsequenzen.

Bisher hatten wir nach § 44 des Naturschutzgesetzes eher eine Nebenbehandlung des Vertragsnaturschutzes. In der Zukunft wird sich das ändern. In § 7 der Novelle zum Landesnaturschutzgesetz bekommen wir einen Vorrang des Vertrages vor den ordnungsrechtlichen Maßnahmen.

Ich denke, das ist notwendig und richtig; denn hierbei kommt etwas zum Tragen, was ganz wichtig ist, nämlich etwas, das wir in der Koalition verabredet haben: Wir wollen Verwaltungsvorgänge vereinfachen; wir wollen den Investitionsstandort wenn möglich stärken und wir wollen natürlich die Akzeptanz gegenüber dem Naturschutz und seinen Vorstellungen erhöhen. Das heißt aber auch, es braucht ein gewisses Umdenken mancher Leute in den Naturschutzverwaltungen; denn dort wird manchmal etwas kaputtgemacht, was eigentlich nicht nötig ist. In diesem Zusammenhang bitte ich Frau Ministerin Wernicke, darauf zu achten, dass dort in Zukunft eine ordentliche und bessere Austarierung gemacht wird.

In Bezug auf die gute fachliche Praxis unter Punkt 2 des SPD-Antrags ist zu sagen: Es ist selbstverständlich, dass die Landwirte konsequent die fachliche Praxis umsetzen. Ausnahmen und schwarze Schafe gibt es überall. Aber - das halten wir für gut - wer besser ist, soll angemessen honoriert werden.

Allerdings können wir nicht mit dem - ich sage dies ganz bewusst - typischen Trittbrettfahrerantrag der PDS mitgehen;

(Zustimmung bei der CDU)

denn dieser fordert etwas verpflichtend, das im Zusammenhang mit dem Haushalt zu beschließen ist, und zwar nicht heute, sondern für die Zukunft.

Ich selbst bin Nebenerwerbslandwirt und Schafhalter. Ich würde mich freuen, wenn ich Geld extra bekäme; aber die Haushaltslage sollte jedem bekannt sein. So etwas geht nicht. Wenn man so etwas fordert, dann muss man auch sagen, woher man das Geld dafür nehmen will.

Deshalb haben wir einen Änderungsantrag formuliert. Wir wollen den Antrag der SPD um einen Punkt 3 ergänzen, der heißt: Die aktuelle Situation der Schäfereibetriebe in Sachsen-Anhalt soll bei der Ausgestaltung des Vertragsnaturschutzes besonders berücksichtigt werden. Besondere Aufmerksamkeit soll dabei der Schafhutung zukommen. Dieser Änderungsantrag liegt Ihnen in der Drs. 4/768 vor.

Ich bitte um Annahme unseres Ergänzungsantrags, um Ablehnung des Antrags der PDS und um Zustimmung zu dem so ergänzten Antrag der SPD.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FPD)

Vielen Dank, Herr Geisthardt. - Für die PDS-Fraktion spricht Herr Krause. Bitte.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Es ist allgemein bekannt, dass der Landwirt neben seiner eigentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit einen außerordentlich großen Beitrag zur Pflege und zum Erhalt unserer Kulturlandschaft leistet. Da dies quasi schon immer ein Gratiseffekt seiner landwirtschaftlichen Arbeit war, hat in der zurückliegenden Zeit niemand hinterfragt, wie er dafür zu entlohnen sei.

Gerade auf diesem Gebiet funktioniert das marktwirtschaftliche Prinzip, dass Angebot und Nachfrage automatisch den Preis bestimmen, nicht im Geringsten. Während nämlich die Nachfrage der Menschen nach Erholung und Ausgleich in einer schönen Kulturlandschaft bzw. in der Natur immer größer wird, hält sich die Einsicht, dafür auch einen angemessenen Preis zahlen zu müssen, sehr in Grenzen.

Angesichts der Liberalisierung des Agrarhandels und der damit verbundenen Verschlechterung der Einkommenssituation der Landwirte war es deshalb erforderlich, ein Vertrags- und Fördernetz zu entwickeln, das sicherstellte, dass wenigstens ein Minimum der landschaftspflegerischen und naturschutzmäßigen Leistungen der Landwirte honoriert wurde.

So sind die Mittel aus Landschaftspflegeleistungen inzwischen wesentlicher Bestandteil der Betriebskonzepte der Schäfer in Sachsen-Anhalt geworden. Insbesondere sind die Mittel aus dem Vertragsnaturschutz für ihre Einkommens- und Existenzsicherung zwingend erforderlich.

Die Änderungen, die sich jetzt aber im Vertragsnaturschutz ergeben, haben vor diesem Hintergrund verhee

rende Auswirkungen auf die Berufsgruppe der Schäfer und damit auf eine Berufssparte, die geradezu prädestiniert ist, unsere Kulturlandschaft zu pflegen und Naturschutz produktiv zu betreiben.

Die jüngsten Maßnahmen der Regierung bzw. des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt geben mir zwingend Anlass zur Sorge. Landesbauernverband und Schafzuchtverband verweisen auf dramatische Mittelkürzungen.

Herr Geisthardt, wir fordern nicht mehr; vielmehr verweisen wir auf die Mittelkürzungen im Bereich des Vertragsnaturschutzes. Somit ist die Abschaffung weiterer Schafherden in Sachsen-Anhalt vorprogrammiert. - Ich möchte nicht näher darauf eingehen.

Frau Ministerin, ich glaube, es hat Sie sicherlich bewegt. Sie haben am Dienstag im Altmarkkreis durch eine plastische Demonstration der Schäfer auf dem „Volksstimme“-Forum erfahren, dass sich die geänderten Bestimmungen für den Vertragsnaturschutz, die Ihr Haus erlassen hat, existenzgefährdend auswirken. Ein Ausweichen in markt- und standortangepasste landwirtschaftliche Maßnahmen oder in einen Kompromiss dahin gehend, dass Flächen mit terminlicher Einschränkung zur Pflege bzw. Hutung zugelassen werden, sind, wie uns in den letzten Tagen von Schäfern massiv signalisiert wurde, kein angemessener Ausgleich für den Wegfall der Mittel aus dem Vertragsnaturschutz.

Bei sechs Schäfern mit insgesamt 460 ha Vertragsnaturschutzfläche sind unter diesen Bedingungen Einkommensverluste je Betrieb und Jahr in Höhe von mehr als 10 000 € nachgewiesen. Wer die wirtschaftliche Situation der Schäfer kennt, der weiß, dass der Wegfall dieser Mittel nicht nur Existenzen bedroht, sondern fünf Betrieben, die auf der Grundlage eines vom Ministerium bestätigten Betriebskonzeptes arbeiten, regelrecht die Basis für ein Weiterwirtschaften entzieht. Weitere 20 Schäfer sind mit 400 ha betroffen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Vor dem Hintergrund dieser prekären Lage haben wir uns entschlossen, mit unserem Änderungsantrag zu dem vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion die Regierung aufzufordern, Maßnahmen einzuleiten, die die Situation bei den Schäfern mindestens entschärfen. Das hieße zum Beispiel, Vertragsnaturschutz ohne terminliche Einschränkung für Schäfer kurzfristig wieder zu ermöglichen, die erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen und die Antragsfrist so nach hinten zu verlagern, dass sie kein Verhinderungsgrund sein kann.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion mit der von uns beantragten Ergänzung. Ein allgemeines Plädoyer reicht nicht aus, wie es im Änderungsantrag der CDU-Fraktion enthalten ist.

(Zustimmung bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Krause. - Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kehl. Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Was kann liberaler sein, als Aufgaben der Verwaltung zu privatisieren, indem man die Aufgaben einem Dritten übergibt und das Ganze nicht verordnet, sondern

mithilfe eines Vertrages sozusagen auf gleicher Augenhöhe regelt.

Aber, Herr Kollege Oleikiewitz, da hätten Sie sich auch etwas Eigenes einfallen lassen können, zumindest im Hinblick auf den Text. Der Wortlaut Ihres Antrages ist nämlich 1 : 1 aus unserer Koalitionsvereinbarung abgeschrieben worden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das ist ein erstaunlicher Vorgang. Vielleicht kann man einmal über den gesamten Koalitionsvertrag en bloc abstimmen lassen. Dann können wir uns viele Diskussionen ersparen.

Mit dem Vertragsnaturschutz haben nicht nur wir in Sachsen-Anhalt gute Erfahrungen gemacht. Es bietet sich dabei eine interessante Möglichkeit, Naturschutzmaßnahmen im Einvernehmen mit betroffenen Grundbesitzern durchzuführen. So kann zum einen eine bessere Akzeptanz bei Landnutzern erzielt werden. Zum anderen können auch relativ schnell und flexibel kleinräumige Problemlösungen gefunden werden.

Davon mussten wir Liberale unseren Koalitionspartner und die Frau Ministerin nicht erst überzeugen. Wir haben dies, wie bereits gesagt, im Koalitionsvertrag so festgeschrieben. Der Vertragsnaturschutz sollte auch unserer Meinung nach den Vorzug vor administrativen Regelungen bekommen.

Wir sollten aber in diesem Punkt unseren Blick nicht allein auf den Vertragsnaturschutz beschränken. Maßnahmen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ werden im Land Sachsen-Anhalt seit dem Jahr 1991 gefördert. Die Zuwendungen für die Agrarumweltmaßnahmen Vertragsnaturschutz, umweltschonender Anbau von Gemüse, Heil- und Gewürzpflanzen, Kern- und Steinobst sowie - ganz besonders wichtig - Wein und Hopfen sowie die Erhaltung lokaler und vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen sind Gegenstand von Landesprogrammen und werden mit Landesmitteln unter finanzieller Beteiligung der Europäischen Gemeinschaft gefördert.

Im Zeitraum von 1994 bis 2001 ist ein erheblicher Rückgang bei den GA-Ausgaben, bedingt vor allem durch Kürzungen der Mittelzuweisungen des Bundes, zu verzeichnen.

Im Jahr 2002 wurden für den Einzelplan 15 zusätzliche GA-Mittel infolge des Hochwassers von Elbe und Saale bereitgestellt. Ein Vergleich mit anderen Bundesländern verdeutlicht, dass in nahezu allen Ländern die Höhe der jährlichen Gesamtausgaben tendenziell abnimmt. Hinsichtlich der prozentualen Anteile der Bundesländer an den GA-Ausgaben steht das Land Sachsen-Anhalt im bundesweiten Vergleich im Zeitraum 1996 bis 2001 mit durchschnittlich 99 Millionen € an sechster Stelle.

Meine Damen und Herren! Wir stimmen dem Antrag der SPD-Fraktion ausdrücklich zu und verbinden dies mit der Aufforderung an den Bundeskanzler, endlich wieder mehr Geld für die GA zur Verfügung zu stellen, damit der Vertragsnaturschutz weiter ausgebaut werden kann.

Meine Damen und Herren! Ich frage mich allerdings, um auf den Änderungsantrag der PDS-Fraktion zurückzukommen, welches Schaf die PDS-Fraktion geritten hat, um einen solchen Änderungsantrag zu stellen. Die offensichtlich gewollte Reduzierung von Agrarumweltmaß

nahmen auf die Schafhaltung verdeutlicht, wie polemisch die PDS-Fraktion mit diesem Thema umgeht. Wir lehnen diesen deshalb ab.

Um aber nicht den Eindruck zu erwecken, die Schafhaltung, die Schafe und die Schäfer wären uns egal, bringen wir einen Änderungsantrag ein, der unseres Erachtens wesentlich sachgerechter ist. Ich weise in diesem Zusammenhang noch einmal auf das finanzielle Desaster hin, das wir insbesondere auch der PDS zu verdanken haben. In einer solchen Situation auf der einen Seite durch einen Änderungsantrag ein Finanzloch aufzumachen, unabhängig vom Haushaltplan, und gleichzeitig Sparmaßnahmen der Landesregierung in jedem einzelnen Bereich teilweise bösartig zu torpedieren, ist hochgradig verantwortungslos.

Ich bitte Sie daher, den PDS-Antrag abzulehnen und stattdessen unseren erheblich besseren Änderungsantrag anzunehmen. - Schönen Dank.