Was ich zumindest noch anmerken möchte, ist, dass sich durch die von Ihnen mit dem Ersten Investitionserleichterungsgesetz versprochene bessere Vergabepraxis die wirtschaftliche Lage von Unternehmen nicht verändert hat. Der Wegfall der üblichen Bieternachweise in Verbindung mit der Tariftreueerklärung ist nach den Aussagen der IHK Magdeburg - ich zitiere aus der Zeitschrift der IHK vom März dieses Jahres -
„jedoch nicht ohne negative Folgen für alle beteiligten Seiten geblieben; denn nunmehr sind auch die Nachweise entsprechend VOB und VOL
an keine einheitliche Form mehr gebunden. Aus der Sicht der Wirtschaft ist das ein Rückschritt auf dem Weg in Richtung einer regelkonformen, transparenten und KMU-gerechten Vergabepraxis.“
Mit dem von Ihnen eingebrachten Artikelgesetz wird die gleiche Praxis beschritten, wie es im ersten Gesetz der Fall war. Einzelne Gesetzesabschnitte werden aus ihrem Gesamtzusammenhang gerissen, neue Schieflagen produziert und Interessengruppen gegeneinander ausgespielt.
Sicherlich bedarf es eines hohen Zeitaufwandes, alle Gesetze nach Hemmnissen zu durchforsten. Nach unserer Auffassung bleibt die vorgelegte Gangart der Regierung aber nur Stückwerk.
Herr Lienau, es geht eben nicht nur darum, einzelne Paragrafen zu streichen. Effektiver ist es nach unserer Meinung, konkrete Gesetze in ihrer Gesamtheit vorurteilsfrei auf den Tisch zu bringen. Ob beispielsweise die Änderung in der Bauordnung, in Städten keine Ablösebeiträge mehr zu erheben, die Investoren in die Innenstädte ziehen wird, bleibt fraglich.
Die Bauordnung insgesamt zu überarbeiten, und zwar zügig und gemeinsam mit den zuständigen Kammern und Fachgremien in Politik und Wirtschaft, hätte mehr Effekte der Investitionserleichterung bewirkt. Analoges gilt für andere Gesetze wie das Mittelstandsgesetz oder die Vorschriften zur Wirtschaftsförderung.
In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es, die Entlastung der Wirtschaft lasse sich nicht beziffern, man dürfe aber eine schnelle Verabschiedung nicht länger verzögern. Dann kann man auch den Umkehrschluss ziehen, eine schnelle Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs führt zu keiner bezifferbaren Entlastung der Wirtschaft.
Auch Ihre Vorgehensweise, außerparlamentarisch zahlreiche Anhörungen bereits durchgeführt zu haben, lässt die Vermutung zu, dass diese Schnelligkeit auch die Qualität der Diskussionen in den zuständigen parlamentarischen Ausschüssen wesentlich beeinflussen wird.
Erstens. Mit der Änderung der Gemeindeordnung wollen Sie die wirtschaftliche Betätigung von Stadtwerken und kommunalen Betrieben auf dem Status quo festschreiben und entwickeln einen erheblichen Druck zur Privatisierung. Kernaufgaben kommunaler Daseinsvorsorge werden dieser Privatisierung unterworfen, koste es, was es wolle.
Nunmehr soll die Kommune mit zusätzlichem Aufwand beweisen, dass sie Aufgaben besser und wirtschaftlicher wahrnehmen kann. Dabei ist die pauschale Behauptung, private Anbieter seien immer leistungsfähiger und billiger, ein Trugschluss. Der Preis bestimmt die Qualität einer Dienstleistung und niedrigere Preise sind nicht immer ein Ausdruck von besserer Qualität.
Deshalb setzt sich die PDS konsequent dafür ein, dass jedes Unternehmen unabhängig von seiner Eigentumsform eine gleichberechtigte Chance hat, sich am Markt zu bewegen. Gesetzliche Restriktionen, die diese Chancengleichheit beeinträchtigen, lehnen wir ab.
Der Erfolg eines Unternehmens wird durch seine gute Geschäftsführung und durch eine qualifizierte Arbeitnehmerschaft bestimmt. Dieser Erfolg wird nicht von vornherein nur durch private Unternehmen gewährleistet.
Wir gehen davon aus, dass kommunale Unternehmen zu den Wettbewerbsmärkten einen freien Zugang haben sollen und für Sachsen-Anhalt unverzichtbare Infrastrukturdienstleister zur kommunalen Daseinsvorsorge sind.
Mit den vorgesehenen Einschränkungen wird einerseits einem hemmungslosen Privatisierungswahn auch gegen betriebswirtschaftlich gut geführte Unternehmen Vorschub geleistet
und andererseits werden in der ohnehin stark angespannten wirtschaftlichen Situation weitere Arbeitsplätze durch den Aktionismus dieser Regierung gefährdet.
Zum Thema VEB, Herr El-Khalil: Das sagen Sie bitte einmal dem Geschäftsführer der Stadtwerke Magdeburg oder Halle, dass Sie diese mit einem VEB vergleichen. Mal sehen, was Sie als Antwort bekommen.
Die Liberalisierung des Strommarktes in Deutschland hat es doch gezeigt: Von 1997 bis 2001 ist die Zahl der Beschäftigten in diesem Marktsegment um ein Viertel gesunken. 34 000 Arbeitsplätze gingen verloren. Das Investitionsvolumen hat sich von vorher 7,5 Milliarden € auf 3,5 Milliarden € reduziert. - So viel nur an diesem Beispiel zum Thema zu erwartende Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze und steigende Investitionen.
Wir sind nicht für Privilegien und Sonderrechte für kommunale Unternehmen, um das einmal klarzustellen, aber die Landesregierung sollte sich eben nicht dem Druck der Mittelstandsfunktionäre beugen. Tatsache ist doch - Herr Dr. Püchel hat darauf verwiesen -, dass gerade Unternehmen der öffentlichen Hand zu den größten örtlichen Auftraggebern gehören.
Statt unsicherer Gesetzesänderungen schlagen wir örtliche Programme für eine Partnerschaft zwischen kommunaler Wirtschaft, Handwerk und Mittelstand vor. Darin sollen Problemfelder wie Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen, das Örtlichkeitsprinzip, ein fairer Wettbewerb sowie die private Beteiligung an kommunalen Unternehmen geregelt werden. Es muss zugleich eine sichere Basis für die Nutzung neuer wirtschaftlicher Aktivitäten im regionalen Dienstleistungsbereich gewährleistet werden, wie zum Beispiel für Contracting oder Facility-Management.
Beide Wirtschaftszweige, kommunale Unternehmen, örtliche Handwerksbetriebe und Mittelstand, die überwiegend auf örtlicher Ebene agieren, können damit der drohenden Gefahr eines Verdrängungswettbewerbs durch nationale und internationale Dienstleistungskonzerne wirksamer begegnen. Gerade eine partnerschaftliche Zusammenarbeit eröffnet auch neue Chancen im Hinblick auf die EU-Osterweiterung.
Mit den hier vorgeschlagenen Änderungen ist es nur eine Frage der Zeit, wann der öffentlichen Hand die letzte
Möglichkeit genommen wird, mit bescheidenen wirtschaftlichen Ergebnissen zur Entlastung ihrer Haushalte selbst beizutragen.
Zweitens zu den Änderungen im Landesplanungsgesetz. Die beabsichtigten Änderungen in Artikel 10 des Landesplanungsgesetzes sehen wir als Versuch an, den Landtag auf dem Gebiet der Raumordnung und der Landesentwicklung zu entmündigen.
Indem der Landesentwicklungsplan vom Gesetzesrang zu einem Kabinettsbeschluss herabgestuft wird, droht ein weiterer Bedeutungsverlust der Raumordnung. Eine Zumutung ist für uns auch die Ermächtigungsklausel, nach der es der Landesregierung zukünftig überlassen bleiben soll, ob, wann und worüber sie das Landesparlament zu Fragen der Landesplanung zu informieren gedenkt. Die Stoßrichtung ist klar: Ziele der Landesentwicklung werden zum Spielball kurzfristiger Standortinteressen.
Drittens zu den Änderungen am Wassergesetz. Mit den Änderungen in Artikel 11 werden nach unserer Auffassung die kommunalen Unternehmen in ihrer Daseinsvorsorge ausgebremst. Das zur Trinkwassergewinnung genutzte Grundwasser gehört zu den Ressourcen, für deren Reinhaltung flächendeckende Vorsorge betrieben werden muss. Diese Vorsorge finanzieren zum überwiegenden Teil die öffentliche Hand und die Bürger selbst, zum Beispiel über Abwassergebühren. Die Trinkwasserversorgung soll als Pflichtaufgabe entfallen. Damit droht eine Monopolisierung des Wassermarktes.
Der Fläming wird zum Beispiel bereits von privaten Wasseranbietern leer gepumpt. Schönebeck-Felgeleben säuft wegen zweier stillgelegter Wasserwerke ab, die Rappbode-Talsperre schwappt über, aber private Anbieter wollen das Nordharzvorland mit Flämingwasser versorgen. Bedarf es weiterer Beweise, dass die reine Marktwirtschaft halt nicht immer mit Weisheit gesegnet ist?
Wasser als essenzielles Lebensmittel gehört deshalb nicht als Ware in die Hände Privater. Wir lehnen deshalb alle Versuche einer solchen Privatisierung konsequent ab.
So weit nur einige markante Beispiele aus dem Gesetz, das dem Namen nach Investitionserleichterungen bringen soll. Macht man den Versuch, in allen 14 Artikeln die Paragrafen herauszufinden, die tatsächlich zu Erleichterungen für Investoren führen, so wird man kaum fündig.
Die PDS-Fraktion lehnt deshalb den Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit aufgrund seines Aufbaus, aufgrund seiner Inhalte in wesentlichen Passagen und aufgrund seiner strategischen Zielrichtung ab. Auch nach einer Beratung in den Ausschüssen wird mit dieser Artikelsammlung die Investitionstätigkeit im Land SachsenAnhalt nicht wesentlich vorangebracht.
Eine grundlegende Reform der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen im Land steht weiterhin aus, und sie wird mit der hier praktizierten Vorgehensweise, die auch Fragen nach der Wirtschaftskompetenz ihrer Verfasser aufwirft, wohl lange Zeit auf sich warten lassen. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Dr. Thiel. - Jetzt spricht für die FDPFraktion Herr Dr. Schrader. Bitte, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist für uns keine Überraschung, dass die Opposition nicht für, sondern gegen dieses Gesetz ist. Sie, Herr Thiel, haben wenigstens einige Vorschläge gemacht; aber von der SPD haben wir nur Negatives gehört. Wir wünschen uns auch von dieser Seite Vorschläge. Das wäre gut.
Die FDP begrüßt den vorliegenden Regierungsentwurf des Zweiten Investitionserleichterungsgesetzes, möchte aber gleichzeitig deutlich machen, dass in einigen Artikeln noch deutlichere, weitergehende und strengere Formulierungen erforderlich sind.
Das Ziel ist klar umrissen: weniger Bürokratie, weniger Vorschriften und Deregulierung, dafür mehr Freiheiten für Investitionen und Investoren.
Gestatten Sie mir, bevor ich Ausführungen zu ausgewählten Artikeln des Gesetzes mache, einige allgemeine Bemerkungen zur Einordnung des Gesetzes.
Zu den wesentlichsten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gehören Abgaben und Steuerlasten, Gesetze, Verordnungen und die Bürokratie. In Deutschland stimmen diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht und darunter leidet unser Land.
Wirtschaft ist ein internationales Geschäft. Investoren orientieren sich an internationalen Rahmenbedingungen. Ob sie an einem Standort investieren oder nicht, hängt von diesen Rahmenbedingungen ab und nicht von dem, was wir gern möchten. Inseldenken ist völlig fehl am Platze.
Frau Sitte, es tut mir Leid, aber ich habe mich heute früh bei Ihren Ausführungen zurückversetzt gefühlt in die Mitte der 70er-Jahre, EOS „Karl-Marx“, Staatsbürgerkundeunterricht. Gott sei Dank ist diese Zeit vorbei.