Protocol of the Session on February 7, 2003

(Zuruf von Frau Dr. Sitte, PDS)

Es hat in den alten Bundesländern sage und schreibe zehn Jahre gedauert, bis alle Vermögen, die, wenn ich mich richtig erinnere, im Jahr 1936 zum letzten Mal bewertet worden sind, ab dem Jahre 1964 bewertet waren.

Ist dies effektiv, wenn wir es einfacher haben könnten, zum Beispiel über eine Zinsabschlagsteuer, die für den Steuerbürger und auch für die Verwaltung weniger Kosten verursacht?

(Frau Dr. Weiher, PDS: Aber dies bringt auch sehr viel weniger!)

- Das ist eine ideologische Aussage von Ihnen.

(Frau Dr. Weiher, PDS: Das ist keine ideolo- gische Aussage! - Unruhe bei der PDS)

Wenn wir den Grundsatz - - Wenn ich einmal die Lefferson-Kurve zitieren darf - ich weiß es nicht genau; Herr Professor Paqué, ich spreche einmal Sie als Volkswirtschaftsprofessor an; bei mir ist es schon etwas länger her, über zehn Jahre -,

(Unruhe)

dann muss ich sagen, dass Steuersenkungen in der Geschichte schon oftmals zu Steuermehreinnahmen geführt haben. Woran liegt das? - Das liegt daran, dass die Wirtschaft dadurch einen Impuls bekommen hat und eine weitere Ertragssteuerbasis entstanden ist.

(Zuruf von Herrn Gallert, PDS)

Ich denke, das beantwortet Ihre Frage.

(Frau Dr. Weiher, PDS: Das beantwortet die Fra- ge keinesfalls! Wenn wir das Bankgeheimnis wei- ter behalten, dann - -!)

- Wissen Sie - -

Falls Sie sich noch weiter miteinander unterhalten wollen, dann können Sie das gern später tun.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das erste Thema der Aktuellen Debatte ist beendet.

Ich freue mich, dass ich Schülerinnen und Schüler des Burggymnasiums Aken auf der Tribüne begrüßen kann.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich rufe das zweite Thema der Aktuellen Debatte auf:

Zukunft der Hochschulfinanzierung in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/517

Nach der Einbringung durch die SPD-Fraktion ist der Redebeitrag der Landesregierung vorgesehen. Im Anschluss daran sprechen die Vertreter der Fraktionen in der Reihenfolge FDP, PDS und CDU.

Ich bitte nun Frau Dr. Kuppe, das Wort zu nehmen. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren und Damen Abgeordneten! Im Laufe nur eines Jahres hat die Diskussion über die Hochschulentwicklung in unserem Land eine erstaunliche Wandlung erfahren. Im Landtagswahlkampf war von CDU und FDP unisono zu hören: mehr Geld für Bildung, bessere Ausstattung der Hochschulen, Ausbau des Wissenschaftsstandortes Sachsen-Anhalt usw.

Im Koalitionsvertrag vom Mai 2002 wurde eine hochschulpolitische Offensive zur Stärkung von Lehre und Forschung an den Hochschulen angekündigt. Noch im Oktober 2002 äußerte Ministerpräsident Böhmer bei einer Festveranstaltung zum Abschluss der 500-JahrFeiern der Martin-Luther-Universität: Der Bildungs- und Wissenschaftsstandort Sachsen-Anhalt müsse sich im europäischen Vergleich nicht verstecken; da sind wir so schlecht nicht aufgestellt. - So lautete seine Aussage.

Am Silvestertag 2002 war die Einschätzung des Kultusministers in der „Mitteldeutschen Zeitung“ zu lesen, dass einzelne Hochschulaußenstellen zur Disposition stehen könnten.

Am 5. Februar 2003 schließlich - also vorgestern - berichtete die „Volksstimme“, dass die Regierungsfraktionen von CDU und FDP bei der Hochschulfinanzierung nur einen Ausweg sähen, und zwar den: Die Universitäten müssen sich von kompletten Bereichen verabschieden. Frau Hüskens sagte - ich zitiere -: „Da muss ein ganzer Baum gefällt werden.“

(Frau Mittendorf, SPD: Unerhört! - Weitere Zurufe von der SPD - Unruhe)

Mit dieser Kehrtwende, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wohl die Hochschulen am wenigsten gerechnet. Sie waren offen und bereit, über mehrjährig geltende Zielvereinbarungen bei konstanten, bei verlässlichen finanziellen Rahmenbedingungen ein Leistungspaket in Lehre und Forschung umzusetzen, das auch Voraussetzungen zu strukturellen Veränderungen im Hochschulbereich mit Einsparungen ab dem Jahr 2006 umfasste. Diskussionsgrundlage war ein Finanzbudget ab 2006 nach der Formel „100 % minus x“, wobei x kleiner als zehn bedeutete.

Dies teilte der Kultusminister den Ausschüssen für Bildung und Wissenschaft sowie für Finanzen in einem schriftlichen Bericht noch Anfang Dezember 2002 mit.

Das versicherten mir auch alle Hochschulrektoren; das war die Geschäftsgrundlage.

Wo stehen wir jetzt? - Wir erleben, dass die Hochschulen in Sachsen-Anhalt einer ungewissen Zukunft entgegengehen. Einige Symptome, die für diese Diagnose sprechen, will ich nennen.

Erstens. Seit dem Dreikönigstag 2003 und der Einführung der Finanzierungsformel „90 % plus x“, wobei x auch null bedeuten kann, wurde die bisherige Verhandlungsgrundlage praktisch aufgekündigt. Seither gibt es nahezu täglich vonseiten der Landesregierung neue Wasserstandsmeldungen zum Thema Hochschulfinanzierung.

Zweitens. Dabei übt sich die Landesregierung im Spiel mit verteilten Rollen. Während der Kultusminister den Hochschulen rät „Kopf hoch und freischwimmen!“, verordnet der Finanzminister „Rückwärts paddeln im Tiefgang!“ und wünscht sich der Ministerpräsident Kurzstreckenrekorde im Trockenbassin. Das sieht nicht nach Synchronschwimmen aus, sondern nach Missmanagement in der Landesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Drittens. Bei der Bereinigungssitzung sah sich der Finanzausschuss außerstande, für die Haushalte der beiden Universitäten eine Beschlussempfehlung abzugeben - ein einmaliger Vorgang.

(Frau Mittendorf, SPD: Nie gehabt!)

Viertens. Nach vielfacher Mahnung wurden den Mitgliedern des Finanz- und des Bildungsausschusses endlich vor einer Woche die Entwürfe der Zielvereinbarungen vorgelegt.

(Zuruf von Frau Mittendorf, SPD)

Fünftens. Erst zu der von der SPD beantragten Krisensitzung beider Ausschüsse am Mittwoch dieser Woche legten die Koalitionsfraktionen ihre Karten für die Hochschulfinanzierung für die Jahre 2003 bis 2005

(Zurufe von Frau Feußner, CDU, und von Herrn Tullner, CDU - Unruhe)

auf den Tisch, Frau Feußner.

Daraufhin - das ist mein sechster Punkt - richtete sich der Präsident der Landesrektorenkonferenz Professor Pollmann mit einem Schreiben an die Mitglieder des Bildungsausschusses. Ich zitiere auszugsweise aus diesem Brief des Präsidenten der Landesrektorenkonferenz:

„Der jetzt vorliegende Antrag, 90 % plus x für die Jahre 2004 und 2005, ist für die Hochschulen unannehmbar, da dies mit einem für sie unkalkulierbaren Haushaltsrisiko verbunden ist. Auf dieser Grundlage lassen sich Zielvereinbarungen und Planungssicherheit nicht begründen. Sie“

- die Hochschulen -

„sehen ihre Kooperationsbereitschaft, die noch keiner Landesregierung in so großem Umfang angeboten wurde, schlecht gelohnt, wenn der Landtag die jetzt vorliegende Formel beschließt.“

(Frau Mittendorf: Das ist wohl wahr!)

Genau das, meine Damen und Herren, ist gestern im Landtag mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und

der FDP getan worden. - Ein Desaster auf der ganzen Linie.

(Beifall bei der SPD)

Ich erinnere mit wenigen Zahlen an die Entwicklung der Hochschulfinanzierung während der letzten Legislaturperiode. Die medizinischen Fakultäten ausgenommen, betrug der Gesamtetat der Hochschulen in Sachsen-Anhalt in den Jahren 1999 und 2000 jeweils 273,6 Millionen €, im Jahr 2001 277,8 Millionen € und im Jahr 2002 288,2 Millionen €.