Protocol of the Session on May 15, 2003

(Zustimmung bei der SPD - Oh! bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Das Landeswaldgesetz und die Leitlinie Wald des Landes Sachsen-Anhalt tragen der besonderen Funktion des Waldes zur Sicherung und

Verbesserung der Lebensbedingungen des Menschen und der Flora und Fauna Rechnung. Eine wesentliche Zweckbestimmung ist dabei das Postulat der Erhaltung und der Vermehrung des Waldes. Deswegen und weil Sachsen-Anhalt mit 23 % Waldanteil an der Gesamtfläche zu den eher waldarmen Bundesländern gehört, kann die Ansage nur lauten: Hände weg von all dem, was diesem Ziel auch nur im entferntesten Sinne zuwiderläuft.

Meine Damen und Herren! Der Gesamtanteil des Staatswaldes in Sachsen-Anhalt beträgt ca. 30 %. Das ist keine unwesentliche Größenordnung. Aber es ist eben nicht die Masse. Aber, meine Damen und Herren, es ist öffentlicher Wald, der für ein Land so etwas wie das Tafelsilber bedeutet. Und das verscherbelt man eben nicht einfach so, wenn man einmal klamm ist.

Das ist nicht nachhaltig, meine Damen und Herren, und es stellt sich dabei zwangsläufig die Frage: Was machen wir denn, wenn wir alles verkauft haben, den Wald, das Trinkwasser, die Krankenhäuser, die Altersheime und vielleicht sogar irgendwann die Universitäten? Was bleibt denn dann noch übrig? - Zum Schluss können wir dann unser Land meistbietend verkaufen. Das kann also nicht der richtige Weg sein.

Lassen Sie mich deshalb abschließend noch einmal die wesentlichsten Kritikpunkte am Verkauf des Landeswaldes, den wir bisher leider nicht verhindern konnten - das muss an dieser Stelle dazu gesagt werden -, nennen:

Erstens. Mit der Fortführung der Privatisierung von Landeswald laufen wir Gefahr, den angestrebten Waldumbau, also weg von der Monokultur hin zu Mischwäldern, zu untergraben.

(Herr Gürth, CDU: Wollte die SPD nicht auch den Wald verkaufen?)

- Das haben wir aber nicht gemacht, Herr Gürth, wenn Sie sich recht erinnern.

Zweitens. Die zunehmende Bedeutung des Waldes als Klimaschutzfaktor wird konterkariert, da die private Waldwirtschaft zwangsläufig die wirtschaftliche Nutzung im Auge behält.

Drittens. Die Entwicklung des in Sachsen-Anhalt entstehenden naturnahen Tourismus wird erschwert, da die Anlage und Beschilderung von Wegen das Wohlwollen der Eigentümer voraussetzt und diese den touristischen Begleiterscheinungen, die wir allgemein draußen erkennen können, eher negativ gegenüberstehen.

Viertens. Die Ausweisung und die Anerkennung von Biosphärenreservaten und anderen Schutzzonen wird problematisch bzw. kostspielig, da die geforderten Reservate, Totalreservate und andere Reservate nur mithilfe von Entschädigungen zu realisieren sind.

Fünftens. Die wirtschaftliche Betriebsführung des Landesforstbetriebs wird ad absurdum geführt, da ein fortschreitender Flächenverlust bei kurz- und mittelfristig konstanten Fixkosten nur über erhöhte Zuschüsse ausgeglichen werden kann.

Sechstens. Der Waldverkauf führt natürlich auch zum Verlust von Arbeitsplätzen, nämlich im Bereich des Landesforstbetriebs als Anpassungsreaktion, indem Waldarbeiter entlassen werden müssen.

Der Schaden, der durch den Verkauf angerichtet werden kann, wird durch die einmaligen Verkaufserlöse in keiner

Weise kompensiert und ist von daher nicht zu rechtfertigen.

Unser Antrag soll Sie an die Verantwortung erinnern, die Sie mit der Regierungsübernahme

(Zuruf von der CDU)

- jetzt sehe ich Sie an - übernommen haben. Wir wollen Ihnen eine Brücke bauen, damit Sie aus dem Landeswaldverkauf aussteigen können. Das können Sie schon demnächst bei der Erarbeitung des Haushaltplanentwurfs für das Jahr 2004 deutlich machen. Wir appellieren an Ihre politische Vernunft und an Ihr vielleicht noch in Ansätzen vorhandenes grünes Gewissen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Oleikiewitz, SPD, wirft das Wasserglas auf dem Rednerpult um)

Vielen Dank, Herr Oleikiewitz. - Zunächst hat Frau Ministerin Wernicke um das Wort gebeten. Vielleicht muss das Wasser erst noch vom Pult abfließen?

(Herr Oleikiewitz, SPD: Ich hoffe, die Ministerin kriegt jetzt keinen Schlag! - Heiterkeit im ganzen Hause - Das Rednerpult wird abgewischt)

Nun haben Sie das Wort. Bitte schön.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Solch eine Ehre, ein von Herrn Oleikiewitz und der Landtagsverwaltung geputztes Pult benutzen zu dürfen, hat nicht jeder Abgeordnete.

Aber Spaß beiseite: Herr Oleikiewitz, der Antrag der SPD-Fraktion verwundert mich in mehrfacher Hinsicht.

Ich will bei der Betrachtung zum so genannten Volksvermögen beginnen. Ich denke, die Bürger unseres Landes erwarten von uns Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. Sie erwarten von uns Perspektiven für ihre Kinder. Die Mehrheit des Volkes wird nicht einsehen, dass sie zugunsten von Gemeinwohlleistungen auf ihre Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt und für ihre Familien verzichten muss.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

In der Begründung zum vorliegenden Antrag heißt es, der Landtag habe - ein weiterer Punkt, der mich verwundert - in dem Beschluss über den Landeshaushalt 2003 entschieden, 10 000 Hektar Landeswald als Deckungsquelle für Haushaltmindereinnahmen zu privatisieren.

Meine Damen und Herren! Einen derartigen Beschluss gibt es nicht. Richtig ist, dass beschlossen wurde, im Landeshaushalt 2,5 Millionen € durch die Veräußerung von Forstimmobilien und 12 Millionen € durch Verkäufe von Splitterflächen und sonstigen Waldflächen zu erwirtschaften.

Das Verkaufskonzept des Landwirtschaftsministeriums beinhaltet unter anderem, dass zunächst vorrangig Splitterflächen veräußert werden. Das sind Grundstücke, die eine für die Bewirtschaftung durch den Landesforstbetrieb ungünstige Flächenform aufweisen, die in Gemengelage mit dem Waldbesitz anderer oder anderen

Eigentumsformen liegen. Aus dieser Ebene sind zurzeit 5 000 ha zum Verkauf vorbereitet.

Das Land kann mit dem Verkauf von Splitterflächen einerseits auf die Forderung landeseigener und privater Waldbesitzer nach Arrondierungsmöglichkeiten reagieren. Diese Flexibilität ist für die Überwindung der Nachteile des klein strukturierten Waldbesitzes in SachsenAnhalt notwendig, wenn nicht sogar längst überfällig. Andererseits verringert sich der Bewirtschaftungsaufwand des Landes für diese Flächen. Auch aus diesem Grunde hätte sich das Land meines Erachtens längst von diesen Splitterflächen trennen sollen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Bei dem Verkauf von Forstimmobilien steht die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Landesvermögens, die Organisationsrelevanz im Vordergrund. Ein hoher Sanierungsbedarf ist bei diesen Forstimmobilien zu verzeichnen. Bei der Veräußerung entbehrlicher Gebäude steht die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit beim Landesforstbetrieb und letztlich beim Landesvermögen im Vordergrund. Auch diesbezüglich hätte die frühere Landesregierung bereits handeln müssen.

Ich denke, dass diese Privatisierungsbemühungen stattfinden können, ohne Volksvermögen zu schmälern. Ganz im Gegenteil: Eine sinnvolle private Nutzung trägt letztlich dazu bei, dass Volksvermögen auch gemehrt wird bzw. dass dem Volk mehr Vermögen zur Verfügung steht, ohne die Aufgaben des Waldes, was die Wirtschaftlichkeit, die Erholungsfunktion und die Nachhaltigkeit oder die ökologische Funktion anbelangt, zu schmälern.

(Zustimmung von Herrn Daldrup, CDU)

Daneben wird in Einzelfällen eine Kombination des Verkaufs bebauter Grundstücke mit Waldflächen angestrebt, um möglichst hohe Verkaufserlöse zu erzielen. Die Zielsetzung bei den Waldverkäufen ist, so wenige Hektar Wald wie nötig für so viel Geld wie möglich zu verkaufen. Die bereits öfter genannten 1 000 € pro Hektar Wald sind dabei im Einzelfall der absolute Mindestpreis.

Meines Erachtens sollten wir abwarten, wie sich das Verkaufsgeschehen entwickelt und welche Preise tatsächlich auf dem Markt zu erzielen sind. Ich bin gern bereit, den Abgeordneten am Jahresende, im Herbst - denn im Herbst werden die Küken gezählt, auch in diesem Bereich - darüber zu berichten.

Herr Oleikiewitz, Ihre bei diesem Tagesordnungspunkt richtig auffällig gewordene sozialistische Philosophie

(Oh! bei der SPD - Frau Dr. Sitte, PDS: Genau!)

kennt man mittlerweile, aber die Polemik muss ich einfach zurückweisen. Das ist eine Polemik, die diffamierend und meines Erachtens auch unverschämt ist. Man behauptet ständig, dass private Waldbesitzer nicht gewillt, nicht in der Lage sind, ihren Beitrag zu einer naturnahen Waldbewirtschaftung zu leisten, ihren Beitrag zur Öffnung des Waldes zu leisten. Das diffamiert jeden privaten Waldbesitzer.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihr Antrag verwundert mich in einem weiteren Punkt: Ihr hiermit zum Ausdruck gebrachtes Verfassungsverständnis. Der Landtag, der den Haushalt 2004 beschließen wird, soll jetzt

schon die Landesregierung auffordern, bestimmte Vorgaben bei der Haushaltsaufstellung zu berücksichtigen.

Warten Sie doch ab, wie die Landesregierung sich entscheidet. Herr Oleikiewitz, Sie können sicher sein, dass wir Landesgesetze wie das Waldgesetz beachten. So viel Vertrauen in die verantwortliche Arbeitsweise der Umwelt- und Landwirtschaftsministerin werden Sie doch aufbringen.

Aber ich denke, Sie hätten bei Ihrer Regierung schon etwas misstrauischer sein sollen, auch in diesem Bereich. Dabei denke ich nicht nur an das schon angemahnte Privatisieren von Splitterflächen oder Immobilien. Auch die Organisation als Betrieb nach § 26 LHO und die Vermengung von Wirtschaftsbetrieb und hoheitlichen Aufgaben sind nicht der Weisheit letzter Schluss.

Sie haben dem Landesforstbetrieb damals versprochen, er könne sich, weil er dann wirtschaftlich agieren kann, freier von staatlichen Zwängen ist, Rücklagen aneignen und mit den Rücklagen dann wieder wirtschaftlich arbeiten oder für das Gemeinwohl Leistungen erbringen. Diese Rücklagen haben Sie nicht gesichert. Uns fällt das jetzt auch schwer, das gebe ich zu.

(Herr Gürth, CDU: Genau so ist es!)

Aber in diesem Prozess gilt es neue Wege zu gehen. Andere Länder, Nachbarstaaten haben Lösungen gefunden, die zu mehr Transparenz und zu sinkenden Staatszuschüssen führen. An dieser Stelle sollten wir ansetzen. Ich bin der festen Meinung, wir sollten nicht vordergründig über Waldverkäufe reden - darin gebe ich Ihnen Recht -, aber wir sollten über Modelle reden, die eine Bewirtschaftung auch von Landeswald ermöglichen und die dazu führen, dass die Staatszuschüsse geringer werden.

(Zustimmung von Herrn Daldrup, CDU, und von Herrn Koch, CDU)

Wir geben Zuschüsse von mehr als 35 Millionen € in den Landesforstbetrieb. Das muss meines Erachtens optimiert werden.