Protocol of the Session on April 10, 2003

Die Position Bayerns halte ich persönlich weder für rechtlich fundiert noch für ökonomisch nachvollziehbar.

(Oh! bei der SPD - Herr Bullerjahn, SPD: Herr Professor Paqué!)

Der Landesrechnungshof wird sich auf Wunsch der Staatskanzlei in Kürze ebenfalls mit dem Thema CrossBorder-Leasing beschäftigen und das Thema mit den Rechnungshöfen der anderen Länder erörtern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Finanzministerkonferenz war die Diskussion schon bei diesem Thema angelangt. Ich sage noch einmal, dass ich die bayerische Position in dieser Frage nicht teile. Sie geht viel zu weit in der kritischen Beurteilung der Geschäfte. Es muss hier seriös, nüchtern, mit Fingerspitzengefühl und Sachverstand geurteilt werden. Dafür stehen wir in dieser Landesregierung. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister, möchten Sie eine Frage von Herrn Gallert beantworten?

Das tue ich gern.

Bitte, Herr Gallert, fragen Sie.

Herr Finanzminister, ich habe zwei Fragen. Erstens haben wir Ihre Ablehnung der bayerischen Position vernommen. Wir würden nur gern wissen, warum Ihrer Meinung nach die Bayern all die Risiken offensichtlich für so wichtig und bemerkenswert erachten, obwohl in diesem Land mehrere wichtige Banken ihren Sitz haben, die an diesen Geschäften nicht schlecht verdienen. Trotzdem kommt Bayern zu dieser Auffassung, obwohl man ihnen nun keine postkommunistischen Ressentiments gegen diese Dinge vorwerfen kann. - Das ist die erste Frage.

Die zweite Frage. Wir haben in der Landesverfassung den Artikel 99. Darin geht es um Kredite. In Absatz 1 heißt es, die Aufnahme von Krediten sowie die Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen, die zu Ausgaben in künftigen Rechnungsjahren führen können, bedürfen einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Gesetz.

Wir sagen ausdrücklich, dass diese Cross-Border-Leasing-Geschäfte, wenn sie Landesimmobilien betreffen würden, wie es etwa hinsichtlich der medizinischen Fakultäten der Universitäten diskutiert wird, unter den Artikel 99 Abs. 1 der Verfassung fallen würden. Teilen Sie unsere Meinung oder sind Sie der Auffassung, dass die Landesregierung solche Geschäfte auch untergesetzlich vornehmen könnte?

Zur ersten Frage. Mutmaßungen über die Motivation der bayerischen Landesregierung liegen mir fern. Ich kann nur feststellen, dass ich ihre Meinung nicht teile. Lieber Herr Gallert, es gibt auch andere Bundesländer wie Hessen oder Nordrhein-Westfalen, die einen ähnlich leistungsfähigen Finanzdienstleistungssektor wie Bayern haben, vielleicht sogar noch etwas leistungsfähiger, und die diese Frage anders beurteilen. Es ist völlig legitim, unterschiedliche Positionen zu haben. Wir können das an dieser Stelle nicht ausdiskutieren. Ich teile schlicht die bayerische Position nicht. Das habe ich an dieser Stelle gesagt.

Gleichwohl - ich kann es nicht oft genug wiederholen - muss man bei Geschäften dieser Art selbstverständlich außerordentlich sorgfältig arbeiten und die Vertragskonditionen so gestalten, dass bei den Kommunen oder gegebenenfalls bei einem Bundesland keine Risiken hängen bleiben, die in einer nicht akzeptablen Größenordnung liegen oder die gar irgendwelche rechtlichen Restriktionen verletzen.

Zu der zweiten Frage. Diesen Punkt lasse ich an dieser Stelle offen. Alles dies müsste zu gegebener Zeit geprüft werden. Ich betone noch einmal, dass wir uns in dieser Hinsicht in einer Pilotphase befinden. Diese Pilotphase muss an konkreten Objekten durchgespielt werden. Man kann das nicht abstrakt machen. Insofern sind wir in der Tat dabei, mit konkreten Projekten zu arbeiten. Wie diese umgesetzt werden, wird sich, wenn es überhaupt so weit kommt, zu gegebener Zeit zeigen.

Herr Gallert, ich will an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es keineswegs irgendeinen Beschluss der Landesregierung gibt, Cross-Border-Leasing-Geschäfte zu betreiben. Wir befinden uns in einer Prüfungsphase. Es kann durchaus sein, dass wir nach der Prüfung der Angelegenheit feststellen, dass die Objekte, die gegebenenfalls aufgrund der Bedingungen infrage kämen, aus anderen Erwägungen heraus doch nicht als geeignet erscheinen. Wir müssen das sehr genau prüfen. Wir tun dies mit aller Nüchternheit.

Aber diese Nüchternheit ist etwas anderes als die polemische Diskussion, die gerade auch in Bayern stattgefunden hat, insbesondere hinsichtlich des Leasings des Münchner Rathauses, das auch sehr viele Emotionen geweckt hat. Diese Emotionen haben die Diskussion vom eigentlichen ökonomischen Kern der Sache weggeführt. Ich warne davor, die Diskussion emotionalisiert zu führen. Wir müssen uns vielmehr ganz genau die Vertragskonditionen ansehen.

(Herr Bullerjahn, SPD: Das hat doch keiner ge- macht!)

- Herr Bullerjahn, ich habe Ihnen nicht vorgeworfen, dass Sie das Thema emotional diskutieren, aber anderen schon.

(Zustimmung von Herrn Tullner, CDU - Frau Bud- de, SPD: Ein einsamer Klopfer!)

Vielen Dank, Herr Minister Paqué. - Gibt es weitere Fragen? - Das wird nicht gewünscht. Dann erteile ich Frau Dr. Hüskens das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum vorliegenden Antrag kann ich im Wesentlichen auf das verweisen, was ich zum vorhergehenden Tagesordnungspunkt gesagt habe. Die fachlichen Ausführungen hat der Minister gerade gemacht. Auch das Modell des CrossBorder-Leasing kann ein Weg sein, um die engen öffentlichen Haushalte zu entlasten. Aber auch für das Cross-Border-Leasing gilt, dass sich nicht jeder Teilbereich öffentlicher Aktivitäten automatisch für CrossBorder-Leasing eignet.

Zunächst ist auch hierbei zu prüfen, ob dazu langfristige vertragliche Bindungen eingegangen werden können. Das heißt, es ist zu prüfen, ob die Gebäude oder das Anlagevermögen, das Gegenstand der Verträge werden soll, auch wirklich für die Länge der Laufzeit für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben benötigt wird. Denn es würde ja relativ problematisch werden, wenn kurz nach Abschluss solcher Verträge Überlegungen auftauchten, sich von Gebäuden oder Anlagevermögen zu trennen oder andere Formen der Betreibung zu finden.

Darüber hinaus - Frau Weiher hat ebenfalls darauf hingewiesen -, ist zu prüfen, ob erhaltene Fördermittel, Gebührentatbestände oder andere Aspekte zu berücksichtigen sind und gegebenenfalls gegen eine Form des Cross-Border-Leasing sprechen. Das sollte man aber mit aller Nüchternheit tun und dabei die Vor- und Nachteile abwägen.

Dass die Verträge im Detail auszuhandeln sind und dass es dabei auch deutsche Verträge geben sollte, die alle Beteiligten in der Lage sind zu erfassen, soweit man deutsche juristische Verträge erfassen kann, versteht sich meiner Meinung nach von selber.

Schon diese Punkte zeigen aber, dass Cross-BorderLeasing-Geschäfte, obwohl ich sie im Grundsatz für einen sinnvollen Weg halte, sorgfältig vorzubereiten und in jedem Einzelfall zu prüfen sind.

Die Kommunen, die in Sachsen-Anhalt bisher solche Finanzgeschäfte getätigt haben, haben dies nach ihrer eigenen Auffassung getan, und ich glaube nicht, dass wir nun von der Landesebene her eine andere Auffassung vertreten können. Ich halte auch nichts davon, dass das Land in diesem Politikfeld regelnd eingreifen möchte und dass wir die Kommunen diesbezüglich ans Gängelband nehmen sollten.

Trotzdem sollten wir über Cross-Border-Leasing und den vorliegenden Antrag der PDS - der der SPD ist ja mehr oder weniger inhaltsgleich - im Ausschuss für Finanzen reden; denn ich halte eine Beratung über Cross-BorderLeasing auch vor dem Hintergrund des Hinweises des Ministers, dass sich auch das Land derartige Aspekte vorstellen könne, für dringend erforderlich. Ich beantrage deshalb eine Überweisung des Antrages in den Ausschuss für Finanzen.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Für die SPD-Fraktion erteile ich nicht Herrn Doege, der eigentlich jetzt sprechen sollte, aber kurzfristig gegangen ist, das Wort, sondern Herrn Bullerjahn. Bitte schön, Herr Bullerjahn.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die von Herrn Doege vorbereitete Rede hier, werden sie aber aufgrund der vorherigen Redebeiträge nicht verlesen.

Zunächst möchte ich auf den Redebeitrag des Ministers eingehen. Ein bisschen Polemik am Anfang sei mir gestattet. Ich würde Ihnen empfehlen, folgenden Vorschlag zu machen: Wir budgetieren den Landtag, wir globalisieren die Ministerien und der letzte Teil wird dann Cross Border geleast. Dann haben wir alle unsere Ruhe.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD)

Zwei oder drei Abgeordnete kontrollieren dann das Ganze über 99 Jahre.

Ich will nur sagen, das ist jetzt die Polemik, die Sie diesen Anträgen ja ein bisschen unterstellt haben. Das hat aber einen tieferen Sinn.

Herr Minister, Sie haben natürlich ein Händchen dafür, Themen, die Sie wahrscheinlich aus Ihrer Hochschultätigkeit mitbringen - im Finanzausschuss bin ich Ihnen für Ihre Erläuterungen manchmal auch dankbar, da uns das das Lesen erspart; das ist jetzt nett gemeint -, in einer Art und Weise an die Öffentlichkeit zu bringen, dass man froh ist, dass es Zeitungen gibt.

Da lese ich früh vom Leasing einer Hochschulklinik. Da lese ich, dass das und das privatisiert wird. Da lese ich, Globalhaushalte sind etwas ganz tolles Neues. Und diejenigen, die nicht jeden Tag bei Ihnen im Vorzimmer sind, müssen sich dann natürlich irgendwie die Informationen beschaffen. Ich weiß nicht, ob das für die CDU-Fraktion zutrifft. Nur Herr Tullner muss immer sehr gut unterrichtet sein, weil er so etwas sofort Klasse findet.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Aber für die, die nicht jeden Tag dort sitzen, ist es schwer, sich überhaupt noch damit zu befassen. Ich glaube, mehr sollte dieser Antrag auch nicht darstellen.

Ich habe nämlich die Ahnung, dass im nächsten Haushaltsplanentwurf, weil die Not natürlich groß ist - wir wollen jetzt nicht in Zahlen abschweifen -, wieder irgendwelche Vorschläge kommen, wobei wir aufgrund des Zeitdrucks keine Möglichkeit haben werden, uns damit zu befassen. Ich denke nur an Ihre Effekten-LombardÜberlegung - ich muss das anführen -, wobei Sie der Einzige waren, der das so gut fand. Natürlich organisierten Sie dann die Mehrheit und brachten das auch durch. Aber bis heute ist man sich noch nicht ganz sicher, ob das wirklich dem entspricht, was wir eigentlich unter Haushalt verstehen.

Deshalb sollten Sie, Herr Minister, uns nicht immer gleich Polemik vorwerfen.

Zum Thema selber. Es gibt natürlich schon Modelle. Sie haben aber ein paar Beispiele genannt, Herr Minister, die ich mir einmal auf Landkreisebene vorstelle. Sie sagen selbst, dass das abgeklärt werden muss. Sie wollen das Risiko minimieren. Ich stelle mir aber einen kleinen Landkreis mit seinem Rechtsamt vor. Ich war acht Jahre in einem Kreistag. Da kommen dann Anwälte, die sich spezialisiert haben, mit einem Vertrag in Englisch. Ich kann mir schon vorstellen - deswegen bitte nicht immer so absolut schwarz-weiß diskutieren! -, dass es da zu Risiken kommen kann.

Ich denke, auf diese Risiken muss man hinweisen, noch dazu, weil das vielleicht ein Modell für die Zukunft sein kann. Wichtig ist, nicht gleich den Kämmerer loszuschicken und zu gucken, was man einsparen könnte, sondern diese Risiken ganz ernsthaft zu diskutieren. Wenn man danach meint, dieses Risiko eingehen zu wollen, sollte man das dann meinetwegen auch tun. Oder aber man sollte politisch entscheiden - das ist eher bei uns so -, dies vielleicht nicht zu tun.

Dass das nicht nur eine ideologische Frage ist - deshalb will ich Sie mit Bayern auch noch ein bisschen ärgern -, das beweisen wirklich die Bayern. So sagte Herr Faltlhauser - wenn Sie sagen, das sei fachlich nicht fundiert, ist das wohl nicht ganz richtig -:

„Die Bürgerinnen und Bürger in Bayern wollen nicht, dass ausländischen Investoren kommunale Einrichtungen wie etwa die Wasserversorgung oder die Kanalisation in die Hand fallen. Einen Ausverkauf der Städte und Gemeinden wegen kurzfristig lukrativer Steuertricksereien und riskanter Finanzierungsmodelle wollen wir verhindern.“

Herr Bullerjahn, gestatten Sie eine Frage?

Am Ende, bitte.

Ein weiterer Minister, Herr Beckstein, sagte:

„Solche Modelle führen zu unkalkulierbaren Risiken, die im Interesse der Bürgerinnen und Bürger nicht hingenommen werden dürfen. Außerdem entsteht in der Öffentlichkeit ein verheerendes Bild, wenn Kommunen auf Steuertricks hart an der Grenze der Legalität zurückgreifen und gleichzeitig von den Bürgern, die ohnehin viel Steuern zahlen müssen, Ehrlichkeit und hundertprozentige Gesetzestreue verlangt wird.“

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich Ihnen nicht gesagt hätte, wer das gesagt hat, hätten Sie es wahrscheinlich auch wieder der PDS vorgeworfen.

(Herr Gürth, CDU: Das ist doch nicht illegal!)