Protocol of the Session on February 7, 2003

Insbesondere Steuererhöhungen bei Unternehmen werden den Trend der Zerstörung des Wirtschaftsstandortes Deutschland forcieren und den Unternehmen, die eigentlich Arbeitsplätze schaffen sollen, mit Sicherheit in vielen Fällen das Überleben schwer machen. Das so genannte Steuervergünstigungsabbaugesetz wird die Steuern auf breiter Front erhöhen und irreparable Schäden verursachen.

Rot-Grün hat - das haben die Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen deutlich gezeigt - das Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern und bei der Wirtschaft auf einen Tiefpunkt geführt. Es ist noch immer kein Ende der Verunsicherung abzusehen, wenn nicht endlich deutliche Signale aus Berlin kommen, die zu einer Umkehr in Fragen der Steuerpolitik führen.

Die CDU wird diese Signale nachdrücklich einfordern. Vernünftige Vorschläge wird die CDU natürlich konstruktiv begleiten, aber Steuererhöhungen wird es mit uns nicht geben.

Die Vermögensteuer wurde aufgrund eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 22. Juni 1995 ab dem Jahr 1997 nicht mehr erhoben. Im Übrigen wurde diese Steuer in den neuen Bundesländern niemals erhoben. Was das hohe Gericht nicht ohne Grund beanstandet hat, möchte ich hier noch einmal kurz in Erinnerung rufen:

Die ungerechte Besteuerung von Kapitalvermögen und sonstigen Vermögen im Gegensatz zu der Besteuerung von Grundvermögen hielt das Verfassungsgericht wegen der Bewertung des Grundvermögens für unverhältnismäßig. Aufgrund dieser Feststellung wurde der Gesetzgeber aufgefordert, Abhilfe zu schaffen.

Die Entscheidung, die Vermögensteuer außer Kraft zu setzen, ist auch aus heutiger Sicht die einzig richtige Entscheidung gewesen, die man hätte treffen können, wenn man sich die Entwicklung der Kosten zur Erhebung dieser Steuer bis zum letzten Jahr der Erhebung 1996 ansieht: Diese betrugen sage und schreibe ca. ein Drittel der Einnahmen, die aus dieser Steuer erwuchsen.

(Herr Grünert, PDS: Zwei Drittel!)

Im Vergleich zu den Verwaltungskosten, die bei der Erhebung der Lohnsteuer und der Körperschaftsteuer entstehen, ist dies etwa das Fünf- bis Sechsfache.

Für die Neubewertung der Vermögen müssten laut einer Forderung der Steuergewerkschaft 6 000 Finanzbeamte neu eingestellt werden. Ich frage Sie: Soll das allen ernstes Modernisierung, Verschlankung und Kosteneinsparung bei der Verwaltung sein oder ist das nicht vielmehr Abzocke à la Rot-Grün?

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Allein aus diesem wichtigen Grund ist die Vermögensteuer von Grund auf abzulehnen. Ein anderer und noch weitaus wichtigerer Grund, die Vermögensteuer nicht wieder einzuführen, ist folgender:

Durch die Erhebung der Vermögensteuer wird der Wirtschaft massiv Kapital und Liquidität entzogen, Schätzungen zufolge in Höhe von etwa 8 bis 9 Milliarden € - Kapital, das der bereits schwer angeschlagenen Wirtschaft dann fehlen würde. Das bedeutete ca. 1 % Wirtschaftswachstum weniger und würde dem Staat Mindereinnahmen von ca. 0,5 % des Bruttoinlandsproduktes bescheren. Die ohnehin am Boden liegende Konsum- und Investitionsbereitschaft würde quasi völlig stranguliert.

Weiterhin ist festzustellen, dass im Rahmen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Vermögensteuer der so genannte Halbteilungsgrundsatz aufgestellt wurde, nach dem der Staat insgesamt nicht mehr als die Hälfte der Einnahmen eines Steuerpflichtigen für sich beanspruchen darf. Dadurch werden Vermögen oberhalb einer gewissen Grenze wegen der bereits hohen Ertragssteuerlast faktisch von der Vermögensteuer verschont. Kleinere Vermögen werden durch Freibeträge ebenfalls von der Besteuerung ausgenommen. Und wen beißen zum Schluss wieder die Hunde? - Den Mittelstand, der in Deutschland ca. 70 % der Arbeitsplätze stellt.

Noch etwas: Bei der Aussetzung der Vermögensteuer im Jahr 1996 wurde im gleichen Atemzug eine kräftige Erhöhung der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer sozusagen als Kompensation der Steuerausfälle zu Recht beschlossen. Würden Sie diese Erhöhung wieder rückgängig machen, Herr Dr. Püchel? - So nicht. Ich sage Ihnen: Hände weg von der Wiedereinführung der Vermögensteuer, und zwar für immer.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Sachverständigenrat und die EU-Kommission haben im November 2002 bestätigt, dass Deutschland im Jahr

2002 Wachstums- und Verschuldungsschlusslicht in Europa war.

Es ist an der Zeit, nachhaltige Reformen auch im Steuerrecht auf den Weg zu bringen. Dies muss vor dem Hintergrund geschehen, dass wirtschaftliche Impulse entstehen, die die Steuerbasis bei den ertragsabhängigen Steuern stärken und verbreitern. Dadurch würden dann wieder vermehrt Steuereinnahmen fließen. Dabei darf es kein Stückwerk oder Aktionismus bleiben, wie es in den letzten Jahren leider immer wieder der Fall war.

Noch ein guter Rat für die Kollegen von der SPD: Das Prinzip „rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“ bei der Vermögensteuer ist beim Bürger kein Zeichen der Kontinuität und führt nur zur Verunsicherung.

(Frau Dr. Weiher, PDS: Bei der Vermögensteuer?)

Nun, meine Damen und Herren, noch ein paar Worte zur Zinsabgeltungssteuer. Auch hier wieder das gleiche Bild: Wir bauen auf und reißen nieder, das heißt erst Ja zur Zinsabgeltungssteuer, dann Nein - wie der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Joachim Poß meint.

Die Ablehnung einer Abgeltungssteuer für Kapitalerträge halten wir für völlig unakzeptabel. Die Vorteile einer Zinsabgeltungssteuer auf Kapitalerträge liegen auf der Hand:

Erstens die Vereinfachung der Verwaltung. Wie ich aus der Praxis berichten kann, ist das Ausfüllen der Anlage KSO bzw. der Anlage KAP, wie sie jetzt heißt, auch für Experten schon manches Mal zum steinigen Weg geworden. Außerdem würde die Finanzverwaltung enorm entlastet werden.

Zweitens die Frage der europäischen Harmonisierung. Einige europäische Länder praktizieren den Steuerabzug an der Quelle seit längerem mit durchweg positivem Erfolg, wie zum Beispiel Österreich und Italien. Das haben einige meiner Vorredner bereits dargelegt.

Drittens. Die Kapitalflucht aus Deutschland wird eingeschränkt bzw. das Kapital kehrt nach Deutschland zurück. Nach ernst zu nehmenden Schätzungen würden bei einem international wettbewerbsfähigen Steuersatz - ca. 15 bis 25 % könnte man sich vorstellen - die Einnahmen aus der Besteuerung von Kapitaleinkünften dauerhaft erhöht und Kapitalzu- und -rückflüsse nach Deutschland erfolgen.

Ich prophezeie Ihnen aber, wenn im gleichen Atemzug mit der Einführung dieser Steuer das Bankgeheimnis aufgehoben wird und damit die Ausfertigung von Kontrollmitteilungen für Banken zur Pflicht wird, wird kein einziger Cent nach Deutschland zurückfließen.

(Frau Dr. Weiher, PDS: Dann können Sie die ganze Sache auch lassen!)

Misstrauen in den Steuerbürger oder das Ansinnen, einen gläsernen Steuerbürger zu bekommen, sind nicht zeitgemäß. Ich sage deshalb auch hier: Hände weg von der Aufhebung des Bankgeheimnisses.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Die Fraktion der CDU steht aus den genannten und den vielen anderen bekannten Gründen zu einer vernünftig gestalteten Abgeltungssteuer, wie es schon vor Jahren unser Vorschlag war. Aber so wie die rot-grüne Bundesregierung die Steuerreform im Paket in Angriff zu nehmen plant - die Zinsabgeltungssteuer ist ja nur ein Teil

neben der Erhöhung der Erbschaftsteuer, der Firmenwagensteuer, der Wiedereinführung der Vermögensteuer, der Abschaffung bzw. Einschränkung von Verlustvorträgen, was im Übrigen gravierende Folgen für die Wirtschaft haben wird, und so weiter; ich könnte diese Aufzählung fortsetzen -, kann es nur zur weiteren wirtschaftlichen Schieflage führen.

Am 17. Dezember vorigen Jahres jubelte das WDRWirtschaftsmagazin „Plus-Minus“:

„Die beste Nachricht gleich vorweg: Die Abgeltungssteuer von Hans Eichel ist keine zusätzliche Steuer. Sie ersetzt die bisherige Zinsabschlagsteuer.“

So weit ist das richtig. Wie wir wissen, ist das aber nur ein Teil der Wahrheit. Die Fernsehmacher haben dabei nicht das gesamte Paket der so genannten Steuerreform analysiert. Die meisten Arbeitnehmer merken das bereits jetzt auf ihrem Lohnzettel.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sehr geehrte Abgeordnete! Lassen Sie mich einen meiner Parteifreunde aus dem Bundestag zitieren:

„Die Abgeltungssteuer, wie sie die Bundesregierung plant, ist das Paradebeispiel dafür, wie eine richtige politische Idee durch politisches Unvermögen ins Gegenteil verkehrt wird.“

(Herr Dr. Püchel, SPD: Stuss hier!)

Meine Ausführungen in Bezug auf das Bankgeheimnis möchte ich an dieser Stelle in Erinnerung rufen.

Ich rufe Sie auf, gemeinsam an dem Konzept zu arbeiten, ein Steuermodell zu entwickeln, welches Deutschland reformiert und wieder lebensfähig in der Europäischen Union macht.

Wir müssen wieder einen Markt für Investitionen schaffen. Dazu gehört eine berechenbare und vernünftige Steuerpolitik. Ich sage Ihnen: Wenn unternehmerische Ideen nicht bei uns verwirklicht werden, dann sucht sich ein Unternehmer woanders auf der Welt die Rahmenbedingungen, die er für die Gründung seines Unternehmens benötigt, und den Platz, wo sein Engagement anerkannt wird. Neiddebatten führen zu nichts, jedenfalls nicht zu Wirtschaftswachstum.

Die Landtagsfraktion steht mit der Bundesunion für eine konsequentere Politik zur raschen Sanierung Deutschlands. Wir werden uns im Bundesrat gemeinsam mit den anderen unionsregierten Ländern als politischer Motor für die Sanierung und den wirtschaftlichen Wiederaufstieg unseres Landes einsetzen.

Meine Damen und Herren! Das soll mein Debattenbeitrag zum Thema „Vermögensteuer und Zinsabgeltungssteuer gewesen sein. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. Herr Laaß, möchten Sie eine Frage von Frau Dr. Weiher beantworten? - Bitte, Frau Dr. Weiher.

Herr Laaß, Sie monierten, dass bei der Einführung der Vermögensteuer aufgrund der Neubewertung von Immobilien eine Reihe von - Sie sprachen von 6 000 - Finanz

fachleuten neu eingestellt werden müsste. Unterstelle ich pro Finanzexperten ein Jahreseinkommen von etwa 40 000 €, dann erhalte ich eine Gesamtsumme von etwa 250 Millionen € pro Jahr. Stelle ich Einnahmen aus der Vermögensteuer in Höhe von 8 Milliarden € dagegen, dann bleibt immerhin eine erkleckliche Summe von 7,75 Milliarden € übrig.

Meinen Sie nicht, dass sich der Aufwand lohnen würde, dieses Einkommen pro Jahr in die Bundesrepublik und damit in die Kassen von Ländern, Kommunen und Bund zu spülen?

Rein rechnerisch gebe ich Ihnen diesbezüglich Recht. Allerdings ist es eine Frage der Ideologie und der Wirtschaftlichkeit im ersten Sinne.

Ich habe im Übrigen sehr viele Jahre lang Steuererklärungen gemacht, und ich weiß, welchen Aufwand es mit sich bringt, eine Vermögensteuerbewertung zu machen.

(Zuruf von Frau Dr. Sitte, PDS)