Die einzelnen Castor-Transporte - das ist richtig dargestellt worden - werden durch das Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt. Das Bundesamt veröffentlicht die erteilten Genehmigungen bzw. die Termine der einzelnen Transporte. Diese Termine sind auf den Internetseiten des Bundesamtes abrufbar. Die Bundesregierung hat somit für ihren Zuständigkeitsbereich ein offenes Verfahren gewählt und die Transparenz hergestellt.
In den erteilten Genehmigungen des Bundesamtes für Strahlenschutz wird den Unternehmen auferlegt, die zuständigen Ministerien der einzelnen Länder über die Wegführung der bevorstehenden Transporte zu informieren. Es existiert - das will ich noch einmal betonen - keine gesetzliche Vorgabe, nach der es Pflicht der Landesregierung wäre, die betroffenen Kommunen zu informieren, sie ist aber auch in keiner Weise daran gehindert, sondern sie ist - -
Herr Minister Jeziorsky, Sie haben im Jahr 1996 Frau Heidecke hier an ihren Amtseid im Zusammenhang mit dem Vorfall in Schönebeck erinnert. Sie sind nach Ihrem Amtseid gehalten, Gefahren abzuwenden, und Sie sind dann sehr wohl auch berechtigt, etwa der Stadt Halle als Gefahrenabwehrbehörde zu sagen, dass dort ein Castor durchfahren wird.
Nun frage ich mich natürlich auch: Was hat Sie dazu bewogen, die betroffenen Kommunen nicht zu informieren? Eine nahe liegende Erklärung ist in der Tat die Furcht vor Anschlägen militanter Kernkraftgegner auf den Castor-Transport. Diese Sorge ist ja nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre keineswegs unbegründet. Man könnte das auf die Formel bringen, die Regierung sei nicht dafür da, Events für reisende Gewalttäter zu organisieren.
Das ist aber nur die eine Seite. Es gibt auch ein legitimes Informationsbedürfnis der Bevölkerung, wenn ein solcher Castor-Transport durchs Land rollt. Es wäre auch
eine Chance gewesen, die Bevölkerung darüber aufzuklären, wie ein solcher Transport vonstatten geht und welche Sicherheitsvorkehrungen im Einzelnen getroffen werden.
Und was, meine Damen und Herren, ist mit den friedlichen Demonstranten, die sich aus solchem Anlass versammeln wollen? Haben diese nicht einen Anspruch auf räumliche und zeitliche Nähe zu dem Objekt ihres Protestes?
Ich verweise auf den Brokdorf-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom Jahr 1985, wonach das Versammlungsrecht auch insofern umfassend garantiert wird.
Wer der Öffentlichkeit derartige Informationen vorenthält, der muss dafür triftige Gründe haben und diese sorgfältig abwägen. Dann kann im Einzelfall, Herr Minister, auch eine Nichtinformation sachgerecht sein.
Ich frage Sie aber, Herr Minister: Gab es denn Lageerkenntnisse der Sicherheitsbehörden über potenzielle Störer, die es ratsam erscheinen ließen, die Kommunen nicht zu informieren, weil ein Bekanntwerden der Informationen zu einer nicht beherrschbaren Gefahrenlage hätte führen können?
Ich verkenne nicht den Aufwand, der entstehen kann, wenn Castor-Transporte in einer das Versammlungsrecht missbrauchenden Weise gestört werden. Der Kräftebedarf dafür ist bisweilen sehr erheblich. Wer aber behauptet, dass Risiken erst durch die Demonstrationen entstünden und wenn Menschen den Transport massiv behinderten, der verwechselt Ursache und Wirkung. Die Gefahren gehen nicht primär von gewaltbereiten Demonstranten aus. Gefährlich ist der Transport an sich.
Es war immerhin die CDU-Bundesumweltministerin Merkel, die im Jahr 1998 einen Transportstopp für CastorTransporte verhängte, da an einigen Atommüllbehältern und -fahrzeugen radioaktive Partikel gefunden worden waren. Die Kontaminationen überschritten erheblich die zulässigen Grenzwerte und - das ist der eigentliche Skandal - waren jahrelang gegenüber Behörden und Öffentlichkeit verschwiegen worden.
Am 14. Juni 2000 haben die Regierung Schröder/ Fischer und führende Energieversorgungsunternehmen eine Vereinbarung zum Atomausstieg unterzeichnet. Diese Vereinbarung hat Rechtsverbindlichkeit in Form des neuen Atomgesetzes erlangt, das am 27. April 2002 in Kraft trat. Dieser Kompromiss war auch in den Reihen der SPD und der Grünen nicht unumstritten. Er schafft - das sollten auch CDU und FDP anerkennen - Planungssicherheit für die Energiewirtschaft. Die Laufzeiten der vorhandenen Atomkraftwerke wurden befristet, die Deckungsvorsorge für auftretende Schäden wurde erhöht und es wird keine Genehmigungen für neue Atomkraftwerke geben.
Entscheidend ist auch, dass die Atomtransporte minimiert werden und dass die Energieversorger verpflichtet sind, Zwischenlager an den Standorten der Atomkraftwerke selbst zu errichten, wodurch die Transporte in die Zwischenlager Ahaus und Gorleben in Zukunft entfallen werden. Transporte zu den Wiederaufbereitungsanlagen sind auch nur noch befristet möglich.
Auch durch den besten Schutz und erhebliche Sicherheitsvorschriften und -vorkehrungen lässt sich das Risiko der Atomenergie und der damit verbundenen Transporte nur minimieren, aber nicht ausschließen. Der Atomausstieg ist der Einstieg in eine umweltverträgliche Energieversorgung und wird von der Bevölkerung getragen. Umfragen zufolge hält eine Mehrheit die Atomtechnologie für gefährlich. Drei Viertel der Deutschen sprechen sich für einen Atomausstieg aus.
Demgegenüber heißt es in der Koalitionsvereinbarung, die CDU und FDP im Mai des letzten Jahres in Magdeburg beschlossen haben:
„Wir lehnen den Ausstieg aus der Kernenergie als ideologisch geprägte und nicht sachgerechte Entscheidung ab.“
Ich deute Ihre Zustimmung, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, so, dass dieser Teil der Koalitionsvereinbarung weiterhin Gültigkeit beanspruchen kann.
Ich weiß nicht, ob das auch für alle anderen Teile gilt, beispielsweise für die Aussagen zur Einsatzbereitschaft der Polizei, ohne die eine Absicherung von CastorTransporten wohl nicht möglich ist.
Laut der Koalitionsvereinbarung ist beabsichtigt, einen Einstellungskorridor zu schaffen, der die Polizei auf Dauer einsatzfähig hält. In den Jahren 2003, 2004 und 2005 sollen daher je 150 Anwärter für den gehobenen und weitere 30 Anwärter für den mittleren Polizeivollzugsdienst eingestellt werden.
Herr Minister, ich frage Sie: Wie viele Anwärter haben zum Einstellungstermin Anfang April 2003 ihren Dienst an der Fachhochschule der Polizei angetreten? Ist es richtig, dass in diesem Jahr niemand eingestellt wurde, während es in den vergangenen Jahren jeweils mehrere Dutzend Anwärter waren?
und beim Landeskriminalamt mit seinen Aufklärungsmöglichkeiten kürzen, passt zu dem Bild der Nichtbekanntgabe von Transporten, meine Damen und Herren.
Da Sie in dieser Weise kürzen, ist es nur konsequent, dass Sie dann auch die Transportrouten nicht bekannt geben, da Sie nichts absichern können, schon gar keine Demonstrationen an den Transportrouten.
Meine Damen und Herren! Sie praktizieren den Aufgabenverzicht, von dem bei der Verwaltungsreform die Rede ist, an einer denkbar ungeeigneten Stelle. - Ich danke Ihnen.
Besten Dank, Herr Rothe. - Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Kolze das Wort. Bitte sehr, Herr Kolze.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Nach den Ausführungen meiner Vorredner erkläre ich aus der Sicht der CDU-Landtagsfraktion, dass das Innenministerium in Sachen Castor-Transport vollkommen richtig gehandelt hat.
In den letzten Jahren wurden in Deutschland 445 000 Transporte mit insgesamt 900 000 Versandstücken mit radioaktiven Stoffen durchgeführt. In den zurückliegenden Jahren wurden zudem bundesweit über 70 Transporte mit bestrahlten, ausgedienten Brennelementen aus Kernkraftwerken durchgeführt.
Grundlage der deutschen und weltweiten Vorschriften für den Transport von radioaktiven Stoffen sind die Empfehlungen der Internationalen Atomenergieorganisation. Diese Vorschriften gelten für alle Transportarten und Transportwege, mithin auch für eine Fahrtroute durch Sachsen-Anhalt.
Ein Transport bedarf der Genehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz. Die Aufsicht bei Transporten mit der Bahn obliegt dem Eisenbahnbundesamt.
Sie erkennen bereits an diesen Ausführungen, dass, wenn Sie die Frage nach einer sachgerechten Informationspolitik aufwerfen, das Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt nur im Verbund und in Abstimmung mit den für die Durchführung von Castor-Transporten zuständigen Institutionen handeln kann. Die Frauge der Fraktion der PDS, welche Informationspolitik das Innenministerium sachgerechterweise hätte an den Tag legen sollen, ist doch eher eine rhetorische Frage.
Ich darf insoweit auf die Ausführungen des Herrn Innenministers verweisen, wie es Mecklenburg-Vorpommern und die dort an der Regierung beteiligte PDS anlässlich des letzten Castor-Transports gehandhabt haben.
Auch wenn zugegeben werden muss, dass es in der Vergangenheit Unfälle beim Transport von radioaktivem Material gegeben hat, kam es dabei nach meinem Kenntnisstand zu keiner nennenswerten Strahlenexposition von Personen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich zur Nutzung der Atomenergie entschlossen. Folglich wird es so lange Atomtransporte geben, wie Atommeiler in Deutschland genutzt werden.
Nun gibt es ausreichende Beispiele aus der Vergangenheit - Sie kennen das aus der Fernsehberichterstattung -, mit welchem Aufwand die Sicherung von CastorTransporten erfolgen muss, um Gegner der Atomenergie davon abzuhalten, nicht nur Verzögerungen des Transports, sondern unter Umständen auch den Eintritt eines Schadenfalls oder eine Havarie herbeizuführen. Die Tatsache, dass der letzte Castor-Transport ohne Zwischenfälle verlaufen ist, zeigt insofern, dass die vom Innenministerium gewählte Strategie richtig war;